Serie "Rom" auf Premiere

muss das im Original ja schon fast so eine Art Softporno sein. ;)
Wo wir schon bei Vermittlung historischer Gegebenheiten sind: Das Konzept eines "Softporno" wäre einem Römer völlig unverständlich gewesen.
Entweder man zeigt Sex oder man zeigt ihn nicht - hat halt etwas mit dem Anlaß und Niveau der Vorführung zu tun.
Aber Sex immer wieder zum Thema zu machen - ohne ihn dann wirklich zu zeigen, das hätten die Leute in der Antike nicht nachvollziehen können.

Insbesondere die Tabus bei der Darstellung männlicher Nacktheit zeigen, wie sehr wir trotz aller Modernität immer noch in christlichen Moralvorstellungen verwurzelt sind.

Und noch witziger hätten die Römer es wohl gefunden, daß das alles etwas mit "Jugendschutz" zu tun haben soll.
 
Recht vernichtend, aber auch diferenzierend. Die Aussagen gefallen mir, wenngleich ich Bemerkungen wie "Bockmist" eher effekthaschend finde und dem Historiker seines Karats nicht so gut zu Gesicht steht. Schön finde ich allerdings die Vergleiche zu anderen Filmen und mal wieder die Betonung darauf, dass eben von wegen der Kostüme besonders schlechte Filme oft dafür auch noch Auszeichnungen bekommen.
Ich glaube, ich würde mich gern mal mit Herr Junkelmann unterhalten, wir hätten unsere Freude daran, wenn ich nicht vor Ehrfurcht versinke.:rotwerd:

Dass er sich Historienfilme viel anschaut finde ich richtig und wichtig:yes:, denn auch die neuere Betrachtung in Kunst und Film (was auch nur Kunst ist, oftmals) gehört für mich ganz wichtig zur Geschichte selbst, da es viel über das heutige Verständnis zur Geschichte aussagt.
 
wenngleich ich Bemerkungen wie "Bockmist" eher effekthaschend finde und dem Historiker seines Karats nicht so gut zu Gesicht steht.
Nun ja, Junckelmann ist eben ein bodenständiger Typ.
Und für die Leserschaft dieser Zeitung ist das auch gut verständlich.
Vor einem rein akademischen Fachpublikum hätte er vielleich formuliert "entspricht nicht dem Stand der Forschung".
Dann hätten aber die normalen Leser nicht verstanden, wie negativ das gemeint ist.
 
Da die Handlung des Filmes regelmäßig durch einen Coitus unterbrochen wird:nono:
haben die Produzenten wohl den Begriff Coitus interruptus neu gedeutet.
(Sozusagen ein Coitus interrumpendus):devil:
 
Dann hätten aber die normalen Leser nicht verstanden, wie negativ das gemeint ist.

Das ist ja eben das Problem, Kostümbildner sind auch in der Regel der Fälle keine Fachleute - die greifen auf ein, zwei Referenzwerke zurück, die z. T. aus der Zeit von "Ben Hur" stammen. Weil sie kostengünstig arbeiten müssen. Für öffentlich-rechtliche Sendungen mit Edutainmentcharakter wie "Steinzeit" oder "Gutshof 1900" geht man ins akribische Detail, aber da guckt man auch nicht auf den Groschen.

Und dann gibt es noch die dramaturgischen Gegebenheiten, die z. B. Russel Crowe als General mit Wolfsfellen auszeichnen und die Gladiatorenschar als einen Haufen Warcraft-Orks ausstaffiert. Authentische Vorlagen, die eine dramaturgische Differenzierung dieser Intensität erlauben, haben wir
nur ganz, ganz wenige; dafür muss man umso mehr "Fachperson" sein, um beispielsweise einen Gladiator in seiner ganzen Pracht (die er sicher hatte!) differenziert und authentisch darzustellen.

Wir befinden uns in einem Prozess. In der Darstellung der Geschichte vereinigen sich immer moderne Sichtweisen dieser Zeiten mit modernen Erzählmustern und Sujets; eine "Sex and Crime" Serie dieser Art wäre in den 50ern nicht denkbar gewesen --- und wird es in den 2020ern auch nicht geben. Die stete Arbeit in der Geschichtsforschung, einhergehend mit der an der Geschichtsdarstellung, wird uns trotzdem nie "in die Geschichte" hineinführen, sondern immer nur in (Spiegel)Bilder unserer jetzigen Zeit.
 
Schrecklich dargestellt fand ich das Stieropfer. Einmal davon abgesehen, daß die dargestellte Opferungsform des Stieres einem östlichen Kult entlehnt worden ist, indem ein zu weihender Priester vom Blut des Opfertieres besudelt wird, lasen die Haruspicen hier die Zukunft nicht aus den Eingeweiden.

Für mich die Schlüsselstelle, um den Film als einen von vielen Sandalenfilmen zu verbuchen, wengleich die ein und andere Stelle doch hübsch dargestellt wurde.

Warum man die Römer aber als permanent triebgesteuerte Menschen darstellen muß erschließt sich mir auch nicht.
 
Schrecklich dargestellt fand ich das Stieropfer. Einmal davon abgesehen, daß die dargestellte Opferungsform des Stieres einem östlichen Kult entlehnt worden ist, indem ein zu weihender Priester vom Blut des Opfertieres besudelt wird, lasen die Haruspicen hier die Zukunft nicht aus den Eingeweiden.

Jein. Genau um diese Zeit, als Pompejus erstmals für Rom im östlichen Mittelmeer wieder einmal massiv eingegriffen hatte, ströhmten auch östliche Kulte ins römische Reich ein. Die Römer hatten mit östlichen, hellenistischen Reichen schon länger Kontakt. Die Provinz Asia war die wertvollste und Wichtigste des Imperiums - aus fiskaler Sicht. Es ist daher nicht absolut ausgeschlossen, das eine Opferung irgendwo in Rom nach östlichem Vorbild abgehalten wurde. Aber klar ist das dergleichen (das Östliche meine ich) damals noch nicht Gesellschaftsfähig war. Ich hatte verpasst was direkt davor war und nur die Opferung gesehen. Als kultische Handlung eines kleinen, aber finanziell gut gestellten Kreises - vermutlich mit überwiegend 'östlichen' Gläubigen ist es durchaus noch vorstellbar.

@Mummius Picius:
Wohl gesprochen! Dabei war 'Gladiator' als Film historisch gesehen für mich eine Qual. Besonders die Szene wo mittels verteilter Flyer auf anstehende Gladiatorenkämpfe aufmerksam gemacht wurde... Oder die Schlachtszene mit Feuerbällen ganz am Anfang, wo die römische Reiterei im vollen Galopp durch einen WALD ritt! Gut das es ein moderner Forst ohne Unterholz war *g* Naja, da hat wohl 'Private Ryan' in der Normandie Pate gestanden. Aber zurück zum Thema.

Es ist halt ein Fernehfilm und keine historische Dokumentation. Einiges ist sehr gut gelungen, auch was den Flair betrifft. Anderes dagegen ist sehr schlecht dargestellt. Mal sehen was die nächsten Teile so bringen?
 
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Das Stieropfer fand in einem Taurobolium statt. Demzufolge war das wohl ein Mysterienkult der Kybele. Also ich wüsste jetzt nicht, was daran auszusetzen war.

Kybele - Wikipedia
 
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Besonders die Szene wo mittels verteilter Flyer auf anstehende Gladiatorenkämpfe aufmerksam gemacht wurde...


Oh ja, und auch noch der Text: GLADIATORES VIOLENTIA.
Irgendwie auf den Punkt gebracht, aber als Werber fehlen mir sowas wie Datum, Ort, Eintrittspreise, Gewinnmöglichkeit (obwohl ich die kurze Szene der futterverteilenden Wagen in der Arena wirklich mochte) -- und natürlich die Antwort-Postkarte, mittels derer man seine Seele und Adresse verschenkt und fortan Werbung von Norisbank, EasyCredit, Gruner & Jahr und dem Smart Center Leverkusen in den Postkasten seiner Insula gestopft bekommt.
 
Hi!
Ich bin neu hier, super Seite! Rom ist übrigens mit 100 Millionen Dollar Budget für die erste Staffel die teuerste Fernsehserie der Welt!
Ich persönlich finde sie super. Historische Wahrheiten gibt es viele, allerdings eben auch das typische Soap-Zeug wie Verrat, Intrige etc...
Aber was sehr gut rüberkommt, ist einfach die damalige Kultur, also auch das Verhalten von Menschen in alltäglichen Situationen. Man wollte eben so nah wie möglich bei der Wahrheit bleiben und trotzdem noch unterhalten. Für mich die beste filmische Umsetzung der römischen Kultur bis heute!
z.b. Die Grausamkeit ist keineswegs untertrieben! Dass man Sklaven einfach so (mit Schadensersatz) töten konnte und bei Ehebruch seine Frau und den Liebhaber töten konnte.
 
Naja... also du wurdest auch nicht still und heimlich hingerichtet... ;-)
Ich hab mich grad näher mit der römischen Stadt befasst und denke, ich habe mir ein recht gutes Bild gemacht. Die Leute waren, denke ich, uns schon sehr ähnlich. Aber wenn deine Frau dich betrogen hatte, dann konntest du sie, deine Kinder und den Ehebrecher umbringen. Und keiner hat dazu etwas gesagt. Ich sage nicht, dass das gut war!!! Aber man sollte die römische Kultur nicht mit unserer gleichsetzen - und viele Leute tun das. Es war nicht nur die Tatsache, dass sie eben keine Technologie hatten etc. und auch nicht, dass es damals eben noch Gladiatorenspiele gab.
Man lebte eben nach völlig anderen Maßstäben als wir heute. Und das kommt sehr gut rüber im Film!
 
Ich kann mir nicht einmal mehr vorstellen, wie mein Urgrossvater, geboren 1882 lebte, obwohl ich ihn noch kennenlernte.

Und ihr macht hier ein Drama daraus, wie die wohl im alten Rom lebten.
Woher wollt ihr das denn alles wissen? Ich mistraue grundsätzlich jeder schriftlichen Überlieferung, weil immer nur von einem Autoren geschrieben, so wie er es eben sah.
Und natürlich werdet ihr jetzt sagen, Ausgrabungen. Da sieht man auch nur alte Scherben und wenn man Glück hat, auch noch was in den Töpfen war.

Wie das Leben wirklich war, bleibt versunken in der Zeit.
 
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@Deprofundis: Die Quelle würde mich interessieren, aus der das hervorgeht, was du über die Behandlung von Ehebrechern gesagt hast.

@Florian: Natürlich kann man nie ganz genau sagen, wie die Leute damals gelebt haben. Aber man kann über eine genaue Analyse dessen, was überliefert ist versuchen, ein möglichst genaues Bild zu rekonstruieren, wie es wahrscheinlich gewesen sein könnte. Und das funktioniert mittels - auch subjektiver - Autoren plus den Ausgrabungen schon ganz gut. Denn auch subjektive Autoren schreiben ja kein Science Fiction.
 
Ich verstehe das ja.
Aber über wem wurde denn geschrieben? Über die Mehrzahl der Menschen wohl nicht.
Was wird denn ausgegraben. Paläste und Wohnhäuser.
Das sagt doch überhaupt nichts aus über die Lebenssituation des allgemeinen Volkes zB. auf dem Lande.
 
Was wird denn ausgegraben. Paläste und Wohnhäuser.
Das sagt doch überhaupt nichts aus über die Lebenssituation des allgemeinen Volkes zB. auf dem Lande.

Nö, da hat die wissenschaftliche Archäologie in der Tat in den letzten 120 Jahren einen großen Sprung von der seit der Renaissance üblichen Schatzgräberei zu einer "Sozialwissenschaft" gemacht. (Dass auch schon vor der Renaissance archäologische Stätten ergraben wurden, ist mir bewusst, aber da ging es mehr um "Recycling", als um Interesse an den Kunstgegenständen der früheren Generationen.)
 
Ich verstehe das ja.
Aber über wem wurde denn geschrieben? Über die Mehrzahl der Menschen wohl nicht.

Mehrheitlich über die oberen Zehntausend. Aber nicht nur. Und es gibt auch schriftliche Überlieferungen von 'normalos'.


Was wird denn ausgegraben. Paläste und Wohnhäuser.
Das sagt doch überhaupt nichts aus über die Lebenssituation des allgemeinen Volkes zB. auf dem Lande.

Auch das ist so nicht ok. An Stätten wie Pompeji oder Ostia kann man sehr gute Einblicke in die Lebenssituationen des allgemeinen Volkes bekommen. Und es werden immer wieder und vermehrt auch Landgüter bzw. mehr oder weniger normale Bauernhöfe ausgegraben. Sind vielleicht nicht so gut geeignet für sensationelle Nachrichten und gehen deswegen ein bischen unter. Aber da kann man wirklich sehr viel zur Lebenssituation des kleinen Mannes herausbekommen.

Der Fokus der Forschung richtet sich im Augenblick immer mal wieder immer mehr weg von den großen und bekannten Leuten hin zur Rekonstruktion der Alltagsgeschichte, weil man gerade da noch extrem viel zu forschen und zu entdecken hat.

Also, da geht schon so einiges!
 
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