Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

Was allerdings immer etwas zur Sache tut, wenn man sich über Geschichte unterhalten will, ist, um welches Jahrhundert (oder zumindes Jahrtausend) es gerade geht.
Auch @Stradivari hat in seinem Beitrag #461 von einer Epoche, über die wir sprechen, geschrieben, ohne zu sagen, welche er damit meinte.

Doch das nur nebenbei - meine Definition ist: Wenn man von der Macht der Kirche bis in den Alltag hinein spricht, kann man natürlich nur jene Gegenden und Zeiten meinen, in denen sie tatsächlich diese Macht hatte. Also dort, wo genügend kirchliches Personal vorhanden war, um die Direktiven des Papstes und/oder der Bischöfe auch durchsetzen zu können.
 
Auch @Stradivari hat in seinem Beitrag #461 von einer Epoche, über die wir sprechen, geschrieben, ohne zu sagen, welche er damit meinte.

Wolltest Du jetzt mal ein missglücktes Beispiel für "Whataboutism" liefern?

Stradivari hat nicht von "einer Epoche" geschrieben, er schrieb von Epochen:

"Die Kirche" war aber doch in den Epochen, über die wir hier sprechen, Teil dieser Gesellschaft, kein monolithisches Gegenüber?

Im Übrigen erinnere ich mich, dass ich Dir in anderem Zusammenhang schon Ähnliches geschrieben habe:
Weiter muss man in Rechnung stellen, dass "die Kirche" kein monolithischer Block ist, der seit 2000 Jahren immer und überall einheitlich agiert. Diese Feststellung gilt auch, wenn wir uns auf die römisch-katholische Kirche fokussieren.
 
Epoche oder Epochen, egal, er sagte auch nicht, welche Epochen er meinte. Außerdem war das nur nebenbei gesagt bzw. geschrieben, aber ihr stürzt euch mit Vehemenz auf solche Nebensächlichkeiten, aber zu meiner Definition kein Wort, weder ja noch nein noch vielleicht.

Solches Gebaren habe ich gern. :mad:
 
er sagte auch nicht
das stimmt, er sagte oder behauptete da nichts, sondern er fragte - dich. Etwas sagen ist nicht synonym mit etwas fragen. Und auch Singular und Plural sind nicht synonym.
Wiederholt mahnst du in etlichen Fäden an, dass man dich wörtlich etc zitieren solle - halte dich an deine eigenen Forderungen.
Das wäre ein Gebaren, welches dir viele Kommentare ersparen würde ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
aber zu meiner Definition kein Wort

Zur Erinnerung:

By the way: Ich hoffe doch auf Verständnis, wenn ich nicht jeden richtigen Halbsatz, den Du schreibst, mit "Richtig!" kommentiere. (Es wird hoffentlich auch niemand verlangen, dass ich jeden inneren Widerspruch, den ich in Deinen Beiträgen finde, mit "Unsinnig!" kommentiere...)

Falls Du wirklich einen Kommentar zu Deiner "Definition" benötigst, voilà:

Untauglich.

Zur Probe aufs Exempel nehme ich Deinen Eingangsbeitrag:

Wir mächtig die katholische Kirche einst war, zeigt das Beispiel Heinrich VIII. von England: Er musste eine eigene Kirche gründen, um sich dem Machtanspruch Roms zu entziehen.

Das Beispiel zeigt, wie ohnmächtig die römische Kirche war: Heinrich VIII. von England konnte einfach so seine eigene Kirche gründen, und Rom konnte es nicht verhindern. Woran lag's? Fehlte es in England an kirchlichem Personal, das den päpstlichen Machtanspruch durchsetzen konnte?


"Neun Jahre und drei Monate währte das zähe Ringen zwischen dem winzigen Fürstentum und dem mächtigen Heiligen Stuhl. Jetzt ist der unerklärte Krieg zu Ende: Der Papst hat verloren.
[...]
Diese Entscheidung fällte - in der obligatorischen zweiten Instanz - am 20. Juni eine Sonderkommission der Rota, des päpstlichen Gerichtshofes in Rom, die direkte Instanz für Herrscherhäuser, die für normale Sterbliche nicht zuständig ist.

Dem Papst kann das Urteil nicht behagen. In der Begründung wird nämlich dem einstigen Ehepaar Junot bescheinigt, es sei aus »Gründen psychischer Natur« nicht in der Lage gewesen, seine ehelichen Pflichten zu erfüllen. Solchen neumodischen Schnickschnack mag Karol Wojtyla von seinen päpstlichen Scheidungsrichtern überhaupt nicht gern hören."
Woran lag's, dass der Papst verloren hat? Zu wenig Personal oder vielleicht gar zu viel?
 
Ich möchte hier Dion argumentativ etwas zu Hilfe kommen. Wenn ich das richtig verstanden habe, ging es hier doch ursprünglich um den Einfluss der Kirche auf das Alltagsleben der Menschen, insbesondere in der Epoche des Mittelalters. Ich habe nun den Eindruck, dass man hier zum Konsens gekommen ist, dass dieser Einfluss viel marginaler gewesen sei, als allgemein resp. als von Dion angenommen. Ich bin nun durchaus auch der Meinung, dass der kirchliche Einfluss auf das Alltagsleben zum Mindesten des mittelalterlichen Menschen enorm gewesen sein muss.

Im Besonderen bin ich mit der offenbar in «Menschen im Schatten der Kathedrale», S. 288 gemachten Aussage (Sepiola zitiert daraus) nicht einverstanden.
Du hast es noch nicht gelesen, stimmt's
"Zu den zählebigsten Vorurteilen über das Mittelalter gehört, daß die Kirche in jener Zeit eine unbestrittene Macht über die Menschen und deren Denken und Seelenleben ausgeübt habe und daß die Abschwächung und dann anschließende Befreiung von dieser Macht geradezu ein Charakteristikum der Neuzeit sei." (S. 288)

Ich bin der Ansicht, dass es eben gerade kein Vorurteil ist, wenn behauptet wird, dass der grösste Einfluss der Kirche auf Denken und Seelenleben mittelalterlicher Menschen auf die – von der Kirche vermittelte – Angst um das Seelenheil zurückzuführen ist.
Oder auf was sonst ist es dann zurück zu führen, wenn ein sein ganzes Leben lang der Machtpolitik verpflichteter Adliger, bemüht um die Vermehrung seines Besitzes auch mit zweifelhaften Mitteln, vor seinem Ableben noch dringend ein Hauskloster gründen muss ? Auf seine Kosten natürlich – oder auf diejenigen seiner Erben.
Oder wie lässt sich die Motivation erklären, Schenkungen an ein Kloster zu machen, sei es Land, hörige Knechte oder auch nur Barvermögen oder kostbares liturgisches Gerät ?
Oder was bewegte die Menschen dazu, Jahrzeit-Stiftungen zu machen, damit Mönche oder Pfarrer für das Seelenheil des Stifters und dasjenige seiner Vorfahren bis in «alle Ewigkeiten» Seelenmessen lesen sollten.

Auf was für Einflüsse wenn nicht auf diejenigen der Kirche sind dann solche Vorsorgen für das Seelenheil zurückzuführen ?
Dieselbe Geschichte bei den wohlbekannten Ablasszahlungen mit welchen die Kirche gel. sogar Handel trieb (z.B. Verkauf an die Fugger).
Und wenn die Motivation eines Kreuzritters primär von anderen Faktoren bestimmt wurde, hat er den von Kirche garantierten Generalablass seiner Sünden doch gerne als Beilage mitgenommen.

Und die kleineren Eingriffe ins Privatleben (man kann natürlich diskutieren ob es sowas im Mittelalter gab) ? Die Vorschriften, wann, wie und mit wem man Geschlechtsverkehr haben durfte ? (nicht ausserhalb der Ehe, nicht an Feiertagen, nur zur Reproduktion, möglichst ohne Lust, etc. etc.).
Wenn das keine Einflussnahme in das Alltagsleben darstellt, was dann ? Auch wenn sich die Mehrheit wohl nicht an solche Vorgaben hielt, so waren sie doch dazu geeignet, dem ein oder anderen ein Schlechts Gewissen zu vermitteln, dass dann, nach der Beichte, zu verschiedenen Bussübungen oder sogar Busszahlung animierte.
Die kirchlichen Vorschriften hinsichtlich Fastenzeiten dürften dagegen eher weniger Einfluss auf den grössten Teil der mittel. Menschheit gehabt haben (Armut). Ein Eingriff in das Alltagsleben war es trotzdem.

Gesagt werden muss in diesem Zusammenhang aber wohl auch, dass die Angehörigen des Klerus diese mittelalterliche «Angstfrömmigkeit» nicht nur – das gab es natürlich auch – für ihren Machtzuwachs und/oder ihr Wohlleben verwendeten. Ein grosser Teil der Kleriker war, wie die Adligen, Bürger und Bauern, tatsächlich ebenfalls im mittelalterlichen Sinne fromm und somit selbst davon überzeugt, dass ihre Gebete nicht nur für ihr eigenes Seelenheil dienlich sind sondern auch für dasjenige derer, für sie Fürbitte leisteten. Anders sind jedenfalls die im Hochmittelalter und frühen Spätmittelalter aufkommenden neue Orden oder die ständigen Reformen und Abspaltungen in bestehenden Orden (z.B. Franziskaner) nicht erklärbar. Deshalb auch die immer wiederkehrende Kritik am Luxusleben der Prälaten. Diese war von der Angst begründet, dass der Klerus durch sein Wohlleben seine Kompetenz gefährdete, für das Seelenheil zu sorgen (u.a. die Meinung der Katharer).

Es scheint sogar als wäre der Eifer einiger Inquisitoren, Häresien aufzuspüren und zu ahnden von der Angst motiviert gewesen, bei einem Versagen ihrerseits von göttlicher Seite zur Rechenschaft gezogen zu werden, soll heissen: Ihr eigenes Seelenheil sei in Gefahr, wenn sie Ketzer und Hexen dulden würden. Bei Heinrich Kramer beispielsweise kann eine diesbezügliche pathologische Angst jedenfalls nachempfunden werden (der Bischof von Brixen hielt ihn nicht umsonst für einen «kindischen» Mönch der sich ins sein Kloster aufs Altenteil zurückziehen sollte)

Ich sehe schon, Du brauchst das Buch nicht.
Ich will trotzdem noch ein paar Zeilen zitieren, selbe Seite und noch eine weiter:
Höllenangst? Wir verweisen auf die Aussage der spätmittelalterlichen geistlichen Schauspiele, die so viele Zuschauer anzogen. Obwohl hier die Hölle den Menschen "mit vil gruwelichen und helschen duveln" vorgestellt wurde, obwohl die Teufel in Ketten und Stricken die klagenden Sünder mit sich schleiften, beweisen die Teufelsszenen - eine der Attraktionen des geistlichen Spiels - letztlich eine Vermenschlichung von Luzifer und Satanas. Selbst der Höllenfürst kann als der Übertölpelte erscheinen

Man kann das auch anders interpretieren: Als psychologisches Hilfsmittel, die «Angstfrömmigkeit» resp. die Angst vor Teufel und der Hölle besser zu ertragen. (Die Sage der Teufelsbrücke, in welcher der Teufel mit einem Ziegenbock entlohnt wird, gehört ebenfalls in diese Kategorie)

PS:
Bei mir bekannten Katholiken einer Generation vor mir war es ein Running-Gag aus ihrer Schulzeit, wenn sie im Religionsunterricht vermittelt bekamen, dass Selbstbefriedigung zum Erblinden führe. Also Einflussnahme ins Alltagsleben noch in der zweiten Hälfte des 20. Jhr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade eben war noch von Direktiven der Päpste bzw. Bischöfe die Rede, und Du kommst mit solchen Beispielen:

Oder auf was sonst ist es dann zurück zu führen, wenn ein sein ganzes Leben lang der Machtpolitik verpflichteter Adliger, bemüht um die Vermehrung seines Besitzes auch mit zweifelhaften Mitteln, vor seinem Ableben noch dringend ein Hauskloster gründen muss ? Auf seine Kosten natürlich – oder auf diejenigen seiner Erben.
Oder wie lässt sich die Motivation erklären, Schenkungen an ein Kloster zu machen, sei es Land, hörige Knechte oder auch nur Barvermögen oder kostbares liturgisches Gerät ?
Oder was bewegte die Menschen dazu, Jahrzeit-Stiftungen zu machen, damit Mönche oder Pfarrer für das Seelenheil des Stifters und dasjenige seiner Vorfahren bis in «alle Ewigkeiten» Seelenmessen lesen sollten.

Welcher Papst oder welcher Bischof hat seine Schäfchen per "Direktive" dazu verpflichtet, Hausklöster zu gründen, liturgische Geräte zu stiften oder für seine Vorfahren Seelenmessen zu lesen?

Und die kleineren Eingriffe ins Privatleben (man kann natürlich diskutieren ob es sowas im Mittelalter gab) ?
Darüber zu diskutieren, fände ich tatsächlich interessant. Insbesondere darüber, was als "Eingriff" empfunden wurde und inwieweit man sich diese Eingriffe gefallen ließ:
Auch wenn sich die Mehrheit wohl nicht an solche Vorgaben hielt
Eine Diskussion, ob der Großteil der Mitteleuropäer zwischen dem 8. und dem 15. Jahrhundert katholischen Glaubens war und sich mehr oder weniger um das persönliche Seelenheil sorgte, können wir uns sicher sparen.



Bei mir bekannten Katholiken einer Generation vor mir war es ein Running-Gag aus ihrer Schulzeit, wenn sie im Religionsunterricht vermittelt bekamen, dass Selbstbefriedigung zum Erblinden führe.
Da würde mich ganz nebenbei interessieren, wer das aufgebracht hat. (Papst oder Bischof?)
 
@Armer Konrad ein paar ergänzende Anmerkungen:
- Schenkungen etc waren auch (beileibe nicht nur) Prestige, demonstrierten Status, Macht und Größe, sie waren nicht allesamt Katzbuckelei vor einem übermächtigen Klerus, der alles gebrainwasht hat.
- die "Geschlechtsverkehrsregeln", das warnende Bild von den törichten Jungfrauen: dergleichen zu äussern und dergleichen flächendeckend durchzusetzen, sind zwei paar Schuhe. Die weltliche Literatur des Mittelalters (Gottfried von Straßburg, Walter von der Vogelweide, Vagantendichtung wie Carmina burana (!!), Francois Villon; das Theater) folgen diesen Vorschriften nicht brav und züchtig
- die Angstfrömmigkeit: da kenne ich mich nicht aus, Frage deshalb, ob das bezogen auf das lange Mittelalter nicht eine Rückprojektion (30jährig.Krieg) sein könnte?

Ich habe jetzt das buntscheckige Mittelalter vor Augen gehabt. Um nicht alles zu verwirren, fände ich sinnvoll, die sehr allgemeine Frage des Fadentitels in Epochen aufzuteilen (wenn Fürst X im 9. Jh., Bischof Y im 12. Jh. irgendwas veranstaltet hat, muss das keine ursächliche Bedeutung für barocken oder romantischen Alltag haben)
 
Gerade eben war noch von Direktiven der Päpste bzw. Bischöfe die Rede, und Du kommst mit solchen Beispielen:



Welcher Papst oder welcher Bischof hat seine Schäfchen per "Direktive" dazu verpflichtet, Hausklöster zu gründen, liturgische Geräte zu stiften oder für seine Vorfahren Seelenmessen zu lesen?


Darüber zu diskutieren, fände ich tatsächlich interessant. Insbesondere darüber, was als "Eingriff" empfunden wurde und inwieweit man sich diese Eingriffe gefallen ließ:

Eine Diskussion, ob der Großteil der Mitteleuropäer zwischen dem 8. und dem 15. Jahrhundert katholischen Glaubens war und sich mehr oder weniger um das persönliche Seelenheil sorgte, können wir uns sicher sparen.




Da würde mich ganz nebenbei interessieren, wer das aufgebracht hat. (Papst oder Bischof?)

Ich habe mich weiter oben eingeklinkt, wo es nicht um päpstliche oder bischöfliche Direktiven geht, sondern um die Behauptung in «Menschen im Schatten der Kathedrale».
Und der Eingriff der Kirche ins Alltagsleben bestand gerade in ihrer Macht der Deutungshoheit, u.a. eben auch der Deutungshoheit was dem Seelenheil dienlich ist. Und der grösste Teil der mittelalterlichen Menschen hat diese Deutungshoheit eben mehr oder weniger akzeptiert. Diejenigen, die es nicht gemacht haben, waren Ketzer resp. wurden als solche erklärt.
Und so spielte die Macht der Kirche eben ins Alltagleben heinein, unbhängig davon wie gut oder schlecht sich die einzelen Mitglieder der mittelalterlichen Gesellschaft (oder Stände) sich daran gehalten haben.

Was meine PS-Bemerkung betrifft, weiss ich natürlich nicht, ob irgend eine Direktive dahinter steckte. Es ist jedenfalls anzunehmen - ich nehme jetzt jedenfalls nicht an, dass es sich dabei um eine eigene Erfindung der jeweiligen Religionslehrer gehandelt hatte.
 
@Armer Konrad ein paar ergänzende Anmerkungen:
- Schenkungen etc waren auch (beileibe nicht nur) Prestige, demonstrierten Status, Macht und Größe, sie waren nicht allesamt Katzbuckelei vor einem übermächtigen Klerus, der alles gebrainwasht hat.
- die "Geschlechtsverkehrsregeln", das warnende Bild von den törichten Jungfrauen: dergleichen zu äussern und dergleichen flächendeckend durchzusetzen, sind zwei paar Schuhe. Die weltliche Literatur des Mittelalters (Gottfried von Straßburg, Walter von der Vogelweide, Vagantendichtung wie Carmina burana (!!), Francois Villon; das Theater) folgen diesen Vorschriften nicht brav und züchtig
- die Angstfrömmigkeit: da kenne ich mich nicht aus, Frage deshalb, ob das bezogen auf das lange Mittelalter nicht eine Rückprojektion (30jährig.Krieg) sein könnte?

Ich habe jetzt das buntscheckige Mittelalter vor Augen gehabt. Um nicht alles zu verwirren, fände ich sinnvoll, die sehr allgemeine Frage des Fadentitels in Epochen aufzuteilen (wenn Fürst X im 9. Jh., Bischof Y im 12. Jh. irgendwas veranstaltet hat, muss das keine ursächliche Bedeutung für barocken oder romantischen Alltag haben)

Für das Prestige standen in der Regel andere Mittel zur Verfügung: Grosse Gefolgschaft, Burgen mit imposanten Bergfrieden, Höfische Zelebrierung von Festmählern, Abhaltung von Turnieren, usw. --> wenn die Schenkungen dem Prestige dienen sollten, war das sicher nur sekundär / "religiöse" Schenkungen die dem Prestige dienten sehe ich eher in den Spenden zum Bau einer Kathedrale oder zur prunkvollen Ausstattung einer Kirche, ev. auch die Aufwendungen zum Erwerb von Reliquien.

Und natürlich hat man die geschlechtliche Forderungen nicht eingehalten, bei solchen Restriktionen wäre die europäische Menschheit ausgestorben. Ich habe ja geschrieben, dass es bei einigen ein schlechtes Gewissen hervorgerufen haben könnte, dass man dann bereuen musste. Die Minnesänger und Troubadoure und auch Villon hatten bestimmt kein schlechtes Gewissen.

Mit dem "buntscheckigen Mittelalter" gebe ich Dir vollkommen recht. Mein Interesse an der Geschichte gilt vor allem deshalb hauptsächlich dem -europäischen - Mittelalter (für mich von 600 - 1600) weil es meiner Meinung die mit Abstand widersprüchlichste Epoche der ganzen Weltgeschichte ist.
 
Ich habe nun den Eindruck, dass man hier zum Konsens gekommen ist, dass dieser Einfluss viel marginaler gewesen sei, als allgemein resp. als von Dion angenommen.

Dieser Eindruck dürfte durchaus täuschen und das sage ich als jemand, der Dion in diesem Faden und in anderen bei diesem Thema permanent widerspricht.

Das Problem ist mehr, dass Dion (und darin dürfte er sich von der Allgemeinheit durchaus unterscheiden) die Kirche(n) partout, als quasitotalitäre Systeme betrachten möchte, die seiner Meinung nach die gesamte Bevölkerung vollzeit überwacht hätten, die weltliche Macht nach Belieben auf ihr Geheiß herumkommandieren konnte und ansonsten keine anderen Sorgen gehabt hätte, als sinistre Pläne zu ersinnen, wie das Volk am effektivsten geschröpft uns ausgepresst werden könnte.
Das klingt auf den ersten Blick nach einer furchtbaren Übertreibung, aber das ist in etwa der Eindruck, den man aus Dions Einlassungen in verschiedenen Fäden zum Thema gewinnen kann.

Das Problem, warum die Diskussion hier vielleicht etwas einseitig erscheint, ist, dass Dion peermanent versucht dieses Bild durch irgendwas zu untermauern, was naturgemäß nicht funktionieren kann, weil es an der Realität komplett vorbei geht.
Das hat aber zur Folge, dass sich diese Diskussion Dions Agenda folgend sehr stark auf Elemente dieser Vostellung bezogen hat, während andere Dinge, die durchaus zu diskutieren wären hier überhaupt nicht oder kaum zu Sprache kommen.

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Z.B. konnte man sich näher damit befassen, dass:

- Über weite Teile des MA (im Spätmittelalter nicht mehr so stark), sich mehr oder weniger auch die gesamte Verwaltung, der (rein)weltlichen Fürsten aus dem Klerus rekrutierte, weil der eben nahezu ein Monopol auf Bildung und schriftkundiges Personal hatte.
Entsprechend dem Umstand, dass ein Großteil der Bedeinsteten in Schlüsselpositionen einer Herrschaft und eines Reiches Kleriker waren und eine kirchliche oder klösterliche Erziehung durchlaufen hatten, hatte damit der gesamte Verwaltungsapparat (wenn man das so titulieren möchte) eine christlich-theologische Vorprägung, die zwar der Institution Kirche nicht ermöglichte die weltlichen Großen nach Belieben herum zu kommandieren, die aber stehts dafür sorgte, dass kirchlichen Positionen in der Verwaltung Rechnung getragen wurde.
Und zwar ohne, dass sie das expressis verbis anordnen mussten, sondern einfach weil die meisten Funktionäre aus ihrem Stall kamen, eine entsprechende Erziehung und Vorprägung mitbrachten und es Alternativen dazu kaum gab.

- Das mehr oder weniger stark ausgeprägte geistliche Bildungsmonopol (mindestens vor dem Aufkommen und der Verbreitung der europäischen Universitäten wird man davon, denke ich sprechen können), sorgte auch dafür, dass Geistliche nicht nur aus theologischen Gründen und als Seelsorger als Autoritäten anerkannt wurden, sondern eben auch als Vermittler von Wissen, dass das Leben vereinfachen konnte.

- Gerade, wenn man sich die Rolle des Niederklerus vor Ort anschaut, waren die örtlichen Pfarrer auf Grund ihres Ansehens auch prädestinierte Vermittler bei lokalen Streitsachen, die die verschiedenen Streitparteien wahrscheinlich am ehesten zu akzeptieren bereit waren, weil man ihnen ein gewisses Maß an Neutralität zutrauen konnte.
Gerade kleine Inhaber von Pfarrstellen kleiner Gemeinden kamen ja durchaus oft von außerhalb, was bedingt haben dürfte, dass sie anders als weltliche Funktionäre und Würdenträger, die fest in die klientelistischen Netzwerke der Dörfer und Gemeinden eingebunden waren, vor Ort niemandem verpflichtet waren.

etc. etc.

Dadurch ergibt sich unterm Strich natürlich eine enomre Macht und natürlich auch ein enormer Einfluss der Kirche und ihrer Funktionsträger auf das Leben der Menschen.
Es ist aber eine ganz andere Machtssorte, als das was Dion meint, faktisch handelt es sich vor allem um Softpower im Sinne klutureller Macht und gesellschaftlichen Ansehens, die der Kirche ermöglichte enormen Einfluss auszuüben und eben nicht ein mehr oder weniger totalitätres System.
Und dieser Umstand ist, denke ich, auch sehr wichtig dafür, dass das akzeptiert wurde, denn eines der großen Probleme in Dions Modell ist ja, dass darin überhaupt kein Zurückweisen von Ansprüchen der Kirchen denkbar war, was aber immer wieder vorkam.
Das widerrum zeigt aber, dass der enorme Einfluss der Kirche auch von der tatsächlichen Bereitschaft der Bevölkerung oder auch des Adels abhing sich diesem Einfluss zu unterwerfen und ihne mitzutragen.

Das taten sie aber nicht (und das meint explizit auch die Bevölkerung), weil man sie permanet in Angst gehalten und dazu erpresst hätte gegen ihren Willen so zu handeln, sondern weil da durchaus ein inneres Maß an Überzeugung da war, dass es vorteilhaft sein würde sich an bestimmte Vorstellungen und Ansprüche der Kirche zu halten.
Aber eben nicht an alle und eben nicht, weil einem bei andrer Meinung sofort eine vom Vatikan gesteuerte kirchtliche Stasi im nacken gesessen und nach dem Leben getrachtet hätte o.ä..
 
Epoche oder Epochen, egal, er sagte auch nicht, welche Epochen er meinte. Außerdem war das nur nebenbei gesagt bzw. geschrieben, aber ihr stürzt euch mit Vehemenz auf solche Nebensächlichkeiten, aber zu meiner Definition kein Wort, weder ja noch nein noch vielleicht.

Solches Gebaren habe ich gern. :mad:

Ich wollte nicht Anlass zum Streit geben! Wenn ich es recht sehe, kann man für keine Epoche der Kirchengeschichte zwischen der Entstehung des Christentums und der Französischen Revolution oder sogar dem 20. Jh. von einer monolithischen, vom Papst autokratisch regierten Institution sprechen.

Wenn wir einmal Deinen Gedanken der Ernennung von Bischöfen durch den Papst und Pfarrern durch die Bischöfe aufgreifen, lässt sich das vielleicht zeigen. Im frühen und hohen Mittelalter wählten normalerweise die Domkapitel, mancherorts unter starkem Einfluss der jeweiligen weltlichen Machthaber. Seit dem 13. Jh. beanspruchten die Päpste dann vielerorts ein Ernennungs- oder Bestätigungsrecht, das sie aber oft nur schwer durchsetzen konnten. Im Erzbistum Mainz kam es beispielsweise mehrfach zu Schismen, und der päpstliche Kandidat behielt dabei längst nicht immer die Oberhand. In der Frühen Neuzeit (mancherorts auch schon deutlich früher) setzten viele weltliche Fürsten Reservatrechte für "ihre" Kirchen durch, und sogar die meisten Konkordate des 19. und 20. Jh. erlaubten es den Regierungen, "minder genehme" Kandidaten von der Ernennungs- oder Wahlliste zu streichen - was manchmal dazu führte, dass nur noch eine Person wählbar war. Das geschah etwa im Fall von Adolf Betram, als man ihn 1914 zum Fürstbischof von Breslau "wählte". Außerdem wurden mancherorts ein Wahlrecht der Domkapitel festgeschrieben. Das päpstliche Ernennungsrecht war also sehr stark eingeschränkt.

Bei der Ernennung von Pfarrern durch die Bischöfe trifft Deine Einschätzung sicher in stärkerem Maße zu, aber auch hier gab es zahlreiche Patronatsrechte, die ein "Durchregieren" erschwerten. Für das 14. Jh. sind beispielsweise in Böhmen etwa 60 Pfarreien bekannt, die direkt von den Herren von Rosenberg besetzt werden durften. Sie sollen damit sogar den Prager Erzbischof übertroffen haben.
 
Ich habe mich weiter oben eingeklinkt, wo es nicht um päpstliche oder bischöfliche Direktiven geht, sondern um die Behauptung in «Menschen im Schatten der Kathedrale».

Und da hatte ich folgendes zitiert:

Daß die Kirche als Institution gar nicht in dem Maße auf die Menschen einwirken konnte, wie es seit der Aufklärungszeit Gelehrte behaupteten, stellt nicht in Frage, daß die Menschen fromm waren oder zumindest das Bedürfnis nach Frömmigkeit verspürten.

Das heißt, wenn Du ernsthaft Ernst-Werner Goetz an den Karren fahren willst, solltest Du schon differenzieren, inwieweit die Kirche als Institution Frömmigkeitsbedürfnisse befriedigte und inwieweit sie Eingriffe ins Alltagsleben vornahm.
Da würden mich schon konkrete Beispiele interessieren, heiße Luft hatten wir in diesem Thread schon genug.
 
Und da hatte ich folgendes zitiert:

Daß die Kirche als Institution gar nicht in dem Maße auf die Menschen einwirken konnte, wie es seit der Aufklärungszeit Gelehrte behaupteten, stellt nicht in Frage, daß die Menschen fromm waren oder zumindest das Bedürfnis nach Frömmigkeit verspürten.

Das heißt, wenn Du ernsthaft Ernst-Werner Goetz an den Karren fahren willst, solltest Du schon differenzieren, inwieweit die Kirche als Institution Frömmigkeitsbedürfnisse befriedigte und inwieweit sie Eingriffe ins Alltagsleben vornahm.
Da würden mich schon konkrete Beispiele interessieren, heiße Luft hatten wir in diesem Thread schon genug.

Der Aufhänger für mich war dieser Satz, bei dem es, so wie es verstanden habe, um ein Zitat aus dem agespr. Buch handelt:
"Zu den zählebigsten Vorurteilen über das Mittelalter gehört, daß die Kirche in jener Zeit eine unbestrittene Macht über die Menschen und deren Denken und Seelenleben ausgeübt habe und daß die Abschwächung und dann anschließende Befreiung von dieser Macht geradezu ein Charakteristikum der Neuzeit sei." (S. 288)

Ich verstehe jetzt nicht, weshalb es heisse Luft ist, wenn ich im Zusammenhang mit der obigen Behauptung (keine Macht auf Denken und Seelenbleeben) auf die Sorge um das Seelenheil hinweise und in diesem Zusammenhang an Schenkungen an Klöster, Gründung von Hausklöstern etc. verweise. Und auf was ist dann die Besorgnis um das eigene Seelenheil zurückzuführen, wenn nicht auf die Macht der Kirche ? Du erwartest ja jetzt hoffentlich nicht, dass ich anfange adlige Vermächtnisse und Gründungen von Hausklöstern aufzuzählen.

Oder soll man dann nicht von der Macht der Kirche sondern von der Macht der Religion sprechen ? Für das Mittelaler war aber Religion und Kirche gleibedeutend - alles andere war Ketzerei (Katharer, Waldenser) oder Unglaube (Juden). Die Kirche war allgegenwärtig und wenn ihr gelegentlich auch grössere Gleichgültigkeit entgegenbracht wurde, so war das die typische mittelalterliche Widersprüchlichkeit.
Es ist geschätzt worden (weiss nicht mehr wo), dass zum Beispiel in Nordfrankreich im 14. Jahrhundert etwa 10 Prozent der Bevölkerung fromme, praktizierende Christen waren, 10 Prozent gleichgültig und der Rest irgendwo zwischen regelmässigem Kirchgang und seltenem Erscheinen pendelte. Im Moment des Todes aber gingen die Menschen des Mittelalter kein Risiko ein: Sie beichteten, zahlten Wiedergutmachungen, beauftragten den Geistlichen mit Gebeten für ihre Seele und beraubten sogar häufig ihre Familien durch Schenkungen an Klöster, Kapellen, Einsiedler und die Finanzierung einer Pilgerfahrt durch einen Stellvertreter -> solche Beispiele sind so zahlreich wie Sand am Meer, ich denke wirklich nicht, dass dies noch belegt werden muss (Ich könnte hier auf die Schnelle zum Beispiel das Jahrzeitbuch des Klosters Seedorf in Uri einfügen).

Ist die Befriedigung des Frömmigkeitsbedürfnisses kein Eingriff in den Alltag ? Ich finde schon, zudem ist es die Befriedigung eines Bedürfnisses welches die Kirche erst geweckt hat oder - um pingeligg zu sein (auch Heiden haben ein Frömmigkeitsbedürfnis) - die Kirche hat dieses Bedürfnis in die von ihr gewünschte Form und Gestalt gebracht.
Die Kirche konnte im Mittelalter eben doch in dem Masse auf die Menschen einwirken, dass diese ein so starkes Bedürfnis nach Frömmigkeit verspürten (entwickelten), um die entsprechenden Schenkungen zu machen. Ich meine tatsächlich, dass die Behauptung der Aufklärer richtig ist. Und nachdem die Kirche im Spätmittelalter und in der Aufklärung Macht (Einfluss) verlor, hatte sich das Frömmigkeitsbedürfnis zum Mindesten soweit verringert, dass es massiv weniger Schenkungen an die Kirche gab.

Insofern verstehe auch die verlangte Differenzierung zwischen der Institution, die Frömmigkeitsbedürfnisse befriedigt und zwischen der Institution, die in den Alltag eingreift nicht. Oder machst Du einen Unterschied zwischen der Institution und einzelnen Klerikern ?
Wenn z.B. Thomas von Aquin findet, dass der Geschlechtsverkehr auch zwischen Eheleuten einzuschränken sei und der Ehefrau rät, ihren Ehemann durch "eifriges, aber kluges Bemühen von seinem Vorhaben abzubringen" ist dies dann nicht ein Eingriff der Institution Kirche in das Alltagsleben sondern ein Eingriff des Scholastikers oder "Privatmannes" Thomas ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde da andere Hintergründe in Betracht ziehen:
Samuel Auguste Tissot – Wikipedia
Ein sehr interessanter Hinweis.
Es wäre jetzt ein ausgezeichneter geschichtlicher Treppenwitz, wenn man festellen würde, dass katholische
Religionslehrer und Pfarrer des 20. Jhr. bei der Vermittlung ihrer Botschaften das medizinische Werk eines Aufklärers verwendet hätten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das taten sie aber nicht (und das meint explizit auch die Bevölkerung), weil man sie permanet in Angst gehalten und dazu erpresst hätte gegen ihren Willen so zu handeln, sondern weil da durchaus ein inneres Maß an Überzeugung da war, dass es vorteilhaft sein würde sich an bestimmte Vorstellungen und Ansprüche der Kirche zu halten.
Aber eben nicht an alle und eben nicht, weil einem bei andrer Meinung sofort eine vom Vatikan gesteuerte kirchtliche Stasi im nacken gesessen und nach dem Leben getrachtet hätte o.ä..

Ich bin mit deinem Text einverstanden, bis auf den letzten Abschnitt. Natürlich hatte die Kirche keine Macht im Stile der Stasi mit Agenten, welche die Meinungen der Bevölkerung kontrolliert hätten. Wo ich nicht mit Dir einverstanden bin, ist das "innere Mass an Überzeugung" - denn dieses, so meine ich, ist durchaus das Produkt der kirchlicher Beeinflussung (wir sprechen vom Mittelalter). Meine Behauptung mache ich am Thema der Ketzerei fest: Denn bei diesem Thema reagierte die Kirche äusserst empfindlich - und zwar in der richtigen Erkenntnis, das diese die grösste Gefahr ihrer Macht (der religiösen Deutungshoheit) darstellt. Ketzerei war nicht einfach Unglaube sondern die Infragestellung kirchlicher Macht. Und da griff die Kirche hart durch, wie etwa beim Aufruf zum Albigenserkreuzzug. Es war jetzt ja nicht so, dass die Katharer keine Christen gewesen wären, sie hatten einfach die Autorität der Amtskirche abgelehnt. Und die "innere Überzeugung" vieler Christen hatte ausgericht, zu den Katharer überzulaufen - in einem Ausmass, dass sie der Macht der Kirche tatsächlich gefährlich geworden war.
Dass das "innere Mass an Überzeugung" eben doch von der Kirche bestimmt worden war zeigt sich schon daran, dass sie bereits die Laienpredigt verboten hat, z.B. bei den Waldensern (da war sie anfängl. sogar erlaubt), den Hussiten, wechselnd auch bei den Beginen u.s.w. Wenn die "innere Überzeugung" der kirchlichen Doktrin entsprochen hätte, hätte sie nicht immer wieder eingreifen müssen und Luther hätte vielleicht die ganze mittelalterliche Kirche ... etc.

Dazu vielleicht noch ein Detail: In der Inquisition (bekanntermassen ein von der Kirche geschaffenes Mittel zur Ketzerbekämpfung) wurde neben den sonstigen Massnahmen zur Ketzerjagd auch die Denunziation propagiert. Die Gläubigen wurden angehalten, Verdachtsfälle auf ketzerisches Verhalten zu melden, wobei die Denunzianten gelegentlich nicht einmal bei Verhandlungen erscheinen mussten, um ihre Beschuldigungen zu wiederholen (so wollte man die Anzeigen erhöhen). Zum Mindesten im weitesten Sinn könnte man diese Praxis schon mit Vorstufen moderner Überwachungspraktiken totalitärer Regime (Stasi) vergleichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein sehr interessanter Hinweis.
Es wäre jetzt ein ausgezeichneter geschichtlicher Treppenwitz, wenn man festellen würde, dass katholische
Religionslehrer und Pfarrer des 20. Jhr. bei der Vermittlung ihrer Botschaften das medizinische Werk eines Aufklärer verwendet hätten.
So ist es aber wohl gewesen:
"Die Geschichte der Masturbationsbekämpfung lässt sich wie folgt umreißen: Um 1710 setzte sie in England ein; 25 Jahre später erschienen die ersten deutschen Publikationen. Im französischen Sprachraum begann die Kampagne um 1760, sie griff dann später auf -Deutschland über. Dagegen wurde im 19. Jahrhundert die Aktion von Deutschland nach Frankreich übertragen. Sie begann in ärztlichen Kreisen; es folgten die Erzieher und schließlich die Moraltheologen. Von 35 Autoren des 18. Jahrhunderts, über die Material vorliegt, waren siebzehn Ärzte, dreizehn Pädagogen, vier Geistliche und einer war Offizier, also 31 Nicht-Moraltheologen gegen vier Geistliche. Erst 1784 erschien ein katholisches Werk, in dem der Autor Interesse für die Kampagne zeigte."

Jos van Ussel: Sexualunterdrückung. Geschichte der Sexualfeindschaft, 2. Aufl. Gießen, Focus-Verlag 1977, S. 140
LG Frederuna
 
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