Was meinst du hier mit "einzige Methode"?
ich schrieb
zunächst einzige Methode, mobile Sprachgebiete zu immobilen archäologischen Fundstätten in Beziehung zu bringen
und kann das gerne erläutern:
1.
wir haben archäologische Fundstätten, die in Tehuacán (Mexiko) den
"Nachweis einer ununterbrochenen Reihe aufeinanderfolgenden Kulturstufen vom 8. vorchristlichen Jahrtausend bis zur spanischen Eroberung"
bringen
(zitiert aus Hasso von Winning: "Die Ausgrabungsergebnisse von Tehuacàn (mexiko) und ihre Stellung in der Kulturgeschichte Mittelamerikas" in Paideuma: Mitteilungen zur Kulturkunde Bd. 9, H. 2 (Nov., 1963)).
Damit ist über die ethnisch-sprachliche Zugehörigkeit der Kulturträger aber nichts gesagt.
Es ist durchaus möglich, dass Zuwanderer anderer "Sprachen" in die Gesellschaft integriert wurden und die kulturelle Entwicklung trotz eines ethnischen Wechsels der Bevölkerung nahtlos weiter ging.
2.
In dieser Phase kommen die Wanderlegenden der Völker in's Spiel. So ist die "Gotengeschichte" des Jordanes ja nichts anderes als die von anderen (
Cassiodor) übernommene, verschriftliche Herkunftslegende der Goten.
Das war auch
zunächst - über Jahrhunderte hin - die einzige "Geschichtsquelle". Geschichtlich "fassbar" sind die Goten ja erst seit ihren Raubzügen aus der ersten Hälfte bzw. Mitte des 3. Jh., wo Goten aus dem Gebiet der heutigen Ukraine und Moldawiens römische Städte (Histria, in der Provinz Moesia inferior) plünderten.
Archäologische Funde können diese Legende heute unterstützen - oder auch auch Zweifel begründen.
Die Santana de Mures-Kultur und die Cernajachow-Kultur wurden erst in jüngerer Zeit erforscht (und konnten dem Herrschaftsgebiet der gotisch dominierten Barbaren zugeordnet werden), und die beiden Kulturen scheinen wiederum allmählich aus der Wielbark-Kultur an der Weichsel entstanden, freilich unter starker Einbindung indigener Elemente und anderer Einflüsse.
Man kann das jetzt unterschiedlich werten - ist damit die Gotengeschichte des Jordanes zumindest ab der Weichsel bestätigt, oder fand die Ethnogenese der späteren Goten erst in der Ukraine statt, so wie die der Alemannen im Dekumatenland oder der Bajuwaren zwischen Alpen und Donau?
Damit sollte das "zunächst" erläutert sein. Wir haben in Mittelamerika diverse Wanderlegenden (insbesondere der Azteken oder der Pipil, die im Forum schon diskutiert wurden), wir haben linguistische Bezüge, archäologische klare Bestätigungen fehlen aber (noch).
3.
Man kann über die Auswertung unterschiedlicher archäologischer Fundstätten (etwa mit der Abnahme von bestimmten Grabsitten an einem Ort und der nahtlosen Übernahme und Weiterführung dieser Gebräuche an anderen Orten, mit genetischen Untersuchungen von Skelettresten und Zähnen usw.) mögliche Wanderbewegungen von Gruppen vermuten oder von Einzelpersonen belegen. Solange solche Auswertungen nicht in ausreichend großer Menge vorliegen kann man nicht sicher sein, ob die Vermutung einer Ausbreitung durch Wanderbewegung zutrifft.
Das Ergebnis ist nämlich nicht zwingend: die Änderung der Grabkultur kann auch auf die Ausbreitung einer religiösen Überzeugung, die Verbreitung von Kleidungsteilen o.ä. auf Modeerscheinungen, die Ausweitung von handwerklichen oder landwirtschaftlichen Erzeugungsmethoden samt deren Benennung von Geräten und Produkten (Kakao, Mais) auf Akkulturation zurück zu führen sein.
Erst das Gesamtbild wird zunehmend sichere Aussagen erlauben.
Rafael Girard ... argumentierte für "die Identifizierung der Pipil-Kultur mit der der Nahua-Chichimeken, die verwirrender Weise dabei u. a. auch ursprünglich in Tehuácan gesiedelt hätten.
nur damit wir nicht aneinander vorbeireden:
Du meinst das bereits oben erwähnte Tehuácan von Mexiko und nicht die
gleichnamige Fundstätte in El Salvador?
Die Chichemeken sind ja - wie die Azteken auch - ein Stamm der Nahua-Sprachgruppe. Sie sollen als "Vereinigung einiger Nomandenstämme" unter dem legendäre Häuptling Xolotl von Norden her nach Süden in die Mesa Central und ins Toltekenreich eingedrungen sein und dessen Untergang bewirkt haben. Sie zerstörten angeblich die toltekische Stadt Tula oder Tollan.
Die überlebenden Tolteken brachten den eingefallenen Barbaren aus dem Norden die Landwirtschaft und den Bau ihrer Häuser bei, verheirateten sich mit den Chichimeken, so dass sich beide Völker miteinander vermischten und mit der Übernahme der Schrift von den Mixteken (in der ersten Hälfte des 14. Jh.) eine hohe Blüte in der neuen Hauptstadt Texcoco (vorher war das Tenayuca).
Die Weiterführung dieser Legende findet sich bei den Pipil, die ihre vorherige Heimat
Tollan verlassen haben sollen und aus denen das Volk der Pipil hervorging. Es gab zunächst eine Reihe von Stadtstaaten der Nahua, die um das Jahr 1200 unter der Vorherrschaft von
Cuzcatlan vereinigt wurden.