Preußische Annexionen 1866

Napoleon III. hatte nichts gegen die Annexionen in Norddeutschland; da wollte er schön im Hintergrund bleiben und Petersburg und London ihre Proteste anbringen lassen. Napoleon III. ging es um die Mainlinie. Er war mit dem Norddeutschen Bund einverstanden, aber Sachsen müsse verschont und auf den Süden verwiesen werden. Sachsen sollte also den Süden Deutschlands stärken und somit zumindest die Ausdehnung des preußischen Einflusses auf den Süden zeitlich zu verzögern. So konnte er sich der französischen Öffentlichkeit präsentieren, das Deutschland nach wie vor kein einheitliches und machtvolles Gebilde sei; wenn auch nur vorläufig.
 
Naja, von einem einheitlichen Ganzen hätte auch nicht die Rede sein können, hätte Preußen Sachsen oder mindestens Teile davon annektiert.
Und möglicherweise hätte das auf Süddeutschland eher noch abschreckend gewirkt.

Ohne die Luxemburgkrise und den deutsch-französischen Krieg, auf wessen Anschluss an einen total preußisch dominierten norddeutschen Bund, hätte man denn zu rechnen brauchen?
Hessen-Darmstadt vielleicht, das mit der Hälfte seines Territoriums ja bereits beigetreten war und allenfalls noch Baden, desssen Bewohnern und Regierung die Grenzlage zu Frankreich nie ganz geheuer sein konnte.

Aber ein Anschluss Badens und damit eine Grenze des norddeutschen Bundesterritoriums bis an die Schweiz hätte Würtemberg jeden und Bayern den meisten Druck auf einen Anschluss wegen der Sicherheit vor Frankreich genommen.
Und mit 1866/1867 war ja auch österreichs endgültiges Ausscheiden aus den deutschen Angelegenheiten noch nicht beschlossen.
Auch wenn es formal keinen Deutschen Bund mehr gab, hätte das Ergebnis von 1867 erstmal Zeit gehabt sich zu festigen und Österreich-Ungarn sich zu konsolidieren, warum hätten sich die Staaten südlich der Mainlinie dauerhaft auf Preußen statt auf Österreich orientieren sollen?
 
Und mit 1866/1867 war ja auch österreichs endgültiges Ausscheiden aus den deutschen Angelegenheiten noch nicht beschlossen.

Ich denke doch.
Artikel 2 des Vorfriedens von Nikolsburg lautete: „Seine Majestät der Kaiser von Österreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an und giebt Seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des Österreichischen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Seine Majestät das engere Bundesverhältnis anzuerkennen, welches Seine Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt Sich damit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt.“

Der Prager Frieden hatte die Beschlüsse von Nikolsburg bestätigt.

Auch wenn es formal keinen Deutschen Bund mehr gab, hätte das Ergebnis von 1867 erstmal Zeit gehabt sich zu festigen und Österreich-Ungarn sich zu konsolidieren, warum hätten sich die Staaten südlich der Mainlinie dauerhaft auf Preußen statt auf Österreich orientieren sollen?

Schon kurze zeit danach wurden die Schutz- und Bündnisse zwischen Preußen und den Süddeutschen abgeschlossen. 1867 wurde der Zollverein begründet. Dieser erhielt einen Zollbundesrat und ein Zollpräsidium. Im Zollbundesrat nahmen auch Abgeordnete der Süddeutschen ihren Platz ein.
Es gab für die Süddeutschen also handfeste Gründe, sich auf Preußen zu fixieren. Sicherheit, Österreich hatte sie bei den Friedenverhandlungen in Stich gelassen und die wirtschaftlichen Gründe sprachen auch ganz eindeutig für Preußen.
 
Hessen-Darmstadt vielleicht, das mit der Hälfte seines Territoriums ja bereits beigetreten war
Ergänzend kann man noch hinzufügen, dass Hessen-Darmstadt 1866 ebenfalls Gebiete an Preußen abtreten musste. Ganz grob gesagt handelt es sich überwiegend um die nördlichen Teile von Oberhessen, die teilweise Enklaven - Vöhl z.B. - waren oder wie das sogenannte "hessische Hinterland", also der damalige Kreis Biedenkopf, über einen schmalen Korridor mit Gießen und dem Rest des hessisch-darmstädtischen Oberhessen verbunden war. Der Rest des nördlich des Mains gelegenen Teils von Hessen-Darmstadt trat dann in der Tat dem Norddeutschen Bund bei - der südlich des Mains gelegene Teil von H-D hingegen nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke doch.
Artikel 2 des Vorfriedens von Nikolsburg lautete: „Seine Majestät der Kaiser von Österreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an und giebt Seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des Österreichischen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Seine Majestät das engere Bundesverhältnis anzuerkennen, welches Seine Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt Sich damit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt.“

Der Prager Frieden hatte die Beschlüsse von Nikolsburg bestätigt.

Schon, nur damit war ja nicht entschieden, dass sich die süddeutschen Staaten tatsächlich anschließen würden, sondern nur dass dies seitens Wien im Eventualfall nicht angefochten würde.
Indess hätten die süddeutschen Staaten sich in ihrer Politik dessen ungeachtet aber auch auf Österreich orientieren können.

Schon kurze zeit danach wurden die Schutz- und Bündnisse zwischen Preußen und den Süddeutschen abgeschlossen. 1867 wurde der Zollverein begründet. Dieser erhielt einen Zollbundesrat und ein Zollpräsidium. Im Zollbundesrat nahmen auch Abgeordnete der Süddeutschen ihren Platz ein.
Es gab für die Süddeutschen also handfeste Gründe, sich auf Preußen zu fixieren. Sicherheit, Österreich hatte sie bei den Friedenverhandlungen in Stich gelassen und die wirtschaftlichen Gründe sprachen auch ganz eindeutig für Preußen.

Es gab die Bündnisse formal und so lange einerseits eine latente Bedrohung durch Frankreich gegeben und Österreich-Ungarn niederlagebdingt nicht wirklich handlungsfähig war, waren diese Bündnisse auch etwas wert.

Hätte dieser Zustand allerdings angehalten, bis Österreich-Ungarn die Möglichkeit hatte sich von den Folgen der Niederlagen und den Wirren, 1867 zu erholen, wäre Wien für Süddeutschland wieder eine valide bündnispolitische Alternative gewesen.
Der Zollverein an und für sich, wiedersprach ja nicht einer potentiellen außenpolitische Zusammenarbeit mit Wien.
 
1867 wurde der Zollverein begründet. Dieser erhielt einen Zollbundesrat und ein Zollpräsidium. Im Zollbundesrat nahmen auch Abgeordnete der Süddeutschen ihren Platz ein.

Jetzt habe ich aber mal eine Verständnistfrage: Ich dachte der Zollverein wurde 1834 gegründet. Der Norddeutsche Bund wurde 1866/67 gegründet, was dann den Zollverein auf eine neue Grundlage stellte. Aber die deutschen Einzelstaaten außer Österreich - auch die süddeutschen und die 1866 annektierten norddeutschen Staaten - waren doch auch schon vor 1866 Mitglieder des Zollvereins, oder sehe ich das falsch?
 
Jetzt habe ich aber mal eine Verständnistfrage: Ich dachte der Zollverein wurde 1834 gegründet. Der Norddeutsche Bund wurde 1866/67 gegründet, was dann den Zollverein auf eine neue Grundlage stellte. Aber die deutschen Einzelstaaten außer Österreich - auch die süddeutschen und die 1866 annektierten norddeutschen Staaten - waren doch auch schon vor 1866 Mitglieder des Zollvereins, oder sehe ich das falsch?

Die süddeutschen Staaten ja, allerdings, die beiden Mecklenburg, Lauenburg, Holstein und Schleswig nicht. Erweitert wurde im Norden, nicht im Süden.
Auch Bremen, Hamburg und Lübeck gehörten vor dem Krieg von 1866/1867 nicht zum Zollverein:

Deutscher Zollverein – Wikipedia
 
Der Zollverein wurde 1867 in einem Zollbundesstaat umgewandelt. Ebenso wie der Norddeutsche Bund erhielt auch der Zollbundesstaat eigene Organe. Es fanden beispielsweise ja auch Wahlen zum Zollparlament statt.
 
Wird sehr schön, d.h. literarisch lesenswert, in den Buddenbrooks dargestellt (Auswirkungen auf die Lübecker Händler/Patrizier)

Ich finde die Ausführungen von Heinrich Heine in Deutschland- ein Wintermärchen noch lesenswerter;

.".. Ein Passagier, der neben mir stand, bemerkte mir, ich hätte jetzt vor mir den Preußischen Zollverein, die große Douanenkette. Der Zollverein bemerkte er, wird unser Volkstum begründen. Er wird das zersplitterte Vaterland zu einem Ganzen verbinden. Er gibt die äußere Einheit uns, die sogenannte materielle. Die geistige Einheit gibt uns die Zensur, die wahrhaft ideelle. Sie gibt die innere Einheit uns, die Einheit im Denken und Sinnen. Ein einiges Deutschland tut uns not, einig nach außen und innen."
 
Interessant ist, das die Londoner Times, Anlass war die Feierlichkeiten des Sieges, auffallend positiv die Leistungen der preußischen Armee und ihr Verhalten in den eroberten Gebieten auf der Titelseite berichtete.

Auch für die Welfen und deren Klagen hatte man kein offenes Ohr. Die Welfen müssten halt einsehen, das ihre Vereinigung mit der größten deutschen Monarchie zum unvermeidlichen Gang der nationalen Entwicklung gehöre.

Naujocks, Bismarcks auswärtige Pressepolitik, S.321
 
(...)
.".. Ein Passagier, der neben mir stand,
bemerkte mir, ich hätte
jetzt vor mir den Preußischen Zollverein,
die große Douanenkette.
Der Zollverein bemerkte er,
wird unser Volkstum begründen.
Er wird das zersplitterte Vaterland
zu einem Ganzen verbinden.
Er gibt die äußere Einheit uns,
die sogenannte materielle.
Die geistige Einheit gibt uns die Zensur,
die wahrhaft ideelle. S
ie gibt die innere Einheit uns,
die Einheit im Denken und Sinnen.
Ein einiges Deutschland tut uns not,
einig nach außen und innen."
@Scorpio ich habe mir erlaubt, in deinem Heinezitat die Versform wieder herzustellen - hattest du befürchtet, dass man Reime eventuell nicht ernst nimmt und darum aus Heines Versen Prosa gemacht? Wobei oft typisch für Heine: seine Verse lassen sich wie parlierende (und immer geistreich-spöttische) Prosa lesen!

auffallend positiv die Leistungen der preußischen Armee und ihr Verhalten in den eroberten Gebieten
@Turgot ...wobei der Heine im Wintermärchen das preußische Militär etwas despektierlicher sozusagen beschrieb:
(...)
Sah wieder preußisches Militär,
Hat sich nicht sehr verändert.
Es sind die grauen Mäntel noch
Mit dem hohen, roten Kragen –
(Das Rot bedeutet Franzosenblut,
Sang Körner in früheren Tagen.)
Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.
Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengerade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt.
 
Heine war ganz gewiss kein Anhänger Preußens; geschweige der kleindeutschen Lösung. So schreib Heine beispielsweise für die Augsburger Allgemeine; ein Blatt, welches Österreich sehr freundlich gegenüberstand.
Deshalb verwundern mich seine Auslassungen auch nicht.

Heine lebte aber doch 1866 gar nicht mehr; war er nicht 1856 in Paris verstorben?
 
Dafür gab es den Nobelpreis.

...Bei Manns gab es einen Nobelpreis, Bei Buddenbrooks schlug sich der Deutsche Krieg 1866 aber mit ein paar tausend Mark-Courant, ich glaube es waren sogar über 10.000 Mark Courant, die Senator Buddenbrook verkraften muss, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob Thomas Buddenbrook da schon Senator war.

Immerhin die freie Hansestadt Lübeck gab es noch, während die freie Reichsstadt Frankfurt von Preußen annektiert wurde, und der Bankrott eines Frankfurter Hauses in Zusammenhang mit der preußischen Annexion ist es gerade, der Buddenbrooks ein paar Tausend Mark- Courant Verluste kostet.
 
Ja, Thomas Buddenbrock wurde 1861 als Nachfolger von Senator Möllendorpf, der zuvor gestroben war, als Senator gewählt.
 
Zurück
Oben