pelzer
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Und in Luzern die Brücke?
Abfackeln
Die 650(?) jährige Kapellbrücke ist ein interessantes Beispiel. :winke:
Beim Brand 1993 wurde etwa die Hälfte des hölzernen Steges zerstört. Der Wasserturm (um 1300), das einzig wirklich alte Bauteil, blieb unversehrt. Ebenso der hölzerne Brückenteil am Neustadt-Ufer. Mit Baujahr 1741 ist das der wohl älteste Teil der Holzbrücke. Abgebrannt ist der Mittelteil der Brücke und der Brückenkopf auf der Altstadt-Seite. Wesentliche Teile der Brücke wurde bei den unzähligen Renovationen, Umbauten, Neubauten z.B. 1799, 1819, 1939, 1953 und 1968/69 ersetzt. So dass man nicht vom Verlust alter Bausubstanz aus dem 14. Jahrhundert sprechen kann. (Hingegen das Erscheinungsbild der Brücke dürfte dem des späten Mittelalters entsprechen.) Und da beim Brand also kaum historische Substanz verbrannt war (mit Ausnahme der einzigartigen Tafelbildern), hielt sich der historische Schaden in Grenzen und man konnte die Brücke wieder reparieren, so wie man das früher schon oft gemacht hatte.
Die Brücke gehört ins Stadtbild und ist ein wichtiger Stützpfeiler des Tourismus. Und sie ist ein grossartiges Stück Verkehrsgeschichte. Aber sie ist nicht alt, weder vor, noch nach dem Brand.
Ein ebenso interessantes Beispiel ist der Luzerner Bahnhof gleich neben der Kappellbrücke. Der Bau von 1896 brannte 1971 vollständig ab. Daraufhin beschloss man einen Neubau, und eben keine Rekonstruktion. Es entstand ein grossartiger Bahnhof (1984-91) mit einer Vorhalle von Calatrava. Lediglich das ehemalige Portal wurde rekonstruiert und steht nun einsam auf dem Busbahnhof und dient als Abluftkamin der Tiefgarage.
Und grad neben dem neuen Bahnhof steht das Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) von Nouvel/Cattani (Baujahr 1995/2000). Vorher stand hier das alte Kunst- und Kongresshauses aus den Jahren 1933/34 von Meili. Ein beeindruckender Bau, aber in schlechtem Zustand und kompliziert im Betrieb. Deshalb beschloss man den durchaus baugeschichtlich interessanten Bau abzubrechen und ein neues KKL zu bauen und nicht des Alte zu rekonstruieren. Es war Schade um den Meili-Bau, aber es hat sich gelohnt.
Künftige Generationen werden froh sein, um die dann „historischen“ Bauten.
Ähnliches geschah 100 Jahre früher auf der anderen Seeseite. Da wurde das Seeufer aufgeschüttet und eine Zeile Luxushotels gebaut. Damals unter lautem Protest der Leute. Heute ist das die vorzeige Promenade der Stadt und niemand möchte sie missen. Hätte man damals die ansässigen Handwerksbetrieb stehen lassen, zöge sich heute vielleicht ein Industriegebiet den Seeufer entlang...
An den Beispielen um die Kapellbrücke/Bahnhofplatz/Quai sieht man gut, dass Rekonstruktionen keine Patentlösungen sind. Sie zeugen oft eher von mangelndem Mut und/der einem verklärten Blick in die Vergangenheit.
Gruss Pelzer