Raubritter - gab es die?

Ich würd sagen ja, es gab Raubritter.

Als Beispiel nehme ich einfach mal die Rudelsburg aus der näheren Umgebung. Auf ihr lebte ein verarmter Ritter mit Knechten im 13. Jhdt. Da Naumburg eine sehr bekannte Handelsstadt mit der bedeutendsten Messe im Mittelalter im mitteldeutschem Raum war, welche an der via regia gelegen, zogen naturgemäß viele Kaufleute die Straße entlang. Diese wurden durch den Rudelsburger stark geschädigt, sodaß sich die Naumburger Bürger genötigt sahen, gegen diese ins Feld zu ziehen. Dazu ließen sie sogar einen Geschützmeister aus Italien kommen, welcher in Naumburg ein Geschütz goss.Mit Hilfe dieses Geschützes wurde die Burg erstürmt und seitdem ist sie eine Ruine. Rechnung für Geschütz und Ablauf der Geschehnisse sind im Archiv der Stadtverwaltung Naumburg belegt.

Besonders schlimm soll es meiner Kenntnis nach im 15.-16- Jhdt im Raum Brandenburg gewesen sein. Da müsst ich aber mal meine Bücher durchkramen.
 
Und was besagt dies im Hinblick auf den Begriff "Raubritter"?

In den von bürgerlichen Gelehrten verfassten frühneuzeitlichen Stadtchroniken werden die Konflikte der Städte mit dem Adel aus städtischer Sicht dargestellt. Hinzu kommt, dass der Begriff Raubritter erstmals 1799 nachgewiesen ist, ausgerechnet in einem Ritterroman mit dem Titel "Der Raubritter mit dem Stahlarme oder der Sternenkranz eine Geistergeschichte".

Die spätmittelalterlichen Konflikte Stadt - Adel sind als Raubrittertum eher romantisch verklärt denn historisch erklärt.
 
Aus dem Lexikon des Mittelalters:
"Der Begriff 'Raubritter' ist eine späte Schöpfung und begegnet erstmals 1810 in der historischen Einleitung zu F. Gottschalcks von der Romantik geprägtem Sammelwerk »Die Ritterburgen und Bergschlösser Deutschlands« (I, XVIII); mithin bietet er nicht ein »Spiegelbild der Feudalzeit, sondern ein Spiegelbild der Meinung, die sich eine spätere Welt von der Vergangenheit machte«"

Mercy, nachdem du den Herausgebern dieses nützlichen Nachschlagewerks deine Rücklichter gezeigt hast, solltes du es sie auch wissen lassen :p

(Auf Wunsch verschicke ich den Artikel, ich will nur kein Copyright verletzen...:D )
 
Man muß nit alles gläuben

Man muß nit alles gläuben / was die Gelehrten schreiben.
Newe und vermehrte Acerra Philologica etc. (Erstdruck Hamburg 1654).

Lexika sind heute schon nach ihrem Erscheinen veraltet. Da ich, ohnweit der "Raubritterzüge" des Götz von Berlichingen logiere, der Main als Geleitsstrasse "meinen" Ortsadel in der Auseinandersetzung mit den Grafen von Wertheim im 19. Jh das Epithetum Raubritter einbrachte, bin ich mit dem Thema einigermassen vertraut.

Du darfst selbstverständlich die Herausgeber des LMA um Korrektur bitten (die Scheibe ist ja auch unverschämt teuer), Die notwendigen bibliographischen Hinweise findest du hier:

http://www.geschichte.uni-freiburg.de/mertens/graf/gewalt.htm#t15

Viel Erfolg!
 
Ich hab heute in dem tollen Sehen wissen staunen (sowas wie Was ist Was) gelesen, daß es sich bei dem Angriff auf die Stadt Durham im Jahre 1143 um Raubritter handeln soll. Angeblich soll es dazu auch Augenzeugenberichte geben. ICh versuch mal die Quell ezu finden. Aber ist das dann nicht ein beweis, daß es sie gegeben hat?
LG Sissi
 
Es ist ein Beweis, dass es auch in Durham Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und irgendwelchen Adeligen gab.
Wenn diese Adeligen als Raubritter bezeichnet werden - wie heisst denn das auf englisch? - dann ist das eine spätere Bezeichnung.
 
dass der Begriff Raubritter erstmals 1799 nachgewiesen ist
Und das wurde auch noch in Wien gedruckt!

Die in seinem Verlag erschienenen Werke tragen dem allgemeinen Wunsch
Rechnung mit Titeln wie: „Das RäuberMädchen von Baaden, eine romantische Skitze aus
der vaterländischen Geschichte des 16ten Jahrhunderts“; „Wanderungen nach dem Schloße
des Schreckens oder die unruhigen Nächte, keine Wundergeschichte doch eine Erzählung
voll intreßanter Szennen“ oder: „Der Raubritter mit dem Stahlarme, oder der Sternenkranz;
eine Geistergeschichte“.
[Anonym:] Der Raubritter mit dem Stahlarme, oder der Sternenkranz; eine
Geistergeschichte. Wien: Rehm, 1799. M. Kpf. 8°.
LIT.: nicht im GV; MM 1799 (Fiche 134), 369; Verlagsanzeige in Richter: Der
wiederaufgelebte Eipeldauer. 6. Heft. 1799; WZ Nr. 76, 29.9.1798, S. 2878.
http://www.stadtbibliothek.wien.at/themen/verlag_1/hochschulschriften/kohlmaier-ursula-txt.pdf
 
Viele dieser Raubritter werden heute geschönt dargestellt und mit Sagen umwoben. Dazu gehören mit Sicherheit auch die Sagen um Eppelein von Geilingen (aus dem Mittelfränkischen Raum).

Nichts desto Trotz handelt es sich bei einigen dennoch um raubende, verarmte Ritter, die die Züge der immer reicher werdenden Kaufleute überfielen. Das konnte natürlich auch den Städten nicht passen, die von den Zöllen auf die Handelswaren lebten.

Wenn man dem Wort ensprechen will, dann wäre dem damit Genüge getan. Sehen wir es aber so, dann wäre fast jeder Ritter irgendwo ein Raubritter gewesen. :rolleyes:

Auch in den Markgrafenkriegen zwischen Nürnberg und Ansbach wird so manches mal vom Eingreifen unparteilicher Raubritter geredet, die nur auf den eigenen Profit bedacht die Nachschubzüge der verfeindeten Parteien beraubten.

Und wenn man Michael Kohlhaas gelesen hat, der ja angeblich auch auf einer wahren Figur begründet sein soll, dann hätten wir sogar noch ein Beispiel aus der Literatur. :teach:
 
Zuletzt bearbeitet:
Also ich habe in einem Sachbuch mit dem Namen "Das Rittertum" gelesen das es ebend "Raubritter" gegeben hat.

Hier wird ein Beispiel dargelegt das es sogar Raubritter von edler Herkunft gab. Meist waren dies solche Edlen die als zweitgeborene nicht das Erbe des Vaters erhielten da es ebend an den Erstgeborenen ging und dieser alles erbte.
So zogen die Zweitgeborenen meist als Söldner in die Welt hinaus um so ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. So kam es auch vor das, wenn sie gerade nicht benötigt bzw. von ihrem "Auftraggeber" nicht mehr bezahlt wurden marodierend durch die Lande zogen und sich alles was nicht niet und nagelfest war sich selbst unter den Nagel gerissen hatten.
So wurde dann der Begriff Raubritter geboren.
 
Ulpius Traianus schrieb:
Also ich habe in einem Sachbuch mit dem Namen "Das Rittertum" gelesen das es ebend "Raubritter" gegeben hat.

Hier wird ein Beispiel dargelegt das es sogar Raubritter von edler Herkunft gab. Meist waren dies solche Edlen die als zweitgeborene nicht das Erbe des Vaters erhielten da es ebend an den Erstgeborenen ging und dieser alles erbte.
...
So wurde dann der Begriff Raubritter geboren.

Papier ist geduldig, und es wurden hier ja schon auf einige gewichtigtige fachwissenschaftliche Argumente gegen die Verwendung des Begriffes hingewiesen.

Der schlimmste Raubritter in Aschaffenburg war übrigens Gustav Adolf anno 1631. =)
 
Ulpius Traianus schrieb:
Also ich habe in einem Sachbuch mit dem Namen "Das Rittertum" gelesen das es ebend "Raubritter" gegeben hat.

Hier wird ein Beispiel dargelegt das es sogar Raubritter von edler Herkunft gab. Meist waren dies solche Edlen die als zweitgeborene nicht das Erbe des Vaters erhielten da es ebend an den Erstgeborenen ging und dieser alles erbte.
So zogen die Zweitgeborenen meist als Söldner in die Welt hinaus um so ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. So kam es auch vor das, wenn sie gerade nicht benötigt bzw. von ihrem "Auftraggeber" nicht mehr bezahlt wurden marodierend durch die Lande zogen und sich alles was nicht niet und nagelfest war sich selbst unter den Nagel gerissen hatten.
So wurde dann der Begriff Raubritter geboren.

Das würde die Kreuzzüge erklären! Das waren alles Adlige die zu Hause nichts zu erwarten hatten. Raubritter eben! Zumindest was den ersten Kreuzzug betrifft. Insofern ist der Begriff durchaus auf die Kreuzfahrer zutreffend.
Und sie haben sich nicht nur alles unter den Nagel gerissen, sondern ganze Königreiche gegründet. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Mercy schrieb:
Papier ist geduldig, und es wurden hier ja schon auf einige gewichtigtige fachwissenschaftliche Argumente gegen die Verwendung des Begriffes hingewiesen.

Der schlimmste Raubritter in Aschaffenburg war übrigens Gustav Adolf anno 1631. =)

Wie auch immer, so stand es geschrieben. :cool:

Bei Gustav Adolf hatten wir bzw. Aschaffenburg noch Glück da es soweit verschont blieb. Da hatten andere Städte viel weniger zu lachen.
Die Schweden hatten sich sogar gemächlich im Schloß eingenistet und dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen.
Gustav Adolf war sogar so drauf, das er des Schloss Stein für Stein abbauen lassen wollte um es wo in Schweden wieder zu errichten. ^^
Irgendwo in Schweden steht sogar ein etwas kleinerer Nachbau des Schlosses.
 
Titus_Livius schrieb:
Ich würd sagen ja, es gab Raubritter.

Als Beispiel nehme ich einfach mal die Rudelsburg aus der näheren Umgebung. Auf ihr lebte ein verarmter Ritter mit Knechten im 13. Jhdt. Da Naumburg eine sehr bekannte Handelsstadt mit der bedeutendsten Messe im Mittelalter im mitteldeutschem Raum war, welche an der via regia gelegen, zogen naturgemäß viele Kaufleute die Straße entlang. Diese wurden durch den Rudelsburger stark geschädigt, sodaß sich die Naumburger Bürger genötigt sahen, gegen diese ins Feld zu ziehen. Dazu ließen sie sogar einen Geschützmeister aus Italien kommen, welcher in Naumburg ein Geschütz goss.Mit Hilfe dieses Geschützes wurde die Burg erstürmt und seitdem ist sie eine Ruine. Rechnung für Geschütz und Ablauf der Geschehnisse sind im Archiv der Stadtverwaltung Naumburg belegt.

Besonders schlimm soll es meiner Kenntnis nach im 15.-16- Jhdt im Raum Brandenburg gewesen sein. Da müsst ich aber mal meine Bücher durchkramen.

Aufpassen. Man darf dem schönen Roman aus dem 19. Jh. nicht soviel Gewicht beimessen. Der Konflikt zwischen dem Besitzern der Rudelsburg und dem Bischof von Naumburg ist im Kontext mit den Auseinandersetzungen während des Grafenkrieges (Schwarzburger/Orlamünde/Schenken von Tautenburg gegen Landgrafen von Thüringen/Markgrafen von Meißen) zu sehen. Der damals erwähnte Wernher Curtefrunt war kein eigenmächtig herrschender "verarmter" Ritter, sondern ein Ministerial der Schenken von Tautenburg/Kevernburg, einem der mächtigsten Grafengeschlechter in Thüringen.
 
Ulpius Traianus schrieb:
Also ich habe in einem Sachbuch mit dem Namen "Das Rittertum" gelesen das es ebend "Raubritter" gegeben hat.

Hier wird ein Beispiel dargelegt das es sogar Raubritter von edler Herkunft gab. Meist waren dies solche Edlen die als zweitgeborene nicht das Erbe des Vaters erhielten da es ebend an den Erstgeborenen ging und dieser alles erbte.
So zogen die Zweitgeborenen meist als Söldner in die Welt hinaus um so ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. So kam es auch vor das, wenn sie gerade nicht benötigt bzw. von ihrem "Auftraggeber" nicht mehr bezahlt wurden marodierend durch die Lande zogen und sich alles was nicht niet und nagelfest war sich selbst unter den Nagel gerissen hatten.
So wurde dann der Begriff Raubritter geboren.

Der Autor dieses Buches hatte wohl nicht so viel Ahnung über die Versorgungs-Mechanismen im Adelsstand. Die besagten Räuberbanden gab es tatsächlich, aber erst in der frühen Neuzeit, zu der Zeit, als das Rittertum schon lange aus der Mode war. Das sich diesen Räuberbanden auch Adlige anschlossen ist durchaus kein Einzelfall, hat aber nicht mit dem Begriff "Raubritter" zu tun, da ein Ritter automatisch ein Lehensnehmer ist und somit auch ein Lehngut besaß, daß er dem jeweiligen Landesherren zu Lehen tragen musste. Ein Ritter hatte also automatisch ein mehr oder minder gutes Auskommen, da sein Rittertum auf Besitz an Boden und Verlehnung dieser Güter an Lehnsbauern begründet und damit gesichtert war.
 
Das der Begriff "Raubritter" nicht verwendet werden sollte, weil er nicht authentisch ist - das seh ich ein. Schwierig finde ich daran, dass es nun tatsächlich einige Adlige gibt, von denen bekannt ist, dass sie zeitweise sehr stark mit Plünderungen und Raubzügen ins feindliche Gebiet beschäftigt waren. So etwa Robert Guiscard in seinen ersten Jahren in Süditalien, oder auch im Heiligen Land Rainald von Chatillon.
 
Also in Brandenburg gab's vor allem im 15.Jhd ein niederes Adelsgeschlecht, die Quitzows, die aus heutiger Sicht als Raubritter bezeichnet werden. Sie selber sahen sich natürlich nicht als solche, sondern als Adlige. Sie raubten und plünderten die städte und handelswege. So nahmen sie u.a. Händler gefangen und forderten von den familien Lösegelder, so dass irgendwann feste Preise entstanden.
 
Lütte schrieb:
Also in Brandenburg gab's vor allem im 15.Jhd ein niederes Adelsgeschlecht, die Quitzows, die aus heutiger Sicht als Raubritter bezeichnet werden. Sie selber sahen sich natürlich nicht als solche, sondern als Adlige. Sie raubten und plünderten die städte und handelswege. So nahmen sie u.a. Händler gefangen und forderten von den familien Lösegelder, so dass irgendwann feste Preise entstanden.

Wie aus den vorangegangenen Beiträgen ersichtlich geworden ist, wurde der Begriff "Raubritter" erst weit nach dem Mittelalter gerägt (19. Jh.).
Er wird zwar in der Literatur immer wieder verwendet, und mir geht es auch selbst so, daß ich beim Thema "Niedergang des Rittertums" von der Erscheinung "Raubrittertum" spreche, aber dennoch ist dieser Terminus problematisch.

Zur Erklärung dieses Phänomens ein Zitat aus A.Schlunk/R. Giersch "Die Ritter. Geschichte, Kultur, Alltagsleben

Bei genauerer Betrachtung standen hinter den Gewalttaten (sog. "Raubrittertum" - Anm. von mir) jedoch sowohl beutegierige Wegelagerei als auch Fälle berechtigter Notwehr. Da jedoch ein Großteil der Berichte aus städtischen Archiven schöpft, wurde stets ein einseitiges, düsteres Bild der Ritterschaft gezeichnet, das von der Romantik natürlich dankbar aufgegriffen wurde. Was aber aus Sicht der Städte purer Straßenraub war, stand bei den adligen Kontrahenten im Einklang mit dem Fehderecht. nach angesagter Fehde konnte sich ein Fehdeteilnehmer durchaus im Recht sehen, wenn er sich der Güter seines Gegners bemächtigte.
Und was städtische Quellen oft verschweigen: nicht wenige Fehden wurden nach Anmaßungen auf Seiten der Städte angesagt, wobei sich die Ritter bei der Verteidigung von Rechten und Privilegien stets empfindlich zeigten und unmittelbar und hart auf vermeintliche Verletzungen reagierten. Hinter vielen Übergriffen standen daher nicht Armut oder Verkommenheit, sondern Rechtssuche und politischer Kampf.

Was an der Stelle ebenso eine wichtige Rolle spielt: das Fehderecht der mittelalterlichen Gesellschaft, welches die Ritter genossen, wurde erst durch den Ewigen Landfrieden von 1495 abgeschafft :fs:
 
timotheus schrieb:
Was an der Stelle ebenso eine wichtige Rolle spielt: das Fehderecht der mittelalterlichen Gesellschaft, welches die Ritter genossen, wurde erst durch den Ewigen Landfrieden von 1495 abgeschafft.

Sagen wir so: Das Fehderecht als legitimes Element adeliger Interessenwahrung wurde 1495 zwar formal abgeschafft und mit Reichskammergericht und Reichskreisen Instrumente geschaffen, die an seine Stelle treten sollten, aber damit war diese jahrhundertelang geübte Rechtspraxis natürlich noch nicht aus der Welt geschafft. Überall im Reich greift der Adel noch im 16. Jhd., bisweilen auch noch im 17. Jhd., zu dieser Selbsthilfe, in reichfernen Regionen mehr, in reichsnahen Regionen weniger. Erst die endgültige Durchsetzung des vormodernen Territorialstaates mit der Stärkung des fürstlichen Landesherren und seiner Oberhoheit gerade in rechtlichen Fragen und in puncto legitime Gewaltanwendung bedeutet das Ende fehdeartiger Selbsthilfe des Adels.
 
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