Das ist schon klar... Aber die Entfernung ist fast genau 20 km, also muss es da doch eine noch unentdeckte Straße zwischen Rottweil und Rosenfeld geben!
Wenn wir uns die Situation der Landgüter nördlich Rottweil anschauen (größerer Ausschnitt als Anhang), dann stellen wir fest dass ein größerer Teil dieser Villae eher nach Rottweil orientiert ist, nämlich Beckenhölze, Dietingen, Mariahochheim, Irslingen und Böhringen, während Rosenfeld und Erlaheim in der Nähe des Kastells Häsenbühl liegen.
Wie man dem Höhenprofil der heutigen Straße Rottweil - Rosenfeld (siehe Anhang) entnehmen kann, gibt es nach Rosenfeld hinauf Steigungen von über 20%. Hier wird also kaum eine Hauptstraße verlaufen sein, und wo sollte die auch hinführen.
Ich würde eher vermuten, dass diese Villae durch Stichstraßen an die jeweiligen Kastelle angebunden waren; wobei ich einen Saumpfad oder sogar eine Straße zwischen Böhringen und Rosenfeld keineswegs ausschließen möchte.
Weil ich aber nur völlig inakzeptable 18,4 km messe und ohnehin eher an Stichstraßen glaube, fehlt diese mögliche Strecke in der Karte.
Dann wiederum wäre zu fragen, wieso sie den Ort so genannt haben sollten.
Angesichts der unzähligen Beispiele vom Walensee (
vuahala see) über Großwallstatt (
walah stat) bis Wahlheim (
wala heim) zerbreche ich mir über mir die Motivation nicht all zu sehr den Kopf.
Am wahrscheinlichsten ist, dass der Ort so benannt war, weil dort romanischsprachige Menschen lebten,
Oder einmal gelebt hatten, bevor sie nach mehreren Überfällen die Höfe und Siedlungen aufgaben.
Bevor Odoaker der römischen Bevölkerung den Befehl gibt, nach Italien zu übersiedeln - was wohl auch weitgehend gemacht wurde - werden immer wieder die römischen Siedler der Region - die Vita Sancti Severini behandelt vor allem den Raum von Passau/Boiotro, Donau abwärts und natürlich die Gegenden südlich davon - von den Germanen, namentlich den Rugiern und den Alamannen entführt und in deren Gebieten angesiedelt.
Schon klar, romanische Ortsnamenkontinuität in heute deutschsprachigen Gebieten findet man im Wesentlichen nur im Rheinland, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden, Bayern und der Deutschschweiz -- nicht jedoch auf der Schwäbischen Alb.
Welsche Stätte ist doch aber ein rein germanischer Bergriff für einen römischen Ort, den die Alemannen sicher zweifelsfrei an seinen Mauern als solchen erkannten. Das musste ihnen sicher kein verbliebener Romane erklären.
warum zeigt z.B. die tabula peutingeriana keine solchen rasterhaften Gleichmäßigkeiten? eine Karte zu malen, deren Orte alle dieselbe Entfernung voneinander haben - sofern sie mit Straßen verbunden sind - wäre doch schön einfach zu zeichnen gewesen und böte ein gottgefällig-regelmäßiges Bild?
Die bekannten Tabulae verzeichnen Strecken zwischen wichtigen Orten, Hunderte von Jahren nach der Okkupation. In der Regel sind das Zivilsiedlungen, die teilweise aus alten Kastellen oder Straßenstationen innerhalb des Musters hervorgegangen sein können, aber nicht müssen.
Man kann vielleicht den Vergleich mit Eisenbahnstrecken vergleichen. Als diese im 19./20. Jh. gebaut wurden, hat man die Strecken in schöner Regelmäßigkeit mit Bahnhöfen bestückt. Heute ist von diesem alten Muster auf den Fahrplänen nichts mehr zu sehen, nur noch die vielen stillgelegten alten Bahnhöfe entlang der Strecke zeugen davon.
man sollte meinen, dass oftmals das Gelände differierende Marschweiten erzwingt (sei es, weil schlimme Höhen, sei es, weil tiefe oder reissende Gewässer im Wege sind)...
In diesen Fällen sind es ja auch in der Regel nur 9 Leugen, auf flacher, gerader und trockener Strecke meist 10.
Das sieht man schön auf der Strecke von
Füssen über den Fernpass. Die erste harmlose Etappe bis Heiterwang noch 10 Leugen, über den Fernpass dann jeweils nur 9 Leugen.
nein, auch sprachhistorisch inakzeptable Ortsnamenverbiegungen a la dieses Dorf muss wegen der 20km einen lateinischen Namen haben vermögen da nicht zu überzeugen.
Walah stat ist ein germanischer Ortsname, er bedeutet
Römischer Ort.
also muss es da doch eine noch unentdeckte Straße zwischen Rottweil und Rosenfeld geben!
Nicht unbedingt eine Straße zwischen Rottweil und Rosenfeld, aber ziemlich sicher eine von
Waldmössing nach Hechingen-Stein via Rosenfeld (siehe Anhang), und so unentdeckt ist die gar nicht.
Die Villa in Rosenfeld liegt auf einer der von GE berechneten Strecken genau 19,9 km vom Kastell Waldmössing entfernt, und es kommt noch besser:
Diese Strecke verläuft auf den ersten gut 3 km ab Waldmössing
auf der bekannten Römertrasse nach Epfendorf. Etwa auf halber Strecke verläuft sie für einen halben Kilometer
auf der Straße Rottweil - Kastell Sulz.
Folgt man der Richtung der vermuteten Straße ab Rosenfeld, erreicht man auf einer heute möglichen Strecke nach gut 10 Leugen Hechingen-Stein.
Diese Strecke führt über die bisher ebenfalls noch nicht angeschlossene Villa in Erlaheim, verläuft dann auf kurzer Strecke
auf der Straße Häsenbühl - Bierlingen, dann
durch Rangendingen (röm. Mauerwerk, Badsage] um schließlich
auf der Trasse der Straße Rottenburg - Hechingen aufzugehen.
Naturwissenschaftler bezeichnen so etwas als sehr sparsame und damit elegante Lösung.
Edit: So kommt auch die Straße Rosenfeld - Rottweil wieder ins Spiel, die bis Trichtingen auf gemeinsamer Trasse verlaufend saubere 20 km lang ist (nicht eingezeichnet).
Sagt mal, hat einer von Euch Folgendes gerade erst bei Wikipedia eingestellt oder hatte ich es wegen des für mich eindeutigen Namens übersehen:
"
Im Bereich Weilheims, in der Nähe der Kirche und im Flur Heimgarten über dem Lochenbach,
lagen zwei römische Gutshöfe. Die Verbindungsstraße zwischen den beiden Kastellen Geislingen-Häsenbühl und Lautlingen verlief entlang der heutigen Hauptstraße. Möglicherweise handelte es sich bei einem der Gutshöfe auch um eine Mansio."
Wikipedia/Stadtverwaltung Balingen
q.e.d.
Edit: Dass der Ortsname eine neuzeitliche Schöpfung aus Weilheim und Waldstetten ist, spielt jetzt auch keine Rolle mehr.
Weilstetten erscheint nicht wegen des Namens auf der Karte, sondern weil der Ort genau in der Mitte zwischen Rottweil und Burladingen liegt.
Bei Rotuvilla, wie Rottweil urkundlich erstmals belegt ist, handelt es sich ja um einen alemmanischen Namen, der von dem lateinischen Namen Arae Flaviae deutlich abweicht. Also offenbar ein *Rotu Hwilari.
entscheidend sind die ältesten Nennungen von apäteren Städtenamen wie
Rottweil (
Rotuvilla) und
Rottenburg (1274
Rotenburg, die dazu gehörende Höhenburg (Weilerburg) 1225 als
Rotinburc)
...kein doppeltes t... (!!!)
dass ein doppeltes t in "Rotenburg"-Namen auf verfallene/verlassene Städte deuten könnte, z.B. bei Rottweil und Rottenburg, ist allerdings spekulativ*) (und das umso mehr, wenn die ältesten Nennungen kein doppeltes t haben und wenn es - z.B. an der Fulda - auch Rotenburgnamen aus dem Mittelalter (mit der Bedeutung rote Burg) ohne Römer gibt)
Von einer Deutung als "verfallen" war bei mir niemals die Rede:
"c)
oberdeutsch
rott, rod, reihe, tour, ordnung, [...] dann besonders in älterer zeit in bezug auf das geregelte pack- und fuhrwesen auf handelsstraszen:
9. febr. 1533 haben sie mir in hergesandt
uff der rod. Birlinger a. a. o.
eine solche mit stationen (rottstätten) versehene strasze hiesz rottstrasze, die auf ihr beförderten güter rottgüter. "
"Eine solche mit Stationen (Rottstätten) versehene Straße hieß Rottstraße."
(Das gilt für das Spätmittelalter; im Frühmittelalter bzw. in der Spätantike hieß sie wahrscheinlich schlicht "rod" = der Reiseweg, von germanisch
ridan, reiten, reisen)
Das altenglische
rode, Straße, spricht wiederum dafür, dass es diesen Begriff schon in altgermanischen Zeiten gab, als die Römerstraßen noch gut in Schuss waren.
Rottweil und Rottenburg liegen an Römerstraßen, und die ältesten Namenserwähnungen sprechen nicht gegen eine Deutung als Rottstation.
Rotu Hwilari kann ganz zwanglos als
Villa an der Reisestraße ("road villa"!) verstanden werden.
Edit: Alte oberdeutsch-englische Kognate die im Niederdeutschen fehlen sind übrigens gar nicht selten. Von der Geiß (goat) über die Matte (meadow) und Hamme (ham) bis hin zum Dolch der Oberwalliser, dem Dagr (dagger).