Die deutsche Sprache
Das deutsche Volk ist offensichtlich dadurch entstanden, dass ab dem Jahrhundert vor Christus die Polen aus Posen und Schlesien in die deutschen Mittelgebirge zogen.
Angeblich ist über ein Drittel des deutschen Wortschatzes nicht indogermanisch.
dtv-Atlas deutsche Sprache, Werner König, 1978/1998, S. 43
Zunächst einmal ist das Volk durch Reproduktion entstanden, das ist in der Regel bei allen Völkern so. Ausnahmen sind Völker die von irgendwelchen Göttern aus dem Nichts erschaffen werden.
Ich weiß nicht, ob Werner König mit der Aussage, dass über ein Drittel des deutschen Wortschatzes nicht indogermanisch sei, Recht hat, allerdings ist das, was das slawische Adstrat angeht, unerheblich, da sowohl die slawischen als auch die germanischen Sprachen indoeuropäische Sprachen sind. Sprich: Der slawische Lehnwortschatz im Deutschen ist - insofern das Slawische nicht selber, etwa aus den
finnougrischen Sprachen entlehnt hat - auch
indoeuropäisch. Über die Bibel und über das Jiddische dürften schon eine ganze Menge
Semitismen sich im Deutschen befinden (
Ganove,
Schmiere stehen,
Guter Rutsch,
Tohuwabohu....), im Mittelalter kamen
Arabismen hinzu (
Zucker,
Alkohol...) und dann gibt es noch Finnougrismen im Deutschen, etwa der Dolmetscher (auf Polnisch im Übrigen
tłumacz, beides aus dem
Ungarischen.) Selbst aus Sprachen, mit denen das Deutsche überhaupt keine Berührung hat, haben wir Lehnworte entnommen, man denke an
Orkan/Hurrican,
Kanu,
Mais, BBQ (
Karibisch),
Schokolade,
Tomate,
Kakao (
Aztekisch),
Tabu,
Kiwi (
Pazifisch),
Monsun (
indisch (oder arabisch?)),
Tsunami,
Kamikaze (
japanisch)
Polnische Worte im Deutschen sind z.B. die Gurke (von
ogórek) oder die Grenze (
granica). Umgekehrt kennen die Polen den
burmistrz, was vom deutschen Bürgermeister kommt.
Macht das beide Sprachen jetzt über die entfernte indoeuropäische Verwandtschaft hinaus - denn das ist ja letztlich die These deines Postings - näher verwandt? Nö. Lehnwortschatz führt nicht zu einer engeren Verwandtschaft zweier Sprachen untereinander.
Was nun der Auslöser für die Entwicklung der deutschen Sprache aus dem Germanischen war, oder anders: was die hochdeutsche bzw. zweite germanische Lautverschiebung verursachte, sei dahingestellt, das Zusammentreffen mit dem Slawischen war es sicher nicht. Denn die Lautverschiebung ging nicht etwa vom Nordosten oder Osten aus, auch nicht von den Mittelgebirgen, wo du irgendwelche hypothetischen Slawen ansiedelst, sondern von Süden. Allenfalls Kärnten wäre hier als ein slawisches Siedlungsgebiet zu nennen, aber meines Wissens war zu dem Zeitpunkt seitdem Slawen in Kärnten historisch zu fassen sind, die Lautverschiebung längst vorüber.
In Wirklichkeit sind dies wohl polnische Wörter
Mast <-- most (Brücke), mesto (Stadt)
Dass der Mast und die Brücke (
most) etymologisch miteinander verwandt sind, ist sogar einigermaßen plausibel, das schlösse dann aber die Stadt (im Übrigen im Polnischen
miasto, nicht
mesto - ist das Tschechisch?) aus.
Nehmen wir die Himmelsrichtungen als nächstes:
Nord <-- nerti ( lit. untertauchen), polnisch nurzac´ ( die Sonne taucht ab)
naroz´e Ecke (Ende), na rodzenie zur Heimat ?
Süd <-- suty (üppig?)/zjazd (Ausfahrt), zwyz´ka :Anstieg (der Sonne)? slonce Sonne
Ost (wostok) West <--wieczor (Abend)
Da hätte dir auffallen
müssen, dass deine Herleitungen alle keinen Sinn ergeben. Mit Ausnahme vielleicht von
wieczór, Abend, diese Herleitung ergäbe wenigstens einigermaßen Sinn - was sie allerdings nicht richtiger macht.
Und wenn du mal weiter geschaut hättest, dann wäre dir aufgefallen, dass die Himmelsrichtungen in allen germanischen Sprachen und darüber hinaus auch in der Westromania diese Namen tragen. Es handelt sich dabei in der tat um altgermanisches Wortgut,
Nord etwa ist im Deutschen ganz regelmäßig von
norþ herzuleiten
.
Und erlaube mir die Frage: Hast du jemals die Sonne im Norden untergehen sehen?
Bezeichnenderweise heißen Norden und Süden im Polnischen Mitternacht (
Północ)und Mittag (
Południe) - eine ähnliche Bildung gibt es im Übrigen auch im Italienischen und Spanischen für den Süden:
Mezzogiorno und
Mediodía (wobei es sich im Spanischen meines Wissens um eine Lehnübersetzung aus dem Italienischen handelt, sicher bin ich mir aber nicht).
Strom <-- stromy (steil) Ebbe <-- odplyw
Wo siehst du den Zusammenhang von
Strom und
steil? Welchen Zusammenhang siehst du zwischen
Ebbe und
odplyw?
Volk <-- pulk, polaczenie (Zusammenschluss)
Zwischen
pułk (es gibt im Übrigen auch im Deutschen das Wort
Pulk, was durchaus eine jüngere Entlehnung aus dem Polnischen - vermutlich im Rahmen der polnischen Teilungen im 18. und 19. Jhdt - sein könnte) und Volk könnte tatsächlich eine etymologische Verwandtschaft bestehen. Allerdings handelt es sich dabei sicher um kein Lehnwort im Deutschen, da es ebenfalls zum Gemeingut der germanischen Sprachen gehört. Es könnte sich um ein Lehnwort im Polnischen handeln (unter der Voraussetzung, dass Polnische /f/ zu /p/ wandelt) oder auch um ein gemeinsames Erbwort. Man vergleiche etwa
five/fünf mit
pięć,
pente etc. (warum das Lateinische und indessen die romanischen Sprachen ein /K/ davor gesetzt haben bzw. die Ableitungen davon, k.A.).
König <-- konjenik (Reiter) Adel <-- woditel (Führer)
Diese Begriffe sind definitiv falsch hergeleitet. Das deutsche
König kommt von germanisch,
kunja, Sippe, Geschlecht. Reiter heißt zudem auf Polnisch
konny. Das kommt vom polnischen Wort für Pferd, Koń.
Dieb <-- dybac´ (auflauern): dubina Eichenknüppel Sühne <-- syn (Sohn) versöhnen
Da
dybać und
dubina etymologisch wohl eher nicht miteinander verwandt sind, müsstest du dich hier schon entscheiden, woher der Dieb kommen soll. Aber auch bei dem Dieb handelt es sich um ein gemeingermanisches Wort, vgl. eng.
thief. Auf Gotisch
þiubs. Auch
þiubjo, 'verstohlen', 'heimlich'.
Die Kognaten sind natürlich immer wieder in den indoeuropäischen Sprachen sehr ähnlich, wie
syn und
Sohn. Ob die
Sühne und das
Versöhnen damit hineinspielen, weiß ich nicht, wage ich aber an dieser Stelle ohne weitere Überprüfung für abwegig zu halten.
schwören <-- zawerjati : für wahr erklären (russisch), zawierzac´ anvertrauen
Und englisch
to swear...
Pieniacz, der Peiniger , wird zum Feind
Der Peiniger ist jemand, der Schmerzen hinzufügt. Das deutsche Wort
Pein ist im Hochdeutschen zwar so gut wie ausgestorben, aber im Niederdeutschen wird es noch verwendet (Kopp-Piene = Kopfsschmerzen), im englischen existiert es auch noch,
pain, und im übertragenden Sinne als Adjektiv:
peinlich. Es schmerzt, dass man etwas getan hat, für das man sich schämt. Im Frühneuhochdeutschen war das Wort
peinlich noch im eigentlichen Sinne gemeint, die
peinliche Befragung war die Wahrheitsfindung mittels Folter. Hier ist wohl eher - da das Polnische
pieniacz so etwas wie 'Gerichtspartei' ist von einer frühneuzeitlichen Entlehnung ins Polnische aus dem Deutschen auszugehen.
Schwert <-- zwarcie Nahkampf, zweric´ wagen (sorbisch)
Vgl. engl. sword.
Schild <--zelazo (Eisen?), litauisch skelti spalten, skiltis Scheibe
Zelazo dürfte nichts mit dem Schild zu tun haben. Dass aber das germanische Wort für Schild, mit dem litauischen
skiltis verwandt sein könnte - als indoeuropäisches Erbwort oder als Entlehnung des Litauischen aus dem Skandinavischen - ist plausibel.
Helm <-- cholm (Kuppe), kolpak Haube
Siehe doch englisch
helmet oder spanisch
yelmo.
Die Hand muss Greiforgan bedeuten, aber es gibt kein passendes germanisches Wort. Slawisch goniti= sorbisch honic´ =englisch to hunt
bedeutet nicht nur jagen, sondern auch ergreifen: gonica= Greiforgan
=Hand.
Wenn du schon das englische zu Rate ziehst: Warum nicht
hand?
Abgesehen davon, dass Körperteile mit zu den Worten gehören, die am seltesten entlehnt werden. Ob
Hand,
hand,
hönd oder
hånd, irgendwie ist die Hand in den germanischen Sprachen immer dasselbe.
Diese Sprachen sind also ziemlich nahe verwandt.
Eines gilt ganz grundsätzlich: Du baust deine Hypothese von einer gemeinsamen Sprachverwandtschaft auf zum Teil sehr weit entfernten Wortähnlichkeiten auf. Wir haben aber nun mal als Menschen ein sehr begrenztes Inventar an Lauten die wir artikulieren können und noch weniger Schriftzeichen. Mehrere Laute teilen sich sogar oft ein Schriftzeichen. Was also ähnlich klingt oder ähnlich aussieht, muss noch lange nicht miteinander verwandt sein. Wichtig ist, dass man die Wortgeschichte nachvollziehen kann (Etymologie) und dass man die Ablautregeln kennt, also nachvollziehen kann wie ein Wort sich verändert hat (Historiolinguistik). So haben das spanische Substantiv
hervor (Dampf) mit dem gleichgeschriebenen deutschen Adverb
hervor nichts zu tun, obwohl beide Sprachen verwandt sind.
Auf der anderen Seite gibt es natürlich Beispiele für
semantische Verschiebungen, die - beim reinen Wortvergleich - zunächst völlig abwegig erscheinen. Z.B. wird aus dem lateinischen
hostis (Feind) das spanische
hueste (Heer), was noch einigermaßen nachvollziehbar ist. Schwieriger wird es dann, wenn aus dem Lateinischen
signum (Feldzeichen) das arabische
siǧn wird, was 'Gefängnis' bedeutet. Jedoch erlaubt die Existenz solcher semantischen Verschiebungen nicht, dass man
willkürlich nur aufgrund von lautlichen Ähnlichkeiten, versucht, Worte verschiedener Sprachen mit Gewalt in einen Sinnzusammenhang zu rücken.
Was mich zudem verwundert ist dein stark einseitiger Entlehnungsweg (wobei wir ja festgestellt haben, dass er meist falsch ist).