Sollten Nazi-Verbrecher heute noch verurteilt werden??

Rikaya

Neues Mitglied
Ich habe bald meine mündliche Prüfung in Geschichte und dieses Diskussionsthema spielt dabei eine wichtige Rolle...Leider steht bei Google dazu überhaupt nichts (ich habe nichts gefunden)...:hmpf: Deswegen frage ich euch. Ich bitte euch aber darum, nicht nur Argumente darzubringen, die für eine Verurteilung sprechen, da ich das Thema ja diskutieren soll...
Schon mal danke für eure Antworten.
mfG

Rikaya
 
Hättest du die Forenregeln gelesen, so wüsstest du, dass wir mitnichten dazu bereit sind, dir eine Arbeit zu schreiben (sei es ein Referat, eine Klausur oder eine mündliche Prüfung im Rahmen des Abiturs).

Wir helfen gerne, die Fragestellung zu konkretisieren und bereits erkannte Probleme weiterzudenken (in einem unterstützenden Sinne), aber nicht dir ein Thema und den dazu gehörigen Inhalt mit Inhalts- und Deutungsebene.

Außerdem kannte ich keinen Nazi-Verbrecher, der 2013 noch lebt. Heißt nicht, dass es keine gibt, nur, dass ich keinen kenne.
 
Bekannte Namen leben wohl wirklich nicht mehr. Dennoch gibt es immer noch Verhaftungen, wie die vom Mai 2013. Da wurde ein ehemaliger Aufseher von Auschwitz verhaftet.

Polizei verhaftet ehemaligen Auschwitz-Aufseher - Politik - Sddeutsche.de

Zum Glück ist das so!

Ich habe in den letzten Tagen das Buch "Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945" von Ernst Klee durchgesehen und war entsetzt, wie viele Mörder, die sich schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben, heil oder mit ganz geringen Haftstrafen davongekommen sind. Wenn man von solchen Mördern noch einige einlocht, so tut das der Gerechtigkeit genüge und ein hohes Alter sollte davon nicht abhalten.
 
Zum Glück ist das so!

Ich habe in den letzten Tagen das Buch "Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945" von Ernst Klee durchgesehen und war entsetzt, wie viele Mörder, die sich schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben, heil oder mit ganz geringen Haftstrafen davongekommen sind. Wenn man von solchen Mördern noch einige einlocht, so tut das der Gerechtigkeit genüge und ein hohes Alter sollte davon nicht abhalten.

Sehe ich auch so. Hier noch ein Beitrag:


Medienbericht: Fahnder sind 50 KZ-Aufsehern auf der Spur | tagesschau.de

Und noch ein Interview mit dem Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm über die Verhaftung des KZ-Aufseher Hans Lipschis:

http://www.sueddeutsche.de/politik/...nktionieren-der-toetungsmaschinerie-1.1667527
 
Bekannte Namen leben wohl wirklich nicht mehr. Dennoch gibt es immer noch Verhaftungen, wie die vom Mai 2013. Da wurde ein ehemaliger Aufseher von Auschwitz verhaftet.

Gab es dazu nicht auch eine "Ansage" oder , ich sag mal jetzt Information, weil ich nicht weiß, wie es in unsere Rechtsprechung eingepflegt ist bzw. wurde, daß nun schon die alleinige Angehörigkeit zu Teilen der SS Wachmannschaften ausreichen, um unter Generalverdacht im Bezug auf Mord gestellt zu werden?
 
Mal ganz abgesehen von der provokanten Formulierung der Frage:

Was würde denn für/gegen eine Verurteilung sprechen? Sagen wir es mal so: Pro-Gründe würden mir spontan über 6 Millionen einfallen. Contra-Gründe allerdings kein einziger. Ich würde den ganzen Haufen ins Gefängnis stecken, bis jeder einzelne... aber ich werde unsachlich.

Mich wundert es überdies, dass man so eine Frage in einem Forum anspricht. Ich meine: Hast du keine eigene Meinung? Keine Vorstellung von Moral und Ethik, von Menschlichkeit? Was würdest du denn sagen? Sollte man diese Leute wegsperren oder doch frei herumlaufen lassen? Es geht hier ja explizit um Verbrecher, nicht nur um NSDAP-Mitglieder oder Befürworter des Systems, sondern um Funktionäre und Akteure. Sollte man also eher auf das Alter Rücksicht nehmen oder sollte man die Herren (und Damen?) zur Rechenschaft ziehen, weil sie Verbrechen begangen haben?
Nach dem deutschen Gesetz verjährt Mord nicht, viele andere Tatbestände schon. Ist es demnach also rechtens, wenn man die Leute anklagen würde, so sie keine Morde begangen haben oder ist allein die Teilhabe an einem solch grausamen, menschenverachtenden und mordenden System der weitaus größere Tatbestand?
 
Ist es demnach also rechtens, wenn man die Leute anklagen würde, so sie keine Morde begangen haben oder ist allein die Teilhabe an einem solch grausamen, menschenverachtenden und mordenden System der weitaus größere Tatbestand?

Es geht ja nicht nur um Morde, sondern auch um sadistische Quälerei oder ärzliche Versuche an Häftlingen und Euthanasie. Viele wurden angeklagt und eingesperrt oder gehängt - aber viele gingen auch durch die Lappen.
 
Es geht ja nicht nur um Morde, sondern auch um sadistische Quälerei oder ärzliche Versuche an Häftlingen und Euthanasie. Viele wurden angeklagt und eingesperrt oder gehängt - aber viele gingen auch durch die Lappen.

Genau das zu berücksichtigen hatte ich ja angeregt. Ob man alle Seiten des faschistischen Übels berücksichtigt, oder ob man Rücksicht auf ins Felde geführte Argumente nimmt, z. B. das Alter oder die Ohnmacht gegenüber dieses Systems (Ich musste es machen, sonst...).

Wenn sprichst Du an, immerhin beteiligen sich mehr als 2 User momentan an der Diskussion?

Ich meinte den Verfasser des Threads nach dem Motto "Macht mal".

@Decurion: In der BRD wurde die Verjährung von Mord und Völkermord erst 1979 aufgehoben.

Es geht ja aber um die heutige Zeit, ob man heute noch die Verbrecher verurteilen würde.
 
Ich habe bald meine mündliche Prüfung in Geschichte und dieses Diskussionsthema spielt dabei eine wichtige Rolle...Leider steht bei Google dazu überhaupt nichts (ich habe nichts gefunden)...:hmpf:
Genau das ist in seiner abrupten Kürze ein flammendes Plädoyer für die Überlegenheit des menschlichen Geistes gegenüber einem "dummen" Katalog von Einträgen ungewisser Provenienz, die in einer Kombination aus Einsen und Nullen in einem weltumspannenden Konstrukt abgespeichert sind, das im wesentlichen nicht mehr als eine geordnete Anhäufung von Buntmetallen, Sandderivaten und schnödem Plastik ist. :yes:

Im bitteren Ernst, Du bist jetzt erwachsen (oder falls nicht, nah dran), darfst wählen, potentiell alleine Auto fahren, harten Alkohol trinken und bewaffnet in den Krieg ziehen. Du hast mindestens 12 Jahre Schule hinter Dir und bleibst bei der Lösung einer im ersten Ansatz recht simplen Frage eingelegt stehen, sobald Google Dir auf diese Frage keine eindeutige Antwort geben kann? Wie sieht es denn mit Deiner EIGENEN Urteilsfähigkeit aus? Was habt Ihr die letzten Jahre in Geschichte, Deutsch, Religion (oder Ethik) so gemacht? Von einem Abiturienten, der oder die jetzt seine / ihre Hochschulreife nachweisen soll, hätte ich (und meine Lehrer damals) doch deutlich mehr erwartet. Oh tempora, oh mores. :weinen:
[Tut mir jetzt leid, dass ausgerechnet Du meinen Ausbruch abkriegst, aber in letzter Zeit häufen sich naturgemäß wieder solche Fragen und das zum Teil in einem erschreckend hilflosen Auftreten in Kombination mit einer teils abenteuerlichen Rechtschreibung - oh tempora...]
Im Übrigen würdest Du auch in keiner Bibliothek dieser Welt eine maßgeschneiderte Antwort auf Deine Frage finden - das ist der sogenannte oder auch Transfer, der - sicherlich auch heute noch - von jemandem erwartet wird, der/die womöglich bald ein Studium aufnehmen wird (oder ein Familie gründen oder einen Kredit aufnehmen oder oder oder).

Die Prüfungsfrage - und das geht jetzt gegen deren Verursacher - ist m. E. eine ahistorische ebensolche, da sie eher auf eine tagespolitische oder ethische Antwort hinausläuft. Eine schönere Frage für eine Geschichtsprüfung, liebe Lehrer und Fragensteller, wäre doch die, nach welchem Recht Nazi-Verbrecher heute verurteilt werden sollen. (Und da hätten wir die Steilvorlage zu den Nürnberger Prozessen Nürnberger Prozesse ? Wikipedia , was gleichzeitig mein konstruktiver Hinweis für die Beantwortung Deiner Frage sein soll.)


Deswegen frage ich euch. Ich bitte euch aber darum, nicht nur Argumente darzubringen, die für eine Verurteilung sprechen, da ich das Thema ja diskutieren soll...
Schon mal danke für eure Antworten.
mfG

Rikaya
Versetz Dich doch einfach mal in so einen alten Mann (oder seinen Strafverteidiger) hinein, der jetzt für seine bald 70-Jahre zurückliegenden Missetaten zur Rechenschaft gezogen werden soll. Ihr dürft mich nicht einsperren, weil... (verjährt, Befehlsnotstand, Jugendsünden, üble Täuschung, geläutert, inzwischen die Bibel auswendig gelernt und verinnerlicht, hab ich nur gemacht um dem Mädel xyz zu imponieren...). Diese und andere Ausreden wirst Du selbstverfreilich nach ihrer Gerichtsverwendbarkeit bewerten müssen.
 
[...]Was würde denn für/gegen eine Verurteilung sprechen? [...]

Ich will hier nix relativieren, aber bei der Frage würde ich spontan behaupten, vieles!

Nur ein Satz der zum Nachdenken anregen sollte: "Auge um Auge, Zahn um Zahn!"
Sind wir das? Ist das unser Rechtsempfinden unserer Demokratie?

Und die Große Frage: Ohne die gesamtpolitische Gesellschaft und deren Verhalten im Dritten Reich, die mehr oder wenige die 12 Jahre Naziherrschaft mit ermöglichten, wären auch die niederen Machenschaften des Völkermordes nicht möglich gewesen ... wer soll dann Verurteilt werden, das deutsche Volk?
 
ich habe mir schon selber Gedanken über das Thema gemacht...;P So komme ich nämlich auf folgende Argumente:
pro:
-Menschenrechtsverletzungen verjähren nicht, explizit Mord
-Gerechtigkeit muss gewährleistet werden
-Jeder ist vor dem Gesetz gleich

contra:
-Menschen ändern sich
-haben vl nur Befehle ausgeführt, die sonst jemand anderes befolgt hätte
-Verbrecher haftunfähig durch zu hohes Alter

ich bin auf jeden Fall für die Verurteilung von Nazi-Verbrechern. Jedes Argument hat hier sein eigenes Gewicht. Manche mehr als Andere...

Aber mehr fiel mir nicht ein. Deswegen frage ich ja euch...Und wozu ist das Internet überhaupt da, wenn es einem nicht mal in der Schule helfen kann...Außerdem sind in Geschichtsforen wie z.B. hier schon oft über etwas diskutiert worden, was auch Schulthema ist bzw. war...;PP
 
Ich will hier nix relativieren, aber bei der Frage würde ich spontan behaupten, vieles!

Nur ein Satz der zum Nachdenken anregen sollte: "Auge um Auge, Zahn um Zahn!"
Sind wir das? Ist das unser Rechtsempfinden unserer Demokratie?

Du sprichst etwas an, über das ich auch bereits nachgedacht habe.

Ich bin mir aber gewahr geworden, dass ich zwei Dinge verwechsle: Verurteilung und Verurteilung.

Damit meine ich: Für einen Tatbestand bestraft zu werden im Sinne von Gefängnisstrafe auf der einen Seite und Gleiches mit Gleichem zu vergelten im Sinne der Todesstrafe auf der anderen Seite.

In unserer Demokratie werden Räuber, Vergewaltiger, Dealer, Mörder etc. einem ordentlichen Gericht zugeführt und je nach Härte ihrer Straftat verurteilt. Nichts anderes wollte ich für einen umso schrecklicheren Verbrecher. Ich verlangte nicht die Todesstrafe, dies sowohl aus humanen als auch aus religiösen Gründen.

Also kann ich deine Frage beantworten: Ja, das ist unsere Demokratie und unsere Vorstellung von Rechtsstaat.
 
contra:
-Menschen ändern sich
-haben vl nur Befehle ausgeführt, die sonst jemand anderes befolgt hätte
-Verbrecher haftunfähig durch zu hohes Alter

Menschen ändern sich, ja. Das kann man aber auch nicht pauschal sagen. Vielleicht liest - wie Neddy trefflich formulierte - der Mensch heute jeden Tag das Neue Testament dreimal. Und vielleicht bereut er auch die Gräueltaten, die er beging. Aber hebt das auch gleich die Geschichte auf, in der er diese Taten beging? Nur weil man etwas bereut, ist die Tat nicht ungeschehen gemacht.

Ein Mensch hat die Pflicht, Verantwortung zu übernehmen. Man kann nicht einfach sagen: "Wenn nicht ich, dann jemand anders". Das würde mich zu einer theologischen Dimension führen, die ich nicht genauer erläutern möchte oder darf.

Jemand, der auch fortgeschrittenen Alters war: Josef Fritzl. Als Denkanstoß.
 
Hast du keine eigene Meinung? Keine Vorstellung von Moral und Ethik, von Menschlichkeit?

Genau darauf kommt es an, auf eine gut begründete, auf den historischen Fakten basierende Meinung.


Nur ein Satz der zum Nachdenken anregen sollte: "Auge um Auge, Zahn um Zahn!"
Sind wir das? Ist das unser Rechtsempfinden unserer Demokratie?

Wer sagt denn, dass ein Urteilsspruch zu einer Spiegelstrafe führen soll?

Die Antwort ist, da es sich um eine Frage handelt, die irgendwo zwischen Ethik und Recht liegt, sicher nicht einfach. Ich tue mich mich persönlich auch damit schwer jemanden zu verurteilen, der heute 90 ist und mit 18 oder 20 Jahren zum Mörder geworden ist, nachdem er die prägende Jugendzeit unter nationalsozialistischer Erziehung verbracht hat, wenn er von seinen Taten Abstand genommen hat und bereut. Aber wie trennst du die Spreu vom Weizen? Lippenbekenntnisse kann jeder.

Zu fragen ist auch: Welche Funktion hat ein Urteilsspruch?
- Strafe
- Sühne
- Vermeidung von Wiederholung (fällt wohl weg)
- Sicherung der Opfergruppe (s.o.)
...
Eine weitere Frage wäre: Warum sollte man nur aufgrund des fortschreitenden körperlichen Verfalls Gnade vor Recht ergehen lassen?

Richter haben - auf der rein juristischen Ebene - einen relativ breiten Spielraum, in den sie alle möglichen Faktoren einfließen lassen können.

wer soll dann verurteilt werden, das deutsche Volk?
Eigentlich kann ein Täter nur für seine Tat verurteilt werden. Kollektivschuld gibt es nicht, schuldig werden ist individuell.
 
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