US - Sicherheitspolitik und nukleare Doktrin

Auch wenn das jetzt fast zu spät sein dürfte, es lohnt sich auf jeden Fall, eine der skurrilsten Persönlichkeiten des Kalten Kriegs zu recherchieren: Herman Kahn.

Herman Kahn war besessen von der Idee, einen Atomkrieg durch rationale Methoden gewinnbar zu machen oder zumindest dafür zu sorgen, dass der Regierung für den Fall eines Atomschlags rationale Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung standen.

Außerdem war Kahn ein Clown. Er war der echte Dr. Strangelove.

Quelle: Sharon Ghamari-Tabrizi, The Worlds of Herman Kahn---The Intuitive Science of Thermonuclear War.

-- Sten
 
Bei Atomwaffen und Abschreckung muss ich immer an „Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ von Stanley Kubrick denken. Am Ende des Films erhebt sich Dr. Seltsam aus seinem Rollstuhl und ruft: „Mein Führer, ich kann wieder gehen!“ In der Schlusssequenz sieht man, wie die Weltvernichtungsmaschine in Gang gesetzt und die Menschheit durch zahlreiche Atombombenexplosionen ausgerottet wird.

In dem Artikel wird kritisch die Intelligenz der Präsidenten abgewogen. Oft wird Popularität mit Intelligenz verwechselt.

Mal ganz persönlich: Atomwaffen haben nie und nimmer den Frieden gesichert. Sie sind ein Dreck und werfen lange Schatten voraus, von denen wir noch nichts ahnen.
 
Den globalen Frieden zwischen den Menschen kann man höchstwahrscheinlich nicht sichern, von daher fürchte ich, dass Du mit den Schatten und dem Dreck recht behalten wirst.

Den in der Vergangenheit tausendfach geplanten und durchgespielten Krieg nach 1945 haben allein die Atompotenziale nicht heiß werden lassen. "Nur" konventionell hätte es in Mitteleuropa gekracht, wie es an der Peripherie einige Male gezeigt wurde.
 
Den globalen Frieden zwischen den Menschen kann man höchstwahrscheinlich nicht sichern, von daher fürchte ich, dass Du mit den Schatten und dem Dreck recht behalten wirst.
Na ja, die Menschheit. Selbst bei EBuLa überleben 3 Prozent. Bei Tschernobyl erobert sich die Natur auch ihr Territorium zurück. Man darf nicht zu pessimistisch sein.
 
"Nur" konventionell hätte es in Mitteleuropa gekracht, wie es an der Peripherie einige Male gezeigt wurde.
Das glaube ich nicht. Europa war nach diesem Schiet traumatisiert.
Was war die Atombombe nach einem 1000 Bomber-Angriff, den es noch zu steigern galt? Tabun und Sarin sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Warum Atombombe und nicht Tabunbombe? Was ist einfacher herzustellen? Tabun ist richtig gefährlich! Da verrecken selbst Kakerlaken.
 
Das glaube ich nicht. Europa war nach diesem Schiet traumatisiert.
Du glaubst doch nicht, dass man darüber in Mitteleuropa abgestimmt hätte.:winke:

Was war die Atombombe nach einem 1000 Bomber-Angriff, den es noch zu steigern galt?
Der konventionelle Bombenkrieg war keine Abschreckung, schon deshalb, weil er bekanntermaßen Jahre dauerte.

Tabun und Sarin sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. ...Tabun ist richtig gefährlich! Da verrecken selbst Kakerlaken.
Das ist übrigens ein gutes Beispiel, wie Abschreckung bereits im Zweiten Weltkrieg selbst bei Diktatoren funktionierte.

Ja, das wären ganz viele Panzer gewesen.:winke:
Nicht die Panzer, sondern der taktische Atomwaffeneinsatz im Fulda-Gap war gemeint.
 
Speziell zu den amerikanischen Atomkapazitäten zwischen 1945 und 1949, mit Bezug zu dem beginnenden Kalten Krieg, gibt es einen neueren Aufsatz.

"Post-1945 U.S. war planning assumed that a strike on the Soviet Union would be prosecuted by B-29s flying the atomic bomb from forward bases in East Anglia, England, where in 1946 bomb preparation and loading facilities were established at disused airfields. In 1950, atomic-capable aircraft, complete with bomb components, were first deployed to England, amidst anxieties about sabotage and a pre-emptive Soviet air strike. This establishment of a U.S. atomic strike capability in England arose from an entirely informal arrangement based on mutual trust. That informality would soon engender concern in Britain as the lack of symmetry in Anglo-American atomic relations became more apparent."

Bis zur Berlin-Krise, bzw. 1950, waren die amerikanischen Möglichkeiten zur atomaren Bedrohung der UdSSR stark begrenzt, bzw. mangels europäischer Basen, begrenzter Reichweite, nur wenigen umgerüsteten Flugzeugen und Besatzungen überhaupt nicht vorhanden.

Interessanterweise gibt es keinen Hinweis darauf, dass etwa während der Berlin-Krise hier eine Forcierung der Vorbereitungen stattfand in dem Sinne, das wegen der Krise schnellstmögliche Einsatzbereitschaft herzustellen war.

Ken Young: Special Weapon, Special Relationship - The Atomic Bomb Comes to Britain. JoMH 2013, S. 569-598.

(Oder etwas älter: Harry R. Borowski: Air Force Atomic Capability from V-J Day to the Berlin Blockade — Potential or Real? MA 1980, S. 105-110)
 
Interessanterweise gibt es keinen Hinweis darauf, dass etwa während der Berlin-Krise hier eine Forcierung der Vorbereitungen stattfand in dem Sinne, das wegen der Krise schnellstmögliche Einsatzbereitschaft herzustellen war.

Meine Erinnerung ist, dass es eigentlich ein Paradigma amerikanischer Präsidenten war, dass sie wegen Berlin kein Atomkrieg beginnen würden (müßte ich aber bei Gaddies etc.nochmal nachsehen).

Vor diesem Hintergrund hatte man wohl eher ein Interesse an einer "Lokalisierung" von Konflikten an der Peripherie (Korea). Und deeskalierte im Zweifel in Mitteleuropa so, dass Stalin dieses als Signal für Europa mitbekam und seinerseits keine Aktionen initiierte, die den Status quo gefährdeten.
 
Meine Erinnerung ist, dass es eigentlich ein Paradigma amerikanischer Präsidenten war, dass sie wegen Berlin kein Atomkrieg beginnen würden (müßte ich aber bei Gaddies etc.nochmal nachsehen).

Die neuere Analyse belegt aufgrund des fehlenden Materials und der Logistik mE zwingend, dass es keine auch nur annähernd ausreichenden [*] Atomkriegskapazitäten für Europa gab. Fraglich ist, ob diese Unfähigkeit
a) der Politik "angemessen" bekannt war
b) ob sie Entscheidungen beeinflusst hat
c) der sowjetischen Seite bekannt war.

Zugespitzt ist der hier betriebene "Bluff" eher in Bezug auf die westliche Öffentlichkeit zu sehen, da das Erreichen der europäischen Atomschlagkapazität erst 1950 der sowjetischen Seite umgehend bekannt wurde. Daraus wird abgeleitet, dass die frühere Unfähigkeit ebenso bekannt war.
Borowski, A Hollow Threat: Strategic Air Power and Containment Before Korea, S. 102–3. Holloway, Stalin and the Bomb: The Soviet Union and Atomic Energy, S. 258-263.


[*] Dazu gibt es die Sicherheitsstudien vor 1950, die von ca. 280 sowjetischen Divisionen zuzüglich 80 der Verbündeten ausgingen. Die konventionellen westlichen Streitkräfte betrugen nicht einmal die Hälfte. Die daraus resultierenden Bedrohungsanalysen forderten, dass die US-Atomschlagkapazität umgehend mindestens "Schäden" im Umfang des Bombenkrieges gegen Deutschland 1943/45 anrichten müssten, um eine Niederlage zu vermeiden. Daraus wurde in den Sicherheitsstudien abgeleitet, dass 200 Atombomben gegen die SU gerichtet werden müssten, und zwar auf die industriellen Zentren östlich der Linie Leningrad-Moskau-Rostow, bis zum Ural und darüber hinaus. 1948 verfügte man jedoch nur über die unzulängliche und auf diesen Strecken ohne Begleitschutz fliegende B-29, die selbst von England aus die Ziele nicht alle erreichen konnte, insgesamt 27 umgerüstete Maschinen, und keinerlei europäische Flugplatzlogistik für den A-Waffen-Einsatz.

"Popular speculation notwithstanding, the first deployment of nuclear-capable bomber aircraft to Britain did not take place at the time of the Berlin crisis. The installations required to support an atomic air campaign were still incomplete, and remained so until close to the end of that year. While the B-29s deployed to the U.K. were to be made combat ready, they were not “atomic capable” aircraft. Nevertheless, the inference drawn at the time was that they were, and they were so described in the press. Some later writers have perpetuated this myth. Others have placed their trust in the implausibility of a nuclear threat being made at that time. Earlier research by this author demonstrated conclusively that the aircraft that arrived in 1948 were unconverted types, conventionally equipped, and to be armed almost entirely through the purchase of ordnance from their British hosts in preparation for a conventional air campaign. The deployment has been plausibly described as an elaborate double bluff, reassuring domestic opinion but probably transparent to the Soviets."
 
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