Soldaten

Ok, jetzt wird es einfacher. ;)

- Grob gesagt, ja auch Bauern sind in den Krieg gezogen.
- Ja, wenn sie keine eigenen Waffen hatten, dann kann es vorgekommen sein,
daß der Lehnsherr bzw. Kriegsherr seine Bauern mit Waffen ausrüstete.

Jetzt aber noch eine Ergänzung. Eine Stadtwache/Burgwache war sozusagen Vollzeitsoldat. ;)
Die stammten zwar auch aus der Bauernschicht, übten dann diese Tätigkeit aber nicht mehr aus!
Ein stehendes Heer ist ein anderes Phänomen. Lies dazu am besten den Wikipedia-Artikel.
 
Danke fürs zusammenfassen.

Aber wenn wir auf die eigentliche Frage zurückkommen: Wenn nicht alle Soldaten Bauern waren, wer waren, dann die anderen Soldaten?
 
Auch wieder eine grobe Antwort: z.B. Niedere Adlige, also der xte Sohn vom ärmsten Ritter von Hintertupfingen... oder es waren eben ehemalige Bauern, die nun im Dienst eines Ritters standen. Es gab ja auch im Mittelalter eine Stadtbevölkerung, die sollte man auch nicht vergessen. Also auch Handwerker.
Mal kurz was aus der Militärgeschichte: Ein Ritter stand ja nicht alleine da, sondern hatte nun auch seine Helferlein, wir alle kennen spätestens seit "Ritter aus Leidenschaft" die Knappen. ;) Nun war es tatsächlich sogar noch etwas komplexer. Ein Ritter war Bestandteil, oder besser der Führer einer sogenannten "Gleve" oder auch "Lanze". ( damit ist jetzt nicht die Waffe gemeint) Diese Gleve bestand aus mehreren Mitgliedern, je nachdem zu welcher Zeit und Region und Vermögen verschieden stark. Zum Bleistift bestand sie neben Ritter und Knappe eben auch aus leichten Fußsoldaten und Bogen- bzw. Armbrustschützen, ebenso gab es auch leicht gepanzerte Reiter. Diese Ansammlung wird von Militärhistorikern gerne als "kleinste taktische Einheit" des Mittelalters bezeichnet. Ich meine die größte Anzahl wäre etwa so um die zwölf Personen. Die rekrutierten sich eben aus den oben genannten Bevölkerungsschichten und in dieser Einheit "trainierten" sie auch, um deine andere Frage zum Teil zu beantworten.

Gruß

Marbod
 
Marbod schrieb:
Auch wieder eine grobe Antwort: z.B. Niedere Adlige, also der xte Sohn vom ärmsten Ritter von Hintertupfingen... oder es waren eben ehemalige Bauern, die nun im Dienst eines Ritters standen. Es gab ja auch im Mittelalter eine Stadtbevölkerung, die sollte man auch nicht vergessen. Also auch Handwerker.

Handwerker haben auch in den Krieg ziehen müssen? Und was ist mit einer Burg, weil die hatte ja keine Stadtbevölkerung?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
William Wallace schrieb:
Handwerker haben auch in den Krieg ziehen müssen? Und was ist mit einer Burg, weil die hatte ja keine Stadtbevölkerung?

Nein, jetzt verstehst du mich falsch. Burgmannschaften bzw. wohl eher Stadtwachen konnten sich auch aus der Schicht der Handwerker rekrutieren. Will heißen, ein Sohn eines Handwerkers, der in dem Beruf keine Zukunft hatte, der hat sich dann zur Stadtwache gemeldet. Er hat dann also nicht mehr den Beruf eines Handwerkers ausgeübt.
Es war nicht davon die Rede, daß ein Handwerker zum Kriegsdienst herangezogen wurde!
 
Marbod schrieb:
Nein, jetzt verstehst du mich falsch. Burgmannschaften bzw. wohl eher Stadtwachen konnten sich auch aus der Schicht der Handwerker rekrutieren. Will heißen, ein Sohn eines Handwerkers, der in dem Beruf keine Zukunft hatte, der hat sich dann zur Stadtwache gemeldet. Er hat dann also nicht mehr den Beruf eines Handwerkers ausgeübt.
Es war nicht davon die Rede, daß ein Handwerker zum Kriegsdienst herangezogen wurde!

In den Krieg "gezogen" sind sie wohl seltener, wenn der Krieg jedoch zu der Stadt kam in der sie wohnten haben sie sehr wohl gekämpft. In einigen Städten waren die Mauern nach zünften aufgeteilt, dessen Mitglieder die entsprechenden Abschnitt verteidigen mussten.
 
"Die enge Verbundenheit der Zunftmitglieder zeigte sich auch im alltäglichen Leben. An den großen Stadt- und Kirchenfesten nahm man gemeinsam teil. Kranke und arme Mitglieder wurden unterstützt, und gemeinsam sorgte man für Witwen und Waisen verstorbener Zunftgenossen. Auch an der Verteidigung der Stadt sowie an der Brandbekämpfung waren die Zünfte beteiligt. Jede hatte ein bestimmtes Stück Stadtmauer zu verteidigen, wovon in Zittau noch heute die “Fleischerbastei“ zeugt. "

http://www.zittau.de/zittau_750_jahre/damals_gestern_heute/zuenfte.htm


Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wann und aus welchem Grund diese erste Neuorganisation der Zünfte erfolgte. Fest steht jedoch, daß die Zünfte seit 1338 das "Kernkontingent" der Stadtverteidigung stellen mußten und es ist daher sicherlich nicht abwegig, hinter dieser Neuordnung auch das Ziel einer gewissen Straffung zu vermuten. Denn jede Zunft hatte seit dieser Zeit bestimmte Wach- und Verteidigungsaufgaben zu übernehmen: Sei es die Bewachung eines bestimmten Stadttores oder die Verteidigung eines bestimmten Mauerabschnittes der Stadtmauer, sei es die Stellung von "Fußvolk", das sich bei Alarm am Münsterplatz um den Schultheißen der Stadt und den Obristenzunftmeister zu versammeln hatte. Wahrscheinlich hängt damit auch die "Umsortierung" der Bader von der Schmiede- in die Malerzunft zusammen. Nach einer "Wachordnung" von ca. 1401 , hatte die Malerzunft die Stadtmauer vom "Schul-" oder "Kretzentor" bis zum Schwabentor zu verteidigen (heute etwa der Bereich des Schloßbergrings zwischen Schloßberggarage und Schwabentor). Die Schmiede- und Tucher-Zunft hatten sich an der Mauer vom Schneckentor bis zum Peterstor (heute etwa von der Kreuzung Kaiser-Joseph-Str/Rempartstr. in einem Bogen bis vor den Hauptbahnhof) zu versammeln. Aus diesen militärischen Überlegungen heraus, und nicht etwa aus wirtschaftlich-protektionistischen Gründen, herrschte ab 1338 in Freiburg auch "Zunftzwang": Jeder, der in der Stadt auf Dauer ein Handwerk ausüben wollte, mußte einer Zunft beitreten, weil die Zünfte die Stadtverteidigung zu garantieren hatten.

.....
Um den wehrpolitischen Anforderungen nachkommen zu können, mußte sich jeder Zünftige sofort nach dem Eintritt in die Zunft einen Harnisch anschaffen, der ihm jedoch auch von der Zunft für einen Monat geliehen werden konnte. Damit im Ernstfall nicht zuviel Zeit verloren wurde, mußte jede Zunft regelmäßig Übungen abhalten, an denen alle Zünftigen teilzunehmen hatten. Daß in der Zunftordnung die Bader nochmals besonders darauf hingewiesen wurden, nicht "barschenki" (sprich: im Bademantel) zu erscheinen, wirft nicht unbedingt ein schlechtes Licht auf etwa mangelnde Disziplin der Bader, sondern darauf, daß die Übungen von der Zunft offensichtlich auch an Tagen und zu Zeiten durchgeführt wurden, an denen die Badestuben geöffnet hatten.


http://www.himmelsbach-reinigung.de/badestuben/HTML/Zunft.htm

In Lindau gibt es z.B. die Fischerbastei, in anderen Städten findet man ähnliches. In den Städten kam vermulich auch erstmals das Anlegen von Waffenkammern auf, aus der im Krisenfall die Bürger bewaffnet wurden. In Bernau ist noch eine solche zu besichtigen mit sehr gut erhaltenen Waffen (allerdings erst aus dem späten Mittelalter, frühen Neuzeit).
 
Zuletzt bearbeitet:
Schöne Beispiele, aber wir sind ja jetzt im Spätmittelalter. Eigentlich hatten wir es ja auf Früh und Hochmittelalter eingegrenzt.
 
Ich denke mal, dass liegt einfach an der Lebensweise. Zum einen waren die Germanen doch immer wieder auf Wanderung und die hierarchischen Strukturen waren einfach anders als später im Mittelalter.

Der breiten Masse der Leigeigenen das Tragen von Waffen zu erlauben, wäre für die Machthaber keine kluge Maßnahme um ihre Macht zu erhalten.

So hatten ja auch Sklaven nicht das Recht eine Waffe zu tragen (schon im alten Rom), wenn ich mich recht erinnere.

Inwiefern freie Leute nicht doch auch bewaffnet waren im Mittelalter, ist eine andere Sache.
 
William Wallace schrieb:
Bei den Germanen hatte jeder seine eigene Waffe. Wieso hat sich das im Mittelalter geändert?

Wer sagt dass es sich geändert hat? Nur in England wurde den Sachsen nach der normannischen Eroberung zeitweilig das Führen von Waffen verboten.

Ansonsten waren Bauern in der Regel bewaffnet. Wenn du mittelalterliche Holzschnitte und Illustrationen ansiehst oder frühneuzeitliche Gemälde und Stiche, wirst du feststellen, dass die Bauern meistens eine Waffe tragen, meist nur ein langes Messer, oft jedoch ein kurzen Katzbalger oder eine Zischegge und gelegentlich auch ein richtiges Schwert.

Die "Hauswehr" war ursprünglich ein kurzes Schwert auch als "Bauernwehr" bekannt. Später nannte man so auch Armbrüste oder gar Feuerwaffen die von den Bauern oder Städtern zu Hause gehalten werden mussten.

Und diese Waffen wurden über Generationen vererbt. Irgendwo habe ich gelesen, dass ein Schweizer Kurzschwert (eine art Katzbalger) mit einem Gefäß aus dem 14 Jahrhundert, sich bei einer metallographischen Untesuchung als Keltische Klinge aus vorchristlicher Zeit erwies.

Was die Bauern jedoch nicht hatten waren Harnische oder Kriegspferde, da sie damit mit dem Stand der Ritter in Konkurrenz getreten wären.
 
Und bevor marbod mir wieder eine auf den Hut gibt. Ja, die meisten Belege sind aus dem späten Mittelalter, da liegt einfach mehr Information vor. Es gibt jedoch keinen Grund anzunehmen, dass die Bauern im frühen Mittelalter unbewaffnet waren wenn ihre Nachfahren im Späten es nachweislich waren.
 
Leibeigene Bauern durften aber nominell auch im frühen Mittelalter nicht bewaffnet sein.

Dass sie im Besitz von Waffen, wie Knüppel, Messer, Holzäxten und Heugabeln, die man im Kriegsfall aus etwas umgestalten kann, ist sicherlich anzunehmen.

Richtige Kriegshandwerkswaffen hatten sie wohl aber nicht, zumal das Tragen eines Schwertes (nebst, dass es etwas zu teuer war) auch nur den oberen Schichten vorbehalten war.

Armbrüste galten im frühen bis hohen Mittelalter als verpönt und wurden etliche Male von der Kirche als geächtet erklärt.
 
Ritasophia:

Zur zeit Karl des Großen waren die meisten Bauern noch frei. Während des Mittelalters verbreitete sich die Leibeigenschaft und erst im späten Mittelalter bzw. früher Neuzeit erhielt sie eine ausführliche rechtliche und schriftliche Grundlage. In diesen Regelungen war dann das Leben der Leibeigenen geregelt, zB. Auch das enthalten was diese an den Herren abzugeben hatten und was im Todesfall zu übergeben war:

So z.B. aus "Das Schramberger Urbar des Rochus Merz von 1547/49"

"Wenn ein leibeigener Mann stirbt, ist das beste Stück Vieh im Stall abzugeben ("Best Haupt Vieh"), wenn keine Tiere vorhanden, dann als Ersatz die beste Kleidung [1].

Hat der verstorbene Leibeigene kein Vieh, dann waren die "besten Kleider" abzuliefern. Damit sind gemeint: Rock, Hosen, Wams und Gewehr (also die Waffen). Unter "beste Kleider" verstand man die Kleider, die der Verstorbene sonn- und feiertags zum Kirchgang angezogen hatte."

http://www.familie-dilger.de/ahnenforschung/quellen/urbar_anmerkungen_6.htm

Wenn Leibeigene keine Waffen haben konnten, wie erklärt sich dann dieser Passus? Woher hast du die Information, dass Leibeigenen grundsätzlich Waffen verboten waren?

Ausserdem waren mitnichten alle Bauern Leibeigene. In einigen Gegenden war die Leibeigenschaft auch nicht so verbreitet. Sogar zwischen West und Ostdeutschland gab es da grosse Unterschiede.

Zuletzt beruht das Ganze m.E. auf einer falschen Einschätzung davon was ein Leibeigener eigentlich war. Der Leibeigene war zwar "Unfrei", er war jedoch kein Sklave. Genau so unfrei waren z.B. die Ministerialen und die bekleideten teilweise hohe Funktionen und führten selbstverständlich Waffen.
 
Genau, die Leibeigenschaft griff seit dem 9. Jahrhundert um sich, langsam, aber stetig.

Ich hab nie gesagt, dass alle Bauern Leibeigene war oder dass es überall gleich war.

Ich finde es jedoch auch verkehrt zu sagen, dass die Herrschaft Schrambergs Regelungen für Leibeigene Ende des 16. Jahrhunderts exemplarisch für das gesamte Mittelalter steht.

In England hatten die Freien Männer doch einen Gruß, die Finger zu heben, um zu zeigen, dass sie keine Waffen trugen. Unfreie errichteten den Gruss nicht, da sie keine Waffen haben durften.

Hier mal eine andere Quelle:
http://www.bundtschu.de/bundtschu.htm
Früher durften Bauern noch Waffen tragen, dies war ihnen von den Herren verboten worden. Nach dem "alten Recht" waren die WÄLDER und die TIERE darin Allgemeingut und für die Bauern zugänglich. Auch dies hatte der Adel im Laufe der Zeit geändert: Feuerholz und die Tiere des Waldes durften von den Bauern nicht mehr genutzt werden. Es kam sogar soweit, daß es Weinbauern verboten war, Vögel, die ihre Trauben fraßen zu vertreiben oder gar zu töten.

--- Internetquelle, was auch immer man von solchen Quellen halten soll...

Fazit: Insgesamt ist es schwierig zu sagen, das war so oder nicht. Sicherlich hing das ganz extrem von der Zeit, dem Jahrhundert und der Region ab, wieweit solche Regelungen gegriffen haben oder nicht.
 
ritasophia schrieb:
Armbrüste galten im frühen bis hohen Mittelalter als verpönt und wurden etliche Male von der Kirche als geächtet erklärt.
Das galt nur fuer obere Schichten, da der gesamte Fernkampf unritterlich war. Ein Bauer duerfte eher durch den Preis von der Armbrust ferngehalten wurden sein. Ansonsten war die Waffe fuer en Fusssoldaten unheimlich praktisch: sie erforderte weniger Kraft und Training als ein Bogen und stellte eine Gefahr dar, selbst fuer Kettenhemdtraeger.
 
Zitat:
(http://lexikon.freenet.de/Armbrust)
In Europa ist die Verwendung von Bögen und Armbrüsten in Kämpfen zwischen Christen durch das Zweite Lateranische Konzil 1139 verboten worden, da sie wegen ihrer Reichweite und ihrer Durchschlagskraft gegen Rüstungen als unritterlich galten. Der Einsatz gegen Heiden, insbesondere gegen arabisch/islamische Gegner, blieb dagegen unberührt. Diese moralische Ächtung war jedoch schlussendlich in der Kriegspraxis nicht durchsetzbar.
Zitat Ende:
 
ritasophia schrieb:
Zitat:
(http://lexikon.freenet.de/Armbrust)
In Europa ist die Verwendung von Bögen und Armbrüsten in Kämpfen zwischen Christen durch das Zweite Lateranische Konzil 1139 verboten worden, da sie wegen ihrer Reichweite und ihrer Durchschlagskraft gegen Rüstungen als unritterlich galten. Der Einsatz gegen Heiden, insbesondere gegen arabisch/islamische Gegner, blieb dagegen unberührt. Diese moralische Ächtung war jedoch schlussendlich in der Kriegspraxis nicht durchsetzbar.
Zitat Ende:

Das ist zwar richtig, die Wirkung dieses Verbots dürfte jedoch gleichzustellen sein mit der heutigen Ächtung von Tretminen und Streubomben: Also gleich null.

Richard Löwenherz wurde z.B. im Jahre 1199 durch einen Armbrustbolzen getötet.
 
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