Johne interpretiert das ein wenig anders als Sepiola, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten in den Überlegungen (Wortspiel schwarz-weiß):
"Allein die Deutung 'Neckar und Elbe' passt zu der Schilderung der Probusvita mit ihren anachronistischen Eroberungsplänen. [...] Die Passage verbindet spätantikes Wunschdenkenaus der Zeit um 400 mit nicht mehr vorhandenen Kenntnissen der wirklichen geographischen Verhältnisse. [...] Wie weit es von dort bis zur Elbe ist, weiß der Biograph des Probus ebenso wenig, wie Herodian, der Commodus und Maximinus Thrax Feldzüge von der Donau bis an den nördlichen Ozean unterstellt. Die Unsicherheit wird durch die vielleicht beabsichtigte doppeldeutige Aussage der Stelle ultra Nigrum fluvium et Albium 'über den schwarzen und weißen Fluß', über Neckar und Elbe noch unterstrichen."
Sprich: Johne glaubt zwar, dass in der HA bzgl. Probus von der Elbe die Rede sei, aber er wundert sich schon ein wenig über diesen Fehler des Biographen des Probus, der keine Ahnung von Geographie hatte bzw. panegyrisch die Leistungen des Probus überhöhte. Sepiolas Deutungen (es handele sich um einen der beiden Flüsse entsprechenden Namens zwischen Rhein und Neckar bzw. evtl. gar nicht um einen Fluss) haben einiges für sich. Das Geschehen hätte sich dann entweder westlich des Neckar oder südwestlich des Neckar abgespielt.
Ich habe eigentlich nicht die These verfochten, mit der
Alba habe der Autor der Historia Augusta die Obere oder Untere Alb im Sinn gehabt. Mir geht es darum, dass die Frage, wie die
Alba in den Text gerutscht ist, nicht entschieden ist; gelesen habe ich dazu:
- Johannes Straub, Alba = Elbe oder Alb? In: Bonner Jahrbücher 155/156 (1955/56)
- Hans Widmann, Der Name der Schwäbischen Alb, Lahr 1957 (Sonderdruck aus: Alemannisches Jahrbuch)
- Gerald Kreucher, Der Kaiser Marcus Aurelius Probus und seine Zeit, Stuttgart 2003
- Klaus-Peter Johne, Die Römer an der Elbe, Berlin 2006
Straub war der Ansicht, mit der Alba sei in jedem Fall die Elbe gemeint. Johne hat sich dieser Meinung angeschlossen, Widmann und Kreucher nicht.
Hier nochmal die Stelle in der Historia Augusta, sie bezieht sich auf einen Feldzug des Kaisers Probus anno 277:
"His gestis cum ingenti exercitu Gallias petiit, quae omnes occiso Postumo turbatae fuerant, interfecto Aureliano a Germanis possessae. tanta autem illic proelia et tam feliciter gessit, ut a barbaris sexaginta per Gallias nobilissimas reciperet civitates, praedam deinde omnem, qua illi praeter divitias etiam efferebantur ad gloriam. et cum iam in nostra ripa, immo per omnes Gallias, securi vagarentur, caesis prope quadringentis milibus, qui Romanum occupaverant solum, reliquos ultra Nicrum fluvium et Albam removit. tantum his praedae barbaricae tulit quantum ipsi Romanis abstulerant. contra urbes Romanas castra in solo barbarico posuit atque illic milites collocavit."
Da
@Hermundure nur das Wort "Alba" herausgreift, sich auf die einseitige Interpretation versteift und alles andere, was den Quellen zu entnehmen ist, mit bemerkenswerter Sturheit ignoriert, möchte ich auf zwei Dinge hinweisen:
1. Der Autor spricht nicht nur von der "Alba" (was immer damit gemeint ist), sondern vom Neckar (Nicer bzw. Niger), das heißt im Klartext: Kaiser Probus konnte sich zumindest rühmen, die Barbaren, die
bereits Gallien besetzt hatte, bis zum Neckar zurückgetrieben zu haben.
Bis zum Neckar! Wenn das eine erwähnenswerte Großtat war, dann kann die "Alba" entweder ernst genommen werden (dann muss sie zwingend in Neckarnähe gesucht werden) oder eben nicht.
2. Es ist sogar zweifelhaft, ob Probus überhaupt so weit gekommen ist, die Zeit reichte im Herbst 277 für einen größeren Feldzug nicht aus:
Kreucher, S. 139:
Probus könnte den oberen Rhein nach einem Marsch von etwa 400 km von Lyon aus in etwa drei Wochen erreicht haben. Da von einem - wenn auch nur kurzen - Aufenthalt in der Stadt auszugehen ist, könnte der Rhein bei Cambete (Kembs) Ende September/Anfang Oktober erreicht worden sein. Das fortschreitende Jahr mochte noch für ein Übersetzen über den Rhein ausreichen, um den Alemannen eine Lektion zu erteilen.
Allerdings kann von einem in der Vita (13,7) berichteten Vorgehen über Niger und Alba keine Rede sein. Diese Bezeichnungen wurden von Straub mit den Flüssen Neckar und Elbe identifiziert. Die angebliche Zurückdrängung der Feinde hinter Neckar und Elbe sei als summarische Formel aufzufassen, was auch durch den fiktiven Brief des Probus an den Senat (Pr. 15, 1-7) bestätigt würde. Wenn auch einiges für die alte Identifizierung mit dem Neckar und der (Rauhen / Schwäbischen) Alb spricht, so ist die Möglichkeit eines Wortspiels mit den Begriffen "Schwarz" und "Weiß", das Paschoud an dieser Stelle sieht, gleichermaßen wahrscheinlich. Eine beschränkte Operation im südlichen Teil des ehemaligen Dekumatlandes ist jedoch nicht ausgeschlossen. Ob nicht tatsächlich der Neckar erreicht wurde, läßt sich nicht mehr feststellen. Von einer dauerhaften Rückeroberung des Gebietes kann dagegen in keinem Fall ausgegangen werden.
Mit dem Auffinden des Schlachtfeldes am Harzhorn aus der Zeit des Maximinus Thrax 235 n. Chr. waren Historiker, wie auch Archäologen, gezwungen umzudenken. Das das bisweilen dem Ein oder Anderen schwer fällt ist weder mein Problem, noch kann die Befundlage etwas dafür. Wenn dann noch ein riesiges Lager wie bei Calbe auf Grund der Funde auf den Anfang des 3. Jh. n. Chr. verweist, dann sollte man spätestens jetzt umdenken.
Ich habe eigentlich kein Problem damit, einen römischen Feldzug Anfang des 3. Jahrhunderts bis zur Saale für möglich zu halten. (Dazu hätte ich dann allerdings gern handfeste Belege, das Schwert von Töppel zählt definitiv nicht dazu.)
Ich habe nur etwas dagegen, die Quellen umzuschreiben, indem man 99% der Quellenangaben völlig ignoriert und stattdessen zwei oder drei der unsichersten Angaben herausfischt, um daraus Statements wie "Der Feldzug zu den 'Elbbewohnern' im Jahr 213 n. Chr. ist ja auch historisch belegt" zu basteln.
Wenn wir die Quellen ernst nehmen, waren weder Caracalla anno 213 noch Probus anno 277 an der Elbe.