Wann begann das Ende des Rittertums?

Dennoch klingt es verdächtig ähnlich ... ;)

Auf den ersten Blick mag das sein, doch etymologisch ist der Unterschied offenkundig:
baronet ist die Verkleinerungsform von baron - das wiederum von lateinisch liber baro (deutsch "freier Mann, freier Herr"; deswegen auch das deutsche Äquivalent Freiherr für den in Frankreich und England geläufigen Adelstitel Baron)
banneret kommt von mittelenglisch baneret bzw. altfranzösisch banerete mit der Bedeutung Banner - vgl. dazu auch neufranzösisch banniere sowie neuenglisch banner
 
Brissotin schrieb:
Scheinbar kommt es bei manchen Persönlichkeiten einfach darauf an, welche Bezeichnung sich eingebürgert hatte. Oder aber in Frankreich war der "Chevalier" bisweilen auch ein Höflichkeitstitel, auch wenn dem de jure garkeine Legitimation (Ritterschlag) gegenüberstand.:grübel:
(Kann man das damit vergleichen, dass der Sohn eines Reichsritters wohl auch ohne Ritterschlag ein Reichsritter war?)

Na ja, ich könnte mir vorstellen, das im neuzeitlichen Frankreich jüngere Söhne des Adels welche selbst keinen Titel trugen schlicht als Chevaliers angesprochen wurden, schliecht der Höflichkeit halber. Militärdienst war ja noch immer ein Karrieresprungbrett, das im Adel noch ausgiebeig genutzt werden dürfte. Nicht selten führten ja besonders Offizierskorps noch ein gewisses ritterliches Ethos fort, das sie aus den militärischen Traditionen des Mittelalters übernahmen. Noch heute werden ja in allen Ländern Europas durch Ordensverleihungen Personen zu "Rittern" ernannt.

Der Chevalier/Kavalier/Gentleman hatte zumindest in Frankreich des hohen Mittelalters (13. Jahrhundert) auch ein gewisses Äquivalent, denn Prud'homme.

Prud'homme – Wikipedia
 
Wir hatten schon die politischen, gesellschaftlichen und militärtechnischen Aspekte des Untergangs des Rittertums. Ein ganz besonders wichtiger Aspekt blieb jedoch bisher unerwähnt: das christliche Ritterideal und die Erschütterung dieses Ideals durch den Misserfolg der Kreuzzüge, zunächst durch den Fall Jerusalems (1187), dann endgültig mit dem Fall von Akkon (1291).

Der mittelalterliche Ritter verstand sich zunächst vor allem als Gottesstreiter, und dies galt nicht nur für die Ritterorden sondern auch für die „weltlichen” Ritter. Zumindest dem Ideal nach, das verständlicherweise oft nicht erreicht wurde. Es waren aber die christlichen Tugenden, die den idealen Ritter ausmachen sollten. Auch der Minnendienst war in seiner ursprünglichen Form durchaus mit der christlichen Lehre vereinbar, erst als die ritterlichen Ideale bereits zu verfallen begannen trat dabei der erotische Aspekt in den Vordergrund. In der Idealvorstellung war ein jeder Ritter ein Kreuzritter, neben die rein christlichen Tugenden trat allerdings der Dienst an der Waffe, insbesondere darauf gerichtet das Heilige Land von den Ungläubigen zu befreien und dauerhaft als christliches Königreich zu halten.

Der Misserfolg der Kreuzzüge erschütterte wie kaum ein anderes Ereignis im Mittelalter den christlichen Glauben und damit auch das gesamte Weltbild bei großen Teilen der Bevölkerung des christlichen Europas. Geradezu verheerend wirkte er sich auf die Moral der Ritterschaft, ja er nahm ihr eigentlich die Daseinsberechtigung. Diese Erschütterung führte unter anderem zur Entartung der ursprünglichen Ideale, zum Turnierunwesen, Raubrittertum, Standesdünkel.
 
Hallo kagwo 77


Ich finde deinen Denkansatz interessant.

Man sollte aber auch bedenken dass sich die christliche Ritterschaft
nach dem Scheitern im heiligen Land
neue Betätigungsfelder in Osteuropa suchte.
(wenn auch mit einem leichteren Schwierigkeitsgrad :scheinheilig: )
Ich würde aber sagen dass das Rittertum nach dem Scheitern der Kreuzzüge, zumindest vieles von seiner religiösen Bedeutung eingebüßt hat.
 
Als leichteren Schwierigkeitsgrad würde ich das nicht unbedingt ansehen. Auf dem Peipuss-See und bei Tannenberg hat der deutsche Orden immerhin einiges auf die Helme bekommen. Was du vielleicht meinst sind die "Mini-Kreuzzüge" welche des öfteren abgehalten wurden.
Aber auch im Mittelmeerraum wurde noch weiterhin gegen den Islam bzw. die türken gefochten: "Nichts ging auf der Welt so glanzvoll verloren wie Rohdos..."
wer wollte konnte also noch verdammt lange gegen "Heiden" oder "Ungläubige" vorgehen, die Malteser/Johanniter haben das ja auch noch bis ins 18 Jahrhundert getan.
Was die religiöse bedeutung angeht... ich glaube, das zumindest der frühe, noch germanisch geprägte Ritter nicht viel für die 10 Gebote übrig hatte.
Ich wage auch anzuzweifeln, das es wirklich immer religiöse Gründe waren, welche die Ritter zu Kreuzfahrten anstachelten, denn:
1: Es waren längst nicht alle Ritter waren auf Kreuzzug, große Heere zu versameln wurde mit der Zeit immer schwieriger.
2: Die meisten Ritter waren eher auf Beute aus, da passte deus le vult einfach als Legitimation
3: Die Daseinsberechtigung der Ritter war nicht der Kreuzzug, sondern der Krieg an sich.
4: Standesdünkel gab es auch schon vor den Kreuzzügen bzw. während sie noch stattfanden
5. Das "Raubrittertum" trat immer dann verstärkt auf, wenn etwa im HRDN ein langes Interregnum ohne Kaiser anstand und die Zentralgewalt versagte.
Die Kreuzzüge haben höchstens den ein oder anderen Plünderungswilligen "abgezogen"
 
Natürlich hatte das Idealbild des Ritters nicht unbedingt viel mit der Realitat zu tun, aber als der große kirchliche Grundauftrag: Befreie das heillige Land von den Ungläubigen!, gescheitert war glaube ich schon dass das für den Ritterstand zumindest ein mittelgroßer Knacks war.:cry:
 
Das kann ich mir nicht vorstellen. Das Rittertum entstand vor der Kreuzzugsbewegung, und sie flaute bereits im 13. Jhdt. wieder ab. Danach gab es zwar immer wieder Kreuzzüge, aber sie wurden entweder nur halbherzig durchgeführt oder dienten ausschließlich weltlichen Interessen. Man denke nur an die Unlust Kaiser Friedrichs II.! Mit dem Rittertum war es aber trotzdem noch lange nicht vorbei.
 
Nun, das Idealbild des Ritters war nach den gescheiterten Kreuzügen sicherlich beschädigt, aber wahrscheinlich seit ihr Richtig ihn der Ahnname dass das nicht allzugroße Auswirkungen auf die Realität hatte.

Vielleicht, aber Sank das Ansehen des Ritterstandes nach den gescheiterten Kreuzzügen in den kirchlichen Kreisen.
(Reine Vermutung, begeb mich da aufs Glatteis)
 
Mag sein, aber die Ritter wird das wenig gejuckt haben. Wie sich in von weltlichen Autoren verfassten spätmittelalterlichen Werken wie dem Decamerone oder den Canterbury Tales erkennen lässt, scheint das Ansehen des Klerus ausgesprochen gering gewesen zu sein.
 
Nun, das Idealbild des Ritters war nach den gescheiterten Kreuzügen sicherlich beschädigt, aber wahrscheinlich seit ihr Richtig ihn der Ahnname dass das nicht allzugroße Auswirkungen auf die Realität hatte.

Zur Zeit des Hochmittelalters gab es bekanntlich eine Reihe von Tugenden, die zu einem ritterlichen Verhalten gehörten. Dazu zählten u.a. Wohlerzogenheit, ritterliche Ehre, Mut, Höflichkeit, Demut, Freundlichkeit, Treue und Tapferkeit.

Auch wenn es eine strikte Befolgung aller dieser ritterlichen Gebote vermutlich nur selten gab und sie ein ritterliches Idealbild beschworen, so gab es doch einen bestimmten ritterlichen Verhaltens- und Ehrenkodex. Wer den wiederholt und tief verletzte, der wurde von seinen ritterlichen Standesgenossen geschnitten oder sogar gemieden, denn er verletzte damit auch das Ansehen des ganzen Ritterstandes.

Ritterlichkeit und ritterliches Benehmen galten in alten Adelsfamilien auch im späten Mittelalter und sogar in der Neuzeit noch als hohe Tugenden, auch wenn es natürlich keinen "Tugendkatalog" mehr gab.
 
Ich halte den Gedanken, dass die gescheiterten Kreuzzüge zu dem Niedergang der Ritter beigetragen haben, interessant, aber ich denke, dass das zu früh angesetzt ist. Der Ritterstand hat sich ja darüber hinaus noch länger gehalten. Damit meine ich nicht den symbolischen Ritterstand, wie man ihn heute noch in dem Vereinten Königreich findet, sondern tatsächliche Ritter.

Es hat noch gute zwei Jahrhunderte gedauert bis die neuen militärischen Entwicklungen, wie gut organisierte, leichte Fußtruppen, die Ritter überflüssig machten. Klar, kann man die Kreuzzüge als einen Punkt festhalten, doch dies war ja vielmehr ein "Imageschaden". Fürs erste sollte das Rittertum jedoch das Nonplusultra in der mittelalterlichen eruopäischen Kampfkkultur bleiben.
 
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