Die "hohen Verlustzahlen" auf alliierter Seite solltest du nicht Überbewerten, das hat auch weitere Gründe. Anfangs (Revolutionskrieg) waren die alliierten Verluste deutlich geringer als die der Franzosen! Grund? Die Alliierten benutzen gut gedrillte, stehende Heere aus Berufsarmeen. Der einzelne Soldat war ein weit effektivierer "Waffenträger" als vermutlich jeder Revolutionssoldat! Die ersten französischen Siege waren Triumphe der größeren Zahl, der besseren Motivation und der Fähigkeit Verluste schneller und wenigstens Adäquat wieder auszugleichen.
Das Stichwort hierzu ist die "Massenarmee", die "Levée en masse"
Levée en masse - Wikipedia
Überspitzt gesagt führte nach einiger Zeit des Abnutzungskrieges die französische Armee mit hoch motivierten, patriotischen jungen Männern, die ihr Waffenhandwerk zunehmend besser verstanden, Krieg gegen eine zusammengeschmolzene Armee von ältlichen, teils gepressten Soldaten die dem Rohrstock gehorchten und die ihre Verluste nicht mehr Adäquat ausgleichen konnte. Die Alliierten hatten nicht mehr die Zeit den Ersatz so gut auszubilden, wie es in den alten, stehenden Heeren gewesen war. Der eigenen, patriotischen Gesinnung des Volkes, traute sogar der König von Preußen 1813 seinen Untertanen nicht recht. Die Angst blieb präsent, dass die Waffen, welche man den Untertanen gab sich später in einer Revolution gegen sie selbst richten könnten....
Für die Kolonnentaktik brauchte es eben motivierte und ausreichend ausgebildete Soldaten. Bei der französischen Kolonnentaktik war es auch wichtig, diese durch die Tirailleurs abzuschirmen, da direktes Feuer in Kolonnen sehr tötlich sein konnte. Für die Tirailleurtaktik kommen aber nur gute Soldaten in Frage, die auch selbstständig Handeln und Entscheiden können und über eine vergleichsweise sehr hohe Moral verfügen. Mit den Soldaten der alten stehenden Heere der Alliierten war das undenkbar! Die teils gepressten Männer hätten allzu leicht desertieren können.
Nicht zuletzt ermöglichte die Massenarmee auch das Streben der Offiziere und Generäle nach einer "Vernichtungsschlacht". Das war ein Mittel, das mit alten Armeen nur unter guten Verhältnissen gewagt wurde. Statt dessen verließ man sich auf Märsche, ein System von Festungen und Nachschubmagazinen um selbst mobil zu bleiben und dem Gegner eigene Bewegungen zu erschweren. Genau diese Strategie war aber gegen Massenheere völlig Unbrauchbar! Die Revolutionsarmeen lebten aus dem Lande (eine vornehme Umschreibung von systematischen Plünderungen), konnten ganze Landstriche kahlfressen und waren daher deutlich beweglicher als eine Armee, die alle Versorgungsgüter langsam mit einem Tross aus Wagen hinter sich her führte. Diese Strategie entwertete taktisches Ausweichen und Märsche die sich auf Magazine stützen konnten, sowie die Festungen zur Landesverteidigung. Die veraltete Strategie der stehenden Heere basierte auf den Erfahrungen des 30-jährigen-Krieges, als letztlich das Umland leer gefressen war. In den Revolutionskriegen waren die Länder dagegen in relativ gutem Zustand, wodurch Plünderungen lukrativ waren. Da in der alten Strategie eine Festung ohne eine eigene Armee in der Nähe als wertlos angesehen wurde, ergaben sie sich oft, nachdem die eigene Armee sich zu weit entfernt hatte. Sie wurden von den Franzosen oft mit kleinen Bewachungsgruppen "belagert" und die Kapitulation später entgegen genommen. Darin befand sich generell alles, was eine Armee zur Kriegführung brauchte! Ein sehr beschämendes Beispiel für solches Verhalten von Festungen sind jene in Preußen nach der Niederlage von Jena/Auerstedt 1806
...Dies Alles nur als teils pointierte Anmerkungen zu verstehen! Ich habe aus der Hüfte geschossen *g*
Wer sich erschöpfend mit dem Thema befassen will, sollte sich mit viel Geduld und Mühe an Clausewitz heranwagen. Auf Basis der Revolutionskriege und ihrer Auswertung hat er im Wesentlichen sein Standardwerk "Vom Kriege" verfasst.