Volkswirtschaften im Krieg: Russland und das Deutsche Reich

Welches das strategische Fernziel des Afrikakorps war, ist in der Forschung umstritten. Der Historiker Christian Hartmann vertritt die These, dass das Afrikakorps in erster Linie defensive Aufgaben hatte und nur als Reaktion auf die drohende italienische Niederlage in Libyen aufgestellt wurde.[2] Dietrich Eichholtz sieht das Afrikakorps dagegen im Zentrum von Hitlers Strategie. In seinem 2006 entstandenen Buch „Krieg um Öl“ beschreibt er eine angeblich geplante „Kaukasuszange“: Ziel sei der Suezkanal und damit die Ölversorgung Großbritanniens gewesen, die vom Afrikakorps einerseits und andererseits von Truppen aus dem Kaukasus oder aus dem Irak, der unter Ministerpräsident Raschid Ali al-Gailani zwischenzeitlich auf Seiten Deutschlands zu stehen schien, erobert werden sollte.[3]
 
Albert Speer sagte in einem Interview, 1946 wäre der Krieg beendet gewesen weil es kein Chrom mehr gegeben hätte.

Das kommt mir albern vor. Aber vielleicht hatten sie dann kein Gold mehr zum Kauf von Chrom .
 
Mal abgesehen davon, das die Aussagen von A.S. durchaus im Vorsicht betrachtet werden sollten, sind Nickel, Chrom und Vanadium wichtige Stahlveredler ohne die bestimmte Stähle mit ihren speziellen Eigenschaften nicht produziert werden konnten. Wo hätte Chrom nach dem Herbst 1944 herkommen sollen?
Beim Tiger II war die Panzerung wegen Vanadiummangels "minderwertig". Bei Treffern konnte das Material innen abplatzen und die Besatzung gefährden. Auch konnten bestimmte Waffen und Geschosse wegen Wolframmangels nicht mehr produziert werden.
 
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Welches das strategische Fernziel des Afrikakorps war, ist in der Forschung umstritten. Der Historiker Christian Hartmann vertritt die These, dass das Afrikakorps in erster Linie defensive Aufgaben hatte und nur als Reaktion auf die drohende italienische Niederlage in Libyen aufgestellt wurde.[2] Dietrich Eichholtz sieht das Afrikakorps dagegen im Zentrum von Hitlers Strategie. In seinem 2006 entstandenen Buch „Krieg um Öl“ beschreibt er eine angeblich geplante „Kaukasuszange“: Ziel sei der Suezkanal und damit die Ölversorgung Großbritanniens gewesen, die vom Afrikakorps einerseits und andererseits von Truppen aus dem Kaukasus oder aus dem Irak, der unter Ministerpräsident Raschid Ali al-Gailani zwischenzeitlich auf Seiten Deutschlands zu stehen schien, erobert werden sollte.[3]
Schönes Beispiel dafür, dass man Wikipedia nicht alles ungeprüft glauben sollte.

Zunächst mal ist das in dem Artikel schlampig dargestellt, weil bei dem Verweis auf Eichholtz keine nähere Angabe dazu gemacht wird, auf welche Stelle seiner Publikation sich das angeblich beziehen soll.

Bei H-Soz-Kult gibt es eine einigermaßen ausführliche Rezension zu dem Buch:


"Das siebte Kapitel zeigt die Überlegungen, die die Wirtschaftsstrategen der Göringschen Planungsgruppe seit Jahresbeginn 1941 anstellten, um die deutsche Ölnot in den Griff zu bekommen; auch hier bringt Eichholtz neue Quellen und Ergebnisse. Die entgegenlaufenden Vorstellungen (Kaukasus vs. Irak) verschmolzen sie zur Strategie der „Kaukasus-Zange“. Über den Kaukasus und Kirkuk auf der östlichen und Nordafrika auf der westlichen Seite sollten Truppen der Achse gegen die militärisch-logistische Drehscheibe der Briten am Suezkanal vorstoßen. Die britische Ölversorgung sollte gekappt werden und der Achse zugute kommen. So wollte man das Weltreich von der Peripherie her in die Knie zwingen."

Eichholtz bezieht sich hier wohl also überhaupt nicht, auf Planungen Hitlers, des OKW oder des OKH, sondern auf Überlegungen Göring unterstellter Wirtschaftsfachleute.
Selbige dürften Göring entweder als Chef der Luftwaffe, oder wahrscheinlicher als Leiter des Vierjahresplans unterstellt gewesen sein.
Es handelte sich also nicht um Überlegungen militärischer Entscheidungsträger, die maßgeblich die deutsche Strategie festgelegt hätten, noch ist ohne weiteres ersichtlich, dass dort irgendeine militärische Expertise für die Kriegsführung in Nordafrika oder im Kaukasus vorhanden gewesen wäre.
 
Die Masse der benötigten Mangelrohstoffe konnte das DR nach dem Juni 1941 kaum noch "kaufen". Die Neutralen im/am Machtbereich des DR konnte ja auch nichts über den minimalen Eigenbedarf hin importieren.
 
Man muss bedenken, dass mehrere Planungen und strategische Ziele konkurrierten.
  • Die deutsche Luftwaffe hatte sich, nach sehr hohen Verlusten gut ausgebildeter Piloten im Frankreichfeldzug, auf eine
  • Luftschlacht um England eingelassen, der sie nicht gewachsen war, und die zu einer völligen Erschöpfung an Material und Personal führte.
  • Eine Landung im Süden Englands (Operation Seelöwe) wurde erwogen, geplant und abgesagt.
  • Die Planung und Vorbereitung des Angriffs auf Russland lief weiter.
In den knapp 12 Monaten von der Niederlage Frankreichs bis zum Angriff auf die UdSSR verschlechterte sich die strategische Lage des deutschen Reiches weiter:

  • Für die Treibstoffversorgung auf der Produktionsseite keine Verbesserung in Sicht.
  • Ein strategischer Luftkrieg war mangels geeigneter Flugzeugmotoren (es gab ja keine 4-Mot-Bomber), mangels geeigneter Flugzeugtypen wie z.B. Langstreckenjäger nicht möglich, auch eine Verstärkung der Überwassereinheiten der deutschen Marine war weder rasch erreichbar noch mit der Aussicht auf Erfolg.
  • Großbritannien war mit einer Landung 1940 nicht zu erobern, die aufgewandten Ressourcen auf deutscher Seite ergaben keinen Sinn, die Aufrüstung und Reorganisation des britischen Heeres und der Luftwaffe hingegen war sowohl defensiv als auch offensiv erfolgreich.
  • Die deutsche Marine hatte trotz der Eroberung Norwegens weiterhin eine ungünstige Ausgangslage, es gab im wahrsten Sinne des Wortes keinen Raum für Überraschungserfolge.
 
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Die Briten hätten Zypern und Malta und damit das Mittelmeer, wegen des Falls von Suez allein sicherlich nicht aufgeben müssen.
Die kontrafaktische Frage ist, wie hätten die Neutralen auf deutsch-italienische Erfolge in Ägypten reagiert?
Wenn die britische Verteidigung Ägyptens tatsächlich zusammengebrochen wäre (und hier wäre die Frage, wäre das auch mit weniger Panzern oder ohne möglich gewesen, wenn man sich darauf tatsächlich konzentriert hätte, hätte wahrscheinlich die Türkei einen Schwenk in Richtung Achsenmächte vollzogen um Syrien besetzen und annektieren zu können und im Iraq wurde ja unter dem Eindruck der Erfolge der Achsenmächte im Mai 1941 tatsächlich der Aufstand gegen die britische Mandatsmacht geprobt.
Wenn die Erfolge hingereicht hätten die Türkei und ein freundliches Regime im Irak mit ins Boot zu holen, hätte man diese Regionen möglicherweise nicht mit deutschen oder deutsch-italienischen Truppen okkupieren müssen.

Die andere und wahrscheinlich entscheidende Frage wäre, wie wäre ein solcher deutsch-italienischer Erfolg in Spanien wahrgenommen worden? Hätte das Franco-Regime weiter vorsicht walten lassen, oder wäre es zu dem Schluss gekommen, dass der Zusammenbruch des britischen Empire bevorstünde und hätte es versucht sich am Ende doch einzuklinken und sich mit vergleichsweise wenigen Anstrengungen Gibraltar als Kriegsbeute zu sichern?
Wäre Suez verloren gegangen und die Spanier hätten unter dem Eindruck der Serie britischer Niederlagen seit Kriegsbeginn begonnen Gibraltar zu belagern, wäre den Briten möglicherweise tatsächlich nichts anderes übrig geblieben, als das Mittelmeer aufzugeben.
Gleichwohl hätte sich natürlich noch immer seegestützt gegen die arabische Halbinsel oder den südlichen Iraq operieren lassen.

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Für Spanien bestand jedoch das Problem, dass eine Eroberung Gibraltars mit Sicherheit den Verlust der Kanaren nach sich gezogen hätte. Spanien hat deutsche Wünsche nach einem spanischen Kriegseintritt mit einer langen Wunschliste nach deutschen Waffen beantwortet. Die Wehrmacht war nach der Verlegung der Spanier nach Deutschland über das Auftreten der Blauen Division wenig beeindruckt. Dabei handelte es sich um eine spanische Division, die als Wehrmachtsverband im Russlandfeldzug eingesetzt war. Laut WIKI haben sich die Spanier gegen die Russen bewährt. Wobei die Spanier überwiegend in der Belagerung / Blockade Leningrads eingesetzt waren.

Blaue Division – Wikipedia

Die Versorgung Maltas fand 1941 / 1942 durch Konvois statt, die von Gibraltar aus nach Osten fuhren. Jede dieser Konvois war ein Großunternehmen und mit heftigen Verlusten verbunden. Die Großeinheiten der Briten waren dabei überwiegend schnelle Kampfeinheiten sowie die besonders kampstarke "Nelson". In Ägypten waren dagegen als Rückgrat die Schlachtschiffe der QUEEN ELIZABETH-Klasse stationiert. Ende 1941 war durch den Untergang der "Barham" und durch einen Angriff italienischer Kampfschwimmer die "Queen Elizabeth" und die "Valiant" letztere beiden außer Gefecht gesetzt. Ende 1941 und 1942 sah es im östlichen Mittelmeer für die Briten schlecht aus. Aber die Italiener - welche auf dem Papier sechs bis sieben schnelle Schlachtschiffe hatten - konnten dies nicht ausnutzen.
 
Für Spanien bestand jedoch das Problem, dass eine Eroberung Gibraltars mit Sicherheit den Verlust der Kanaren nach sich gezogen hätte.
Mir ist klar, warum im realen historischen Verlauf Spanien die Finger davon ließ.

Allerdings im realen historischen Verlauf war Madrid durchaus klar, dass Großbritannien noch nicht am Ende war.
Die Frage ist halt, wie hätte Franco das beurteilt, wenn die Briten tatsächlich außerhalb des europäischen Kontinents, in ihren eigenen Kolonien/Mandatsgebieten/überseeinsichen Interessengebieten eine schwere Niederlage hätten einstecken müssen?
Daraus hätte sich ja durchaus der Schluss ziehen lassen, dass wenn Großbritannien zu schwach war seine eigenen Besitzungen in Afrika und den strategisch wichtigen Suez-Kanal zu verteidigen, es gewiss keine Kräfte würde erübrigen können, um spanische Territorien zu besetzen und dass wenn GB schon in seiner ureigenen Domäne, der überseeischen Interessensphäre geschlagen würde, der Kollaps des Empire bevorstünde.

Eine deutliche militärische Schlappe der Briten in Ägypten, hätte sicherlich auch Japan ermutigt, möglicherweise schon früher nach den britischen Besitzungen in Asien zu greifen und möglicherweise hätte es auch die indische Unabhängigkeitsbewegung zum Aufstand gegen das Empire ermutigt.

Ist halt am Ende alles Spekulation, aber wenn man sich die beiden Weltkriege, im Besonderen den Ersten anschaut, ist die Annahme, dass bedeutende militärische Ereignisse auch eine gewisse politische Sogwirkung auf die Neutralen Akteure erzeugen konnten, wohl nicht abwegig. Da wäre eben die Frage, wäre der Eindruck der Ereignisse groß genug gewesen, Spekulationen auf den Zusammenbruch des britischen Empire zu triggern.
Die Niederlage auf dem europäischen Kontinent, dürfte das britsiche Prestige nicht allzu sehr beschädigt haben, weil GB relativ wenig Truppen gestellt hatte und weil jedem klar war, dass GB traditionell eine Seemacht war und die eigentliche Stärke auf der Beherrschung wichtiger Positionen außerhalb Europas lag.
Der militärische Verlust der britischen Positionen im nahen Osten hingegen, wäre die schwerste britische Niederlage in Übersee seit dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und eine große Niederlage in der ureigenen Domäne gewesen. Das hätte reichlich am Prestige gekratzt.
 
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