1. Kapitel: Manuel Koch "Iburg im Frühmittelalter"
Koch geht zunächst mit keinem Wort auf die Iburg bei Bad Iburg ein. Sprich: Er ignoriert die Möglichkeit, dass es auch die andere Iburg gewesen sein könnte, die bis Wilhelm Kohl als Ort der Schlacht 753 identifiziert wurde, und nicht zwingend die Iburg von Bad Driburg sein muss:
Die ersten Belege, auf die hier Bezug genommen wird, entstammen dem Eintrag der Annales regni Francorum [...] zum Jahr 753. Dort heißt es, dass der fränkische König Pippin nach Sachsen gezogen und dort sein Begleiter Bischof Hildegar von Köln erschlagen worden sei. Als genauere Bezeichnung für diesen Mord wird eine Burg angegeben, die Iuberg genannt werde (castro quo dicitur Iuberg) [...] In einer kurze Zeit später entstandenen Bearbeitung der Reichsannalen, den sogenannten Einhardsannalen, wird diese Benennung allerdings gleichsam umgedreht. Im Zusammenhang mit der benannten Militärexpedition nach Sachsen wird dort ausgeführt, dass Bischof Hildegar bei einem Berg getötet worden sei, der Iuburg genannt werde (in monte, qui dicitur Iuburg).
Koch, Manuel: Die Iburg im Frühmittelalter, in: Großevollmer, Hermann: Bad Driburg. Epochen einer Stadtgeschichte. Münster 2017, S. 46.
Noch ein kleiner Kritikpunkt: Koch sprich vom
Mord an Hildegar, das meint er zwar sicher nicht so, ist aber eine kleine Inpräzision. Hildegar wurde erschlagen, aber er befand sich auf einem Kriegszug, im Heer des mutmaßlichen Angreifers. Insofern ist
Mord die falsche Vokabel und wird - wenn ich das richtig sehe - auch in den Reichsannalen nicht benutzt:
occisus est a Saxonibus in castro quo dicitur Iuberg.
Auf S. 48 ff. geht Koch erneut auf diesen Sachverhalt ein, aber auch hier erwähnt er mit keinem Wort, dass die Bad Iburger Iburg genauso ein berechtigter Kandidat für das Schlachtgeschehen ist, wie die Bad Driburger Iburg.
Erst auf Seite 50 schreibt Koch:
Ob es sich bei der hier erwähnten Iburg freilich um jene bei Bad Driburg handelt, ist umstritten und auf Grundlage des gegenwärtigen Quellenmaterials nichts zweifelsfrei zu klären. In der älteren Forschung ist die hier genannte Iburg häufig mit dem nahe Osnabrück gelegenen Ort Iburg in Verbindung gebracht worden. [hier ist ein Hinweis auf Schlüter, Iburg in der RGA, dem muss ich erst noch nachgehen, denn ich habe den Artikel vorige tage gelesen, aber offenbar anders verstanden als Koch.]
Koch geht tatsächlich aber auch auf die Irminsûl ein:
Angesichts dieser äußerst schmalen Quellengrundlage fällt bei der Lektüre der (lokal)historischen Literatur zu diesem Thema [der frühmittelalterlichen Geschichte Bad Driburgs] auf, dass die Iburg mit einer Anzahl bedeutsamer historischer Ereignisse und Phänomene in Verbindung gebracht wird.
Jene Ansätze, das Gebiet um Iburg als Ort der sogenannten Varusschlacht [...] zu bezeichnen, darf man sicher getrost als völlig unbeweisbar und als Versuch einer Aufwertung des Ortes werten. Aber auch über diesen Aspekt hinaus erfährt man aus der Literatur zum Beispiel, dass die Iburg Bestandteil der Hauptverteidigungslinie der Sachsen gegen die Franken, der sogenannten "Weserfeste" gewesen sei [dass muss wohl ein sehr völkischer Autor geschrieben haben, Koch nennt ihn nicht, Weserfeste ist aber vom Sprachduktus doch eher den 20ern bis 40ern zuzuordnen]. Ferner, und in der öffentlichen Geschichtsrezeption besonders wirkungsmächtig und bedeutsam, habe es sich bei der Iburg um den Standort der Irminsul, dem sächsischen Zentralheiligtum gehandelt, das von Karl dem Großen zerstört wurde, was folglich in Driburg geschehen sei.
Koch, Manuel: Die Iburg im Frühmittelalter, in: Großevollmer, Hermann: Bad Driburg. Epochen einer Stadtgeschichte. Münster 2017, S. 46.
Man beachte auch den Wechsel von Indikativ und Konjunktiv.
Kritikpunkt: Es ist nicht ersichtlich, ob Koch hier die Irminsûl als sächsisches Zentralheiligtum referiert, oder ob das Teil der Paraphrasen aus der älteren Literatur ist.
Auf den S. 58 - 62 befasst sich Koch dann auch mit der Irminsûl-These. Dazu in einem späteren Beitrag mehr.
1. Kapitel: Manuel Koch "Iburg im Frühmittelalter"
Deshalb bezweifel ich nicht, dass der Standort die Iburg ist.
Karl Schoppe und Dr. Wilhelm Engelbert Giefers geben dazu in Ihren Schriften genug plausible Hinweise.
Koch, S. 50:
Die Einschätzung Schoppes jedenfalls, dass die Iburg "753 im Mittelpunkt eds Feldzuges stand" und die Sachsen "gerade dort den Franken eine empfindliche Schlappe beigebracht" hätten, lässt sich nicht belegen.
Über den archäologischen Befund FrühMA schreibt Koch, S. 51 f.:
Burgfried [...] allerdings stammt dieser, wie alle anderen steinernen Reste der Burg aus der späteren, hochmittelalterlichen Bauphase. Diese spätere Nutzung der Burg führt auch dazu, dass sich über ihre frühmittelalterliche Bebauung nichts sagen lässt.
Und über die Bedeutung der Iburg im Vergleich mit anderen Burgen, S. 53:
Eine besondere Rolle spielten dabei die Sigiburg (Hohensyberg bei Dortmund) und die Eresburg (Obermarsberg), die an strategisch bedeutsamen Einfallswegen von Westen und Süden, für die Franken in sächsischem Gebiet lagen. Eine ähnlich bedeutende Rolle kann der Iburg nicht zugesprochen werden.