Segelschiffe

Zunächst einmal bin ich der Meinung, daß Mr. Needham entweder von falschen Erkenntnissen ausgeht oder stark übertreibt. Man müsste mal den Stil des gesamten Buches unter die Lupe nehmen, wenn dort überall die chinesischen Leistungen derart einseitig hervorgehoben werden, müsste man das Werk wegen Voreingnommenheit mit größter Skepsis behandeln.


Genau das wirft man Needham immer wieder vor, weswegen ich nicht der einzige bin, der das ganze Werk mit großer Skepsis sieht.

Also ich höre heraus, dass Needham wiedereinmal masslos übertreibt und es sich wieder um unangemessene Überhöhung chinesischer Techniken handelt. Und die Aussage: "...denn die großen europäischen Segelschiffe waren den seetüchtigen chines. Dschunken hoffnungslos unterlegen.", so gar nicht stimmt.

Also habe ich es richtig verstanden, die europäischen Schiffe des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren technologisch gar nicht unterlegen, sondern nur anders, so wie auch die chinesischen Dschunken einer völlig anderen Schiffsbautradition entsprechen ?

Kann man Needham also bescheinigen, dass er versucht Äpfel mit Birnen zu vergleichen ?

Inwieweit die Bauweise mit wasserdichten Unterteilungen im Zeitalter der hölzernen Schiffe große Bedeutung hatte, vermag ich nicht zu beurteilen.


Vielleicht hatte das aber in erster Linie stabilisierende Funktion und nicht so sehr die Funktion wasserdicht zu sein ?

Zudem würde mich interessieren, ob Dschunken "flexibel" gebaut wurden, also mit vernähten Planken, und ob dies ggf. Grundlage der enormen Größenentwicklung der Schiffe war.


So groß waren Dschunken ja nicht, zumindest nie größer als europäische Segelschiffe. Die größten Dschunken waren "nur" zwischen 59 und 84 Meter lang. http://de.wikipedia.org/wiki/Schatzschiff

...ich meine, daß die europäische massive Rumpfkonstruktion in machen Regionen von den Chinesen adaptiert wurde.


Kleines Verständisproblem: Wer adaptierte von wem ?
 
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Ich möchte vorwegschicken, daß ich mich in meinen Ansichten zu dieser Problematik ziemlich weit aus dem Fenster lehne. Denn was ich hier schreibe, ist zu manchen Teilen Spekulation. Ein guter Freund von mir hat sich lange und intensiv mit dem Nachbau historischer Schiffe im Modell befaßt, den werde ich bei Gelegenheit einmal konsultieren.

Aber zurück zu Thema: Ich möchte behaupten, daß wir von zwei völlig unterschiedlichen Schiffbauschulen sprechen, die erst vergleichsweise spät Berührungspunkte hatten und daher nicht ohne weiteres vergleichbar sind. Dazu kommt, was ich nochmals betonen möchte, daß immer berücksichtigt werden muß, für welchen Zweck und für welche Gewässer die fraglichen Schiffstypen konstruiert wurden. Wenn ich auf der Elbe angeln will, dann ist eben ein simples Ruderboot die ideale Lösung!
Trotzdem kann man natürlich immer die technischen Vorzüge der einen und der anderen Konstruktion vergleichen, auch wenn deren Konstrukteure nichts voneinander wußten.

Der mittelalterliche Schiffbau in Nordeuropa folgte relativ festen Traditionen, über Jahrhunderte baute man einmastige Schiffe mit flachem oder scharfem Kiel, die ihren Zweck erfüllten. Diesen einfachen Konstruktionen wird die Dschunke überlegen gewesen sein, denn sie konnte mit ihrer komplexeren Besegelung von mindestens drei Masten unabhängiger vom Wind die Meere befahren. Dazu muß natürlich immer die Rumpfkonstruktion berücksichtigt werden, die ebenso entscheidend für die Segeleigenschaften ist, nur daß ich dazu keine sicheren Informationen habe. Der mittelalterliche Schiffbau war daher in technischer Hinsicht sicher nicht perfekt, aber seine Konstruktionen waren alles andere als hölzerne Badewannen, die vor dem Winde abtrieben. Daher ist Mr. Needhams Geringschätzung sicherlich unangebracht.
Eigentlich interessant wird die Frage erst ab dem 16. Jahrhundert, als der europäische Schiffbau sich vielfältig entwickelte, während man in China beim Altbewährten blieb. Waren Dschunken so gut durchdacht, daß sie auch neueren europäischen Konstruktionen überlegen waren? Zugegeben befanden sich unter den großen Schiffen Europas etliche Fehlkonstruktionen, aber wenn man sich ansieht, zu welchen Leistungen ausgereifte Konstruktionen dieser Zeit in der Lage waren, sollte man beeindruckt sein.

Was die wasserdichten Abteilungen angeht, so kann ich nur spekulieren, daß ein Dschunkenrumpf mehr als eine Aneinanderreihung schwimmender Elemente konstruiert wurde und nicht als geschlossener starrer Baukörper. Dies mag eine gewisse Flexibilität zugelassen haben, die heute im Großschiffbau unbedingt von Nöten ist. Ob und welche Vorteile es damals hatte, weiß ich wie gesagt nicht.

Im ostasiatischen Raum wurden meines Wissens nach ab dem 18. Jahrhundert Schiffe gebaut, deren Rümpfe europäischer Bauart waren und deren Takelung der Dschunke entsprach. Wer diese Konstruktion wählte, ob sie sich bewährte und wie ggf. heute damit aussieht, weiß ich nicht.
 
Die wohl beste Abhandlung über die Geschichte des Ruders:



http://nautarch.tamu.edu/pdf-files/Mott-MA1991.pdf

Darin steht auch (S.92):


All evidence indicates that the European stern-mounted rudder, whose technical specifications considerably differ from the Chinese one, was invented independently:
The only actual concept which can be claimed to have been transmitted from the Chinese is the idea of a stern-mounted rudder, and not its method of attachment nor the manner in which it was controlled. Since that idea of putting a rudder on the stern can be traced back to the models found in Egyptian tombs, the need to have the concept brought into the Middle East is questionable at best. There is no evidence to support the contention that the sternpost-mounted rudder came from China, and no need to call on exterior sources for its introduction into the Mediterranean.

http://en.wikipedia.org/wiki/Rudder

Zum Rest möchte ich nur mal sagen, dass die chinesische Hochseeflotte gerade mal 30 Jahre Bestand hatte. Bei 3000 Jahren chinesischer Geschichte sind das gerade mal 1%. Die chinesische Handelsflotte war besonders zwischen der späten Song- und der mittleren Ming-Zeit (1100-1500) sehr umfangreich, allerdings lag vorher und nachher der Handel nach China ganz überwiegend in den Händen von ausländischen Seefahrer., nämlich Arabern bzw. Europäern.

Überhaupt ist China erst spät zur See gekommen, der weitaus größte Seehandel in der Antike fand im Mittelmeer, wo allein nach Ostia jährlich 80 000 t Getreide geliefert wurden, und im Indienhandel der Römer statt. Der erste griechische Seefahrer, der nach Indien kam, war Skylax (c.500 v.Chr.) , das Wort 'Ionier' ist in Indien sehr alt, als und als Alexander einfiel, gab es bereits griechische Händler mit festem Wohnsitz in Indien (berichtet Plutarch).

Der erste Chinese in Indien, der nachweislich über den Seeweg kam, war dagegen ein buddhistischer Mönch im 4. Jh. n. Chr. Zu dem Zeitpunkt segelten griechische Schiffe in Handelsverbänden schon seit Jahrhunderten mit dem Monsoon (Strabo).
 
Zum Rest möchte ich nur mal sagen, dass die chinesische Hochseeflotte gerade mal 30 Jahre Bestand hatte. Bei 3000 Jahren chinesischer Geschichte sind das gerade mal 1%.


Wobei man dabei immer bedenken muss, dass das nur die staatliche Handelsflotte war, die den Chinesen schnell viel zu teuer wurde.

Überhaupt ist China erst spät zur See gekommen, der weitaus größte Seehandel in der Antike fand im Mittelmeer, wo allein nach Ostia jährlich 80 000 t Getreide geliefert wurden, und im Indienhandel der Römer statt. Der erste griechische Seefahrer, der nach Indien kam, war Skylax (c.500 v.Chr.) ,

Der erste Chinese in Indien war dagegen ein buddhistischer Mönch im 4. Jh. n. Chr. Zu dem Zeitpunkt segelten griechische Schiffe in Handelsverbänden schon seit Jahrhunderten mit dem Monsoon (Strabo).


Und genau das scheint Needham ja völlig zu ignorieren. Die Dschunke - als erstes hochseetaugliches Schiff Chinas - wurde erst in der späten Han-Zeit aus den kiellosen Binnenschiffen entwickelt (1. Jahrh n. Chr.). Und erst 621 erreicht eine chines. Dschunke zum ersten mal Arabien. Ihre technologische Ausgereiftheit erreicht sie dann um das Jahr 1000, so dass die Song-Zeit (960–1279) als goldenes Zeitalter des chines. Seehandels gilt. Aber ab der Song-Zeit findet keine Innovation mehr beim Dschunkenbau statt und Vorbild ist ihre Bauweise außerhalb Chinas nirgends. Selbst Inder und Araber kopieren diesen Schiffstyp nicht, obwohl er ihnen im Indischen Ozean bekannt war.

Wenn die kiellose Dschunke angeblich eine so überlegene Konstruktion war, warum wird sie dann nirgends nachempfunden und setzt sich außerhalb überhaupt nicht durch ? Diese offensichtliche Frage umgeht Needham ganz galant, indem er darüber Totenruhe verhängt.
 
Vieleicht liegt es daran das sich die Menschen auf eine Kielschiff sicherer auf hoher See fühlten als auf ein Kielloses Schiff.
 
Needham - und generell viele Sinophile - interpoliert sowieso viel zu viel von der Song-Zeit. Das ist so, als würde man bei den Griechen immer mit dem zivilisatorischen Stand des 5. Jh. v. Chr. argumentieren.

Nichts gegen die chinesischen Seefahrt, die bisweilen zu Glanzleistungen imstande war, aber ich würde die Chinesen guten Gewissens nichtmals unter die Top Ten der seefahrenden Nationen wählen.

Fakt ist außerdem, daß der in der letzten Zeit schwer gehypte Zheng He keine einzige neue Seemeile entdeckt hat, und einen anderen namhaften chinesischen Erforscher hat es nicht gegeben.

Bei den Europäern dagegen kann man Dutzende von großen und größten Entdeckern nennen, und viele weitere hundert, die auch beachtliches bei der Erforschung der Welt geleistet haben.

Und die Sumerer, um mal ein weniger bekanntes Beispiel zu nennen, haben schon im 3. Jht. v. Chr. Seehandel mit dem Indus-Tal betrieben. Also Needham ist da schon schwer auf Koks mit seinem Sino-Größenwahn.
 
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