War Merseburg einst römische Exklave ?

Zumindest militärisch waren in diesen Zeiten Befestigungen mit vorgelagerten Gräben samt Wall und Hauptverteidigungslinie mit Stadt/Festungsmauer hinter dem Hauptgraben widerstandsfähiger. (In einer Fantasie namens römische Exklave Merseburg müsste diese römische Miniinsel schon sehr starke Verteidigungsanlagen und prachtvolle Vorräte haben, um zu überdauern, umringt und angerannt von beutegierigen Juthungen- und sonstigen Barbarentruppen...)

300 km vom Limes entfernt wäre auch ein von Barbaren umringtes Steinkastell nicht lange zu halten gewesen.

Zur Verteidigung der Exklavenidee wird man genötigt sein, die feindseligen Barbaren aus der Geschichte zu streichen. Man muss das einfach mal konsequent weiterdenken:

Vielleicht war die Germania magna im 1. und 2. Jahrhundert kein feindliches Gebiet sondern ein sehr locker assoziierter Wirtschaftsraum?
Es könnte sein dass das Römische Imperium in Germanien keine Beherschung mehr anstrebte, dafür aber Verbündete dort hatte, von denen auch Auxiliareinheiten rekrutiert wurden. Und Wirtschaftsinteressen dort.
Die Truppen in entferntere Regionen zu entsenden erforderte dann keine erobernden Legionen, nur sichernde Einheiten. Wenn denn die Wege bekannt, verkehrssicher, trocken und in offener Landschaft waren.
Also gut genutzte Handelswege, die als Militärwege geeignet waren, nicht aber vom römischen Militär unterhalten werden mussten.
 
300 km vom Limes entfernt wäre auch ein von Barbaren umringtes Steinkastell nicht lange zu halten gewesen.

Zur Verteidigung der Exklavenidee wird man genötigt sein, die feindseligen Barbaren aus der Geschichte zu streichen. Man muss das einfach mal konsequent weiterdenken:
Ich stimme dir sonst zu 99% nie zu. Aber genau DAS ist die These, welcher seit geraumer Zeit nachgegangen und diskutiert wird.
 
Aber genau DAS ist die These, welcher seit geraumer Zeit nachgegangen und diskutiert wird.
Natürlich herrschte nicht permanent Krieg zwischen Römern und Germanen. Es gab auch Zeiten friedlicher Kontakte und friedlichen Austausches.
Aber: Es gab eben auch immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen. Das ist in so vielen Quellen belegt, das kann man nicht einfach wegdiskutieren. Auch die Stationierung zahlreicher Legionen und Hilfstruppen entlang der Rhein- und Donaugrenze (die entsprechend kostspielig war, außerdem war eine Truppenkonzentration immer auch eine Gefahr für den Kaiser, die er nicht grundlos auf sich genommen haben würde) mitsamt der Anlage von Kastellen und Befestigungsanlagen zeugt von der von den Römern wahrgenommenen Gefahr. (Bei aller Bedeutung des Militärs für die Römer sollte man dennoch nicht übersehen, dass sie ihr Militär so klein wie möglich hielten. In weniger gefährdeten Grenzgebieten unterhielten sie deutlich weniger Truppen.)
Eine römische Exklave Merseburg mitten in Germanien wäre ein verlockendes (und von den Römern schwer zu verteidigendes) Angriffsziel gewesen, dem keine lange Existenz beschieden gewesen wäre.
 
@Ravenik

auch die Römer kämpften gegeneinander was ja ebenfalls historisch belegt ist. Zudem wurden diese Exklaven ja von "Römern" geschützt - Germanen die nach ihrer aktiven Dienstzeit das römische Bürgerrecht erhielten.

 
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Ich stimme dir sonst zu 99% nie zu. Aber genau DAS ist die These, welcher seit geraumer Zeit nachgegangen und diskutiert wird.
Das ist ein argumentum ad verecundiam und ruft geradezu nach der Frage:
Durch wen, außer durch deine Adepten und dich (von denen einer auch Oak Island für bare Münze nimmt)? Wer von wissenschaftlicher Relevanz beschäftigt sich tatsächlich mit dieser Frage?


Es gibt ja Steinbauten, Fachwerkbauten oder Überreste davon in der Germania - auch aus späteren Zeiten:

* Frankenwinheim
* Zeuzleben
* Haarhausen
  • Zu Frankenwinheim ist wenig herauszufinden, das Stadtmarketing schreibt etwas von einer kaiserzeitlichen germanischen Siedlung und südwestlich davon solle es eine villa rustica geben. Das ganze wird dann mit dem Bild von Wikipedia einer villa rustica als Symbolbild illustriert, stellt aber keineswegs eine Rekonstruktion der villa rustica bei Frankenwinheim dar. In Zenon - der einschlägigen Datenbank für archäologische Literatur gibt es zu Frankenwinheim keinen Treffer. Wo ist wissenschaftlich etwas zur villa rustica von Frankenwinheim nachzulesen?
  • Zeuzleben: ein paar römische Funde, darunter zwei Ziegel. Soviel ich sehe, keine nachgewiesene Bausubstanz. - "Aber da sind doch zwei Ziegel?!?!" - Es kann sich um Spolien handeln. In der Karolingerzeit wurden römische Ziegel verwendet, um Mörtel zu magern, weshalb karolingerzeitlicher Mörtel oft rosa gefärbt ist. Römische Hypocaustum-Ziegel in Zeuzleben könnten vielleicht darauf deuten, dass dort in der Karolingerzeit eine steinerne Kirche oder Kapelle errichtet wurde oder werden sollte. Die Ziegel wären dann Magerungsmaterial gewesen (oder wären u.U. auch als Spolien in dem Gebäude verbaut worden). Die Allerheiligenkirche in Brixworth (England) ist im 10. Jhdt. errichtet worden. Aus römischen Ziegeln, die man anderswo abgebaut hat. Denkbar ist, dass die Ziegel aus der Umgebung von Mainz stammten und den Main bis Zeuzleben hochgeschifft wurden. (Zeuzleben - Main etwa 8 km, Zeuzleben - Mainz etwa )
  • Johne meint, dass die römischen Handwerksbetriebe in Haarhausen wohl kaum auf freiwillige Ansiedlung zurückzuführen sind: Dušek hatte gemutmaßt, dass römische Handwerker aus dem Donauraum als dort der Absatzmarkt nichts mehr hergab, ins Barbaricum gegangen seien. Johne macht aber auf das Kulturgefälle aufmerksam: es wäre kaum glaubhaft, dass Römer anstatt dem Geld hinterherzuziehen ins noch ärmere Barbaricum gingen, um dort zu töpfern, ergo habe es sich um Römer gehandelt, die offenbar verschleppt worden seien. Dušek hatte mit den traditionell guten Beziehungen von Römern und Hermunduren argumentiert, Johne stellt dagegen klar, dass diese guten Beziehungen nur bei Tacitus dokumentiert sind, dass 200 Jahre späte diese guten Beziehungen noch existiert hätten, dafür gäbe es keine Belege.

Diese Artikel diskutieren die Frage, ob man a) mit dem römischen Klientenbegriff "Staaten" am Saum des römischen Reiches als Klientelstaaten begreifen kann, und b) ob es solche Klientelstaaten überhaupt gab. Zur Exklaven-"Forschung" tragen sie nichts bei.
 
Das ist ein argumentum ad verecundiam und ruft geradezu nach der Frage:
Durch wen, außer durch deine Adepten und dich (von denen einer auch Oak Island für bare Münze nimmt)?
Nun mag man mir vorwerfen, gerade weil ich auf das Argumentum ad verecundiam hinweise, dass dies ein Argumentum ad hominem ist, aber ich finde, dass man durchaus die Frage stellen darf, wie ernst man Leute nehmen muss, die Oak Island für bare Münze halten.
 
Diese Artikel diskutieren die Frage, ob man a) mit dem römischen Klientenbegriff "Staaten" am Saum des römischen Reiches als Klientelstaaten begreifen kann, und b) ob es solche Klientelstaaten überhaupt gab. Zur Exklaven-"Forschung" tragen sie nichts bei.
...ich vermag nicht zu verstehen, warum @Hermundure diese Artikel kommentarlos verlinkt hat - wenn sie nichts zu römischen Exklaven (wo auch immer) beitragen, haben sie mit dem Thema des Fadens genauso viel zu tun, wie Aufsätze über altkeltische Frühlingsriten... ;)
 
...ich vermag nicht zu verstehen, warum @Hermundure diese Artikel kommentarlos verlinkt hat - wenn sie nichts zu römischen Exklaven (wo auch immer) beitragen, haben sie mit dem Thema des Fadens genauso viel zu tun, wie Aufsätze über altkeltische Frühlingsriten... ;)
Nun, ich verstehe seine Stoßrichtung schon. Aber sie ist halt falsch. Klientelstaaten - und eigentlich wird ja diskutiert, ob dieser Begriff überhaupt angebracht ist - sind eben keine Exklaven.
 
r ich finde, dass man durchaus die Frage stellen darf, wie ernst man Leute nehmen muss, die Oak Island für bare Münze halten.
Frag lieber, wie ernst man Leute nehmen muss, die immer noch bezweifeln, dass der heutige Sumpf von Oak Island als Anlegestelle für Schiffe unterschiedlicher Nationen gedient hat, die sicherlich kaum aus Zeitvertreib Tiefen-Bergbau betrieben haben.
 
...ich vermag nicht zu verstehen, warum @Hermundure diese Artikel kommentarlos verlinkt hat - wenn sie nichts zu römischen Exklaven (wo auch immer) beitragen, haben sie mit dem Thema des Fadens genauso viel zu tun, wie Aufsätze über altkeltische Frühlingsriten... ;)
Schau Dir doch vielleicht einmal die Entwicklung der keltischen Commodi in Burdigala, oder die der Balbini im Foret an. Die Frage, auf welchem Wege diese anfänglichen Klienten schließlich Eingang in die kaiserliche Adoptionspolitik gefunden und zuletzt mit Tetricus etc. eigene Königshäuser mit eigenen Interessenlagen hervorbrachten ist bislang zumeist ungenügend aufgeklärt worden und könnte (zum Verständnis und) zur Entstehung einer Exklave durchaus mehr beigetragen haben als irgendwelche militärischen Ansätze. Bindungen, beispielsweise durch Heirat oder Adoption, machten stehende Heere oftmals überflüssig - was in den Darstellungen zur Ereignisgeschichte naturgemäß zumeist ebenso unberücksichtigt bleibt wie Fiskalpolitik und wirtschaftlicher Wohlstand. Betrachtet man beispielsweise das Herkommen der römischen Aedilen, so gewinnt man einen ersten Überblick über diese vielschichtigen Bindungen, wie sie vor allem seit dem Untergang des Hauses der Julier mittels der Kollegien und Sodalvereine (collegium sodalicum) seitens der Nichtrömer entwickelt wurden. Wie bedeutend diese Vereine waren, erkennt man daran, dass in dem Moment, in welchem die Adeligen in die Vereine der Ostgoten überwechselten, das Römertum selbst binnen kürzester Zeit erlosch - ohne das je eine Schlacht darum geschlagen worden ist. Im Strukturalismus ist der Suebe Ricimer daher mindestens so bedeutend wie der Vandale Stilicho.
 
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Einige Deiner Ausführungen sind mir unklar. Welche „kaiserliche Adoptionspolitik“ zum Beispiel? Oder welche „Bindungen durch Heirat“?
Kein antiker römischer Kaiser der ersten Jahrhunderte heiratete eine Reichsfremde zur Herstellung politischer Bindungen, das kam erst in späterer Zeit vor. (Gallienus‘ Liaison mit der Markomannin Pipa war anscheinend maximal ein Konkubinat, also keine vollwertige Ehe.)
Dass Klienten führender römischer Familien in den Provinzen den sozialen Aufstieg schafften, hatte auch nichts mit Adoption zu tun.

Du versuchst aber anscheinend unreflektiert, Entwicklungen in römischen Provinzen auf reichsfremdes Gebiet zu übertragen.

Im Übrigen erlosch das Römertum keineswegs binnen kürzester Zeit unter den Ostgoten. Die Römer blieben römisch, in Rom gab es weiterhin einen Senat, und es wurden sogar noch Konsuln bestellt. Die bedeutenden römischen „Adelsgeschlechter“ der Spätantike wie die Anicii wechselten keineswegs zu den Ostgoten. Sie fanden sich lediglich mehr oder weniger mit den neuen Verhältnissen ab, behielten aber ihren römischen Charakter, ihre römische Bildung bei und strebten weiterhin nach Karrieren in Rom oder auch im Oströmischen Reich. Gregor der Große war noch nach der Ostgotenzeit Ende des 6. Jhdts. zuerst als Stadtpräfekt, dann als Papst nicht weniger Römer als seine Vorfahren.
Sogar in (Süd-)Gallien blieben die Romanen mindestens bis ins 7. Jhdt., also bis weit in fränkische Zeit hinein, ihrer Kultur treu und pflegten die römische Bildung.
Ricimer machte Karriere in römischen Diensten und war als „Heermeister“ Teil des spätantiken römischen Militärapparats.

Zur Frage, ob irgendjemand (Caesar? Drusus? Anhänger von Maximinus Thrax?) im tiefsten Germanien eine römische Stadt gegründet haben soll, die dann Jahrhunderte außerhalb des Reiches floriert haben soll, trägt das alles nichts bei.
 
Wie bedeutend diese Vereine waren, erkennt man daran, dass in dem Moment, in welchem die Adeligen in die Vereine der Ostgoten überwechselten, das Römertum selbst binnen kürzester Zeit erlosch - ohne das je eine Schlacht darum geschlagen worden ist.
Speziell im "Reich" der Ostgoten von Theoderich bis Totila & Teja erlosch das "Römertum" ganz und gar nicht - das Ausmaß der Integration und Romanisierung der Ostgoten ist doch ausführlich von Herwig Wolfram beschrieben. Nebenbei: die Opposition von Teilen des ostgotischen Militäradels gegen die Romanisierung/Integration (siehe Amalaswintha & Theodahad) belegt ebenfalls das Gegenteil deiner Darstellung.
Die Ostgoten sind kein Argument in Richtung Aufgabe des Römertums.

Wenn ich mich richtig erinnere, ist von Alexander Demandt die Verflechtung des barbarischen (überwiegend germanischen) Militäradels mit der römischen Aristokratie ausführlich aufgelistet worden, wobei speziell die Ansippung/Einheirat in Kaiserfamilien zur "Politik" der Spitzen des Militäradels wurde (man denke an die Ehe Hunerich (Vandalenkönig) mit Eudocia (kaiserliche Prinzessin, Tochter von Valentinian III), man denke an Athaulfs Heirat mit Galla Placidia)) - von einer Aufgabe des Römertums, welches in kürzester Zeit erlosch, kann in den spätantiken "Barbarenreichen" (West- & Ostgoten, Vandalen, Franken, Burgunden) nicht die Rede sein, einerseits aus demographischen Gründen, andererseits belegen die parallelen Rechtsbestimmungen (leges barbarorum für die demografische Minderheit - Codex Theodosianus für die demografische Mehrheit) dass da kein "Römertum" schwupps erlosch. Im Gegenteil ist zu bemerken, dass und wie sehr sich die barbarische Militäraristokratie romanisierte - was kein wunder ist, denn sie wollten die römische Chefetage besetzen.

Das alles führt uns nicht zu römischen Exklaven im Barbaricum. (wie sollte auch eine fiktive (!) rasante Entromanisierung zu römischen Exklaven führen???) Und spätantike Verwerfungen/Wirren der Völkerwanderungszeit geben uns auch keine Auskunft über Ereignisse während der Reichskrise und Soldatenkaiserzeit (Maximinus Thrax erster Soldatenkaiser)

cum grano salis und alle Hühneraugen zudrückend, könnte man das ex-römische Britannien nach Abzug der Legionen als unfreiwillige "römische Exklave" betrachten: ein paar Jahrzehnte hielten sich "ex-römische" Herrschaften/Siedlungen.
Die meisten Historiker nehmen überdies an, dass die römische Gesellschaft und Kultur sich 410 nicht mit einem Schlag auflöste, sondern man spricht von einem „sub-römischen Britannien“ (Sub-Roman Britain), in dem man etwa 30 Jahre lang versucht habe, die vertraute Lebensweise zu wahren. Während der ersten Generation nach Abzug der kaiserlichen Truppen konnten sich die römischen civitates auf der Insel mit Hilfe germanischer Föderaten (s. u.) offenbar noch einigermaßen behaupten. Es gibt daneben archäologische Hinweise dafür, dass die römischen Küstenfestungen im Südosten der Insel sich zwar langsam in befestigte Siedlungen verwandelten, aber auch noch einige Zeit nach 410 weiter bemannt blieben und verteidigt wurden. Daneben bildeten römische und keltische Warlords lokale Herrschaften.[12] Anscheinend schwang sich damals einer von ihnen, ein lokaler kelto-romanischer Aristokrat, zum Herrscher über die Provinzialen auf. Gildas bezeichnet diesen Mann als tyrannus, was im spätantiken Latein der Begriff für einen Usurpator war.

Doch bald darauf fielen Angeln, Sachsen und Friesen über die britannischen Provinzen her und markierten so die entscheidende Zäsur.
auf die Schnelle aus Britannien in römischer Zeit – Wikipedia - - aber wie gesagt: auch das ist schon Völkerwanderungszeit und weit weg von den Soldatenkaisern.
 
Ich hatte die Links hier kommentarlos eingestellt, um auf den aktuellen Forschungsstand hinzuweisen. Man kann es lesen oder auch sein lassen.
 
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