Warum wurde in der BRD so lange privates Fernsehen bekämpft bzw verboten.

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Ich denke, was viele verärgert und vor den Kopf stößt, das ist das starke Framing und das ist bei vielen das Gefühl, dass ihre Meinung oder Position nicht mehr abgebildet wird und dass die eigene Position nicht (mehr) zum akzeptierten demokratischen Meinungsspektrum gehört.
Na Framing an sich nicht, eher der Umstand, dass das Framing nicht im Interesse des eigenen Weltbildes verläuft. Denn die Gruppierungen, die ja regelmäßig diese Schiene fahren, haben ja überhaupt kein Problem damit selbst zu versuchen Diskurse in ihrem Sinne zu framen.

Und ein guter Teil derer, die sich heute über "Ausschließeritis" beschweren und darüber dass ihre Meinung angeblich nirgendwo mehr stattfinden darf, die waren doch vor 15 Jahren selbst noch die größten Fans und Beführworter von "Ausschließeritis", so lange sich das gegen andere Gruppierungen richtete.
Z.B. die Leute, die sich heute in oder um die AfD tummeln und sich darüber beschweren, dass angeblich niemand mit ihren reden möchte, sind doch dieselben, die vor 15 Jahren die ersten waren, die einem erzählten, dass man aber mit diesen SED-Nachfolgern von ganz links auf keinen Fall reden dürfte und die selbiges immernoch erzählen.

Es ist auch eine gewisse Neigung zu beobachten, Menschen aufgrund von Äußerlichkeiten in eine bestimmte "Community" einzuordnen, der man eine gemeinsame Haltung unterstellt.
Das mag allerdings insgesamt an einer Fragmentiegierung von politischen Gruppierungen liegen, die es in dieser Form vor 10-15 Jahren auch noch nicht in dieser Form gab.
In meinen Augen eine ungesunde Folge davon, dass durch vernachlässigung anderer Themenfelder in den vergangenen 1-2 Dekaden, kulturelle Themen politisch extrem aufgewertet wurden und damit natürlich auch die Auseinandersetzung darum.



Um aber mal wieder auf das Thema Fernsehen in seiner historischen Dimension zurück zu kommen, da würde mich als jemand aus der jüngeren Generation mal folgendes interessieren:

Wie würden eigentlich die Älteren Mitdiskutanten das Nebeneinander von Fernsehen und Kino in den 1970er und 1980er Jahren einschätzen?
Letztendlich lebt das Privatfernsehen ja vor allem von Entertaiment und dass dürfte vor dem Aufkommen von diversen Trash-Formaten, mit denen die Privaten heute ihre Sendezeit füllen (oder das zum Teil auch früher schon gemacht haben), ja vor allem Filme betroffen haben.

Es ist weiter vorne festgestellt worden, dass es bis deutlich in die 1970er Jahre dauerte bis wirklich annähernd jeder Haushalt in Westdeutschland über einen Fernseher verfügte so dass es dauerte, bis sich überhaupt ein potentieller Zuschauermarkt herausbildete, der werbefinanziertes Privatfernsehen wirtschaftlich überhaupt erst interessant erscheinen lassen konnte.
Jetzt wäre meine Frage, wie sah denn angebotsseitig aus?
Wäre es vor den 1980er Jahren überhaupt möglich gewesen genügend Filmproduktionen zusammen zu bringen um das Programm von Privatsendern überhaupt einigermaßen ausfüllen zu können, oder hätte das der Austoß der Filmindustrie damals eher nicht hergegeben (unter Berücksichtigung der Tatsache, dass natürlich gerade auch bei den älteren Generationen damals Fremdsprachenkenntnisse nicht so unbedingt vorrausgesetzt werden konnten und für einen breiteren Markt dementsprechend nur deutschsprachige oder mindestens deutsch synchronisierte Filme infrage gekommen wären).
Wäre da überhaupt drann zu denken gewesen, oder war gemessen am mengenmäßigen Ausstoß der damaligen Filmindustire dann doch das Kino noch strukturell im Vorteil, weil dass nicht jeden Tag aufs neue die Sendezeit mit was komplett neuem füllen musste, sondern das gleiche Programm längere Zeit beibehalten konnte?
 
Der Punkt ist hier, dass viele, die sagen, sie stünden für Frieden, tatsächlich einfach die Ukraine dem russischen Aggressor zum Fraß vorwerfen.
Das ist als würde ein Lehrer auf dem Schulhof während der großen Pause den rechten Arm des Fünftklässlers festhalten, während der Achtklässler mit dem Stock auf den Fünftklässler eindrischt. Das ist nicht Frieden, das ist Recht des Stärkeren und Behinderung des Schwächeren.
Ist das in Israel denn so viel anders?

Es läuft doch seit Jahrzehnten mit Hamas und Hisbollah folgendermaßen ab:
Hamas und/oder Hisbollah greifen vom Gazastreifen bzw. dem Libanon aus Israel an, meist mit massiven Raketen- oder neuerdings auch Drohnenangriffen bzw. letztens mit einem Massaker an israelischen Zivilisten. Israel schlägt daraufhin zurück, wobei die Zahlen der Opfer unter Palästinensern bzw. Libanesen rasch die der Opfer unter den Israelis weit übersteigen. (Was allerdings nicht an den gerne unterstellten Völkermordabsichten* Israels liegt, sondern daran, dass Hamas und Hisbollah aus ziviler Deckung heraus agieren.) Daraufhin steigen der innen- und vor allem außenpolitische Druck auf Israel, die Kämpfe zu beenden. Israel gibt irgendwann nach. (Zum Teil freilich nicht nur wegen des Drucks, sondern auch wegen militärischer Schwierigkeiten bei der weiteren Zielerreichung.)
Hamas und/oder Hisbollah, eben noch schwer angeschlagen, nutzen den Waffenstillstand, um neu aufzurüsten. Ein paar Jahre später schlagen sie erneut zu (Das nicht einmal nur aus Bosheit, sondern weil sie ihre Existenzberechtigung aus ihrem Kampf gegen Israel beziehen. Durch einen dauerhaften Frieden würden sie überflüssig und die Berechtigung ihrer Macht, vor allem der Hamas im Gazastreifen, in Frage gestellt. Daher werden sie solange weitermachen, solange sie sich auf ihr Ziel der Vernichtung Israels berufen können.), und alles geht von vorne los.

„Verständigung“ mit der Hamas zu fordern, bedeutet letztlich also auch nur, ihr die Gelegenheit für ein weiteres Massaker zu geben (wenngleich das freilich nicht die Intention eines Großteils der Verständigungsbefürworter sein wird).

*Wer, dem an möglichst vielen Opfern liegt, würde seine Angriffe vorab ankündigen? Mal abgesehen davon, dass Israel dann nicht Truppen in einen verlustreichen Bodeneinsatz schicken würde, sondern seine Ziele einfach großflächig von oben dem Erdboden gleichmachen.
 
Fernsehen und Kino muß man schon trennen, Kino ist/sollte sein, ein Erlebnis. Wir sind früher häufiger ins Kino gegangen als jetzt, aber ich denke, das liegt heute auch zum Großteil daran, das hier die Qualität in Bezug zur angebotenen Filmmenge erheblich nachgelassen hat (mein eigener eventuell subjektiver Eindruck).
Ich denke, auch Ende der 70ger wären genügend Filme vorhanden gewesen. Zumal, wenn man sich die Programme der "Privaten" anschaut, hier ein Großteil auch aus "Shows" besteht. Dazu gab es ja damals auch kein 24h. Programm und weniger Wiederholungen.
 
„Verständigung“ mit der Hamas zu fordern, bedeutet letztlich also auch nur, ihr die Gelegenheit für ein weiteres Massaker zu geben (wenngleich das freilich nicht die Intention eines Großteils der Verständigungsbefürworter sein wird).

Nichts anderes ist Netanjahus Politik seit Jahren. Schon als damals Gilad Schalit 2012 gegen 1000 Ḥamās -Leute ausgetauscht wurde, während Netanjahu gleichzeitig die gemäßigtere al-Fatah desavouierte, wo er nur konnte. Damals kam übrigen auch das Master-Mind des Überfalls vom 7. Oktober frei (mittlerweile wohl tot), der schon damals als höchst gefährlich galt. Ich verstehe, dass Israel das Leben eines jeden seiner Bürger für sehr hoch erachtet, aber es war doch klar, dass, wenn man pro Israeli 1000 Hamas-Kämpfer, darunter verurteilte Mörder, freipressen konnte, die nächste Entführung nur eine Frage der Zeit sein würde.

Netanjahu hat über Jahre die Fataḥ/Maḥmūd ʿAbbās gedemütigt, schwach erscheinen lassen und Ḥamās somit auch die Rolle des starken Manns in Gaza ergreifen lassen. Die seit dem Friedensabkommen zwischen Rabin/Perez und Arafat gemäßigt auftretende Fataḥ erlebt unter Netanjahu einen Misserfolg nach dem anderen (siehe auch den fortschreitenden, völkerrechstwidrigen Siedlungsbau im Westjordanland), wohingegen die kompromisslose, Israel vernichten wollende Ḥamās von Netanjahu Erfolge geschenkt bekommt (nur nebenbei ist die Ḥamās durchaus mal von Israel gefördert worden, um die Fataḥ zu schwächen.
 
Vielleicht hast du es bemerkt: Ich ergreife Partei. Für das demokratische Israel, gegen die derzeitige israelische Führung.


Der Punkt ist hier, dass viele, die sagen, sie stünden für Frieden, tatsächlich einfach die Ukraine dem russischen Aggressor zum Fraß vorwerfen.
Das ist als würde ein Lehrer auf dem Schulhof während der großen Pause den rechten Arm des Fünftklässlers festhalten, während der Achtklässler mit dem Stock auf den Fünftklässler eindrischt. Das ist nicht Frieden, das ist Recht des Stärkeren und Behinderung des Schwächeren.

Gar nicht heimliche Freude über Mord, Kidnapping und Vergewaltigung öffentlich zu bekunden, Baklava dazu reichen und vor Freude auf der Straße zu tanzen, ist auch nicht unbedingt ein glaubwürdiges und nachahmenswertes Beispiel, um sich für Frieden und Verständigung einzusetzen.

Ha'aretz äußert Zweifel an der Darstellung der IDF, Ha'aretz sagt auch, dass die Angabe, dass einigen der Sanitäter die Hände gefesselt seien, vom Hamas-Gesundheitsministerium stammt.
Die Darstellung von Ha'aretz ist doch sehr kongruent mit der von NYT, Guardian, tagesschau, FAZ und Spiegel.
Na, wenn es das Gesundheitsministerium der Hamas und Ahmed Farra sagen....
 
Ich verstehe, dass Israel das Leben eines jeden seiner Bürger für sehr hoch erachtet, aber es war doch klar, dass, wenn man pro Israeli 1000 Hamas-Kämpfer, darunter verurteilte Mörder, freipressen konnte, die nächste Entführung nur eine Frage der Zeit sein würde.
Die Freilassung der Geiseln läuft (bzw. lief) doch ähnlich. Zum Teil wurden sogar Leichen von Israelis gegen eine Vielzahl von (lebenden) Palästinensern eingetauscht.
Wenn man die Geiseln weder gewaltsam zu befreien versuchen noch auf friedlichem Weg eintauschen soll, bleibt nur noch, sie ihrem Schicksal (also über kurz oder lang ihrer Ermordung oder ihrem Tod infolge der Misshandlungen und unmenschlichen Haftbedingungen) zu überlassen.
 
Na Framing an sich nicht, eher der Umstand, dass das Framing nicht im Interesse des eigenen Weltbildes verläuft. Denn die Gruppierungen, die ja regelmäßig diese Schiene fahren, haben ja überhaupt kein Problem damit selbst zu versuchen Diskurse in ihrem Sinne zu framen.

Und ein guter Teil derer, die sich heute über "Ausschließeritis" beschweren und darüber dass ihre Meinung angeblich nirgendwo mehr stattfinden darf, die waren doch vor 15 Jahren selbst noch die größten Fans und Beführworter von "Ausschließeritis", so lange sich das gegen andere Gruppierungen richtete.
Z.B. die Leute, die sich heute in oder um die AfD tummeln und sich darüber beschweren, dass angeblich niemand mit ihren reden möchte, sind doch dieselben, die vor 15 Jahren die ersten waren, die einem erzählten, dass man aber mit diesen SED-Nachfolgern von ganz links auf keinen Fall reden dürfte und die selbiges immernoch erzählen.


Das mag allerdings insgesamt an einer Fragmentiegierung von politischen Gruppierungen liegen, die es in dieser Form vor 10-15 Jahren auch noch nicht in dieser Form gab.
In meinen Augen eine ungesunde Folge davon, dass durch vernachlässigung anderer Themenfelder in den vergangenen 1-2 Dekaden, kulturelle Themen politisch extrem aufgewertet wurden und damit natürlich auch die Auseinandersetzung darum.
In den 1980ern, auch in den 1990ern war halt auch auch mal Schluss. Da lief vor Sendeschluss die Nationalhymne, dann kam das Testbild, und dann war die Glotze, später der PC auch mal aus.

Wenn ich mir manchmal Kollegen ansehe, fällt mir auf, dass viele es kaum fertigbringen, mal auch nur 10 min die Finger vom Handy zu lassen. Durch das Internet, durch Kanäle wie YT kann im Prinzip jeder Content machen, wenn einer Reichweite hat, wenn einer einen Shitstorm entfesseln kann, dann findet das Beachtung, und wenn die Leute permanent auf ihr Handy gucken, permanent auch Content aus einer bestimmten Bubble konsumieren, dann führt das leicht dazu, dass Leute in einen 24/7 Kulturkampf geraten, und sich durch konsumierten Content auch permanent in ihrer Bubble bestätigt fühlen und sich bestätigt fühlen wollen.
 
Gar nicht heimliche Freude über Mord, Kidnapping und Vergewaltigung öffentlich zu bekunden, Baklava dazu reichen und vor Freude auf der Straße zu tanzen, ist auch nicht unbedingt ein glaubwürdiges und nachahmenswertes Beispiel, um sich für Frieden und Verständigung einzusetzen.
Hat das irgendwer behauptet? Das ist doch genau dieser Mechanismus gegen den ich seit Jahren anschreibe: Eben nicht Anti-Israel und pro-Palästina oder Anti-Palästina und Pro-Israel, sondern Anti-Falken und Pro-Tauben! Es ist eben grundfalsch, sich an den ethnisch-religiösen Gräben aufzuhalten, die wahren Gräben gehen quer durch die palästinensische und israelische Gesellschaft: Da sind die Rechtsextremen (Ḥamās, 'Oṣmah Yehudît) welche vom Konflikt leben und immer dann Zustimmung in ihren Bevölkerungen erleben, wenn der Konflikt heiß ist und ihn deshalb am Köcheln halten (im Übrigen ist vor einigen Jahren ein Startegiepapier von Da'esh bekannt geworden: Es sollten Leute in Europa Anschläge begehen, damit in Europa der islamophobe Rassismus angeheizt würde, damit die Muslime es schwerer hätten sich in Europa zu integrieren, und so leichter zu radikalisieren seien, um sich salafitischen Organisationen anzuschließen, diese Organisationen wissen das also sehr genau, dass sie von diesem Konflikt leben) und auf der andere Seite sind - schwach, die Leute, die Frieden wollen (Šovrīm Štīqā (int. Breaking the Silence) oder Loḥamīm le-Šālōm).

Na, wenn es das Gesundheitsministerium der Hamas und Ahmed Farra sagen....
Du wirst doch schwerlich Ha'aretz, Šovrīm Štīqā oder Loḥamīm le-Šālōm Antisemitismus vorwerfen wollen?!
 
Die Freilassung der Geiseln läuft (bzw. lief) doch ähnlich. Zum Teil wurden sogar Leichen von Israelis gegen eine Vielzahl von (lebenden) Palästinensern eingetauscht.
Wenn man die Geiseln weder gewaltsam zu befreien versuchen noch auf friedlichem Weg eintauschen soll, bleibt nur noch, sie ihrem Schicksal (also über kurz oder lang ihrer Ermordung oder ihrem Tod infolge der Misshandlungen und unmenschlichen Haftbedingungen) zu überlassen.
Wie gesagt: Ich verstehe, dass man das Leben eines jeden Israeli als hoch erachtet. Aber 1000 Kämpfer für einen Mann, darunter verurteilte Mörder, bei gleichzeitiger, andauernder Demütigung der gemäßigten palästinensischen Kräfte (Fataḥ/Maḥmūd ʿAbbās): das ist doch Irrsinn! (Oder Kalkül.)
 
In den 1980ern, auch in den 1990ern war halt auch auch mal Schluss. Da lief vor Sendeschluss die Nationalhymne, dann kam das Testbild, und dann war die Glotze, später der PC auch mal aus.
Aus den 1990ern kenne ich das noch.
Wenn ich mir manchmal Kollegen ansehe, fällt mir auf, dass viele es kaum fertigbringen, mal auch nur 10 min die Finger vom Handy zu lassen.
Das scheint eine dieser Zivilisationskrankheiten zu sein. Sucht nach Neuigkeiten.

Fernsehen und Kino muß man schon trennen, Kino ist/sollte sein, ein Erlebnis.
Schon, aber das Kino hat ja historisch durchaus auch schonmal eine andere Rolle gespielt, eben als Ort für das Erfahren von Nachrichten im Wochenschau-Format.
Diese Rolle hat das Kino sukzessive an das Fernsehen abgegeben, aber ursprünglich ging es ja auch da nicht nur um Erlebnis.
 
Wie gesagt: Ich verstehe, dass man das Leben eines jeden Israeli als hoch erachtet. Aber 1000 Kämpfer für einen Mann, darunter verurteilte Mörder, bei gleichzeitiger, andauernder Demütigung der gemäßigten palästinensischen Kräfte (Fataḥ/Maḥmūd ʿAbbās): das ist doch Irrsinn! (Oder Kalkül.)
Aber das ist doch gerade das, was viele Verständigungsbefürworter fordern: Verständigung mit der Hamas um jeden Preis, um die Geiseln freizubekommen, koste es, was es wolle.
 
Aber das ist doch gerade das, was viele Verständigungsbefürworter fordern

Ich denke, dass ihr gerade ein wenig aneinander vorbei redet, weil ihr euch meines Erachtens auf verschiedene Ebenen des Konflikts bezieht.

Die Frage was aus den verbliebenen Geiseln wird und wie weit gegebenenfalls gegangen werden darf, um diese frei zu bekommen und auf welchem Weg, ist ja am Ende doch eine Andere als die Frage nach der Lösung des Konflikts an und für sich.

Das Eine ist die Frage nach einer aktuellen situativen Entscheidung, das Andere die Frage nach einer langfristigen politischen Strategie.
 
Während des Waffenstillstands waren es ø 57:1. Das war das, was Israel in Qatar und Ägypten mit Ḥamās ausgehandelt hat.
Kann man jetzt so oder so sehen: Israel schätzt ein israelisches Menschenleben höher ein, als Ḥamās ein palästinensisches, oder Israel hat einfach schlecht verhandelt.

Letztendlich läge die Lösung auf einem anderen Weg: Eine Politik zu machen, die den Palästinensern eine Perspektive bietet. Die Politik der rechten Regierungen in Israel seit dem Mord an Yiṣhaq Rabin war aber - mit Ausnahme des plötzlichen Turns von Ariel Šaron (und dessen Austritt aus dem Likud während seiner Regierung) - immer die, die Zweistaatenlösung zu verhindern (derzeit ist sie ja eh keine Option mehr - aber was sonst?!?!) und das palästinensische Gebiet durch Okkupationen vor allem im Westjordanland immer weiter zu reduzieren. Natürlich wäre da nicht jeder palästinensische politische Gewalttäter gleich friedensbewegt. Die Palästinenser haben eine nunmehr fast achtzigjährige Demütigung und Entrechtung erlebt. Da ist es leicht, sich als Widerstandkämpfer zu fühlen (und dies wohl auch ein Grund für die Irrungen und Wirrungen der antikolonial eingestellten Linken, die seltsame Koalitionen mit Islamisten - also letztlich Rechtsextremisten - eingeht) und es würde sicherlich eine ganze Generation benötigen, um auf beiden Seiten wieder die Hoffnung auf ein friedvolles Nebeneinander gedeihen zu lassen. Zerstören (auch Vertrauen) ist eben leicht, Aufbauen ist schwer. Selbst bei den israelisch-palästinensischen Wohnprojekten - wo Leute beider Seiten zusammenleben, die am Frieden arbeiten wollen, fällt es beiden Seiten gerade extrem schwer, einander zu vertrauen, Freundschaften, die vor dem 7. Oktober existierten aufrecht zu erhalten.

Man kann mir vorwerfen, dass ich von Israel mehr erwarte, als von den Palästinensern. Aber das liegt ganz einfach daran, dass ich Israel als einen demokratischen Staat in einem Chor aufgeklärter demokratischer Staaten sehe, wohingegen ich das in Palästina - auch bei der Fataḥ - eben nicht sehe, zumindest nicht in einem größeren Panorama. Ich erwarte einfach, dass der Vernünftigere (also Israel) den ersten Schritt (oder sogar die ersten Schritte) macht. Nicht auf die Ḥamās zu, das wäre illusorisch, aber auf die palästinensische Gesellschaft. Israel muss eine Politik machen, die Ḥamās ideologisch schwächt. Stattdessen schwächt Israel Ḥamās militärisch (und das nur mangelhaft), stärkt sie aber gleichzeitig ideologisch.

Schauen wir uns mal die palästinensische Politik aus Sicht eines Palästinensers an, egal, ob in Gaza oder im Westjordanland:
Israelische Siedler greifen einen palästinensischen Bauernhof im Westjordanland an, Versuche sich zu wehren, werden von der israelischen Polizei oder Militär gewaltsam unterbunden. Die Fataḥ schimpft ein wenig vor der UNO, aber ansonsten sitzen die Bonzen in Ramallah und schieben sich das Geld von der linken in die rechte Hosentasche. Für den paästinensischen Bauern ist die Lage aussichtslos. Er muss 30 km fahren, um zu seinem Olivenfeld in 200 Metern Entfernung zu kommen, wenn die Olivenbäume nicht längst mit dem Bulldozer abgeräumt wurden. Da kommt die Ḥamās und bietet Geld für Selbsmordanschläge, da kann die Familie ein paar Jahre von leben. Da denkt der einfache Palästinenser doch: Die tun wenigstens was.
Für den Palästinenser in Gaza sieht es so aus, dass Fataḥ seit dem innerpalästinensischen Krieg de facto keine Rolle spielt. Ḥamās ist zwar vielleicht nicht gut, das mit der Kopftuchpflicht für Frauen und wie mit Oppositionellen umgegangen wird, gefällt den Leuten vielleicht nicht, die wirtschaftliche Lage ist beklagenswert, aber immerhin wehren die sich gegen die Israelis, können denen mit ihrer radikalen Handlungsweise sogar Zugeständnisse abtrotzen, was die lächerlichen Bonzen von der Fataḥ mit ihren Villen in Ramallah nicht schaffen.
 
Du wirst doch schwerlich Ha'aretz, Šovrīm Štīqā oder Loḥamīm le-Šālōm Antisemitismus vorwerfen wollen?!

Die Meldung mit den Fesselungen und Kopfschüssen stammte jedenfalls von Ahmed Farra. Farra hat dafür Beweise nicht vorgelegt, und an seiner Neutralität kann man durchaus Zweifel haben, denn ohne Hamas-Loyalität könnte er seine Position gar nicht ausüben. Auch die Darstellung der Washington Post, die den Vorfall forensisch untersucht hat, und der Bericht von Joey Hoffmann, der auf seinem Blog sich eingehend zu den Vorfällen äußert ist kongruent und in sich schlüssig. Die Darstellung der IDF wurde in vielen Punkten indirekt bestätigt. Statt dessen hängt man sich daran auf, dass die Fahrzeuge, entgegen der Darstellung der IDF, beleuchtet waren. Der Konvoi näherte sich, vermutlich unbewusst, den israelischen Stellungen, wo unmittelbar zuvor Shubaki und mehrere Terroristen getötet wurden. Dass es sich bei der Tötung von 15 Sanitätern durch die IDF um eine bewiesene, über jeden Zweifel erhabene Tatsache handelt, kann meiner Ansicht nach durchaus mit guten Gründen bezweifelt werden.
Das wird in ARD und ZDF eigentlich immer dazugesagt, dass die Zahlen von von der Hamas kontrollierten Behörden kommen und nicht unabhängig überprüft werden können.
Ich finde, dass man zum Beispiel Begriffe wie "koordinierte" und "unkoordinierte" Konvois den Zuschauern besser erklären könnte, dass der Begriff "Ersthelfer" kommentiert werden müsste, auch dass Meldungen der Hamas nicht kritisch genug geprüft wurden und werden und Meldungen, die Israel entlasten häufig als nicht berichtenswert eingestuft wurden. Die Tagesschau hat das Framing auf die Spitze getrieben, indem sie die Tonspur für das Video, dass der NY Times zugespielt wurde, veränderte, damit es dramatischer wirkte und in das Narrativ passte.

Ich würde da allerdings nicht manipulatorische Absicht und Antisemitismus unterstellen. Eher schon Bequemlichkeit und Sorge sich falsch zu positionieren.


Katastrophal ist allerdings die Medienarbeit der Israeli. Da kann man wirklich den Eindruck gewinnen, dass Medienarbeit den israelischen Militärs meilenweit am Gesäß vorbeigeht. Israel hätte so viele Möglichkeiten, auf Missbräuche einzugehen, Möglichkeiten, darauf hinzuweisen, was da im Oktober 2023 geschehen ist, was das bedeutet. Israel hätte Möglichkeiten das eigene Vorgehen besser zu erklären, auf die Schwierigkeiten einzugehen, eine Terrorbewegung zu bekämpfen, die sich an keine Regeln hält, die Krankenwagen, Hospitäler missbraucht, die ganz bewusst in Kauf nimmt, dass Zivilisten umkommen, um das wiederum als Anklage Israels zu benutzen. Man könnte den Eindruck bekommen, als habe Israels Militär sich damit abgefunden, ohnehin im Unrecht zu sein, egal was es auch tut.
Den Medienkrieg hat Israel jedenfalls jetzt schon krachend verloren!
 
Die Meldung mit den Fesselungen und Kopfschüssen stammte jedenfalls
nicht aus den Anfängen des deutschen Privatfernsehens.

Da aber vehement auf tagespolitischer emotionsgeladener Diskussion beharrt wird, rege ich an, den ebenfalls in diesem Faden völlig themafremden Festungsbau zu besprechen: dieser hat zumindest den einen Vorteil, nicht mit den Forumsregeln des GF zu kollidieren.
 
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