LaLoca schrieb:
Nochmal Strafen gab es vorher auch immer aber nicht das Christentum. Es ist einfach ziemlich Wiedersprüchlich wenn man einerseits gelehrt bekommt, dass man nicht tötet und barmherzig ist aber genau so gelehrt bekommt dass man töten und unbarmherzig sein soll. Passt doch irgendwie nicht oder? Wenn man nicht töten soll und barmherzig sein soll, dann dürfte es nie zu grausamen Folterungen oder Mord kommen, dem war aber oft so und das noch auf grausame Art und Weise.
Dann ich auch nochmal: Du darfst das nicht aus dem Blickwinkel des heutigen Denkens und der modernen Theologie betrachten! Außerdem ist auch hier besonders der historische Kontext zu beachten... :fs:
Alles dreht sich doch um die Frage, warum Christen überhaupt für sich das Recht in Anspruch nehmen konnten, Gewalt auszuüben, wo dies doch eigentlich ihrem Glauben widerspricht.
Grob gesagt beginnt es paradoxerweise damit, daß zum Ausgang der Spätantike Kaiser Konstantin I. die Religionsfreiheit garantiert (313 Toleranzedikt von Mailand) und Kaiser Theodosius das Christentum zur Staatsreligion erhebt (392). Bereits innerhalb kürzester Zeit - man kann sagen fast automatisch - lernt die Kirche zu denken wie der Staat selbst: jegliche Angriffe auf den Staat bringen auch die Kirche, ihre Gläubigen und damit den Glauben in Gefahr! Aus diesem Grund muß zumindest Notwehr erlaubt sein - so der weitere Gedankengang.
Aus diesen Überlegungen heraus formuliert der Hl. Augustinus die Lehre, wann Gewalt gerechtfertigt ist, und ihr Kernsatz lautet sinngemäß: wenn alles zum Wohle des Gegners gerichtet ist, was in damaliger Sicht heißt, den Ungläubigen zu unterwerfen, um dessen unsterbliche Seele zu retten!
Anm.: bei Augustinus muß unbedingt in diesem Zusammenhang auch beachtet werden, daß zu seiner Zeit noch relativ unreflektiert auch auf das Alte Testament zurückgegriffen wurde, wo der gerechte Krieg (Stichwort: Zorn Gottes) geradezu verherrlicht wird!
Später baut man auf diesem Fundament weiter auf: es kann keine Sicherheit herrschen, wo der Glaube bedroht ist - und zu dieser Zeit ist der Glaube (lax formuliert) tatsächlich ständig bedroht. Und zwar von Ungarn, Wikingern, Slawen, Sarazenen...
Zu Zeiten des Reformpapsttums im 11. Jh. heißt es bereits, daß der Kampf gegen die Bösen (Heiden) nicht Verfolgung derselben bedeute, sondern ein Gebot von Güte und Menschlichkeit sei. Damit dürfe die Kirche auch den Befehl geben zu kämpfen, zu verfolgen und gegebenenfalls Beute zu machen!
Und zwischen 1. und 2. Kreuzzug sagt der Hl. Bernard de Clairvaux:
Bernard de Clairvaux schrieb:
Man sollte Heiden natürlich ebensowenig töten wie andere Menschen, wenn es denn ein anderes Mittel gibt, ihre Einfälle abzuwehren und sie daran zu hindern, Gläubige zu unterdrücken. Aber es ist besser, sie umzubringen, als die Zuchtrute der Sünder über den Häuptern der Gläubigen schweben und die Gerechten Gefahr laufen zu lassen, daß auch sie ungerecht handelten.
Auch wenn es bei diesen Aussagen primär um den gerechten Krieg geht, so ist doch die Rechtfertigung von Gewalt im Namen des Glaubens - in welcher Form auch immer - direkt ableitbar. Natürlich ist dies mit dem urchristlichen Denken wie auch dem heutigen vom Pazifismus geprägten Christentum nicht in Einklang zu bringen, doch genau das ist der Punkt: es gab einen Wandel vom Urchristentum zum Christentum als Staatsreligion und über mehrere Etappen auch einen Wandel vom Christentum im Mittelalter zu dem von heute...
Anm. noch dazu: das Christentum gab es natürlich nicht erst im Mittelalter, denn seine Anfänge liegen in der Spätantike - wie übrigens auch die Anfänge der Lehre vom gerechten Krieg (s. Augustinus). Das Christentum im Mittelalter bediente sich also einer Art "Tradtion"; aber das nur nebenbei...
LaLoca schrieb:
Inquisitatoren waren genau so Richter der einzige Unterschied war, dass sie keine weltlichen Richter waren und dass Ketzer nach der Verurteilung den weltlichen Gerichtsbarkeiten übergeben wurden und die dann das Urteil vollstreckten (konnte die Kriche auch gleich selber machen) aber das hätte ja net gut ausgesehen.
Mit keinem Wort habe ich behauptet, daß Inquisitoren keine Richter gewesen wären, aber das bloß am Rande...
Ich verweise diesbezüglich nochmals auf das bereits verlinkte Parallelthema, welches klarmacht, daß die Gerichtsbarkeit der Inquisition seinerzeit kein Rückschritt war, sondern genau das Gegenteil. Und die Sache mit der Vollstreckung der Urteile durch den "weltlichen Arm" entspricht mW ganz der typischen Dreiteilung der mittelalterlichen Gesellschaft: Kämpfende (Adel, Ritter), Betende (Kirche, Geistlichkeit), Arbeitende (gemeines Volk).
Zum Schluß hätte ich noch eine kleine Bitte: könntest Du auf Polemiken wie "aber das hätte ja nicht gut ausgesehen" in Zukunft verzichten? Das Thema ist zu ernst, um mit solchen Worten um sich zu werfen - ist jedenfalls meine Meinung. Danke...