Stamm der Chatten

Bei aller Hochachtung vor den genanten Autoren, die mir wohlbekannt sind, gbit es aber durchaus ganz andere Ansätze, siehe der von mir erwähnte Aufsatz. Grundtenor ist, daß Franken und Thüringen direkt aneinander grenzten. Dabei stellte der Rhein die Grenze dar, bis 531.

Wie gesagt, ich werde mir den Aufsatz noch zu Gemüte führen. Die archäologischen Theorien (auch die neueren, z.B. von Steidl oder Siegmund) gehen ja nun eher davon aus, dass das Rhein-Main-Gebiet zunächst unter alemannischem und dann ab ca. 500 unter fränkischem Einfluss stand. Zweifellos gibt es da noch eine Menge offener Fragen, im Grunde lässt sich die Wende zum 6. Jahrhundert noch kaum fassen.

Theudebert hat im Jahr 531 die Thüringer angegriffen, in dem der den Rhein überschritt. Das durch den Sieg gegen die Thüringer automatisch das heute als Hessen bezeichnete Gebiet in fränkische Hände fiel ist logisch.

Ja, nur schlägt sich das archäologisch überhaupt noch nicht nieder.

Franken (Merowinger bauten in vielen Landschaften im 7. und 8. Jh. Burgen, auch in Thüringen und Sachsen, warum soll das in Hessen etwas besonderes sein.

Es ist deshalb etwas besonderes, weil für das 6. bis frühe 7. Jahrhundert in Hessen überhaupt keine Befestigungsanlagen belegt sind und auch für das 4./5. Jhdt. nur ganz wenige. Zudem ist es ziemlich deutlich, dass frühe Anlagen, insbesondere der Büraberg, wohl gegen die Sachsen gerichtet waren. Während der schweren Auseinandersetzungen im 8. Jahrhundert kommt es mehrfach zu Kämpfen in dieser Gegend.
Dazu fungieren die größeren dieser Anlagen auch als administrative Mittelpunkte etwa bei Aufrichtung der Kirchenorganisation.
 
@ Strupanice: ich habe den Aufsatz jetzt gelesen, und er ist für die Ethnogenese der Thüringer ganz interessant. Die Argumentation besagt ja, dass die Schriftquellen ein Indiz liefern, dass Zeitweise eine Grenze am Rhein zwischen Thüringer und Franken bestand und das thüringische Reich des späten 5./6. Jhdts. größer war als vermutet.
Allerdings vermutet Grahn-Hoek durch indirekte Zusammenhänge, dass die Brukterer, Hessi etc. Provinzen des thürinigischen Reichs gewesen seien, ohne dass dies in den Quellen so direkt ausgesprochen wird. Außerdem schreibt sie zunächst nur, dass Thüringer und Franken am Rhein aneinandergrenzten, lässt aber noch offen, wo. So wie ich ihre Ausführungen interpretiere, nimmt sie an, dass sich diese Stelle am Niederrhein, bei den Brukterern, befindet. Gleichwohl hätten nach ihrer Hypothese auch die Hessen und andere Unterstämme den Thüringern unterstanden.
Ich vermute aber, dass das Gebiet rund um die Mainmündung und die Wetterau nie zum Thüringerreich gehörte. Der archäologische Befund legt nahe, dass diese Gebiete kulturell einheitlich bis über die Völkerwanderungszeit hinweg blieben. Zweitens scheint das durch den Limes umgrenzte römische Altsiedelland bis ins 7. Jhdt. stets auch eine kulturelle Einheit geblieben zu sein - dann auch vielleicht eine politische? Zudem finden sich gerade im Raum um Wiesbaden in Form mehrerer frühchristlicher Grabsteine des 5./6. Jahrhunderts Hinweise, dass ein gewisser christlich-romanischer Einfluss auch rechts des Rheins erhalten blieb.
Für das nördliche Hessen (besser wäre der Terminus "Althessen") könnte Grahns Theorie dagegen durchaus stimmig sein. Wenig Einfluss dagegen hatte die thüringische Herrschaft aber offenbar auf die dürftige, doch eigenständige Entwicklung dieser Gegend. Meine persönliche Vermutung, gestützt auf die Forschungen um die Siedlungen bei Fritzlar: hier lebte eine politisch schwache, aber auch von den Nachbarn relativ unbehelligte germanische Bevölkerung, die noch auf die Kaiserzeit zurückgeht. Sie pflegte ihre gewohnte, sich noch auf einer relativ primitiven Ebene bewegende Subsistenzwirtschaft und nahm nur wenig kulturelle Einflüsse auf, war aber auch zu "unattraktiv", um sie weiterzugeben.
Diese Isolation dürfte auch durch geografische Barrieren im noch immer kaum erschlossenen Land bedingt sein.
Die Situation ändert sich m.E. erst, als einerseits die Sachsen ab dem späten 6./7. Jahrhundert nach Süden drängen und andererseits als Gegenreaktion die Franken sich für das nordhessische Gebiet zu interessieren beginnen.
 
Eine direkte Grenze Frankenreich-Thüringerreich sollte man sich nicht vorstellen. Ich denke man muß eher von Machtzentren ausgehen, die bis in Grenzgebiete austrahlen, ohne daß man sie im eigentlichen Sinn zum einen oder anderen Reich zählen kann. Das hieße bis 531 hätten im Gebiet rechts des Rheins bis vielleicht zur Egge fränkischer Einfluß vorgeherrscht, östlich davon thüringischer. In Hessen im Lahntal frk. in Nordhessen und im unteren Maingebiet eher thüringischer.
 
@ Beorna: ich beziehe mich direkt auf den Aufsatz von Grahn-Hoek, und sie nimmt eine solche Grenze an. Es geht in diesem Aufsatz - der allein auf Schriftquellen basiert - durchaus um direkte politische Herrschaft.

S. 79: "Der Brief [Anm: Theudeberts an Justinian i. J. 534 nach der Unterwerfung der Thüringer] lässt m.E. keine andere Deutung zu, als dass das gesamte rechtsrheinische Gebiet - soweit es vor 531 nicht fränkisch beherrscht war - mit Aunahme der beiden namentlich erwähnten Stämme im äußersten Norden [Anm: darunter die Saxones] und Nordosten und Alemanniens mit dem namen und den Provinzen der Thüringer abgedeckt war. Das heißt, dass wir von einer gemeinsamen Grenze zwischen dem Frankenreich und dem Thüringerreich zur Zeit Theuderichs, Herminafrids und Baderichs ausgehen müssen. Diese Grenze dürfte wenigstens teilweise der Rhein gewesen sein, wie es Prokop für das Warnenreich deutlich sagt."

Wie gesagt, mich überzeugt dieser Aufsatz nicht vollends, zumal er die archäologische Forschung bewußt ignoriert. Dennoch entnimmt Grahn den wenigen Quellen einige gute Argumente.
 
Leider kenne ich den Aufsatz nicht und kann ihn mir momentan auch nicht besorgen. Es bleibt allerdings die Frage offen, in wie weit die Angaben gegenüber Justinian richtig sind!
Wenn wir einmal das fränkische Merowingerreich betrachten, dann stößt dieses erst in der 2. Hälfte des 4. Jhds zum Rhein vor. Erst mit der Zerschlagung des/der rheinfränkischen Reichs(Reiche) kann man in den Besitz der rechtsrheinischen Gebiete gekommen sein. Von dort stammen die fränkischen Gruppen. Doch haben sie z.B. das Münsterland nach 450 zum Großteil geräumt. Im Mainraum traten sie ebenfalls erst um 500 in Erscheinung, mit dem Kampf gegen die Alamannen.
Betrachten wir die Thüringer. Sie treten im 5. Jhd unter der Führung der Hunnen auf. erst nach der Schlacht bei den Katalaunischen Feldern wird man von einem thüringischen Reich ausgehen dürfen, wie z.B. bei den Gepiden. Doch wie weit nach Westen sind sie gestoßen? Wenn wir nach den zugegeben umstrittenen Ortsnamen gehen, so reichen die -stedt und -leben Namen in geschlossenem Umfang nur bis zur Leine, zum Teil bis zur Weser. Nun gibt es zwar auch im nördlichen Niedersachsen -stedt-Orte, doch ob diese auf Thüringer hinweisen scheint doch problematisch, da sie eher eine gemein-nordseegermanische? Ortsnamenbezeichnung sind. Zwar erwähnt Widukind von Corvey, daß die bei Hadeln landenden Sachsen auf Thüringer trafen, doch in wie weit man dieser Stelle trauen darf ist doch fraglich. Im Maingebiet stießen die Thüringer auf Alamannen und Reste der Burgunder. Auch hier ist fraglich, wie schnell sie ihr Reiche oder ihre Reiche erweitern konnten.
Damit haben wir dann doch eher zwei Machtschwerpunkte. Einen fränkischen nördlich der Seine bis zur Schelde/Maas der von dort nach Westen ausstrahlt und einen thüringischen im Thüringer Becken und mittleren Elbegebiet, der nach Hessen ins mittlere Maintal und nach Niedersachsen ausstrahlt. In Südniedersachsen und Hessen trifft man im 5./6. Jhd auf eigenständige Gruppen, die zwar thüringischen Einfluß zeigen, aber eben nicht eindeutig thüringisch sind. Daher nehme ich für diese Regionen "Klientelreiche" oder Kleinreiche an, die lediglich in irgndeiner Art tributpflichtig waren.
 
Daher nehme ich für diese Regionen "Klientelreiche" oder Kleinreiche an, die lediglich in irgndeiner Art tributpflichtig waren.

Das nimmt im Grunde auch Grahn an, die mehrfach auf die in den Quellen genannten "Provinzen" der Thüringer verweist und unter anderem das Brukterergebiet und das der Hessen als solche ansieht.

Wie gesagt: für den Bereich des nördlichen Hessen und Niedersachsen kann ich mir die thüringische Einflussnahme und Herrschaft vorstellen, nicht aber für den Bereich der Wetterau und Mainmündung.
 
So würde ich das auch sehen. Erst sind diese Bereiche burgundisch oder alamannisch, dann ab 496 fränkisch. Auch für die Brukterer (falls dieser Name richtig ist) wäre ich skeptisch, ob sich das Thüringerreich inklusive Klientel bis dorthin erstreckt hat. Mir wäre ein Grenzraum im Bereich der Egge sympatischer.
 
Eine Angabe zu den Chatten:
Im Jahre 50 n.Chr. befanden sich die Chatten auf einem Raubzug im römischen Obergermanien. Davon berichtet Tacitus in seinen Annalen Buch XII, (27). Der Legat P.Pomponius schickt die Hilfsvölker der Vangionen (seßhaft im Raum Worms) und Nemeter (aus der Gegend von Speyer) aus, um die Chatten zu überholen und diese in einzelnen Gruppen zu stellen. Es werden 2Kolonnen gegründet. Die eine marschiert das Lahntal hinauf, während die andere den Main entlang zieht. Diejenige Kolonne, die den linken Weg einschlug, konnte die Chatten im Schlaf und unvorbereitet vortreffen. Tacitus merkte an, daß auch Römer des Varusheeres aus der 40jährigen Knechtschaft befreit wurden!
Die andere Kolonne traf auf chattischen Widerstand und kam nach einer Schlacht mitder gestohlenen Beute zu den Taunus-Gebirgen zurück. Dort warteten die Legionen, die sich für einen chattischen Gegenzug vorbereitet hatten. Es kam aber zu keiner erneuten Schlacht, da die Chatten nicht in einen Zweifrontenkrieg zwischen Cheruskern (die zu der Zeit feindselig gegenübern den Chatten eingestellt waren) und Römern geraten wollten.

Für mich ist die Beschreibung von Tacitus interessant, in dem er auf Befreite, die noch aus dem Varusheer stammen, hinweist. Wie konnten sie in chattische Knechtschaft gelangen? Das deutet doch darauf hin, daß sich auch die Chatten 9n.Chr. am Varuskrieg beteiligt hatten. Daher erfolgte auch 15n.Chr. der Rachefeldzug des Germanicus gegen die Chatten.
Da die Varusschlacht bei den "äußersten Brukterer" stattfand und Germanicus sich später gegen die Brukterer, Marser und Chatten rächte, kann man davon ausgehen, daß diese Stämme das Schlachtfeld auch gut erreichen konnten, um die Cherusker beim Kampf gegen Varus zu unterstützen. Somit ist ein Grenzgebiet zwischen Cheruskern, Marsern, Brukterern und Chatten als Ort der Varusschlacht geeignet.

Im Jahre 59 n.Chr. suchen die gebietslosen Ampsivarier Schutz bei den Chatten. Da aber sie auch dort abgewiesen werden, gelangen sie zu den Cheruskern, die noch eine alte Rechnung mit deren römerfreundlichen Anführer Bojocalus offen hatten. Die waffenfähigen Ampsivarier wurden niedergemacht und die nicht wehrfähigen Ampsivarier wurden als Beute verteilt. In dem gleichen Sommer kam es dann zur Schlacht zwischen Chatten und Hermunduren wegen einem salzreichen Grenzfluß. Die Chatten unterlagen und die Gefangenen und ihre Tiere wurden den Göttern geopfert.
 
Hi,
schreibe seit einigen Monaten an einem Wikipedia-Artikel über die Chatten. Würde mich freuen, was ihr von jenem besagten Artikel haltet, was zu verbessern wäre, was ich vergessen habe, wie Dinge anders bzw. besser ausdrücken könnte und wie euch de Artikel insgesmat gefällt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Chatten

Gruß Aragorn
 
Hi,
schreibe seit einigen Monaten an einem Wikipedia-Artikel über die Chatten. Würde mich freuen, was ihr von jenem besagten Artikel haltet, was zu verbessern wäre, was ich vergessen habe, wie Dinge anders bzw. besser ausdrücken könnte und wie euch de Artikel insgesmat gefällt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Chatten

Gruß Aragorn

Ich glaube, wir hatten die Diskussion schon einmal geführt. Nur noch mal zur Erinnerung ein paar Anmerkungen. Die Gleichsetzung Chatten = Hessen wird leider auch durch noch so viele Wiederholungen nicht nachweisbarer. Ich halte dies für eine gelehrte Erfindung, um eine wie auch immer geartete Kontinuität zusammenzuzimmern, die es während der Völkerwanderung in keinem der mitteleuropäischen Gebiete gab. Nach der Völkerwanderung war nichts mehr so, wie es vorher war, außer in Hessen ? Gerade in Hessen, das als ausgesprochenes Durchzugsland mitten in Europa liegt, wird es wohl kaum eine Homogenität der Bevölkerung über 1000 Jahre gegeben haben, zumal eine Überlieferungslücke von mehreren Jahrhunderten zwischen der letzten Chatten-Erwähnung und der ersten Hessen-Erwähnung besteht. Die von dir dargestellte Lautverschiebung kann heutekeiner Sprachwissenschaft mehr standhalten.
Im Übrigen taucht der Name Hassi im Zusammenhang mit der Christianisierung erstmals auf und hatte wohl vielmehr eine Initialwirkung, wegen der von dort ausgehenden Mission, als eine Jahrhunderte alte Tradition. Selbst die lange verfochtene These, daß die Hermunduren den Kern des späteren Thüringer Reiches bildeten, gilt seit einigen Jahren als überholt. Es haben sich halt in den Jahrhunderten der Nichtnennung selbiger Stämme der ausgehenden Römerzeit gravierende Verschiebungen vollzogen, was nicht heißen soll, daß überall ein bestimmter Prozentsatz an Restbevölkerung übrig blieb, der allerdings in der Regel schnell in den Neuankömmlingen aufging.
 
Die von dir dargestellte Lautverschiebung kann heutekeiner Sprachwissenschaft mehr standhalten.

Hier Zustimmung, beziehungsweise sagen wir so: Es wäre zwar möglich, doch blebt die Beweiskraft aufgrund der Quellenlage gering.

Die Gleichsetzung Chatten = Hessen wird leider auch durch noch so viele Wiederholungen nicht nachweisbarer. Ich halte dies für eine gelehrte Erfindung, um eine wie auch immer geartete Kontinuität zusammenzuzimmern, die es während der Völkerwanderung in keinem der mitteleuropäischen Gebiete gab. Nach der Völkerwanderung war nichts mehr so, wie es vorher war, außer in Hessen ?

@ Strupanice: Ganz beiseite lassen kann man aber den Geismar-Komplex nicht. Es hat sich nun mal herausgestellt, dass dieser - und noch einige andere Orte im Fritzlarer Becken - seit der frühen Kaiserzeit durchgehend besiedelt wurden. "Gaesmare" ist in der Vita des Willibald erwähnt, also kann man die dortige Wüstung mit hoher Sicherheit mit diesem Zentralort der Hessen in Verbindung bringen.
Gleichzeitig ist dies ein Gebiet, von dem man mit Recht vermutet (unter anderem aufgrund einer Textstelle in Tacitus Annalen' (wenn ich richtig erinnere), in der die Eder erwähnt wird, dass hier das chattische Kerngebiet lag.
Das zentrale Argument für die Kontinuität kommt also aus der Archäologie. Es gibt für mich keinen zwigenden Grund, dass auch die Chatten "gewandert" sind. Auch wenn die germanische Welt im 4./5. Jahrhundert ziemlich in Bewegung geriet, müssen nicht nur vom archäologischen Befund her einige Bevölkerungen im Altsiedelland geblieben sein - auch andere Stämme, wie die Alemannen, "wanderten" in der Spätantike nicht.
Zudem sprichst due die bedeutende geostrategische Lage Hessens mit seinen Nord-Süd-Verbindungen an. Das ist Fakt, aber es gab kaum eine Zeit, in der diese strategisch so unbedeutend waren, wie im 5.-7. Jahrhundert. Das ganze Gebiet - besonders das nördliche heutige Hessen - war quasi trotz der Zugehörigkeit zum Frankenreich "abgehängt", weil das Reich seine administrativen Funktionen nicht wahrnehmen konnte bzw. wollte. Bis zur Zeit der Sachsenkriege war es - ein bißchen anders ist es mit der Wetterau - völlig unbedeutend, und auch die bisherigen archäologischen Funde legen nahe, dass es eine kaum besiedelte und strukturschwache Region war.
 
Eine Besonderheit gibt es doch noch: das Gebiet um Waldgirmes scheint zur Zeitenwende wenig besiedelt gewesen zu sein. Und wenn, dann von Kelten bzw. keltisch beeinflußter Bevölkerung. Die Kelten haben das oppidum auf dem Dünsberg im 1.Jh.v.Chr. verlassen und Reste dieser Bevölkerung müssen sich dann bei den Römern in Waldgirmes angesiedelt haben (Münzfunde beweisen eine Geldwirtschaft, die die Germanen so nicht kannten; es wurden die gleiche Keramik und die gleichen Münzen wie am Dünsberg gefunden). Da die Ubier das Gebiet vorher schon geräumt hatten, gab es in diesem Gebiet wieder Siedlungsplatz, der auch für Völker aus dem Osten (Polen) interessant war. Die germanischen Chatten müssen dieses Gebiet Nähe des Dünsbergs anscheinend nicht genutzt haben bzw. wenig Interesse gezeigt haben.

Waldgirmes (ca.8ha) war durch einen Wall und 2 Spitzgräben gesichert, aber es fehlen die nötigen Truppenstärken in der Stadt um diese Anlage ausreichend zu sichern. Waldgirmes ist ursprünglich vom Militär und deren Planer (Vermessung, Holzbau, Stadtmauer,...) errichtet worden. Allerdings ging diese "Stadt" dann schnell in zivilen Charakter über. Es wurde bisher nur eine Kaserne mit einem Offiziersbau gefunden, der aber später überbaut wurde. Ferner wurden die Spitzgräben nicht "gepflegt" und auch externe Wasserleitungen deuten daraufhin, daß diese Gegend für die Römer als sicher galt. Vermutlich wird es in der Nähe noch irgendwo ein römisches Militärlager gegeben haben, sodaß sich die Stadt in Sicherheit befand.

Mit Waldgirmes wollten die Römer die Urbanisierung und Verwaltung der Gegend vorantreiben. Als Zeichen der Macht und Beanspruchung des Gebietes wurde eine bronzene Reiterstatur (höchstwahrscheinlich stellte sie Augustus dar) aufgestellt. Diese wurde aber schon während der Nutzung der Stadt gründlich zerstört.

Waldgirmes existierte von ca. 3 v.Chr. bis 9 n.Chr.. Es werden dann wohl doch die Chatten gewesen sein, die Waldgirmes im Zusammenhang mit den Varusereignissen zerstörten. Später (ca. 50n.Chr.) bedienten sich Germanen an den Ruinen um eine Siedlung damit auszustatten bzw. aufzubauen.

Eine Besonderheit gibt es noch....anscheinend hat irgendjemand begonnen aufzuräumen (am Ost- und Westtor wurde Schutt abgeladen). Auch befindet sich ein römisches Marschlager (3ha) direkt vor dem Osttor. Das kann unmöglich während der Nutzung von Waldgirmes dort angelegt worden sein, da es den Zugang zur Stadt behindert hätte. Vermutlich ist das Marschlager während des Chattenfeldzug des Germanicus dort angelegt worden. Die wollten wohl nachschauen, was noch übrig war....
 
Da die Ubier das Gebiet vorher schon geräumt hatten, gab es in diesem Gebiet wieder Siedlungsplatz, der auch für Völker aus dem Osten (Polen) interessant war. Die germanischen Chatten müssen dieses Gebiet Nähe des Dünsbergs anscheinend nicht genutzt haben bzw. wenig Interesse gezeigt haben.
@ Cherusker: wie kommst du hier auf Völker aus dem heutigen Polen? Würde mich mal interessieren, da ich davon noch nichts gehört habe. Ansonsten bildete das Giessener Becken eine der wenigen Stellen in der Peripherie des Limes, wo nachweislich während der mittleren Kaiserzeit Germanengruppen gesiedelt haben. Darauf verwiesen vor allem wenige Funde aus dem Giessener Stadtgebiet. Nun hat man aber im vergangenen Jahr in einem umfangreichen Grabungsprojekt westlich von Wetzlar neben Siedlungsresten aus anderen Epochen auch eine weitere germanische Siedlung unweit der Lahn entdeckt, die wohl durchgehend in der Kaiserzeit benutzt wurde. Dies könnte darauf hindeuten, dass die germanische Population in dieser Region größer war als geplant.
Was den Dünsberg betrifft, so wird angenommen, dass Gruppen von dort später ins Oberrheintal zogen. Diese Annahme basiert auf dortigen Münzfunden, die offenbar sehr stark den auf dem Dünsberg geprägten Münzen ähneln.
 
@ Cherusker: wie kommst du hier auf Völker aus dem heutigen Polen? Würde mich mal interessieren, da ich davon noch nichts gehört habe.

Diese Äußerungen habe ich auf einem Vortrag von Fr. Dr. G. Rasbach erfahren. Anscheinend sind einige Leute aus diesem Kulturkreis in das Gebiet eingewandert (1.Jh.), die dann assimiliert wurden. Eine eigenständige Gruppe bildeten sie nicht.
In diesem Gebiet hat es durch Umsiedlung und / oder vielleicht kriegerische Handlungen nur wenig Bevölkerung gegeben. Es bestand dort somit ein Machtvakuum (keine Bevölkerungsgruppe war so stark, daß sie sich durchsetzen konnte), das die Römer ausnutzten und so gesicherte Machtverhältnisse hatten. Die mangelhafte Verteidigung von Waldgirmes kann nur auf ein befriedetes Gebiet schließen.
Nach der Varuskatastrophe änderte sich das Bild und Germanen haben dann dieses Gebiet zunehmend für Siedlungen (siehe die Materialversorgung aus den Ruinen) genutzt.

P.S.
Als die Stadt von den Germanen überrannt wurde, da ging es mit Sicherheit auch dem keltischen Bevölkerungsteil an den Kragen.
 
Hier Zustimmung, beziehungsweise sagen wir so: Es wäre zwar möglich, doch blebt die Beweiskraft aufgrund der Quellenlage gering. .
Möglich wäre alles, aber nun mal nicht in der Sprachwissenschaft. Es gibt einfach keine Substitution, die eine Entwicklung von Chatten auf Hessen zulässt, ohne willkürlich Buchstaben umzustellen und auszutauschen. Auf diese Weise könnte man aus jedem Namen der Römerzeit jeden beliebigen anderen Namen des Frühmittelalters herzimmern. Die Warnen wären mit den Warinern, die Cherusker mit den Cherkessen, die Teutonen mit den Teuriern usw. sprachlich verwandt. Hier geht man allerdings von vorn herein davon aus, daß hier nur zufällig Namenverwandschaft herrscht.
Gleichzeitig ist dies ein Gebiet, von dem man mit Recht vermutet (unter anderem aufgrund einer Textstelle in Tacitus Annalen' (wenn ich richtig erinnere), in der die Eder erwähnt wird, dass hier das chattische Kerngebiet lag. Das zentrale Argument für die Kontinuität kommt also aus der Archäologie. Es gibt für mich keinen zwigenden Grund, dass auch die Chatten "gewandert" sind. Auch wenn die germanische Welt im 4./5. Jahrhundert ziemlich in Bewegung geriet, müssen nicht nur vom archäologischen Befund her einige Bevölkerungen im Altsiedelland geblieben sein - auch andere Stämme, wie die Alemannen, "wanderten" in der Spätantike nicht.
Hier ist natürlich der Archäologie eine gewisse Mitschuld zu geben, wobei heute aus archäologischer Sicht keine Gemeinsamkeiten der Funde des 2.Jh. mit denen des 7. und 8. Jh. ausgemacht werden können.
Die Siedlungskontinuität gab es in allen Teilen Deutschlands. Das besagt nur, daß ohne größere Zeitlücken die alten Siedlungsplätze genutzt wurden. Der zwingende Grund, warum Chatten gewandert sind, ist der, daß sie von sämtlichen Germanenstämmen, die aus dem Osten in den Westen strömten mitgerissen wurden. Es gab meines Erachtens für die Chatten gar keine Chance, einfach so unbeteiligt dem ganzen zuzuschauen. Es gab einfach eine Vielzahl ganz einfacher Zwänge, die durch die Völkerwanderung auf die Chatten einströmten.
Die Alemannen als nicht beweglich zu bezeichnen, ist schon ein starkes Stück. Sind sie doch durch die Völkerwanderung überhaupt enstanden, da u.a. viele Elbgermanische Stämme dort Aufnahme fanden.
Zudem sprichst due die bedeutende geostrategische Lage Hessens mit seinen Nord-Süd-Verbindungen an. Das ist Fakt, aber es gab kaum eine Zeit, in der diese strategisch so unbedeutend waren, wie im 5.-7. Jahrhundert. Das ganze Gebiet - besonders das nördliche heutige Hessen - war quasi trotz der Zugehörigkeit zum Frankenreich "abgehängt", weil das Reich seine administrativen Funktionen nicht wahrnehmen konnte bzw. wollte.
Im 5. und 6. Jh. war Nordhessen eindeutig im Einflußbereich des Thüringer Königreichs eingebunden. Daher kam es hier kaum zu Nachrichten aus Franken.
 
Möglich wäre alles, aber nun mal nicht in der Sprachwissenschaft. Es gibt einfach keine Substitution, die eine Entwicklung von Chatten auf Hessen zulässt, ohne willkürlich Buchstaben umzustellen und auszutauschen.

Ich habe mich nie so für die Etymologie interessiert. Wenn ich mich recht erinnere, findet sich die zentrale Argumentation zur Chatten-Hessen-Ableitung in nun schon 56 Jahre alten Aufsatz von Adolf Bach. Auch wenn mich der Aufsatz nicht überzeugt hatte, lag das Problem diffiziler und nach Bachs Argumentation war eine Lautverschiebung möglich.

Hier ist natürlich der Archäologie eine gewisse Mitschuld zu geben, wobei heute aus archäologischer Sicht keine Gemeinsamkeiten der Funde des 2.Jh. mit denen des 7. und 8. Jh. ausgemacht werden können.

Na ja, die Problematik ist schon etwas tiefgehender und es gibt gerade in Geismar einige Hinweise darauf, dass nicht willkürlich eine Besiedlung auf die andere folgte (das willst du wohl mit deinem Posting ausdrücken) - unter anderem eine Gehöftstelle, die, wenn ich recht erinnere, vom 4.-9. Jahrhundert ihre große Ausdehnung und besondere Stellung behielt und über die Jahrhunderte verschiedene Handwerksbetriebe aufnahm.

Der zwingende Grund, warum Chatten gewandert sind, ist der, daß sie von sämtlichen Germanenstämmen, die aus dem Osten in den Westen strömten mitgerissen wurden.

Das sehe ich wirklich nicht als zwingend an. O.K.: wir haben das Ereignis von 406, als Vandalen, Sueben, Alanen usw. den Rhein bei Mainz überschritten. Warum müssen sie dabei aber - nach archäologischem Befund - seit dem 3. Jahrhundert darbenden nordhessischen Gebiete erfasst haben? Welche Völkerwanderungsereignisse könnten den Raum noch erfasst haben: der Zug der Burgunder, wobei diese eher in der Main-Region verortet werden; der Angriff Attilas, wobei ein Einfall über Thüringen eher hypothetisch angenommen wird; die Angriffe der Franken, die den hessischen Raum völlig aussparten; während die Alemannen ebenfalls eher über den Oberrhein hinweg angriffen.

Auch die Siedlungstätigkeit lässt vermuten, dass all diese Völker den althessischen Raum vom 4.-6. Jahrhundert völlig links liegen ließen: es gab dort keine Höhenburgen, wie sie die Alemannen anlegten, und auch Reihengräberfriedhöfe erreichten diese Gegend nicht.


Die Alemannen als nicht beweglich zu bezeichnen, ist schon ein starkes Stück. Sind sie doch durch die Völkerwanderung überhaupt enstanden, da u.a. viele Elbgermanische Stämme dort Aufnahme fanden

Ich setze als eigentlichen Beginn der Völkerwanderung eben die Phase nach der Schlacht von Adrianopel (378) an. Ansonsten ist es doch Tatsache, dass die Alemannen im Gegensatz zu Vandalen, Goten etc. "bodenständig" blieben; vielleicht weil sie schon eine agrarisch recht günstige Region besetzt hielten.

Im 5. und 6. Jh. war Nordhessen eindeutig im Einflußbereich des Thüringer Königreichs eingebunden. Daher kam es hier kaum zu Nachrichten aus Franken.

Das halte ich zwar auch für möglich, aber unter "eindeutig" verstehe ich etwas anderes. Frau Grahn-Hoek benötigt doch viel Interpretation, um indirekt aus den wenigen Quellenzitaten eine thüringische Herrschaft zu erschließen. Selbst wenn die Thüringer das Gebiet bis zum Krieg mit den Franken beherrscht haben sollten, so hat ihre Herrschaft doch keinerlei Spuren hinterlassen. Der nordhessische Siedlungsraum blieb im 5. Jahrhundert genauso isoliert wie unter den ersten 150 Jahren fränkischer Herrschaft dort.
 
Ich habe mich nie so für die Etymologie interessiert. Wenn ich mich recht erinnere, findet sich die zentrale Argumentation zur Chatten-Hessen-Ableitung in nun schon 56 Jahre alten Aufsatz von Adolf Bach. Auch wenn mich der Aufsatz nicht überzeugt hatte, lag das Problem diffiziler und nach Bachs Argumentation war eine Lautverschiebung möglich.

Allein, daß der Hessen-Name im Frühmittelalter ausschließlich auf ein eng begrenztes Gebiet angewendet wurde, zeigt, daß er nicht von vorn herein automatisch auf die weit größeren Gebiete der ehemals von den Chatten bewohnten Gegenden anwendbar ist. Wie ich schon schrieb, bekam dieses kleine Siedlungsgebiet eine gewisse überregionale Bedeutung, da von hier aus die Christianisierung Thüringens begann. Dieses im 9. Jh. unter angelsächsischen Einfluß geratene Gebiet um die Reichsabteien Fulda und Hersfeld galt bis dato auch unter dem Frankenreich als zum Amtsherzogtum Thüringen gehörig. Somit ist hier zwar nicht automatisch auf eine Zugehörig keit vor 531 zu Thüringen zu schließen, macht es aber viel wahrscheinlicher, als eine Zugehörigkeit zu den heute südhessischen, damals zum Herzogtum Ostfranken gehörigen Gebiet. Die Ausbreitung des Namens Hessen auf ein scheinbar den ehemalig den Chatten (1.-3. Jh.) zugeschriebenes Gebiet hatte vielmehr dynastische Ursachen vor allem nach 1243, nachdem die Landgrafschaft Thüringen in einen Ost- und einen Westteil getrennt wurden, wobei die bedeutenderen Orte der thüringischen Landesgeschichte, wie z.B. Marburg und Fritzlar als Erbe an Sophie von Brabant kamen, der letzten Erbin der Ludowinger. Wäre es nicht zu dieser Teilung gekommen, würde heute in "Nordhessen" kein Mensch von Hessen reden. Das wäre sozusagen "Ur-Thüringen" mit dem Wallfahrtsort zur Heiligen Elisabeth.

Na ja, die Problematik ist schon etwas tiefgehender und es gibt gerade in Geismar einige Hinweise darauf, dass nicht willkürlich eine Besiedlung auf die andere folgte (das willst du wohl mit deinem Posting ausdrücken) - unter anderem eine Gehöftstelle, die, wenn ich recht erinnere, vom 4.-9. Jahrhundert ihre große Ausdehnung und besondere Stellung behielt und über die Jahrhunderte verschiedene Handwerksbetriebe aufnahm.

Gerade die Ähnlichkeit der im mitteldeutschen Raum und in Hessen auftretenden Ortsnamen (gerade bei dem Namen Geismar) macht eine gewisse Homogenität der Bevölkerung wahrscheinlich, da in beiden Gebieten Ortsnamen auftreten, die es nur in diesen beiden Gebieten gibt. Zumindest ist eine sprachliche Isolation damit ad absurdum geführt.
In der Regel sind die ältesten heute noch dem Namen zumindest nach bestehenden Siedlungen in Hessen und Thüringen, sowie in Franken für das 5.-6. Jh. wahrscheinlich. Und gerade diese weisen eine starke Ähnlichkeit auf.

Das sehe ich wirklich nicht als zwingend an. O.K.: wir haben das Ereignis von 406, als Vandalen, Sueben, Alanen usw. den Rhein bei Mainz überschritten. Warum müssen sie dabei aber - nach archäologischem Befund - seit dem 3. Jahrhundert darbenden nordhessischen Gebiete erfasst haben? Welche Völkerwanderungsereignisse könnten den Raum noch erfasst haben: der Zug der Burgunder, wobei diese eher in der Main-Region verortet werden; der Angriff Attilas, wobei ein Einfall über Thüringen eher hypothetisch angenommen wird; die Angriffe der Franken, die den hessischen Raum völlig aussparten; während die Alemannen ebenfalls eher über den Oberrhein hinweg angriffen.

Es gab auch vor der sogenannten Völkerwanderung starke Wanderungsbewegungen bei den Germanen, Stämme entstanden, erstarkten und zerfielen wieder, wurden durch neu entstehende Stämme aufgenommen usw. Es war ein ständiger Veränderungsprozess im Gange.
Die Träger der "großen" Völkerwanderung, d.h. der Stämme, die bis in die letzten Ecken des römischen Reiches kamen, sind in breiter Front auf allen möglichen Routen durch Mitteldeutschland gezogen. Sollten diese alle ausgerechnet "Hessen" auslassen, daß sich ja wie ein Riegel westlich vor dem mittleren Thüringen befand ? Die Heerstraßen gingen nun einmal nicht um Nordhessen herum, sondern auch mitten hindurch.
Die Chatten, die um den Beginn der Zeitrechnung erwähnt wurden, sind wohl kaum in völlig von der Außenwelt abgelegenen Gebirgstälern ansässig gewesen. Dazu wären die Nahrungsgrundlagen viel zu dürftig gewesen. Außerdem war ein Austausch an Waren und Waffen usw. auf intensive Weise notwendig, sonst hätte sich in dieser Isolation über mehrere Jahrhunderte eine völlig andere Sprache entwickelt, die für die umliegenden Stämme vollkommen unverständlich gewesen wäre.

Auch die Siedlungstätigkeit lässt vermuten, dass all diese Völker den althessischen Raum vom 4.-6. Jahrhundert völlig links liegen ließen: es gab dort keine Höhenburgen, wie sie die Alemannen anlegten, und auch Reihengräberfriedhöfe erreichten diese Gegend nicht.

Höhenburgen gab es in "Thüringen" und "Franken" z.B. auch nur in der Steinzeit und der römischen Eisenzeit. Später nutzte man ausschließlich die fruchtbaren Auen der Flußtäler. Die Handelsbeziehungen zwischen dem Königreich der Thüringer und den Franken und Langobarden waren äußerst intensiv, was vor allem die unzähligen Grabbeigaben erweisen. Somit war es fast zwingend, daß beide Reiche über ein dichtes Netz an Verbindungsstraßen verfügte und vor allem, daß diese nicht allzufern von einander entfernt lebten. Auch hier wäre ein isoliertes "Nordhessen" wie ein Riegel.

Ich setze als eigentlichen Beginn der Völkerwanderung eben die Phase nach der Schlacht von Adrianopel (378) an. Ansonsten ist es doch Tatsache, dass die Alemannen im Gegensatz zu Vandalen, Goten etc. "bodenständig" blieben; vielleicht weil sie schon eine agrarisch recht günstige Region besetzt hielten.
Selbst der Begriff Alemannen war sehr dynamisch. Große Teile dieser Stämme, die zu Beginn der Völkerwanderung dazu zählten gingen mit Burgundern, Vandalen usw. mit auf Reisen. Andere Stämme, die mit den Stämmen aus dem Osten und Süden kamen, ließen sich im Gebiet der Alemannen nieder und der Zufall der Geschichte wollte es, daß sich der Name "Alemannen" für das Gebiet erhielt.

Das halte ich zwar auch für möglich, aber unter "eindeutig" verstehe ich etwas anderes. Frau Grahn-Hoek benötigt doch viel Interpretation, um indirekt aus den wenigen Quellenzitaten eine thüringische Herrschaft zu erschließen. Selbst wenn die Thüringer das Gebiet bis zum Krieg mit den Franken beherrscht haben sollten, so hat ihre Herrschaft doch keinerlei Spuren hinterlassen. Der nordhessische Siedlungsraum blieb im 5. Jahrhundert genauso isoliert wie unter den ersten 150 Jahren fränkischer Herrschaft dort.

Keine Spuren hinterlassen ? Dem ist ja eben nicht so, siehe ähnliche Sprache, ähnliche Ortsnamen des 5./6. Jh.
Die ersten 150 Jahre fränkischer Herrschaft sind deshalb so wenig dokumentiert, da sich das Amtsherzogtum Thüringen verselbständigt hatte und eine weitreichende Autonomie erlangte. Somit ist über "Hessen" wie über "Thüringen" bis zur großen Mission generell nicht viel zu hören.
 
Allein, daß der Hessen-Name im Frühmittelalter ausschließlich auf ein eng begrenztes Gebiet angewendet wurde, zeigt, daß er nicht von vorn herein automatisch auf die weit größeren Gebiete der ehemals von den Chatten bewohnten Gegenden anwendbar ist.
Das stimmt ja nun nicht, denn es gab ja den so genannten "hessischen" und "sächsischen" Hessengau, zusammen geben beide eine recht ansehnliche Fläche. Da sich eine wirkliche Grenze zwischen Sachsen und Merowingerreich erst vor oder sogar während der unzähligen Sachsenfeldzüge ab Karl Martell ergab, dürften die Siedlungsländereien der Hessen tatsächlich zerteilt worden sein.

Dieses im 9. Jh. unter angelsächsischen Einfluß geratene Gebiet um die Reichsabteien Fulda und Hersfeld galt bis dato auch unter dem Frankenreich als zum Amtsherzogtum Thüringen gehörig.
Auch hierfür ist die Quellenlage äußerst spärlich und schließt Annahmen ein; unter anderem die, dass Heden II. oder Theotbald oder beide (s. Vita des Bonifatius) tatsächlich auch Herzöge in Thüringen waren (völlig sicher ist dies nämlich nicht, auch wenn ich es im Falle Hedens für wahrscheinlich halte). Ich will jetzt nicht allzu kleinkariert werden, aber Fulda und Hersfeld liegen zudem in Buchonien, dessen Zugehörigkeit zu Althessen strittig ist.

Somit ist hier zwar nicht automatisch auf eine Zugehörig keit vor 531 zu Thüringen zu schließen, macht es aber viel wahrscheinlicher, als eine Zugehörigkeit zu den heute südhessischen, damals zum Herzogtum Ostfranken gehörigen Gebiet.
Das stimmt. Was sich definitiv unterschreiben lässt und alle Befunde - ob historisch, ob archäologisch, ob toponymisch - nahelegen, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen den Gebieten im einstigen Limesbogen und denen nördlich davon gab.

Die Ausbreitung des Namens Hessen auf ein scheinbar den ehemalig den Chatten (1.-3. Jh.) zugeschriebenes Gebiet hatte vielmehr dynastische Ursachen vor allem nach 1243, nachdem die Landgrafschaft Thüringen in einen Ost- und einen Westteil getrennt wurden, wobei die bedeutenderen Orte der thüringischen Landesgeschichte, wie z.B. Marburg und Fritzlar als Erbe an Sophie von Brabant kamen, der letzten Erbin der Ludowinger. Wäre es nicht zu dieser Teilung gekommen, würde heute in "Nordhessen" kein Mensch von Hessen reden. Das wäre sozusagen "Ur-Thüringen" mit dem Wallfahrtsort zur Heiligen Elisabeth.
Nein, das ist so nicht richtig. Der Hessengau wird ja nun schon wesentlich früher erwähnt, wenn ich richtig informiert bin, liegt die früheste Auflistung der dortigen Orte im Hersfelder Breviarium S. Lulli aus der Zeit um 800 vor. Man könnte sich nun lange streiten, ob dies nur eine geografische Bezeichnung ist, aber Willibald erwähnt eben auch den "populus hassiorum" in seiner Vita des Bonifatius.

Gerade die Ähnlichkeit der im mitteldeutschen Raum und in Hessen auftretenden Ortsnamen (gerade bei dem Namen Geismar) macht eine gewisse Homogenität der Bevölkerung wahrscheinlich, da in beiden Gebieten Ortsnamen auftreten, die es nur in diesen beiden Gebieten gibt.
Möglich. Aber gerade die -lar und -mar-Namen in Nordhessen sowie einige andere eigentümlichen Toponyme werden andererseits als aus der vorrömischen Zeit stammend gedeutet.

In der Regel sind die ältesten heute noch dem Namen zumindest nach bestehenden Siedlungen in Hessen und Thüringen, sowie in Franken für das 5.-6. Jh. wahrscheinlich. Und gerade diese weisen eine starke Ähnlichkeit auf.
Keine Ahnung, hier fehlt mir die Kenntnis der thüringischen Ortsnamen. Die "typischen" -heim und -ingen-Namen in fränkischen und alemannischen Gebieten sind in Nordhessen allerdings spärlicher. Es wird angenommen, dass solche Siedlungen erst im 7. oder 8. Jahrhundert entstanden.

Sollten diese alle ausgerechnet "Hessen" auslassen, daß sich ja wie ein Riegel westlich vor dem mittleren Thüringen befand ? Die Heerstraßen gingen nun einmal nicht um Nordhessen herum, sondern auch mitten hindurch.
Das mit den Straßen stimmt zwar, doch gab es eben in der Ost-West-Richtung eben auch bedeutende Heerwege nördlich und südlich davon. Persönlich finde ich es sehr auffällig, dass die damals bedeutendste Verkehrsachse der Region von Mainz nach Paderborn erst ab dem späten 7. Jahrhundert, dann aber wirklich massiv mit zahlreichen - provisorischen oder dauerhaften - Burgen befestigt wird. So scheint es doch ein wenig so, als sei zuvor die strategische Bedeutung dieser Straße für eine Weile nicht allzu groß gewesen.

Die Chatten, die um den Beginn der Zeitrechnung erwähnt wurden, sind wohl kaum in völlig von der Außenwelt abgelegenen Gebirgstälern ansässig gewesen. Dazu wären die Nahrungsgrundlagen viel zu dürftig gewesen.
Na ja. Das Fritzlarer Becken ist eine alte Lößlandschaft. Außerdem waren damals noch die Voraussetzungen anders. Die Alemannen, Franken und Hunnen interessierten sich für die Schätze und Errungenschaften des zusammenbrechenden Römerreiches, nicht so sehr für ein paar ärmliche hessische Dörfer. Im übrigen lässt die Siedlungsintensität nach archäologischem Befund ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. auch tatsächlich nach. Ob sich die Erträge verschlechtert haben oder es eben auch Chatten gab, die sich den Zügen anderer Stämme anschließen (wie es auch eine kontrovers diskutierte Textstelle zum Jahr 393 nahelegt) muss offen bleiben.

Außerdem war ein Austausch an Waren und Waffen usw. auf intensive Weise notwendig, sonst hätte sich in dieser Isolation über mehrere Jahrhunderte eine völlig andere Sprache entwickelt, die für die umliegenden Stämme vollkommen unverständlich gewesen wäre.
Weiß nicht, wie lange eine Sprache braucht, um sich so stark zu verändern. Vielleicht war es sogar so, mit dem Bau der Burgen in Nordhessen setzt auch eine intensive Siedlungstätigkeit ein, die bezeichnenderweise zu einer fränkisch-sächsischen, nicht hessisch-sächsischen Sprachgrenze führt.
Auf jeden Fall gibt es für das 5.-7. Jahrhundert in den nordhessischen Grabfunden kaum Hinweise auf Austausch oder Importgüter. Münzen aus dem Reich oder Byzanz wurden z.B. nicht nördlich der Wetterau gefunden; selbst was die Keramik betrifft, verwendeten die Menschen in der Region "Hessen" lange Zeit eine altertümliche handgeformte Ware. Einige an einer Hand abzählbare Gräber zeigen Nord-Süd-Kontakte an, besonders ein Frauengrab aus Fritzlar, und alle diese Gräber stammen bezeichnenderweise schon aus dem 7. Jahrhundert.

Keine Spuren hinterlassen ? Dem ist ja eben nicht so, siehe ähnliche Sprache, ähnliche Ortsnamen des 5./6. Jh.
Siehe oben. Es gibt einfach keinerlei Hinweise, dass Franken oder Thüringer in der Zeit vor 650 bis 700 irgendwas mit diesen Gebieten anzufangen wussten. Klar fehlt die Quellenüberlieferung, aber auch archäologisch gibt es für das 6. und frühe 7. Jahrhundert nichts, was besonders ins Gewicht fällt. Abgesehen davon ist es zumindest zweifelhaft, dass das Amtsherzogtum durchgehend nach 530 existierte; der erste namentlich bekannte Herzog ist doch der Franke (!) Radulf, der die Autonomie vorantreibt, und der ja erst um ca. 635 durch König Dagobert I. eingesetzt wurde. Was davor war, weiß man wiederum nicht genau.
 
Die Ausbreitung des Namens Hessen auf ein scheinbar den ehemalig den Chatten (1.-3. Jh.) zugeschriebenes Gebiet hatte vielmehr dynastische Ursachen vor allem nach 1243, nachdem die Landgrafschaft Thüringen in einen Ost- und einen Westteil getrennt wurden, wobei die bedeutenderen Orte der thüringischen Landesgeschichte, wie z.B. Marburg und Fritzlar als Erbe an Sophie von Brabant kamen, der letzten Erbin der Ludowinger. Wäre es nicht zu dieser Teilung gekommen, würde heute in "Nordhessen" kein Mensch von Hessen reden. Das wäre sozusagen "Ur-Thüringen" mit dem Wallfahrtsort zur Heiligen Elisabeth.

Komischerweise wird Heinrich I. 1277, Sohn der Sophie von Brabant, dann auf der Mader Heide als erster hesssicher Landgraf von den hessischen Landesständen bestätigt. Die Mader Heide wat wohl schon in fränkischer und vorfränkischer zeit wichtiger Versammlungsort der dortigen Bevölkerung, vermutlich der sog. populus hassiorum. Jetzt stellt sich die Frage, warum ausgerechnet "Thüringer" auf einer hessischen Versammlungsstätte den ersten hessischen Landgrafen in seinem Amt bestätigen sollten. Zwischen der Entstehung der beiden unabhängigen Landgrafschaften Thüringen und Hessen und der des fränkisch-thüringischen Konfliktes im 6. Jahrhundert besteht ein so großer Zeitabstand, dass man anhand dessen nicht über die Zuordnung des frühmittelalterlichen Hessengaues zum fränkischen bzw. thüringischen Machtbereich spekulieren sollte. Wenn du hier schon Vergleiche anstellst, die sich über einen Zeitraum von 700 Jahren (6. Jhdt. - 13. Jhdt) erstrecken, dann musst du allerdings auch zugestehen, dass man über ethnische und geographische Gemeinsamkeiten der Chatten und Hessen thesieren darf. Zwischen letzter Erwähnung der Chatten 213 und Ersterwähnung der Hessen 738 liegen grobgesagt nur 525 Jahre im Gegensatz zu dem von dir angestellten Vergleich.

Gerade die Ähnlichkeit der im mitteldeutschen Raum und in Hessen auftretenden Ortsnamen (gerade bei dem Namen Geismar) macht eine gewisse Homogenität der Bevölkerung wahrscheinlich, da in beiden Gebieten Ortsnamen auftreten, die es nur in diesen beiden Gebieten gibt. Zumindest ist eine sprachliche Isolation damit ad absurdum geführt.
In der Regel sind die ältesten heute noch dem Namen zumindest nach bestehenden Siedlungen in Hessen und Thüringen, sowie in Franken für das 5.-6. Jh. wahrscheinlich. Und gerade diese weisen eine starke Ähnlichkeit auf.

Achso, hier darf man dann die Etymologie wieder nutzen. Wer sagt den überhaupt, dass Orte, die auf -mar enden unbedingt hessisch-thüringischen Ursprungs sein müssen. Es gibt genug dieser Orte, die nicht mal am Rande der ehemaligen thüringischen Interessensphäre liegen, nimmt man als Basis nicht gerade Grahn-Hoeks Ausführung, die das thüringische Königreich zur mitteleuopäischen Hegemonialmacht hochstilisiert. Zu nennen wären:
Lohmar im Rhein-Sieg-Kreis, Villmar bei Limburg, Hadamar ebenfalls bei Limburg. Vielmehr wäre doch zu vermuten, dass sich die unterschiedlichen Stämme eines ähnlichen Vokabulars bedienten und ihre Orte eben nach Gegebenheiten ihrer Umwelt benannten. Das -mar bedeutet nämlich nicht mehr als Sumpf, Moor, stehendes Gewässer, und die gab es sowohl im Königreich Francien, im Königreich Thüringen als auch im rückständigen Hessen


Die Chatten, die um den Beginn der Zeitrechnung erwähnt wurden, sind wohl kaum in völlig von der Außenwelt abgelegenen Gebirgstälern ansässig gewesen. Dazu wären die Nahrungsgrundlagen viel zu dürftig gewesen. Außerdem war ein Austausch an Waren und Waffen usw. auf intensive Weise notwendig, sonst hätte sich in dieser Isolation über mehrere Jahrhunderte eine völlig andere Sprache entwickelt, die für die umliegenden Stämme vollkommen unverständlich gewesen wäre.

Auch wenn man Tacitus nicht auf Wort glauben sollte, so können Teile seiner Germania nicht gänzlich der menschlichen Phantasie entsprungen sein. So erwähnt er die Chatten als:

"...nördlich von ihnen beginnt das Siedlungsgebiet der Chatten mit dem Herkynischen Wald. Das gelände ist nicht so flach und sumpfig wie das der übrigen Stämme, auf die sich Germanien erstreckt; die Hügel ziehen sich ja hin und werden nur allämählich seltener, und seine Chatten begleitet der Herkynische Wald von Anfang an und setzt sie auch wieder ab."

Die Chatten werden hier besonders als Bewohner des Berglandes bezeichnet, mit anderen Charaktereigenschaften als die übrigen Völker jenseits des Rheins:

"...die Stammesangehörigen haben deshalb abgehärtetere Körper, straffe Gliedmaßen, einen drohenden Blick und eine größere geistige Regsamkeit. Für Germanen gehen sie mit viel Überlegung und großem Geschick vor: Sie übertragen das Kommando ausgewählten Leuten, hören auf Vorgesetzte, kennen geordnete militärische Verbände, nehmen günstige Gelegenheiten wahr, verschieben auch einmal einen Angriff, teilen den Tag ein, verschanzen sich bei Nacht... . Ihre ganze Stärke liegt im Fußvolk, dass sie außer mit Waffen auch mit Schanzzeug aus Eisen und mit Proviant beladen: die anderen kann man in eine Schlacht ziehen sehen, die Chatten dagegen in den Krieg. Nur selten machen sie Streifzüge und lassen sich auf einen unvorhergesehen Kampf ein... ."

Die Chatten unterscheiden sich hier wohl von anderen germanischen Stämmen, welche Gründe, ob Kontakt bzw. Assimilierung anderer nichtgermanischer Völker, das gehabt haben könnte, lasse ich jetzt mal außen vor. Fakt ist doch, dass die Germanen das Hessische Bergland bewohnt haben, dessen Boden sicherlich nur sehr, sehr kargen Ertrag abwarf. Das könnte mitunter ein Grund dafür sein, warum Ashigaru die Besiedlung von Geismar und Holzheim als eine politisch schwache, aber auch von den Nachbarn relativ unbehelligte germanische Bevölkerung, der Kaiserzeit verhaftet, bezeichnet, die ihre gewohnte, sich noch auf einer relativ primitiven Ebene bewegende Subsistenzwirtschaft pflegte und nur wenig kulturelle Einflüsse aufnahm, war aber auch zu "unattraktiv", um sie weiterzugeben. Das gesamte Siedlungsgebiet scheint für andere Stämme einfach uninteressant gewesen zu sein, abgsehen von den fruchtbaren Gebietn um Fritzlar und Amöneburg, wo in späterer Zeit eine rege fränkische Siedlungstätigkeit zu erkennen ist. Erst seine geostrategische Lage hat es dann in den Mittelpunkt, weniger merowingischer und vielmehr karolingischer Außenpolitik bzgl. Sachsen gestellt.
 
Das stimmt ja nun nicht, denn es gab ja den so genannten "hessischen" und "sächsischen" Hessengau, zusammen geben beide eine recht ansehnliche Fläche. Da sich eine wirkliche Grenze zwischen Sachsen und Merowingerreich erst vor oder sogar während der unzähligen Sachsenfeldzüge ab Karl Martell ergab, dürften die Siedlungsländereien der Hessen tatsächlich zerteilt worden sein.

Was für einen sächsischen Hessengau meinst du ? Den Hassegau östlich des Harzes etwa ? Der ist nun wahrlich fränkischen Ursprungs, speziell ein Produkt merowingischer Staatssiedlungen.
Der sächsische Einfluß auf die geistigen Zentren Hersfeld und Fulda sind wohl sehr gut an der Translatio S. Alexandri zu erkennen.

Nein, das ist so nicht richtig. Der Hessengau wird ja nun schon wesentlich früher erwähnt, wenn ich richtig informiert bin, liegt die früheste Auflistung der dortigen Orte im Hersfelder Breviarium S. Lulli aus der Zeit um 800 vor. Man könnte sich nun lange streiten, ob dies nur eine geografische Bezeichnung ist, aber Willibald erwähnt eben auch den "populus hassiorum" in seiner Vita des Bonifatius.
Die fließenden Übergänge bei der Nennung von heute in Thüringen und Hessen liegenden Orten im Brev. S. Lulli deuten eher auf von Franken als politischen Einheit angesehene Gegend hin. Zugegeben wird hier erstmals von einer "marca Hassorum" mit der dazugehörigen Gegend "in Buchonia in ripa fluminis Fulda..." genannt. Hier wird an einen Landschaftsnamen angeknüpft, nicht aber an ein Volk !! Buchonien lag danach in der "Hessischen Mark" Auffallend ist, daß in selbiger Urkunde viele Slawen erwähnt werden.
In selbiger Überlieferung wird der sogenannte "Hassegau" östlich des Harzes als "Hohsegowe" genannt.
Möglich. Aber gerade die -lar und -mar-Namen in Nordhessen sowie einige andere eigentümlichen Toponyme werden andererseits als aus der vorrömischen Zeit stammend gedeutet.
Das hieße, daß sich in Thüringen und Hessen die gehäuften Belege dieser -mar und -lar Orte gleichartig über die Zeit hinweg bis ins hohe Mittelalter entwickelt haben.
Den Ortsnamen Geismar z.B. gibt es 5x, davon 2x in Thüringen. Die Bezeichnung GERMAR/GÖRMAR gibt es vielfach als Flurname, 1x als Ortsname. Weiter wäre hier der Komplex WEIMAR/WICHMAR/WECHMAR zu nennen,der in Thüringen, wie in Hessen ausschließlich!! auftritt. Das sind also alles gleichlautende Orte, die in Hessen eine insich geschlossene Gesellschaft genauso überlebt haben, wie in der durch völlige Umwandlung gekennzeichneten Landschaft Thüringen.
Keine Ahnung, hier fehlt mir die Kenntnis der thüringischen Ortsnamen. Die "typischen" -heim und -ingen-Namen in fränkischen und alemannischen Gebieten sind in Nordhessen allerdings spärlicher. Es wird angenommen, dass solche Siedlungen erst im 7. oder 8. Jahrhundert entstanden.
-heim Namen sind durchaus erst fränkischen Ursprungs des 7. und. 8. Jh., -ingen und -ungen Namen sind in Thüringen allerdings schon früher belegt. Spät belegt, allerdings wohl auch aus dieser Gruppe ist z.B. "Göttingen" . Diese Ähnlichkeit zeigt ja auch, daß die als Alemannen auftretenden Gruppen zuvor u.a. auch aus Thüringen kamen.



Abgesehen davon ist es zumindest zweifelhaft, dass das Amtsherzogtum durchgehend nach 530 existierte; der erste namentlich bekannte Herzog ist doch der Franke (!) Radulf, der die Autonomie vorantreibt, und der ja erst um ca. 635 durch König Dagobert I. eingesetzt wurde. Was davor war, weiß man wiederum nicht genau.
Zuvor war das Gebiet nur lose dem Frankenreich angegliedert, ohne daß es wirklich in eine engere Reichsverwaltunge eingegliedert wurde. Die Abspaltungsbestrebungen mündeten in verschiedenen, gemeinsam mit den Sachsen unternommenen Aufständen, die u.a. zur Aufteilung Thüringens führten und zur planvollen fränkischen Besiedlung im Bereich zwischen Nord- und Südthüringen.
Eine fränkische Herzogsmacht kam erst mit Radulf.
 
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