Verbreitung des Christentums

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Wenn ich Euch in dieser polemischen Form angreife, meldet mich bitte bei den Moderatoren!
Ich habe in allem Ernst dazu aufgerufen, die Argumente für und wider zu sammeln, um sie einander gegenüberzustellen. Wenn man an das Ende einer DIskussion kommt, klärt man die Positionen und trennt sich. Das gehört für mich zur Streitkultur.
Du versuchst mich ohne Argumente lächerlich zu machen.
...der Versuch, durch das kürzen und aus dem Zusammenhang reißen, in meinem Beitrag regelwidrige Polemik zu erblicken, ist abseitig. Wäre da irgendetwas regelwidrig, hätte mich die hier sehr wachsame Moderation längst gerüffelt.

Du musst übrigens nicht wähnen, dass dein Kannibalismusverdacht und die Art und Weise, wie du ihn vorbringst (ohne eindeutige Quellen und anstatt mit Argumenten nur mit Verdächtigungen) hier Entrüstungsstürme entfacht hätte - stattdessen hast du Widerspruch geerntet. Und zwar solchen mit Argumenten.Und nicht dass du mich womöglich falsch verstehst: mir ist es gleichgültig, ob Frühchristen einander verzehrt (eventuell rituell?) haben oder nicht. Aber wenn man ersteres mit fachmännischer Geste*) mehrmals vorbringt, dann interessieren mich die dafür aufgewendeten Argumente - an denen mangelt es dir sichtlich. Das hat dir ElQ (irgendwas bleibt hängen) übrigens schon längst sehr deutlich dargelegt. Von den Zitaten aus den von dir missinterpretierten bis sogar falsch zitierten Primär- und Sekundärquellen ganz zu schweigen (das lässt sich ja auf den letzten Seiten des Fadens prima nachlesen)

--- eigentlich sogar schade: ich hätte stichhaltige Argumente für frühchristlichen Kannibalismus, und sei es auch nur bei vereinzelten Splittergruppen, sehr interessant gefunden; noch interessanter hätte ich sensationelle Quellen aus dem 1. Jh. (und ggf. 2.Jh.) gefunden, die dergleichen belegen. Leider kam weder das eine noch das andere. ---

Zwischenzeitlich hast du obendrein irgendwelche "wissenschaftlichen" Vorgehensweisen und Entschuldigungen eingefordert... Weder deine Beiträge hier oder die Beiträge anderer sind Habilitationsschriften, und so lange nicht moderativ eingegriffen werden muss, besteht auch kein Grund für irgendwelche Entschuldigungen.

Das einzig ärgerliche, was ich hier sehen kann, ist, dass einer gänzlich beratungsresistent auf einer wilden und zugleich widerlegten These beharrt (das Kannibalismuszeugs) - um das zu erkennen, muss man weder Theologe noch habilitierter Historiker sein, da genügt wachsame Teilnahme und Interesse an einem Geschichtsforum, welches man in der Freizeit frequentiert.

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*) aber woraus soll diese resultieren? aus deinen BoD Bemühungen über das Thomasevangelium?
 
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--- eigentlich sogar schade: ich hätte stichhaltige Argumente für frühchristlichen Kannibalismus, und sei es auch nur bei vereinzelten Splittergruppen, sehr interessant gefunden; noch interessanter hätte ich sensationelle Quellen aus dem 1. Jh. (und ggf. 2.Jh.) gefunden, die dergleichen belegen. Leider kam weder das eine noch das andere. ---
Da so wenig traffic ist, antworte ich Dir doch noch einmal:
" Der Beweis für meine Vermutung ist allerdings nicht zu erbringen. Ich habe nur einige Indizien."
habe ich in #62 geschrieben. Die wolltest Du wissen. Du siehst, ich habe Dir keinen Rosengarten versprochen. Es gibt keinen Grund mir vorzuwerfen, dass ich nicht mehr bieten kann als ich angekündigt habe.
Die angebliche Fälschung meiner Belegstellen habe ich widerlegt. Soll da etwas hängen bleiben, oder warum wiederholst Du das dauernd?
 
" Der Beweis für meine Vermutung ist allerdings nicht zu erbringen. Ich habe nur einige Indizien."
habe ich in #62 geschrieben. Die wolltest Du wissen. Du siehst, ich habe Dir keinen Rosengarten versprochen. Es gibt keinen Grund mir vorzuwerfen, dass ich nicht mehr bieten kann als ich angekündigt habe.
mit Verlaub, du hast in mehreren deiner Beiträge darauf insistiert, dass das Kannibalismuszeugs irgendwie relevant sei - aber schön: wenn du selber einsiehst, dass du dergleichen nicht nachweisen kannst, dann wäre doch die Konsequenz, derartige Verdächtigungen gar nicht erst zu äussern... ;)

Die angebliche Fälschung meiner Belegstellen habe ich widerlegt.
#125, #127, #135 hast du nichts entegensetzen können (es ließe sich noch mehr aufzählen, aber wozu: nachlesen kann jeder, den das Thema interessiert)
 
Ich habe möglichst wenig sekundäre Quellen zitiert, auch wenn ich die primären auf diesem Weg gefunden habe. Die Stelle bei McGowan verstehe ich immer noch gleich: Er sagt, dass die Hinweise darauf, dass die Eucharistie missverstanden wurden, erstaunlich wenige sind und dass sie nicht ausreichen, um diese einfache Erklärung zu beweisen. Um das auszudiskutieren müssten wir die einzelnen Belegstellen im Detail untersuchen.

Da Du noch mal #62 und McGowan ansprichst:

Hast du oben den Hinweis auf McGowan 2014 in #135 überlesen, der nochmals klar stellt, wie er verstanden werden will und was er 20 Jahre zuvor 1994 als Student "gemeint" hat?

Die Eucharistie und der formalisierte Gebrauch von Brot und Wein sind sichere Erklärung für die Entstehung von "rumors" über Kannibalismus und Inzest.
 
Mir ist noch etwas zum alten Thema eingefallen, ein paar Fragen an die Kenner des römischen Rechts:
"religio licita" kenne ich nur von Tertullian. Ist das überhaupt ein juristischer Begriff gewesen und war die Todesstrafe die vorgesehene Betrafung, wenn man einer superstitio illicita angehörte?
Konnte man nach römischem Recht dafür bestraft werden, einen rechtmäßig zum Tode Verurteilten zu verehren?
 
Cambridge History of Judaism, Band 3, S. 169 meint dazu:

" Tertullian’s phrase in Apologeticus xxi.1; it is not found in any contemporary document."

Und im Text zu der Fußnote:

"In handling a religious minority which would countenance neither compromise nor assimilation and which, moreover, was liable to be at odds with its gentile neighbours, the alternatives facing Rome were suppression on the one hand and on the other toleration reinforced by active measures of protection against gentile molestation. There was no call for the suppression of Judaism, since as a cult it fulfilled the Roman criteria for permitted survival: it was morally unobjectionable and, among the Diaspora, politically innocuous. It was therefore accorded toleration in the late republican period, followed by positive protection when a charter of Jewish religious liberty was formulated by Julius Caesar and reaffirmed, with some extensions, by Augustus. The legislation of Caesar and Augustus established Judaism as a religio licita, an authorized cult, throughout the empire, the status which it was to retain for over three centuries apart from a brief period of restriction under Hadrian."

In diesem Zusammenhang und mit der von Dir gestellte Frage nach einem alternativen "System" ist Folgendes empfehlenswert, was eher einen umfassenden (soziopolitischen, sozioökonomischen) "prozessualen" Ansatz zur römischen Religionsgeschichte verfolgt:

Rüpke: From Jupiter to Christ On the History of Religion in the Roman Imperial Period.

Auch dort wird es (indirekt, ohne Zitat) als "politische Phrase" in einer "stufenweisen" Betrachtung der Auseinandersetzung mit Relligionen betrachte. Der Einfachheit halber das Zitat, S. 216:

"Although the fictional dispute has as its theme the traditional opposition between superstitio and religio, and these terms are used in the exordiums of each of the two main speakers (13.5; 38.7), they play only a minor role in the arguments themselves: in 10.3, superstitio is even used with a positive connotation to describe Roman practices. Caecilius also initially—and repeatedly—interprets the conflict as a philosophical disagreement: it is about membership of different schools, about sectae (4.4; 40.2). From a Sceptical position, he warns against precipitate opiniones, mere opinions, and carelessly adopted positions (5.3, 6). In view of the impossibility of certain knowledge, the pragmatic solution is to persevere with traditional religion privileged by age, just as all earlier generations are so privil- eged socially (see 6.1ff.). In case of doubt, this represents a ‘preferable error’ (7.1: melius errare). Religio remains an important term to describe the area of dispute (6, passim); an opposing term used is inreligiosa audacia (8.1). Seeming to belong to the same semantic field is the almost paradoxical formulation inpietatis disciplina, which is then used to disqualify adversaries who are never clearly defined (8.2); praua religio (10.1) may be ascribed a similar function. The polemic then progresses to the field of social disqualifications, withterms such as illicita factio, coniuratio, and nocturna congregatio; the inclusion of mulieres, women, in this group belongs precisely in this context (8.4). In a closing statement, Caecilius brings his polemic back to where he started, at the level of philosophy, characterizing his adversary with the words (14.1) ut pistorum praecipuus, ita postremus philosophorum (‘the first of the millers, but the last of the philosophers’)."
 
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Vielen Dank!
Interessant, dass "Caecilius" im Octavius als halbzuverlässige Quelle dargestellt wird. Aber es bleiben immer noch viele Fragezeichen für mich.
 
...Fragen an die Kenner des römischen Rechts:
"religio licita" kenne ich nur von Tertullian.


Silesia hat schon darauf hingewiesen: "religio licita" ist kein juristischer Begriff, sondern eine Ad-hoc-Formulierung Tertullians.

Die rechtlich geläufigen Begriffe heißen "collegia licita", "collegia illicita", (auch "factiones illicitae" in der Bedeutung „kriminelle Vereinigungen“).

Religionsausübung (offiziell, halboffiziell oder auch privat) fand bei den Römern nahezu ausschließlich unter der Obhut von Vereinen statt.
 
O.K., aber für die Todesstrafe kam doch wohl nur die Staatsfeindschaft infrage, nicht allein die Mitgliedschaft in solch einem "collegium" oder die Anhängerschaft zu einem früheren Verbrecher?
 
Darf ich zu dieser Frage noch mal auf den schon ausführlich diskutierten Briefwechsel zwischen Trajan und Plinius zurückverweisen? Demnach hat Plinius Christen verfolgt, weil sie Christen waren, hatte aber offenbar wegen deren Harmlosigkeit Zweifel an der Richtigkeit dieser Christenverfolgung, weshalb er sich an den Kaiser wandte, der ihm sinngemäß antwortete, dass man die Christen nicht aktiv verfolgen solle. Es ging also offenbar auch aus Trajans Sicht keine Gefahr von den Christen aus, welche eine Verfolgung wirklich rechtfertigte, andererseits wollte oder konnte er offenbar rechtlich keine Änderung des status quo durchsetzen.
 
Warum ist er besonders angreifbar? Allgemein steht sein unverblümter Hass im Raum, das ist wahr. Aber gerade bei dem Zitat liefert er ungewöhnlich viele Details. Da bedarf es eines Beweises und keiner Meinungen, um dieses Zeugnis zu diskreditieren. Es ist eben ein spätes Zeugnis und das nimmt ihm Beweiskraft. Deshalb bezeichne ich es als Indiz.
Epiphanius schreibt sehr reisserisch, was mich als erstes stutzig machte und mich dazu brachte zu überprüfen, wie wahr Epiphanius Anschuldigungen wahr sein könnten.
Er beschreibt Details von Ritualen und ganze Häresien, welche nirgendwo anderes vorkommen. Auch unterstütze er Theophilus von Alexandria gegen John Chrysostomos und die vier "Tall Brothers", jedoch gab er später zu, dass er nichts von deren Lehre zu kennen. andrew S. jacobs schreibt zum Beispiel, dass "Epiphanius of Salamis often appears to modern scholars as plodding, literalist,reactionary, meandering, and unsophisticated."
Dies sind zwar alles keine Beweise oder Belege. Jedoch sind Ungereimtheiten und da er öfters in seinem Leben sich nicht durch Intelligenz ausgezeichnet hat, bin ich vorsichtig, was ich glaube von dem was Epiphanius schreibt.

Keinesfalls (s.o.). Im Gegenteil: Du hast den wichtigsten Teil des Satzes weggelassen. Ich würde das aber nicht als absichtlichen Betrugsversuch von Dir werten.

Oh doch! Ich habe gesagt, dass Justin es für möglich hält und bleibe dabei. Wenn ich ungefragt von mir gebe, dass ich etwas nicht weiß, dann halte ich es für möglich.

Bleibt nicht viel zum Zugeben, vielleicht für Euch, um Euch zu entschuldigen?
Auf die drei Sachen wurde oft genug mittlerweile geantwortet.

Das lassen wir offen. Sei versichert, ich habe wahrscheinlich mehr als Du schlucken kannst ;).
Findest du so etwas angebracht? Ich glaube, dass nämlich nicht, da sich ein Konstrukt aus Vermutungen, welches nicht auf Beweisen, Belegen und Indizien baut ziemlich einfach zu widerlegen ist.

Das bin ich (leider) nicht, ich habe ja das Werk zitiert, das das offensichtlich sehr ähnlich sieht.
Ähm... Na klar bist du in der Pflicht Beweise und Belge zu bringen, wenn du etwas total neues einführen möchtest, was jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis widersprecht.
 
Na klar bist du in der Pflicht Beweise und Belge zu bringen, wenn du etwas total neues einführen möchtest, was jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis widersprecht.
Es ist aber nichts total Neues. Vielen Dank für die Wiederholungen. Der letzte Teilsatz ist in meinen Augen eine Phrase. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die überwiegende Mehrheit diese Vermutung ablehnt und bin immer offen für neue Einwände. Ich werde in dieser Woche das Benton-Werk ausleihen und evtl. dessen zusätzliche Gründe vorstellen.
 
Das Großkirchenthema scheint wenig Interesse zu finden.

Vielleicht ist es besser, einen Aspekt zu vertiefen, der mit "meiner" Menschenfresserthese zusammenhängt:
Die frühen Christen waren doch wohl ziemlich harmlose Menschen und doch wurden sie schon bald als Bedrohung angesehen. Was waren die Gründe? Wir hatten:
1) Wirtschaftlicher Schaden im und um den Kult.
2) Aktive Mission
3) Intoleranz gegen "Ungläubige" aus christlicher Sicht (inklusive Staatskult)
4) Rasche Ausbreitung

Falls ich Punkte vergessen habe, bitte ergänzen.

Mich hat immer Punkt 4) erstaunt. Warum konnte sich der Glauben so ernorm ausbreiten trotz der massiven Widerstände und trotz des Kulturschocks? Die Aussicht darauf, sich mit dem Gegebenen hier zu arrangieren und auf das Heil dort im nächsten Leben zu warten, kommt mir nicht sehr attraktiv vor.

Gibt es darüber etwas zu diskutieren?
 
Mir ist die angesprochene Brisanz des "Großkirchenthemas" nicht klar.

Könnt Ihr das nochmal vom Hintergrund erläutern oder auf einen Diskurs verweisen?
 
Mir ist die angesprochene Brisanz des "Großkirchenthemas" nicht klar.

Könnt Ihr das nochmal vom Hintergrund erläutern oder auf einen Diskurs verweisen?
Mir eigentlich auch nicht. Anthropos hat mich aufgefordert, das auszudiskutieren, weil ich das Wort falsch verwendet habe. Er schreibt zuletzt in post #145:
3. Es gab keine Großkirche, die Paulus von Tarsus begründete. Die Großkirche entstand später.
Meine Meinung ist, dass das was ich so bezeichne, zwar eine Evolution hinter sich hat, aber eine kontinuierliche Entwicklung darstellt, die mit Paulus von Tarsus begonnen hat.
Ich für meinen Teil würde das gern zur Diskussion nutzen, ob es die Gnosis ebenfalls von Anfang an als "Parallelchristentum" gab. Ich wollte aber zuerst Anthropos und "Sympathisanten" zu Wort kommen lassen, wie versprochen.
 
Das Großkirchenthema scheint wenig Interesse zu finden.
(...)
Gibt es darüber etwas zu diskutieren?
Was soll es da für den Zeitraum des 1. Jhs. zu diskutieren geben? Im 1. Jh. gab es noch keine "Großkirche".

Wie sieht es im 2. Jh. aus? Auch hier scheint mir ein Begriff wie "Großkirche" vorerst noch zu hoch gegriffen.

Mit dem Verlauf des 3. Jhs. wird es meiner Ansicht nach erst "ernst" mit einer solchen Begriffsbildung, denn erst im 3. Jh. scheinen im griechisch geprägten Raum des röm. Imperiums, in Rom und Italien selber sowie punktuell (wohl eher städtisch als ländlich?) in weiteren Provinzen mehr als nur marginale Bevölkerungsteile zum Christentum übergetreten zu sein.

Apokryphe Schriften (wie auch das Thomasevangelium) scheinen auf den Zeitraum des 1. und 2. Jhs. und damit auf die sukzessive Ausbreitung der christl. Regligion keine Wirkung gehabt zu haben, was wohl daran liegt, dass es sie (so wie wir sie kennen) zu dieser Zeit noch nicht gab. (Fatalerweise lässt sich die Geschichte der Ausbreitung des Christentums nun mal nur mit datierbaren Quellen gesichert darstellen, so lückenhaft der Befund auch sein mag - allerdings gibt es genügend wissenschaftlich seriöse Darstellungen aus verschiedenen Disziplinen, stellvertretend für viele sei der Historiker Peter Brown genannt und empfohlen)

ich kann nachvollziehen, dass es sich bei der Ausbreitung des Christentums in der spätantiken Welt um ein faszinierendes weltgeschichtliches Thema handelt - aber mir sind bei diesem Thema trockene beweisbare Fakten lieber als z.B. glaubenseifrige Spekulationen oder Spekulationen über ein eventuell-vielleicht ursprünglich "ganz anderes Christentum" (irgendwie verbändelt mit Gnosis, Apokryphen und sogar Kannibalismus...:D...)

Schließlich ist zuguterletzt (guter?) historisch zu akzeptieren, dass sich in der spätantiken Welt zwei (mit den Arianern drei) Ausprägungen der neuen Religion durchsetzten: das eine Zentrum befand sich vereinfacht gesagt seit dem 4. Jh. in Rom (der ehemaligen caput mundi), das andere in Byzanz; ein weiteres relevantes Zentrum war Alexandria. Bis eine verbindliche Form der neuen Religion etabliert war, hatte es immerhin ein paar Jahrhunderte benötigt - darüber geben zahlreiche Quellen Auskunft.

Bedenke ich, wie sehr solche Themen wie Arianismus, Pelagianismus etc. die spätantike Welt umrührten, wie das also die Leute betraf (!!), dann muss ich Spekulationen über eventuell andere Urformen bestenfalls als Kuriosa beiseite legen: denn sie haben schlichtweg nicht dieselbe historische Relevanz erlangt, was wohl daran liegt, dass sie - wenn es sie denn überhaupt gab... - kaum wen erreichten.

In diesem Sinne sind Spekulationen darüber, dass möglicherweise Jesus höchstselbst dem vielleicht Mitte des 2. Jhs entstandenen, erst Mitte des 3. Jhs. schriftlich fixierten Thomasevangelium näher als z.B. den Beschlüssen der nicaeanischen Konzile oder der Auslegung von Augustinus gewesen sein könnten, gänzlich irrelevant. Und das aus dem einfachn Grund, dass sich "die Großkirche" samt ihrem Zulauf (!!) nun mal so entwickelt hatte, wie es Geschichte geworden ist.

...freilich gibt es bei solchen Überlegungen noch einen anderen Begriff als den der "Großkirche" (herrschende Lehre usw.), nämlich den sehr feinen Begriff der "Buchreligion". Das war anscheinend viel Arbeit, viel Streit und Kompetenzgerangel, bis man im Lauf von Jahrhunderten eine verbindliche Fassung der Heiligen Schrift (was kommt rein, was nicht? usw) zurechtgebastelt hatte... Das allerdings - also die Entstehung der kanonischen Schriften - scheint kein Geheimnis zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
4) Rasche Ausbreitung

Falls ich Punkte vergessen habe, bitte ergänzen.

Mich hat immer Punkt 4) erstaunt. Warum konnte sich der Glauben so ernorm ausbreiten trotz der massiven Widerstände und trotz des Kulturschocks? Die Aussicht darauf, sich mit dem Gegebenen hier zu arrangieren und auf das Heil dort im nächsten Leben zu warten, kommt mir nicht sehr attraktiv vor.
ich kann nachvollziehen, dass dich Punkt 4) immer erstaunt hat.

die unterstrichene Darstellung aber halte ich für falsch - mein Tipp hierzu ist: von Peter Brown das schmale Bändchen "die letzten Heiden" lesen (und dieser Tipp ist ernst gemeint!) Vermutlich, nein sicher, wirst du nach der Lektüre dieser rund 200 Seiten die unterstrichene Darstellung selber ablehnen. (!) (versteh mich nicht falsch: ich meine damit keine religiöse Jenseits-Heilserwartung - davon ist der Historiker Brown auch weit entfernt - sondern das Konglomerat der Gründe und Motive, dass und warum sich die spätantike Welt so dringlich von Heilsbotschaften faszinieren ließ (so sehr, dass irgendwann derart haarspalterische Sachen wie Homöousie streitbar bezankt wurden (sic!)...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir eigentlich auch nicht. Anthropos hat mich aufgefordert, das auszudiskutieren, weil ich das Wort falsch verwendet habe. Er schreibt zuletzt in post #145:

Meine Meinung ist, dass das was ich so bezeichne, zwar eine Evolution hinter sich hat, aber eine kontinuierliche Entwicklung darstellt, die mit Paulus von Tarsus begonnen hat.


Meiner Meinung nach ist es ab dem 3. Jh korrekt, von einer "Großkirche" (und für das 2. Jh von einer "im Entstehen befindlichen Großkirche") zu sprechen. Gemeinden des 1. Jhs sollte man nicht als "großkirchlich" bezeichnen.

C. Andresen u. a. untergliederten folgendermaßen:

- von 30 bis 150: Urkirche oder frühkatholische Gemeinden
- von 150 bis Konstantin: Frühchristliche oder altkatholische Großkirche
- von Konstantin bis Chalcedon (451): Reichskatholische Kirche
- von Chalcedon bis zum Ende der Antike: Byzantinisch-orthodoxe Reichskirche und Römisch-katholische Kirche.

Frank, Lehrbuch der Alten Kirche, 3. Aufl. 2002 Verl. Schöningh, S. 3


Unter dem Titel:

4.3 Die großkirchliche Institution als apostolische und katholische Kirche

meint Hauschild dazu:

Nunmehr entstand eine dogmatisch fundierte, organisatorisch profilierte Großkirche, die sich als die wahre, alleinige Kirche Jesu Christi behauptete.

…ihre erste Konturierung zeigte sich ca. 90-140, ihre Konsolidierung ca. 140-200. Ein Abschluss war damit allerdings noch nicht erreicht. Vielmehr setzten sich die dogmatische Fundierung und die organisatorische Profilierung erst im Verlauf des 3. Jhs allgemein durch. Der missverständliche Begriff "Altkatholizismus", der z.T. in der Forschung dafür verwandt worden ist, kann das ungefähr ausdrücken. Gemeint ist damit, dass für die somit geformte Institution Kirche zwei Merkmale konstitutiv waren: die Apostolizität als zeitliche und sachliche Kontinuität (Übereinstimmung mit den Ursprüngen) und die Katholizität als räumlicher und sachlicher Konsensus (Übereinstimmung der Gesamtheit der Christen). Letztere bekam seit ca. 170/190 einen spezifisch institutionellen Ausdruck durch die Entstehung von Synoden als Organe des Heiligen Geistes zum Zwecke kirchlicher Konsensusbildung.

Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte Bd 1, 3. Aufl. 2007 Gütersloher Verlagshaus, S. 69

Das Thema "Entstehung der christlichen Großkirche?" gibt es bereits. Wäre es nicht übersichtlicher, die Diskussion über die korrekte Verwendung des Begriffs HIER fortzuführen?
 
Was soll es da für den Zeitraum des 1. Jhs. zu diskutieren geben? Im 1. Jh. gab es noch keine "Großkirche".
Wie Du meinem kurzen post entnehmen konntest, geht es mir nicht um das Wort "Großkirche", sondern um die Frage, ob man diese Kirche als eine Einheit gegenüber der Gnosis stehen lassen kann. Wenn Du die Kirche von Paulus bis Augustinus als eine Einheit in der Lehre wahrnimmst, kannst Du gern einen passenderen Begriff nennen. "Buchreligion" ist für mich ein ganz anderer Term. Die Zahl der Anhänger scheint mir in dieser Frage sekundär, aber nicht unwichtig zu sein.
Trotz der vorauseilenden Seitenhiebe auf meine Ansichten finde ich es erstaunlich, dass selbst die Bibel und ihre frühen Apologeten den Ursprung der konkurrierenden Gnosis ins mittlere 1. Jhdt. datieren (z.B. Simon magus und Schüler). Ich teile auch nicht die Sichtweise, nach der die Gnosis einfach nur die Variationsbreite des Christentums wiederspiegelt, sondern ich sehe in ihr eine von Grund auf andere Philosophie (-> mein früheres post), die sich trotzdem auf Jesus gründet und offensichtlich gleichzeitig mit der "Großkirche" entstanden ist.
Ich sehe die Zentren in Alexandria, Rom und Konstantinopel als Teil einer Einheit. Die konkurrierende Gnosis scheint keine vergleichbare Organisation und dementsprechend keine Zentren besessen zu haben. Ich vermute sie im Osten (Syrien, Teile von Asia, dem Zweistromland) und Ägypten bis Lybien.
Gibt es darüber wirklich nichts zu diskutieren?

Also:
Gibt es gute Gründe an dieser Kontinuität der "Großkirche" zu zweifeln?

Und:
Gibt es Daten, die die Zahl der Anhänger zu betimmten Zeiten einigermaßen abschätzen lässt?
 
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