Sammelthread - Kurzkritiken über neue Spielfilme mit historischen Inhalten

Ich komme ziemlich direkt aus "Die Königin des Nordens". Deswegen ne ganz frische Rezension.

"Die Königin des Nordens" S, Dän. 2021 (Regie: Charlotte Sieling)

Handlung: Die alte Königin Margarete (Trine Dyrholm) erreicht 1402 Zugeständnisse der Vertreter Schwedens, Norwegens und Dänemarks, damit diese Truppen gegen den deutschen Orden stellen. Kurz darauf trifft der englische Gesandte Bourcier (Paul Blackthorne) mit der englischen Prinzessin Philippa (Diana Martinová) ein. Doch bei der Verlobungsfeier von Margaretes Adoptivsohn Erik (Morten Hee Andersen) wird bekannt, dass der angeblich tote König Olaf (Jakob Oftebro) aufgetaucht sei hinter dem sich auch gleich die Vertreter Norwegens vereinigen. Doch die Königin lässt den Fremden in den Kerker werfen. Sie vermutet eine Intrige der Deutschen dahinter, die beabsichtigen die Kalmarer Union zu entzweien. Daher schickt sie einen Ritter und den Piraten Roar (Linus James Nilsson) dem deutschen Gesandten hinterher um die Hintermänner von Olafs Auftauchen zu erfahren. Denn Schritt für Schritt gelingt es den verschiedenen Akteuren Margarete und Erik zu entzweien und Zwietracht am Hof auszustreuen...

Der Film macht eher den Eindruck eines TV-Films. Am Anfang sieht man vielversprechend eine Szene von dem Schlachtfeld bei Visby, aber das war wahrscheinlich wirklich nur, damit der Film nicht zu arg popelig daher kommt. Denn er spielt wirklich fast ausschließlich in Innenräumen auf einer Burg, die als Königssitz von Kalmar präsentiert wird. Das größte Setting ist ein Fischerhafen, wo scheinbar der Seeräuber Roar wohnt, der ausschaut, als hätte er seinen Kopp in eine Güllegrube gesteckt (warum weiß ich auch nicht). Man darf sich wirklich nicht zuviel vom Trailer her ausmalen. Der Aufwand ist wirklich regelrecht mickrig. Man erkennt sogar in einer Szene, dass die Brücke der Burg einfach ne moderne Holzbrücke mit Geländer ist - keine Zugbrücke oder sowas (oh Mann!).
Die Burgwachen haben eine Art Uniform aus Kettenhemd mit Brust- und Rückenpanzer. Dann gibt es ulkige Deutschordensritter, die schwarze Klamotten (nicht die klassischen Ordensgewänder) ohne richtige Rüstungen tragen. Die ganzen Kleider sind wenig akurat. Es herrschen dann teils auch die obligatorischen Nietengewänder...
Das Drehbuch ist leider wenig plausibel. Man fragt sich am Ende, was denn aus dem deutschen Heer geworden ist (die Deutschen sind BÖÖÖÖSE - auch wenn man garnicht sieht, was an ihnen böse sein soll), man fragt sich warum sich die Figuren so oder so zueinander verhalten. Mal hängt die Königin ihre Macht raus, mal wird ein König von irgendeinem Dödel am Arm gefasst. Dann wagt es ein Norweger im selben Raum mit der Königin ungeahndet das Schwert zu ziehen!!
Vor allem ist der Film aber öde. Es passiert gefühlt nix. Wir erwarteten den halben Film, dass es mal einen spannenden Twist gibt. Es ist auch ein dermaßen konventioneller Film, dass ich regelrecht erschrocken war wie ein skandinavischer Film so uninspiriert sein kann.
Schauspielerisch hat der Film auch nicht viel zu bieten. Aber es wurden genug Augentropfen eingesetzt, womit man scheinbar Gefühle andeuten wollte, wenn die Darsteller sie schon nicht zeigen können mit Gesten (?).
Wenn man nun bedenkt, was für ein spannendes Leben Margarete I. von Dänemark hatte, fragt man sich wer auf die Idee kam, dass man gerade diese Episode verfilmen musste? Dieser Film ist weder lustig, noch sexy oder spannend. Ich wusste garnicht, was das sollte. Ein Historiendrama? Was?

3 von 10 langweiligen Episteln.
 
Auch wenn die Serie schon etwas älter ist, will ich hier einmal kurz etwas zur Serie "Victoria" sagen, die derzeit auf Arte abrufbar ist. Ich bin nun kein Experte oder auch nur oberflächlicher Kenner der victorianischen Zeit, will hier aber dennoch ein bisschen meine Eindrücke schildern. Bislang habe ich nur die erste Episode der 1. Staffel angeschaut. Aber die übrigen Folgen ähneln scheinbar dieser ausreichend, so dass ich nicht ganz auf dem falschen Dampfer sein dürfte mit meinem Bild.

"Victoria" UK 2016 (Regie: Tom Vaughan)

Handlung: Die junge Victoria (Jenna Coleman) erfährt wenig überrascht vom Tod ihres Onkels, des Königs. Sie beschließt sogleich sich aus der Bevormundung durch ihre Mutter (Catherine Flemming) und ihrem Berater Mr. Conroy (Paul Rhys) zu lösen. Dazu nutzt sie als ihre neue Vertraute ihre ehemalige Erzieherin Baroness Lehzen (Daniela Holtz), welche einen Teil der Bediensteten austauscht. Politisch sucht sie im Premierminister Lord Melbourne (Rufus Sewell) einen Rückhalt. Doch der Herzog von Cumberland (Peter Firth) versucht von Anfang an die Position der Königin durch seinen Spott zu untergraben. Neben der Perspektive der Königin lernen wir auch ein wenig die der Dienerschaft kennen.

Was mir gleich auffiel in den ersten Szenen war, dass die 30-jährige Hauptdarstellerin einfach bei allen Bermühungen nicht wie ein 18-jähriger Teenager wirkt, auch wenn sie tausendmal betont, dass sie körperlich klein sei und jedem vorwirft sie deswegen unterbuttern zu wollen. Das enorme und an Unverschämtheit grenzende Selbstvertrauen von Sir John Conroy wird ziemlich deutlich gemacht. Ihn und Lord Melbourne fand ich noch recht gut getroffen, während die anderen Figuren eher trocken wirken. Der Duke of Cumberland kommt eher wie eine Karikatur eines unbeholfenen deutschen Aristokraten rüber.
Die Kostüme und die Innenräume schienen mir erstmal recht liebevoll gestaltet. Was aber insbesondere in Anbetracht der technischen Möglichkeiten übel aufstößt ist der massive Einsatz von CGI. Das ist umso erstaunlicher da mancher Einsatz vollkommen unnötig wirkt, etwa wenn man einmal London in der Totalen sieht. Das schaut eher nach einem Intro für ein PC-Spiel der zweitausend-Nuller-Jahre aus oder nach einer Visualisierung für eine billige Doku. So richtig albern wirkte es aber, als Victoria an einen Balkon treten soll um vor dem "Volk" zu sprechen. Ich meine, man sah ja nichtmal tausende von Untertanen, die vielleicht CGI besser hinbekommen hätte, sondern nur eine Handvoll Leute - also ähnlich viele wie kurz zuvor bei einer Innenraumszene. Dass man sowas wie gefüllte Straßen schon 95 besser für eine TV-Serie mit begrenztem Aufwand hinbekommen kann, sieht man in "Pride & Prejudice" von der BBC.
Durch diese Aspekte und den wenig packend inszenierten Plot wirkt die ganze Produktion auf mich irgendwie blutarm und langweilig. Vielleicht hat ja jemand mehr gesehen und kann mir Highlights aus folgenden Episoden empfehlen.

Für mich durchschnittliche Fernsehunterhaltung zum Gähnen: 5 von 10 leere Räume.
 
Am Wochenende war ich in "The Northman".

"The Northman" UK, USA 2022 (Regie: Robert Eggers)

Handlung: König Aurvandil (Ethan Hawke) kehrt von einem Feldzug zurück. Er überlegt seinen Thron an seinen Sohn Amleth (Oscar Novak) zu übergeben. Doch kurz darauf wird der König durch seinen Halbbruder Fjölnir (Claes Bang) ermordet und die Königin Gudrun (Nicole Kidman) entführt. Amleth entkommt knapp den Häschern und flieht. Er schwört sich Rache und lernt als erwachsener Mann (Alexander Skarsgård) das Kriegshandwerk und geht mit auf Wikingfahrt. Auf einem Raubzug erfährt er davon, dass sein schwacher Onkel alles verloren hat und auf Island ein bescheidenes Leben als "Schafhirte" führt. So schleust sich Amleth getarnt als Sklave bei seinem Onkel ein, um diesem das Leben zur Hölle zu machen. Seine einzige Vertraute ist die Slawin Olga (Anya Taylor-Joy), die ihn mit ihrem Wissen um Kräuter und die Kraft der Erde unterstützt, während Amleth das Schwert sucht mit dem er seinen Onkel töten muss...

Dieser Film versucht sich als ein Spagat zwischen Fantasyfilm und Historienfilm. Einzelne Aspekte wie Schiffe und bestimmte Ausrüstungsgegenstände sollen akribisch recherchiert sein. In anderen Fällen leistet sich Robert Eggers auch die Freiheiten, die man aus einem Fantasyfilm kennt. So sind die Wikinger muskelbepackte Typen, die aus einem Fitnessstudio kommen (der walisische Archäologe, der als "The Welsh Viking" auf Youtube u.a. archäologische Funde bespricht hat das Aussehen der Wikinger recht gut beschrieben) und der Protagonist kann einen vorbei fliegenden Speer im Flug auffangen, was dann eher an Fantasyfilme wie der Disney-Mulan-Realfilm erinnert. Recht schön sind teilweise Themen der Mythologie in Form von Träumen oder Visionen der Figuren mit eingebaut und auch Brauchtum der Nordmänner kommt vor. Etwas erstaunt war ich darüber wie das Leben auf Island dargestellt wird, da man nicht die für Island typischen in den Berg hinein gebauten Behausungen sieht, die filmisch durchaus auch spannend gewesen wären.
Nicole Kidman wirkt für mich als Königin etwas zu alt. Am Anfang des Films sieht sie schon nach um die 50 aus und dann hat sie am Ende, wenn Amleth vielleicht Mitte 30 ist, ein Kind und müsste ja dann etwa 70 sein... Vielleicht hätte man sich da mit der Maske etwas mehr überlegen können. Die Darsteller fand ich ansonsten durchweg in Ordnung. So jemand wie Johan Philip Asbæk hätte ich mir noch in den Cast gewünscht um noch mehr skandinavisches Feeling zu bekommen (für mich wäre er auch ein idealer Protagonist gewesen).
Besonders schön fand ich die Drehorte und dass sich insgesamt doch bemüht wurde zu einem guten Teil an realen Orten zu drehen und nicht wie es Unsitte geworden ist wie in "Tod auf dem Nil" (2021) rein vor Bluescreen. Diese Liebe von Eggers für handgemachtes Filmemachen sieht man dem Streifen auch an. Selbst wenn ich jetzt nicht der Megafan des Films bin und v.a. das Ende irgendwie wenig überzeugend fand, muss ich doch die Konsequenz der Handlung und die Treue zum Thema schätzen.

8 von 10 Schwertern.
 
Nach einigen Jahren war ich das erste Mal wieder zu einer klassischen Romanverfilmung im Kino. Die Vorlage von Balzac habe ich nicht gelesen. Von daher werde ich ausnahmsweise nicht mit der Vorlage vergleichen.

"Verlorene Illusionen" F 2021 (Regie: Xavier Giannoli)

Handlung: Der naive Lucien Chardon (Benjamin Voisin), der sich nach seiner Mutter de Rubempré nennt, lebt mittellos zur Zeit der Restauration in der Provinz. Der junge Dichter wird von der Baronesse Louise de Bargeton (Cécile de France) gefördert, die sich zu ihrem Verhängnis und gegen den Widerstand ihres Vertrauten, Baron du Châtelet (André Marcon), in ihn verliebt und schließlich mit ihr nach Paris durchbrennt. Auf Drängen des Barons du Châtelet lässt die Baronesse nach einem Besuch in der Oper, bei welchem der Baron seinen Ruf zerstört hatte, Lucien fallen. Er kommt aber kurz danach in Kontakt mit dem Zeitungsredakteur Lousteau (Vincent Lacoste). In Lousteaus Zeitung, die nach einer Zusammenlegung mit einer anderen "Le Corsair-Satan", steigt Lucien rasch durch seinen Stil auf mit welchem er literarische Werke und Theaterstücke verreißen oder hoch loben kann. In Lousteaus Gesellschaft lernt er die schöne junge Boulevard-Schauspielerin Carolie (Salomé Dewaels) kennen, welcher Lucien zu einer großen Rolle verhelfen will. Doch verheddert sich Lucien teils durch Selbstüberschätzung, teils durch seine weiterhin existierende Leichtgläubigkeit in ein Netz von Intrigen zwischen dem Verleger Daurait (Gérard Depardieu), dem Zeitungsunternehmer Finot (Louis-Do de Lencquesaing) und der Marquise d'Espard (Jeanne Balibar). Letztere gaukelt Lucien mit Hilfe der zum unwissenden Instrument ihrer Verschwörung gemachten Louise gesellschaftlichen Aufstieg und Anerkennung seines adeligen Namens vor, lockt ihn ins Lager der Royalisten. Die Veröffentlichung von Luciens einzigem dichterischen Werk, einem Heftchen mit Gedichten, die er der Baronesse de Bargeton gewidmet hatte, wird immer wieder hinaus gezögert. Mit seinem Tun verrät Lucien letztlich seine liberale Zeitung; schließt sich zusammen mit dem erfolgreichen Romancier Raoul Nathan (Xavier Dolan) einer neuen royalistischen Zeitung "Le Reveil" an ohne zu wissen, dass sein Sturz aus einem auf Schulden gebauten Leben aus Luxus und Illusionen längst geplant ist...

Anders als praktisch alle Filme dieses Genres, die ich in letzter Zeit gesehen habe, schöpft dieser aus den vollen und man erlebt einen wahren Bilderrausch. Man sieht die Faszination des Protagonisten vom Trubel der Großstadt indem diese mit gefüllten Straßen und allerhand Divertissements angefüllt sind. Auch wenn man durchaus auch moderne Einflüsse erkennen kann, ist der Film wohltuend wenig sklavisch am modernen Zeitgeist orientiert. Während das Kostümbild und beispielsweise die Frisuren sich kaum um die Widergabe der Moden der Handlungszeit bemühen, ist die Ausstattung im Übrigen regelrecht überbordend mit Kutschen, Spielsalons, Theater, Oper, wunderschönen Salons und der Zeitungsredaktion. In einer Zeit wie heute in welcher oftmals an der Recherche nach schönen Locations gespart wird, ist das in diesem Film überaus gelungen.
Die Schauspieler, allen voran Salomé Dewaels und Vincent Lacoste - aber auch die Altstars wie Cécile de France oder Jean-François Stévenin (2021, im Entstehungsjahr des Films verstorben) - wissen zu überzeugen. Die ausgeprägte Darstellung der Nacktheit, wenngleich nicht als Selbstzweck, ist mir ebenso wie der angenehm durchmischte Cast von alten, jungen, dicken, dünnen usw. Darstellern aufgefallen.
Bei uns lief der Film noch am Wochenende im Kino. Würde ich auch auf jeden Fall wegen der Bilder und dem geschickten Einfangen der Straßen und des Lebens in Paris im Kino empfehlen.

7 von 10 Zeitungsverrisse.
 
Da der Streifen entgegen der Ankündigungen nicht bei uns im Kino lief - wahrscheinlich weil er in Tschechien schon floppte - habe ich ihn nun auf einem Streaminganbieter gesehen. Ein seltener Fall bei dem das Wort "gesehen" eigentlich schon etwas großzügig verwendet ist, denn durch den massiven Mittelalterfilter erkennt man oft kaum, was überhaupt passiert, weil das Bild ständig so dunkel ist. Es gab halt im Mittelalter laut dem Film weder natürliches Licht noch künstliches... Der tolle Filmtitel deutet ja schon an, dass man generell das Mittelalter porträtieren will mit diesem Meisterwerk...

"Medieval" Tschechien (2022, Regie: Petr Jákl)

"Handlung": Jan Žižka (Ben Forster) wird nachdem er ihn gerettet hat von Graf Boreš (Michael Caine) angeworben mit seinen Supersöldnern, die insbesondere nachdem sie ihre "Rüstungen" abgelegt haben ein Mehrfaches ihrer eigenen Anzahl von Gegnern insbesondere als eine Art Kampftaucher (???) niedermetzeln können, die Verlobte des reichen Adligen Rosenberg (Till Schweiger) zu entführen. Boreš erhofft sich davon Geld, das er benötigt um die Romfahrt von König Wenzel (Karel Roden) zu finanzieren. Doch die Entführung der französischen Prinzessin Catherine (Sophie Lowe) erweist sich als schwieriger als erhofft, weil sich Jans grausamer ehemaliger "Ausbilder" Torak (R. Møller) an seine Fersen heftet und nicht davor zurückschreckt auch Jans Verwandtschaft brutal zu maltretieren... Schließlich meutern Jans Söldner und bringen Catherine zu Wenzels Jagdschloss unwissend, dass dieses mittlerweile von König Sigismund (Matthew Goode) irgendwie eingenommen worden ist. Dort kommt es zum finalen Kampf bei dem sich aus irgendeinem Grund auch die von Rosenberg geschundenen Bauern anschließen.

Wieder ein "Mittelalter-Film", der ganz ähnlich wie "Die Königin des Nordens" komplett unterwältigt. Bei dem tschechischen Filmtitel "Jan Žižka" würde man natürlich einen Film über Hussiten oder meinetwegen die Ursprünge des berühmten böhmischen Heerführers erwarten. Doch hier gibt es nichts von alledem, sondern überwiegend sinnlose Splattereffekte und Gemetzel. Ich hatte ja erwartet, dass man wenigstens am Ende eine Belagerung oder wenigstens den Einsatz eines Rammbockes sieht. Aber weit gefehlt. Was die Locations anbelangt wurde auch gespart wie es nur geht. Man sieht manchmal Innenräume, einmal einen Bauernhof und evtl. eine Industrieruine aus dem 19. Jahrhundert (?), wo immer wieder die Figuren vorbei kommen. Aber vieles spielt einfach in einem Wald oder in einer stillgelegten Kiesgrube oder sowas. Die in grauen Lumpen herum laufenden Bauern haben scheinbar weder Vieh noch Felder. Man fragt sich wo denn das im 15. Jh. so reiche Böhmen sein soll in dem Film? Überhaupt gibt es keine reichen Leute und selbst die Kleidung hat einen "Mittelalterfilter" - also alles ist grau und abgewetzt. Man sieht praktisch keinen einzigen Darsteller in Kleidung aus der Zeit oder schillernden Rüstungen, die man von teilweise Hochadeligen erwarten würde. Der Produktionsaufwand wurde so niedrig wie möglich gehalten und soweit es ging auf Statisten und selbst Pferden verzichtet, weshalb dann auch mal die Anführer zu Fuß rumlatschen. Die dumme Handlung ist aber vor allem eines und das ist langweilig. Irgendwann ist man der Gewaltexzesse überdrüssig und erwartet auch nichts mehr von den hohlen Dialogen. Die Vorliebe des Regisseurs für Unterwasserszenen führt obendrein dazu, dass immer wieder gefühlt Minuten lang unter Wasser gekämpft wird.
Wie schon auf Kaptorga sinngemäß gesagt wurde: Michael Caine muss auch noch seine Stromrechnung zahlen. Ansonsten sieht man keinerlei schauspielerische Leistungen. In wohl der Meinung den Film international in die Kinos verkaufen zu können (was ja gescheitert ist), hat man einige ausländische Schauspieler eingekauft inklusive dem sich mal wieder verweigernden Till Schweiger. Wohl wegen der Produktionskosten ist der Cast auffällig alt, was dann auch zu so haarsträubenden Szenen führt, dass Opas als Superkämpfer kämpfen müssen. Mein Highlight waren die Punks (so 2 Kampfmaschinen mit ausrasierten Seitenhaaren).
Ähnlich wie in "Die Königin des Nordens" wird wieder nur am Ende mit CGI aufgepimpt eine Schlacht angedeutet, dass das halt irgendwie vorkommt, wenn das auch nur ein paar Sekunden sind.
Außer der Dunkelheit, den obligatorischen Schulterfellen, der unglaublichen Männlichkeit (weswegen manche Charaktere gefühlt halb nackt rumrennen), Scheibenräder und dummer Brutalität wurden leider einige Mittelalterklischees ausgelassen, natürlich wegen dem Mangel an Produktionsaufwand (fast keine Straßenszenen).

Mit 23 Millionen Euro ein viel zu teuer geratener B-Actionfilm. Wer hussitische Kampftaktiken sehen will, sollte den Film aus den 50ern anschauen, den es auf tschechisch online gibt. Weil die schauspielerischen Leistungen noch miserabler als in "Die Königin des Nordens" waren nur 2 von 10 abgehackten Gliedmaßen und das auch wohlwollend für Michael Caine, der das Geld brauchte.
 
Ich hatte letztes Wochenende die Möglichkeit "Der Schatten von Caravaggio" (2023) hier in Freiburg zu sehen.

Da es auch in unsere zwei Epochen auf dem Blog rein ragt, habe ich dort eine Rezension hochgeladen.

Wackershofen Anno Domini: "Der Schatten von Caravaggio" - "Caravaggio's shadow" (2023)

Der Film war ganz in Ordnung ohne mich jetzt vom Kinosessel zu hauen. 5 von 10 Skandalbildern. Leider ist er halt schwer mit den übrigen Filmen hier zu vergleichen.
 
Der Film ist nur begrenzt als historisch zu betrachten, da er ähnlich wie bisweilen die Sherlock Holmes Geschichten in fiktiven europäischen Zwergstaaten zu spielen scheint.

"Ehrengard - The Art of Seduction" DK 2023 Regie: Bille August

Handlung: In einem fiktiven Großherzogtum während des Biedermeiers (?) wird der arme Maler Cazotte (Mikkel Boe Følsgaard) von jedermanm geschnitten außer von der ihm verfallenen Großherzogin (Sidse Babett Knudsen). Als er sich in das adelige, tugendhafte Fräulein Ehrengard von Schreckenstein (Alice Bier Zanden) verliebt, bietet die Fürstin ihm ihre Hilfe an, wenn er ihren Sohn Prinz Lothar (Emil Aron Dolph) verkuppelt. Das gelingt Cazotte auch im Handumdrehen mit der ebenso schönen wie reizenden Prinzessin Ludmilla von Leuchtenberg (Emilie Kroyer Koppel). Doch oh Schreck! Ludmilla hat es faustdick hinter den Ohren bzw, erwartet schon 4 Monate nach der Vermählung ein Kind zu entbinden, was dem Vetter der Großherzogin namens Marbod (Jacob Lohmann) in die Hände spielen würde, der nur nach einem Vorwand sucht das regierende Großherzogspaar zu stürzen und die Macht in Babenhausen an sich zu reißen. So ersinnt Cazotte den Plan mit dem Erbprinzenpaar in das verlassene Schloss Rosenbad zu gehen und sich dort bis zum legitimeren Geburtstermin verborgen zu halten. Allein er hat seine Rechnung weder mit Marbods Durchtriebenheit noch mit den Fallstricken gemacht, die ihm sein eigener Charakter auslegen. Denn er hat sich unbedingt seine angebetete Ehrengard als Hofdame der Prinzessin auserkoren, welche alle seine Annäherungsversuche nicht nur zurückweist sondern bald auch einen Grund hat sich an ihm rächen zu wollen, zumal ihr Verlobter Kurt mit seinem Reiterregiment unweit einquartiert ist...

Der Film schafft es ungewöhnlich unverkrampft eine moderne romantische Komödie in einem fiktionalen Setting zu sein. Dabei bietet die Handlung freilich zahlreiche Parallelen zu tatsächlichen Machenschaften in deutschen Kleinstaaten, verborgenen Affären und Machtkämpfen. Auch das pittoreske Miniaturmilitär wird manchmal gestreift. Stark ist der Film, wo er zeitlich passende Bilder herauf beschwört so wenn Mr. Cazotte die Prinzessinnen vor einem künstlichen Hintergrund in einem Schlosssaal malt. Schön sind die Innenräume und Außenaufnahmen bei den kleinen Schlössern, welche dem Film eine realistische Komponente geben. Denn das ist ja heutzutage wie in "Medieval" (wo Könige in Quasiruinen wohnen) oder anderen Historienfilmen (wo wie in "Die Königin des Nordens" die Königin [warum?] in eine CGI-Burg wohnt etc.) . Nur das Schloss von Ehrengards Familie scheint Fake zu sein. Die Schauspieler sind OK. Besonders überzeugend fand ich vor allem das Erbprinzenpaar und die lustigen Verwandten, welche die Macht an sich reißen wollen. Zur weiteren Ausstattung kann man wenig sagen, da eine konkrete Datierung ja nicht gegeben ist. Die Landschaftsaufnahmen sind auch schön.

Ein unterhaltsamer kleiner Film, den man auch rasch wieder vergessen hat, aber der auch nicht so nervte wie die meisten modernen Produktionen der letzten Jahre. 7 von 10 Pinseln.
 
Letzten Montag habe ich in einer gut besuchten Aufführung "Napoleon" gesehen.

"Napoleon" UK 2023, Regie: Ridley Scott

Handlung: Die Geschichte setzt hier 1793 bei der Hinrichtung von Marie Antoinette ein, wobei der alte Offizier Bonaparte (Joaquin Phoenix) zugegen ist. Später schlägt er in Paris (sic.!) seinem Bruder Lucien (Matthew Needham) vor, dass er die Briten aus Toulon vertreiben kann, indem er den Hafen statt der Stadt bedroht. Er schleust sich (sic.!) selber verkleidet in die Stadt ein und beobachtet die sorglosen Briten. Dann leitet er auf einem Pferd zu den Festungsmauern sprengend mit aller Mühe einen Sturmangriff eines Haufens bunt gemixter Infanteristen. Es gelingt die Schiffe zu bombardieren ... Danach erlebt man wie "Robespierre" * (Sam Troughton) gestürzt wird. Napoleon verliebt sich in die etwa 20 Jahre jüngere Joséphine Beauharnais (Vanessa Kirby) ** - warum erfährt man eigentlich nicht wirklich. Es gibt den Vendémiare-Aufstand bei dem scheinbar unbewaffnete Royalisten von Napis Kanonen zusammengeschossen werden. Dann ist man plötzlich in Ägypten, da angeblich kampflos Italien erobert wurde (sic.!). In Ägypten treffen Napoleons Kanonen die Spitze einer der Pyramiden bei sowas wie der Schlacht bei den Pyramiden, wo die Mameluken aber nicht als Reiter dargestellt werden. Seine rechte Hand in Ägypten scheint General Dumas (Abubakar Salim) zu sein***. Napoleons Verbrechen in Syrien werden ignoriert. Er kehrt nach Frankreich zurück, weil man ihm sagt, dass seine Frau fremdgeht. Dort kommt es zur Versöhnung mit Joséphine, da er zu geil auf sie ist um ihr zu zürnen. Er stürzt mit Hilfe seines Bruders Lucien die Regierung und installiert sich als 1. Konsul. Die zuvor erwähnten Probleme mit Russland, Österreich und England werden dann ignoriert und man sieht wie Napi auf Empfehlung von Talleyrand (Paul Rhys) sich zum Kaiser krönt. Danach sieht man eine komplett der Fantasie der Drehbuchschreiber entsprungene Version der Schlacht bei "Austerlitz", wobei die Österreicher und Russen in eine Art Falle gelockt werden nachdem sich Napi als Alte-Omma verkleidet (sic.!) an die feindlichen Linien geschlichen hat [den Sinn seiner Spionageversuche erfährt man eigentlich nie]. Man kann subsummieren: bei Austerlitz gab es Schnee und am Rande des Schlachtfelds gab es einen See, auch wenn da wohl nicht die ganze verbündete Armee drin verschwunden ist. Dann ergibt sich der eingeschüchterte Franz I. (Miles Jupp) **** und meldet, dass Zar Alexander entkommen sei. Wir springen dann zum Frieden von Tilsit, wo sich Napi um Alexanders (Edouard Philipponat) Freundschaft bemüht, der aber eine dynastische Verbindung mit Napi dankend ablehnt. Endlich gelingt Napi seine Scheidung von der immernoch deutlich jüngeren Joséphine, da ihn seine Mutter davon überzeugen kann, dass die Kinderlosigkeit an ihr liegt. Ohne auf den Krieg von 1809 einzugehen, liefert Kaiser Franz nach irgendwelchen Verhandlungen Marie Louise (Anna Mawn) an Napi aus, die auch gleich ganz scharf auf den alten Mann ist. Dann ärgert sich Napi über Russlands Ausscheren aus der Kontinentalsperre und er marschiert nach Russland. In der Schlacht bei Borodino leitet er zu Pferde mit seiner alten Generalsuniform aus den 1790ern [warum?] eine Kavallerieattacke, die zum Sieg führt (sic.!). Dann dreht er durch, als Moskau brennt und weil er scheinbar übersehen hat, dass die Zaren sowieso normalerweise in St. Petersburg sitzen. Nach dem Russlandfeldzug muss er wegen der hohen Verluste abdanken (sic.!) *****. Dann geht er nach Elba. Weil er plötzlich eifersüchtig auf Zar Alexander ist, der sich an Joséphine ranmacht verlässt er auf einem Schiff mit seiner Rumpeltruppe Elba. Louis XVIII (Ian McNeice) schickt ihm nur eine Handvoll Leute entgegen und daher gelingt Napi die Wiedererlangung des Throns. Napi ist traurig, weil Joséphine ohne Vorwarnung gestorben ist. Deswegen verliert er auch die Schlacht bei Waterloo. Grund ist keine falsche Strategie, sondern weil sich die Briten unter dem pummeligen Wellington (Rupert Everet) irgendwie eingegraben haben und ein Reiterangriff schief geht - obwohl die Briten freundlicherweise ihre Verschanzungen verlassen... Wellington trifft dann Napi auf einem Kriegsschiff und sagt ihm, dass er nach St. Helena muss. Dort verfasst er die von ihm seine Sichtweise darstellenden Memoiren.

Ridley Scott hat eine regelrecht diebische Freude Geschichte gegen den Strich darzustellen. Bei zahlreichen Szenen habe ich mich gefragt, ob er extra überlegt hat wie er von den historischen Ereignissen abweichen kann ohne ganz den Lebensweg von Napoleon zu verlassen. So bleibt die Begeisterung der Franzosen komplett unverständlich. Man erkennt überhaupt keine militärischen Inovationen. Im Gegenteil die Schlachten werden teilweise wie Karikaturen von Schlachten der Kabinettskriege ausgetragen mit langen Linien und wie bei "Braveheart" vollkommen unverständlich eingesetzter Kavallerie.
Die politischen Zusammenhänge bleiben überwiegend unverständlich. Es soll zwar ein Director's Cut kommen, der deutlich länger ist. Da aber die vielen Charakterzeichnungen in dem Film schon zeigen, wo es langgeht, wird diese Version wohl kaum ein plötzlich korrektes Bild dieser Zeit abbilden.
Etwas inkonsequent ist, dass immerhin für Joséphines Kinder Kinder- und Erwachsenendarsteller ausgesucht werden, während der Rest des Cast überwiegend aus alten Männern besteht, die null zu ihren historischen Vorbildern passen. Es gibt ein paar Details wie dass Talleyrands Gehbehinderung deutlich gemacht wird, aber auch er hat nichts mit der hist. Figur zu tun, da ebenso wie bei Napis "Staffage-Generälen" nichts von seiner Intelligenz aufblitzt. Viele der Schauspieler wie selbst Größen wie Rupert Everett haben offenbar auch keine Lust bei dem Nonsense mehr als nötig zu schauspielern.
Obwohl der Film eigentlich auf das Verhältnis von Joséphine und Napoléon zugeschnitten ist, erfährt man bis auf seine körperliche Geilheit auf sie keinen Grund, warum er denn überhaupt ihr dermaßen verfällt. Joséphines Rolle in der Upper-Class, ihre Herkunft und ihr Verhältnis zu Männern wie Barras wird komplett ignoriert.
Das sonderbarste aber ist wohl der Blick auf Napoleon, der als ein psychisches Wrack dargestellt wird. Ständig verliert er die Fassung, weint oder verhält sich ansonsten auffällig. Der Machtmensch und das militärische Genie werden nie deutlich. Besonders ulkig ist auch, dass er 1793 bei Toulon bereits als alter, abetakelter Offizier dargestellt wird mit einer alten, abgewetzten Uniform, der von Erschöpfung stöhnt, wenn er sich in den Sattel schwingen muss. Da war selbst Marlon Brando ein plausiblerer junger Napoleon.
Der Film tut so, als wisse man nichts über Napoléon weshalb man wie bei einem antiken Herrscher unglaubliche Freiheiten habe. Anders als bei Vorgängern wie "Waterloo" bleibt auch das Hinterfragen von all dem Leid und dem Sinn seiner Kriege komplett aus. Man sieht am Ende Schätzungen der Totenzahlen der Kriege. Man sieht keine Lazarette oder etwa der berühmte moderne französische Krankenwagen.
Vieles von den schönen Uniformen bleibt wegen des Mittelalterfilters schwer erkennbar, da weite Teile des Films im Dunkeln spielen.

Wegen der teilweise beachtlichen Ausstattung und den schönen Sets noch 3 von 10 Kanonenkugeln.

* Aus irgendeinem Grund wurde Robespierre mit Danton verwechselt, da der Schauspieler einfach als Danton zurecht gemacht wurde: korpulent und mit Pockennarben und auch ebenso impulsiv. Daher dachte ich am Anfang, warum Danton eine Rede von Robespierre vorträgt?
** Bei der Hochzeitsszene wird dennoch behauptet sie sei 67 und er 1768 geboren, auch wenn er eindeutig viel älter wirkt als sie.
*** Das ist natürlich eine regelrecht perfide Verdrehung der Tatsachen, da Napoleon ihn verachtete und er hier sogar geehrt und prominent bei der Kaiserkrönung auftritt, obwohl er zuvor von Napi in Gefangenschaft gelassen und nur von Murat gerettet wurde und zu der Zeit bereits schwer krank und im Stich gelassen worden war.
**** Den ich auch beileibe nicht erkannt hätte, da man sich wie bei praktisch dem ganzen Cast offenbar bemühte Schauspieler zu suchen, die den Rollen möglichst unähnlich sehen.
***** Die größte Schlacht dieser Kriege passte offensichtlich nicht ins Konzept.
 
Es soll zwar ein Director's Cut kommen, der deutlich länger ist. Da aber die vielen Charakterzeichnungen in dem Film schon zeigen, wo es langgeht, wird diese Version wohl kaum ein plötzlich korrektes Bild dieser Zeit abbilden.

Vermutlich, aber immerhin könnte der Director's Cut (wie fast immer bei Scott) einen deutlich besseren Film abgeben, jedenfalls aus cineastischer Sicht. Das muss ich ihm schon zugestehen, und die Kritik sieht es meist ebenso. Ich verstehe nicht, warum sie ihn nicht einfach seine Director's Cuts in den Verleih geben lassen. Was spricht dagegen? Wer einen 153 Minuten-Film über Napoleon sehen will, schaut sich auch einen 170-Minuten-Film an.
 
Der Director's Cut soll allerdings über vier Stunden dauern. Das tut sich nicht nur kaum ein Kinogast an, sondern auch die Kinobetreiber mögen das nicht, weil der Film dann einen Kinosaal blockiert und sie in ihm weniger Vorstellungen unterbringen können.
 
Der Director's Cut soll allerdings über vier Stunden dauern. Das tut sich nicht nur kaum ein Kinogast an, sondern auch die Kinobetreiber mögen das nicht, weil der Film dann einen Kinosaal blockiert und sie in ihm weniger Vorstellungen unterbringen können.
Okay, vier Stunden ist natürlich ein anderes Kaliber.
 
Vermutlich, aber immerhin könnte der Director's Cut (wie fast immer bei Scott) einen deutlich besseren Film abgeben, jedenfalls aus cineastischer Sicht. Das muss ich ihm schon zugestehen, und die Kritik sieht es meist ebenso. Ich verstehe nicht, warum sie ihn nicht einfach seine Director's Cuts in den Verleih geben lassen. Was spricht dagegen? Wer einen 153 Minuten-Film über Napoleon sehen will, schaut sich auch einen 170-Minuten-Film an.
Sonst bin ich ja auch der Meinung, dass etwas cineastisch besser werden kann. Aber Scotts penetrantes 'Historiker interessieren mich' nicht geht mir auf die Dauer auf die Nerven. Die Kritiker gehen ja teilweise auseinander. Manche schert die Historie nicht und sie werfen Langeweile vor. Ich habe manchmal die Auswahl der Szenen nicht verstanden. So etwa die Spielszenen mit Talleyrand, der für mich einfach nirgends nach dem historischen Talleyrand und einfach nur langweilig wirkte - selbst der eher stoisch wirkende Sacha Guitry als Talleyrand in seinem eigenen "Napoleon" hat es besser gemacht.

Den Film insgesamt fand ich aber nicht langweilig. Es gab genug Easter Eggs zu finden. Das macht eher wach.
 
'Robert the Bruce'
mit Angus Macfadyen, Jared Harris, Anna Hutchinson u.a.

1313: Nach seinen Niederlagen muss Robert Bruce (Macfayden), selbsterklärter König von Schottland, vor den Engländern ins schottische Hochland fliehen. Dort kommt er bei einer Frau (Hutchinson) und ihren Kindern unter, die ihren Mann bzw. Vater im Zuge von Roberts Mord an seinem Widersacher John Comyn (Harris) verloren hatten. Robert nimmt ihre Ablehnung zum Anlass, über seine Taten zu reflektieren.

Mit 'Robert the Bruce' war Macfadyen angetreten, die Scharte auszuwetzen, 1995 in 'Braveheart' ein verzerrtes Bild von Robert I. gespielt zu haben. Leider vergebens. Obwohl beileibe kein B-Movie und mit guten Schauspielern besetzt, ist der Film doch wenig besser als ein B-Movie.

Die Dialoge sind hölzern, die Ausstattung ist mickrig*, die Sets uninspiriert, in den meisten Szenen sitzen bloß mit schwarzen Lumpen bekleidete Gestalten in verrauchten höhlenartigen Häuschen oder stehen brütend im knietiefen Schnee. Die grandiose Weite Schottlands sieht man fast nur im Trailer.

Das sticht umso mehr ins Auge, als sich die Filmemacher durchaus Gedanken gemacht hatten; so hat man sich extra die Mühe gemacht, in Montana zu drehen, weil den Chroniken zufolge 1313 der härteste Winter in Schottland seit Menschengedenken geherrscht habe, und es heute in den Highlands kaum noch wirklich schneit. Auch mussten die Darsteller monatelang schottischen Akzent pauken.

All das kann den Film nicht retten. Ich dachte erst: Du bist unfair, du vergleichst den Streifen mit 'Outlaw King', dir fehlen die Burgen, Schlachtenszenen, die Aufnahmen der schottischen Landschaft … aber auch als Kammerspiel taugt der Film nicht. Dafür sind die Dialoge zu schwach, und man merkt die Künstlichkeit des Settings: Oh je, wir sind eingeschneit, jetzt müssen wir miteinander reden!

Außerdem … Meist ist’s mir wurscht, wenn ein Schauspieler etwas zu jung oder alt für die historische Rolle ist, die er spielen soll, doch 'Robert the Bruce' treibt es auf die Spitze. Der echte Robert war zur Zeit der Filmhandlung 36 Jahre alt, sein Alter Ego Macfadyen schon über 57. Und das merkt man halt auch, z.B. in den Szenen, wo er dem rebellischen Sohn der Familie den Schwertkampf beibringen will.

★★★☆☆☆☆☆☆☆ 3/10

Schade. Eine vertane Chance.

*) Es will mir nicht in den Kopf, warum die Filmindustrie nicht einfach en masse Reenactors als Komparsen und für kleinere Nebenrollen einlädt. Da draußen gibt es Leute, die ewig und drei Tage recherchiert und ganze Jahresgehälter ausgegeben haben für authentische Kleidung, Rüstungen, Waffen, Schmuck. Leute, die für die Erfahrung, bei einem Film mitzuspielen, und um für Authentizität zu sorgen, wahrscheinlich für lau mitspielen würden. Warum diesen Schatz nicht heben?

Stattdessen werden hunderttausende, wenn nicht Millionen Dollar verpulvert für Kostüme und Requisiten, die sich irgendjemand ohne Ahnung von der Materie in vielen Arbeitsstunden aus den Fingern gesogen hat, und die schlimmstenfalls aussehen wie aus Altkleidern zusammengeklöppelt.
 
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*) Es will mir nicht in den Kopf, warum die Filmindustrie nicht einfach en masse Reenactors als Komparsen und für kleinere Nebenrollen einlädt. Da draußen gibt es Leute, die ewig und drei Tage recherchiert und ganze Jahresgehälter ausgegeben haben für authentische Kleidung, Rüstungen, Waffen, Schmuck. Leute, die für die Erfahrung, bei einem Film mitzuspielen, und um für Authentizität zu sorgen, wahrscheinlich für lau mitspielen würden. Warum diesen Schatz nicht heben?

Stattdessen werden hunderttausende, wenn nicht Millionen Dollar verpulvert für Kostüme und Requisiten, die sich irgendjemand ohne Ahnung von der Materie in vielen Arbeitsstunden aus den Fingern gesogen hat, und die schlimmstenfalls aussehen wie aus Altkleidern zusammengeklöppelt.
Hängt halt auch stark von der Epoche ab. Beim Amerikanischen Bürgerkrieg bekommen sie tausende zusammengetrommelt wie man das ja in "Gettysburg" und "Gods and Generals" sehen kann. In den Großproduktionen zur Napoleonischen Zeit hingegen wird nach meiner Erfahrung fast nie mit Reenactors gearbeitet. Bei "Andreas Hofer - Die Freiheit des Adlers" schon. Das erkennt man an diesen Kleinstgruppen. Eine Handvoll österreichischer Grenadiere, die mal in der Hofburg und mal in Innsbruck auftaucht und ein paar Sachsen. Da es meistens geschickt gefilmt ist, fällt das aber garnicht so negativ auf, dass es nur so wenige Statisten sind.

Beim frühen 14. Jh. wird es allerdings schon schwieriger. Ich habe eine Bekannte, die das macht. Spätes 15. Jh. gibt es richtig viele, teilweise auch Reiter. Vielleicht hast Du mal Filme auf YT von der Brandenburg gesehen, wo mehrfach auch schon Turniere von sehr guten Darstellern gemacht werden. Reenactor wollen normalerweise Anreise, Unterkunft etc. bezahlt und was für die Gruppenkasse. Aber sicher immernoch billiger als Requisiten neu kaufen bzw. teuer leihen.

Ich kann mich nur ganz düster an den Film erinnern. Damals noch auf einer VHS gesehen.
 
Beim Amerikanischen Bürgerkrieg bekommen sie tausende zusammengetrommelt wie man das ja in "Gettysburg" und "Gods and Generals" sehen kann.
(...)
Reenactor wollen normalerweise Anreise, Unterkunft etc. bezahlt und was für die Gruppenkasse.

Viel schlimmer: Reenactor wollen evtl nicht an i-welchem völlig unhistorischem Müll beteiligt sein. Und welcher Regisseur will sich schon von Statisten sein schön dramatisches Skript zerreden lassen?
 
Viel schlimmer: Reenactor wollen evtl nicht an i-welchem völlig unhistorischem Müll beteiligt sein. Und welcher Regisseur will sich schon von Statisten sein schön dramatisches Skript zerreden lassen?
Als Reenactor bekommt man das Script nicht zu sehen. Manchmal wird ja auch ungefragt auf Events gefilmt und das in einen anderen Film reingeschnitten. Hab ich mal bei einem Polizeiruf 110 gesehen. Man erkennt aber immer wieder Szenen in modernen Dokus, die vor 10-15 Jahren auf irgendeinem Event für eine ganz andere Produktion aufgenommen wurden und dann in Dokus einflossen, die bisweilen nix damit zu tun haben. Bei Kinofilmen vor CGI-Zeiten war das ja so mit Filmszenen mit Schiffen, die dann x-mal in anderen Piratenfilmen wiederverwendet wurden.
 
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