Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

Das ist natürlich wahr. Aber die Tatsache, dass die Kirche eine gesellschaftliche Situation ausnutzte und der Gesellschaft gab, wonach diese verlangte, entbindet sie nicht vor der Verantwortung, die aus ihrem Angebot erwuchs, zumal nicht alle dieses Angebot freiwillig annahmen.

"Die Kirche" war aber doch in den Epochen, über die wir hier sprechen, Teil dieser Gesellschaft, kein monolithisches Gegenüber? Selbst, wenn man das in marktwirtschaftliche Begriffe fassen möchte, stand der Klerus sicher nicht bloß auf der Seite der "Verkäufer".
 
aber sobald hier jemand in diesem Zusammenhang die Kirche als Institution behandelt und auf die nicht zu leugnende Tatsachen hinweist, finden sich sofort welche, die sagen: Ja, alles wahr, aber …
Und das sagen dir immer wieder Leute, die eigentlich inhaltlich ganz nah bei dir sind. Warum? Weil du maßlos überziehst und an kirchliche Akteure andere Maßstäbe setzt als an andere und grundsätzlich immer das Handeln kirchlicher Akteure negativ siehst, selbst wenn du dafür die Fakten verbiegen musst.

Die meisten hier dürften ein kritisches Verhältnis zur Kirche haben, aber du zwingst sie immer wieder dazu, das Bild gerade zu rücken.

Die Aufgabe des Geschichtsforums ist kein politisch-weltanschaulicher Kampf!

Wenn deine Beiträge Oberstufenklausuren wären, würde ich da als Geschichtsflehrer den Vermerk drunter setzen, dass am Anfang das Sammeln der Fakten steht (1), dann das Sach- (2) und am Ende das Werturteil (3), nicht, dass man mit einem a priori gefällten Werturteil nur noch einseitig die Fakten zusammensucht, die das Werturteil bestätigen.
 
...diese ganze lange Rede, um mal wieder das hier
Ähnlich bei Luther: Was wurde hier nicht alles genannt, um seine Schuld an dem Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhundert zu minimieren, obwohl es keinen Zweifel darüber geben kann, dass die späte Schriften Luthers wesentlich dafür waren und letztlich auch die Unterstützung Hitlers durch das Groß der deutschen Protestanten darauf basierte: Auch sie waren der Meinung, dass Juden aus Deutschland verschwinden müssen.
als historische Wahrheit darin unterzujubeln...
 
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Deswegen sagte ich: Sie waren nicht besser und nicht schlechter als weltliche Machthaber.
Sie waren weltliche Machthaber.
Die Trennung zwischen geistlichen und weltlichen Machthabern, die du nach wie vor aufrecht zu erhalten versuchst, ist nach wie vor mindstens für das Mittelalter und die Neuzeit bis zur Auflösung der weltlichen Herrschaftsgebiete, die mit den entsprechenden geistlichen Ämtern verbunden waren, reine Fiktion.

Aber während diese für sich nicht in Anspruch nahmen und nehmen, besonders moralisch zu sein oder zu handeln, taten die Fürstbischöfe und auch Päpste so, als handelten sie im Auftrag Gottes, d.h. einer nicht in Frage zu stellender Autorität.

Auch die "nur" weltlichen Fürsten maßten sich mindestens bis ins 18-19. Jahrhundert (je nachdem wo in Europa) an souveräne Herrscher "von Gottes Gnaden", sprich nach dem Willen Gottes zu sein.
Auch die leiteten einen göttlichen Herrschaftsauftrag für ein bestimmtes Gebiet für sich ab und nahmen damit eine ganz ähnliche Figur in Anspruch.
Und wenn sie damit gleichsam postulierten, dass eine Erhebung gegen ihre Herrschaft eine direkte Erhebung gegen den Willen Gottes sei, wurde auch diese Herrschaft und Handlungsweise mit der Moralkeule zu legitimieren versucht.

Wir sind hier in einem Geschichtsforum, wir versuchen Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen, aber sobald hier jemand in diesem Zusammenhang die Kirche als Institution behandelt und auf die nicht zu leugnende Tatsachen hinweist, finden sich sofort welche, die sagen: Ja, alles wahr, aber …
Nein, das Problem ist viel mehr, dass du versuchst mit ziemlich groben und so nicht haltbaren Kategorien zu arbeiten.

Diese Relationen sollte man berücksichtigen, wenn man die Wirkung von Schriften beurteilt.
Aber gerade Relation und Wirkung ignorierst du doch selbst vollkommen.
Du argumentierst im Hinblick auf die christlichen Kirchen und Dinge, die du damit in direkten Zusammenhang setzt laufend, mit größtenteils abseitigen Schriften, deren tatsächliche Wirkmächtigkeit und deren tatsächlichen Bezug zu anderen Dingen du in der Regel in keiner Form belegenn kannst.

Deine Vorgehensweise ist: Du schaust dir ein Ereigniss an, suchst anschließend danach ob irgendwo irgendeine ähnliche oder auf den ersten Blick ähnlich klingende Vorstellung mal ausformuliert wurde und behauptest dann, dass dieses Ereigniss nur deswegen zustandegekommen sein könnte, weil die Handelnden in diesem Kontext meinten, sich als Erfüllungsgehilfen dessen gerieren zu müssen, den du für den Ideengeber hältst.

Damit die tatsächlichen Motivationen der Handelnden aus ihren konkreten Umständen heraus zu betrachten, dich zu bemühen genau zu überprüfen, woher die ihre Idee tatsächlich hatten, oder wenn das nicht klar ist, aus welchen Quellen diese alternativ zu denen von dir ausgemachten sie sonst noch kommen konnten, befasst du dich überhaupt nicht.
Das hat regelmäßig zur Folge, das du abseitige Texte, die teilweise Jahrhundertelang keine oder kaum wirklich messbare Resonanz hatten im Hinblick auf ihre Wirkmächtigkeit grottesk überbewertest.
 
"Die Kirche" war aber doch in den Epochen, über die wir hier sprechen, Teil dieser Gesellschaft, kein monolithisches Gegenüber?
Ja, sie war Teil der Gesellschaft. Ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Teil. Weil andere Mächtige kamen und gingen, die Kirche aber blieb. Aber egal wer vom Adel gerade regierte, sie stand immer an der Seite des Adels, nicht an der des Volkes, obwohl sie mit diesem durch ihre Priester in engem Kontakt stand – es gab ja kein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand. Und es machte keinen Unterschied, ob diese eine katholische oder eine katholische war, überall wurde zum Gehorsam gegenüber Gott und der Obrigkeit aufgerufen. Wobei sie selbst bestimmte, was in jeweiliger Situation Gotteswille war, denn die Bibel ist eine Fundgrube für alles: Für das und für das Gegenteil - des Lesens unkundige Volk musste einfach glauben, was ihm erzählt wurde. Und wenn es doch mal wagte, aufzubegehren, dann war die Situation wahrscheinlich tatsächlich nicht mehr auszuhalten.

So formte Kirche diese Gesellschaft über eine sehr, sehr lange Zeit, erst seit der Aufklärung und der französischen Revolution verlor sie nach und nach den Einfluss, den sie einst hatte. Heute ist bei uns nicht sehr viel davon übrig, aber in anderen Ländern ist sie nach wie vor eine Dominante.

Und das sagen dir immer wieder Leute, die eigentlich inhaltlich ganz nah bei dir sind. Warum? Weil du maßlos überziehst und an kirchliche Akteure andere Maßstäbe setzt als an andere und grundsätzlich immer das Handeln kirchlicher Akteure negativ siehst, selbst wenn du dafür die Fakten verbiegen musst.
Erstens: Ich verbiege keine Fakten. Wenn du anderer Meinung bist, dann zeige mir konkret eine oder mehrere solche Verbiegungen.

Zweitens: Ja, ich setze an kirchliche Akteure andere Maßstäbe an als an weltliche. Warum, habe ich bereits mehrmals gesagt, zuletzt in dem heutigen Beitrag 13:53 Uhr, dritter Absatz.
 
Es geht mitnichten darum, dass du Kleriker an ihren eigenen Wertmaßstäben misst, sondern darum, dass du bei Klerikern und dezidierten Vertretern einer prokirchlichen Partei (etwa dem Zentrum) grundsätzlich eine sinistre Handlungsmotivation unterstellst.
 
Weil andere Mächtige kamen und gingen, die Kirche aber blieb.
Die Kirche an und für sich blieb, veränderte sich aber im laufe der Zeit stark.
Insofern du etwa die katholische Kirche der Rennaissance auf mehr oder minder sämtlichen Ebenen nicht mehr mit derjenigen des Frühmittelalters gleichsetzen kannst, ist das konstante Vorhandensein der Kirche eine relative Angelegennheit.
Der Verein hieß die ganze Zeit über so und erzählte etwas über Religion. Die konkrtet Auslegung derselben, die Ausdrucksform in der Lithurgie, die internen Strukturen, das Nebeneinander von Weltklerus und Ordensgeistlichkeit etc. waren Dinge, die kontinuierlich im Fluss waren.

Aber egal wer vom Adel gerade regierte, sie stand immer an der Seite des Adels, nicht an der des Volkes, obwohl sie mit diesem durch ihre Priester in engem Kontakt stand – es gab ja kein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand.

1. Wieder behadelst du die Kirche trotz besseren Wissens als monolithischen Block.
Dabei weißt du ganz genau, dass zwischen Weltgeistlichkeit und Ordensgeistlichkeit, so wie zwischen hohem und niederem Klerus eigentlich permanent Konfliktlinien verliefen, die dazu führen konnten, dass Teile der kirchlichen Strukturen sich in Auseinandersetzungen auf verschiedenen Seiten wiederfanden.

2. Genau so wenig wie "die Kirche", ist "der Adel" oder "das Volk" als monolithischer Block zu betrachten auf dessen Seite jemand hätte stehen können.
Das sind mit Verlaub Kollektivorstellungen, von Gesellschaftsklassen, die die Komplexität des historsichen Prozesses ignorieren.

Es gab mächtige adlige Territorialherrscher genau so verarmten Niederadel und kleine Freiherren und Ritter, die regelmäßig selbst um ihr wirtschaftliches und politisches Überleben kämpften.
Es gab leibeigene Bauern, die Scharrwerkspflichten unterlagen, es gab Zinsbauern, die davon ausgenommen waren, es gab freie Bauern und Bürger von Städten in einem nur schwachen oder überhaupt keinem untergeodneten Verhältnis zu lokalen Adligen standen.
Es gab mehr oder weniger besitzlose Tagelöhner, die den nichtadligen Bauernn gegenüber in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis standen, wie die unfreien Bauern gegenüber den adligen Grundherren.
Und es gab in den Städten Tagelöhner und Handwerkslehrlinge, die in vergleichbarem Maße von den Handwerksmeistern und den Oberhäuptern der Zünfte abhängig waren, die ebenfalls nicht dem Adel angehörten.

Die hatten keine gemeinsamen Kollektivinteressen, sondern alle ihre eigenen Probleme und mitunter massive Konflikte miteinander.


3. Es stand auch nicht "die Kirche" (über den Unsinn dieser Kollektivbetrachtung hatte ich mich bereits ausgelassen) bei jedem Konflikt, zwischen Adel und Untertanen, wegen der Höhe irgendwelcher Abgaben oder der Scharrwerkspflichten grundsätzlich auf der Seite des Adels.
Schon aus Eigeninteresse nicht.
Die Kirche, bzw. einzelne Glider davon waren selbst bedeutende Grundbesitzer und konnten kein Intesse daran haben wenn adelige Grundherren es mit Forderungen gegenüber ihren Bauern so sehr übertrieben, dass diese einen Aufstand anzettelten.
Der hätte nämlich überspringen, außerdem hätte offene Parteinahme für Grundherren, die ihre Bauern allzu sehr auspressten dem Ruf der Kirche und ihrer Exponenten bei den eigenen abhängigen Bauern massiv geschadet.

Beispiele dafür, dass sich Personen, im Besonderen aus dem niederen Klerus durchaus auch öffters mal zu Anwälten der Sache der kleinen Leute machte, wirst du durch die gesamte Geschichte hindurch finden.
Ist ja durchaus nicht so, als hätte es Persönlichkeiten wie Müntzer oder Sieyès nicht gegeben.


es gab ja kein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand.
Aber selbstredend gab es solche Dörfer, allerdings, darum handelt es sich ja in der Hauptsache nicht.

Und es machte keinen Unterschied, ob diese eine katholische oder eine katholische war, überall wurde zum Gehorsam gegenüber Gott und der Obrigkeit aufgerufen.

Äh, nein.
Jedesmal wenn irgendein König oder Adliger exkommuniziert wurde, rief die Katholische Kirche dadurch alle Bindungen der Untertanen für nichtig zu erklären sogar explizit zum Ungehorsam gegenüber dieser Obrigkeit auf.

Sämmtliche Reformatoren riefen die Bevölkerung dazu auf derKatholischen Kirche als Vertreter der Orbigkeit in diversen Dingen den Gehorsam aufzukündigen.

Auch wenn es nicht direkt ihre eigenen Machtansprüche betraf, die Vorstellung, die Kirchen wären ganz grundsätzlich bereit gewesen jede noch so schlimme Tyrannis mitzutragen und zu rechtfertigen, haut so einfach nicht hin.

Für das und für das Gegenteil - des Lesens unkundige Volk musste einfach glauben, was ihm erzählt wurde.

Auch darüber hatte ich mich an anderer Stelle bereits ausgelassen:

Auch wenn die Analphabetenrate sehr hoch war, gab es in jeder größeren Gemeinde jemanden, der durchaus lesen konnte und nicht unmittelbar dem Klerus angehörte.
Kaufleute waren in der Regel des Lesens und Schreibens mächtig, Rechtsgelehrte, deren Interessen nicht unbedingt identisch mit denen der Kirchen sein musste auch.

Die Vorstellung, dass die Bevölkerung nicht in der Lage gewesen wäre zu verstehen, was in den religiösen Texten stand, mag in Mitteleuropa und zeitweise zutreffen, aber nicht über den gesamten Lauf der Geschichte hinweg.

Ein Großteil der Bewohner des Mittelmeeraums in der Spätantike verstand Latein sehr wohl und das Griechische als Überlieferungssprache der religiösen Texte starb, auch wenn es sich veränderte nie aus.
Ab dem Spätmittelalter waren Bibelübersetzungen in die jeweiligen Volkssprachen verfügbar.

Die griechisch-orthodoxe Kirche hat mit den griechischen Texten an einer Überlieferungssprache festgehalten, die die Bevölkerung sehr wohl verstand, die protestantischen Kirchengründungen gingen in der Regel sehr schnell dazu über die jeweilige Volkssprache zur Lithurgiesprache zu machen, so dass die Vorstllung, der Klerus hätte dem doofen Volk einfach jeden Unsinn auftischen können, hier nicht zutrifft.
Auch die Katholiken konnten die volkssprachigen Bibeln ab dem Spätmittelalter lesen oder sich von anderen Personen als Klerikern vorlsen lassen.

Zwischen Spätantike/Frühmittelalter und Spätmittelalter, sprich zwichen dem Aussterben der lateinischen Sprache und der Entwicklung der romanischen Volkssprachen, so weit vom lateinischen Weg, dass dieses nicht mehr verständlich war, war es für die meisten katholischen Gläubigen nicht möglich den Inhalt ihrer heiligen Schriften genau nachzuvollziehen.
Was sie aber durchaus nachvollziehen konnten, war der Unterschied, dass es im katholische Klerus selbst immer wieder Auseinandersetzungen, Dispute und Konzilien gab, die ihnen aber, auch wenn sie die Details nicht verstanden klar machen mussten, dass es über die Auslgegung unter den Gelehrten durchaus Kontroversen gab und eben nicht DIE eine Lehrmeinung DER Kirche.

Und wenn es doch mal wagte, aufzubegehren, dann war die Situation wahrscheinlich tatsächlich nicht mehr auszuhalten.
Auch dieses a priori Rechtfertigen von Aufruhr gegenüber der Obrigkeit trägt nicht unbedingt dazu bei deine Einlassungen weniger tendenziös erscheinen zu lassen.

Es gab genau so Unruhen, die sich daran entzündeten, dass die Obrigkeit versuchte Verpflichtungen der abhängigen Bauern zu erhöhen, wie es Unruhen gab, die sich daran entzündeten, dass Untertanen Abgaben zu denen sie verpflichtet waren verweigerten.
Anzunehmen, dass es immer nur eine Partei gewesen wäre, die sich sich über bestehende Vereinbarungen hinweggesetzt hätte, weil einem das ideologisch ins Konzept passt ist ein wenig einseitig.

So formte Kirche diese Gesellschaft über eine sehr, sehr lange Zeit, erst seit der Aufklärung und der französischen Revolution verlor sie nach und nach den Einfluss, den sie einst hatte.
Hilf mir auf die Sprünge: Warum genau kam es noch zur Reformation?
Nicht etwa, weil sich die Kirche bereits im Spätmittelalter in einer massiven Legitimitätskrise befand, die sich spätetens ab dem 14.-15. Jahrhundert zusammenbraute und sich dann Anfang des 16. Jahrhunderts in der Reformation entlud?
Zu dem Zeitpunkt hatte von "Aufklärung" noch kein Mensch was gehört.
Dafür haben aber nicht wenige Aufklärer auch daran garbeitet die Rolle der religiösen Strukturen wider zu stärken, in dem sie versuchten religiöse Inhalte und Traditionen nicht mehr mit kirchlichen Dogmen, sondern mit dem Label "Vernunft" wieder zu stärken.
Schaut man sich da die Argumentationen an und wie in der Aufklärung mit dem Vernunftbegriff umgegangen wurde, kommt man nämlich nicht selten zu dem Schluss, dass diverse Autoren religiöse Inhalte als a priori vernünftig voraussetzten.
 
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Es geht mitnichten darum, dass du Kleriker an ihren eigenen Wertmaßstäben misst, sondern darum, dass du bei Klerikern und dezidierten Vertretern einer prokirchlichen Partei (etwa dem Zentrum) grundsätzlich eine sinistre Handlungsmotivation unterstellst.
Das mit "grundsätzlich" ist nicht wahr, @El Quijote, denn ich habe auch geschrieben, dass Zentrum bis dahin, also bis zu der Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz, eine Stütze der Weimarer Demokratie war – siehe hier.
 
@Shinigami das alles ist viel zu kompliziert, du musst deine Gedanken dionysisch in plakativen Simplifizierungen vorbringen, unter Verzicht auf nachvollziehbare Satzstrukturen und Logik. Tust du das nicht, machst du dich der Relativierung schuldig.

Fakt ist, dass die Kirche schon immer restlos alles gegängelt und gewaltsam zu Christen gemacht hat und dass die Kirche, indem sie den Luther gebar, den Antisemitismus und den Nazi-Terror zur Welt gebracht hat.

(difficile est saturam non scribere - wenigstens das ist kein Kirchenlatein) :D
 
Ja, sie war Teil der Gesellschaft. Ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Teil. Weil andere Mächtige kamen und gingen, die Kirche aber blieb. Aber egal wer vom Adel gerade regierte, sie stand immer an der Seite des Adels, nicht an der des Volkes, obwohl sie mit diesem durch ihre Priester in engem Kontakt stand – es gab ja kein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand.

Mit gleichem Recht könnte man dann auch sagen: "Die Bischöfe und Pfarrer kamen und gingen, der Adel aber blieb." Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass Institutionen und gesellschaftliche Strukturen den Tod eines Menschen überdauern. Das heißt aber eben nicht, dass diese Institutionen auf eine derart monolithische Weise funktionierten.

Im konkreten Fall müsste man zuerst klären, von welchem Zeitraum Du hier sprichst. Wann stand "die" Kirche vom Bischof bis zum Landpfarrer auf der Seite "des" Adels und wann stand in jedem Dorf zumindest eine Kirche? Beides zweifle ich eigentlich für jede Epoche an, aber wenn wir diese Idee prüfen wollen, wäre eine Eingrenzung unbedingt erforderlich.
 
Mit gleichem Recht könnte man dann auch sagen: "Die Bischöfe und Pfarrer kamen und gingen, der Adel aber blieb." Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass Institutionen und gesellschaftliche Strukturen den Tod eines Menschen überdauern. Das heißt aber eben nicht, dass diese Institutionen auf eine derart monolithische Weise funktionierten.

Im konkreten Fall müsste man zuerst klären, von welchem Zeitraum Du hier sprichst. Wann stand "die" Kirche vom Bischof bis zum Landpfarrer auf der Seite "des" Adels und wann stand in jedem Dorf zumindest eine Kirche? Beides zweifle ich eigentlich für jede Epoche an, aber wenn wir diese Idee prüfen wollen, wäre eine Eingrenzung unbedingt erforderlich.

Wenn man sich mal mit Biographien von Persönlichkeiten beschäftigt, die während der Französischen Revolution eine Rolle spielten, müsste eigentlich der relativ hohe Anteil an niederen Geistlichen auffallen, die sehr empfänglich für Gedankengut der Aufklärung und der Revolution waren, und dann müsste eigentlich auch auffallen, dass die These, der Klerus in Frankreich habe die Interessen des Adels vertreten in dieser Zuspitzung nicht haltbar ist.

Der Klerus war kein monolithischer Block, da gehören Personengruppen dazu, die sehr unterschiedliche Interessen hatten, und gerade die niederen Kleriker, die über keine Pfründen verfügten, gehörten auf dem flachen Land zur Avantgarde der Revolution.

Zu den bekanntesten dürften der Abbé Emanuel Joseph de Sieyes gehören, der die Flugschrift herausbrachte "Qu´est ce que le Tiers Etat" oder Talleyrand der als Bischof von Autun seine Karriere startete. Das Priesterseminar St. Sulpice in Paris erwies sich geradezu als eine Art Kaderschmiede der Revolution. Sowohl der Abbe Sieyes wie auch Charles Maurice de Talleyrand wurden dort ausgebildet, und eine Reihe von weiteren Absolventen unterstützte die Revolution:

, Pierre Vergniaud war Absolvent von St. Sulpice und wurde später Führer der Girondisten. Jaques André Emery war ebenfalls aufgeschlossen für die Revolution. Er wendete sich gegen Simonie und Ämterkauf und forderte eine Erneuerung der Spiritualität. Trotzdem geriet er in den Verdacht der Konterrevolution, und St. Sulpice wurde 1791 geschlossen. Emery verweigerte den Eid auf die Zivilverfassung, bekannte sich aber zu den Werten von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, was ihm viele Royalisten verübelten.
 
Im konkreten Fall müsste man zuerst klären, von welchem Zeitraum Du hier sprichst. Wann stand "die" Kirche vom Bischof bis zum Landpfarrer auf der Seite "des" Adels und wann stand in jedem Dorf zumindest eine Kirche? Beides zweifle ich eigentlich für jede Epoche an, aber wenn wir diese Idee prüfen wollen, wäre eine Eingrenzung unbedingt erforderlich.
Zuerst möchte ich bemerken, dass die Formulierung, dass „die Kirche vom Bischof bis zum Landpfarrer auf der Seite des Adels“ stand, nicht von mir ist – ich schrieb: „Aber egal wer vom Adel gerade regierte, sie [Kirche] stand immer an der Seite des Adels, nicht an der des Volkes, obwohl sie mit diesem durch ihre Priester in engem Kontakt stand.“

Es geht hier also nicht um den Adel an sich, sondern um den Adel, der regierte. Und dieser regierte in HRR von Anfang an und später in deutschen Ländern bis zum Bismarck.

Es bleibt noch die Frage nach den Kirchen, über die ich schrieb, dass es kein Dorf gab, in dem nicht zumindest eine Kirche stand. Das war etwas zu forsch formuliert – ich ändere diese Aussage in: es gab, nach der Christianisierung des Landes, kaum ein Dorf, …

Der Klerus war kein monolithischer Block, da gehören Personengruppen dazu, die sehr unterschiedliche Interessen hatten, und gerade die niederen Kleriker, die über keine Pfründen verfügten, gehörten auf dem flachen Land zur Avantgarde der Revolution.
In Frankreich war die Situation etwas anders. Aber du sagst es: „gerade die niederen Kleriker, die über keine Pfründen verfügten, gehörten auf dem flachen Land zur Avantgarde der Revolution.“ Trotzdem musste auch der niedere Klerus dem Volk Bischofs- oder Papstbriefe vorlesen. Die Nationalversammlung beschloss danach auch folgerichtig die Abschaffung des Kirchenzehnten, von dem der niedere Klerus zuvor ohnehin nicht profitierte. Dem Klerus gehörende Güter wurden eingezogen, die Orden aufgelöst, und der Papst hatte in Frankreich nicht mehr viel zu sagen, musste die Republik und das Primat der weltlichen Gewalt auch über Klerus anerkennen.

Und noch etwas: Habe gerade gesehen, dass ich fälschlicherweise schrieb: „ob diese eine katholische oder eine katholische war“ – gemeint war natürlich „eine katholische oder eine protestantische“. Sorry.
 
Zuerst möchte ich bemerken, dass die Formulierung, dass „die Kirche vom Bischof bis zum Landpfarrer auf der Seite des Adels“ stand, nicht von mir ist – ich schrieb: „Aber egal wer vom Adel gerade regierte, sie [Kirche] stand immer an der Seite des Adels, nicht an der des Volkes, obwohl sie mit diesem durch ihre Priester in engem Kontakt stand.“
Wo ist denn da inhaltlich der Unterschied?
Vielleicht solltest du erklären, was du jeweils mit "Kirche" meinst. Ich hatte es ebenso wie @Stradivari verstanden.
Meintest du vielleicht nur die jeweilige Chefetage der "Kirche"?
 
Wo ist denn da inhaltlich der Unterschied?
Mit Kirche bezeichnet man sowohl ein Gebäude als auch die Institution, d.h. die ganze kirchliche Organisation. Diese ist in der katholischen Kirche* hierarchisch geordnet: Papst steht ganz oben, danach folgen Kardinäle, Bischöfe und Pfarrer. Die Kardinäle und Bischöfe werden vom Papst ernannt, die Pfarrer von Bischöfen. Die Pfarrer müssen tun, was über ihnen stehenden anordnen. Tun sie es nicht oder verstießen sie gegen kanonischen Recht oder weichen vom Vatikan festgeschriebene Glaubenslehre ab, werden sie bestraft oder gar aus dem Priesterstand entlassen, bei Häresie früher auch ein Kopf kürzer gemacht. Pfarrer haben in der Kirche als Institution so gut wie nichts zu sagen.

Wenn ich hier von Kirche als Institution schreibe, meine ich also jene, die in der Hierarchie über den Pfarrern stehen.

Deswegen war und ist die Formulierung @Stradivari s, dass „die Kirche vom Bischof bis zum Landpfarrer auf der Seite des Adels“ stand, nicht inhaltsgleich mit meiner.

* In den protestantischen oder evangelischen Kirchen gibt es auch Hierarchien, aber keinen Papst. Diese Funktion kommt in Deutschland teilweise dem jeweiligen Landesbischof zu. Jedenfalls können auch dort Bischöfe Pfarrer maßregeln, sie z.B. auch gegen ihren Willen versetzen, aus dem Dienst entlassen, etc. Allerdings kenne ich mich da nicht so gut aus – es ist also möglich, dass ich mich da irre.
 
Pfarrer haben in der Kirche als Institution so gut wie nichts zu sagen.

Wenn ich hier von Kirche als Institution schreibe, meine ich also jene, die in der Hierarchie über den Pfarrern stehen.

Was Du mit Deiner Aussage "es gab, nach der Christianisierung des Landes, kaum ein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand" ausdrücken wolltest, bleibt dann allerdings schleierhaft; ich dachte eigentlich, Du meintest damit die ländlichen Pfarrkirchen.
Die Kirche als Institution war also, wenn ich Deine Definition ernst nehme, in dem Dörfern praktisch nicht präsent.

In der Formulierung "nach der Christianisierung" offenbart sich übrigens außerdem ein Mangel an zeitlicher Schärfe. Vielleicht sollte auch diese Formulierung in "etwa 1000 Jahre nach der Christianisierung" verbessert werden. Wenn ich mir die Geschichte meinen derzeitigen Wohnorts anschaue - ein ehemaliges Dorf, um 1100 erstmals erwähnt -, dann finden wir um 1900 ein Schulhaus vor, auch einen Friedhof, jedoch noch keine Kirche. Die ersten Pfarrkirchen in den unmittelbaren Nachbardörfern wurden im 15., im 18. und im frühen 20. Jahrhundert gebaut. (Die Dörfer bestanden alle schon im Hochmittelalter.) Wenn ich die ganze nähere Umgebung anschaue, sehe ich unter 13 alten Dörfern im 13. Jahrhundert gerade mal vier, die mit einer eigenen Kirche ausgestattet waren.
 
Die Kirche als Institution war also, wenn ich Deine Definition ernst nehme, in dem Dörfern praktisch nicht präsent.
Doch, durch die Pfarrer war die Kirche als Institution präsent. Deswegen schrieb ich: Die Pfarrer müssen tun, was über ihnen stehenden anordnen.

Inwieweit Kirchen als Gebäude auf den Dörfern vorhanden oder nicht vorhanden waren, tut in diesem Zusammenhang wenig zur Sache, denn den Gläubigen wurde ja aufgelegt, regelmäßig in die Kirche zur Messe bzw. zum Gottesdienst zu kommen und auch regelmäßig zu beichten*, um die Absolution von ihren Sünden zu erhalten. Dies konnten sie nur tun, wenn eine Kirche und ein Priester in der Nähe waren, wobei es – vor allem in den Bergen – durchaus vorkommen konnte, dass sie einen längeren Marsch in Kauf nehmen und im Winter vielleicht ganz auf einen Kirchenbesuch verzichten mussten.

* Selbst Luther hat Zeit seines Lebens gebeichtet, wie anfangs auch jene, die seine Lehre übernahmen.
 
In Frankreich war die Situation etwas anders.
Inwiefern genau war sie denn anders?

Trotzdem musste auch der niedere Klerus dem Volk Bischofs- oder Papstbriefe vorlesen
Und dass machte sie automatisch zu Unterstützern der jeweiligen Inhalte?

Die Nationalversammlung beschloss danach auch folgerichtig die Abschaffung des Kirchenzehnten, von dem der niedere Klerus zuvor ohnehin nicht profitierte. Dem Klerus gehörende Güter wurden eingezogen, die Orden aufgelöst, und der Papst hatte in Frankreich nicht mehr viel zu sagen, musste die Republik und das Primat der weltlichen Gewalt auch über Klerus anerkennen.

Ja, eine zweifellos herausragende, nie dagewesene Leistung, also abgesehen davon, dass während der Reformation in den lutherischen und reformierten Territorien genau das gleiche passierte, was die weltliche Machtposition und Besitzungen der katholischen Kirche angeht.
Zugegeben, die Reformation hat keine Republik hervorgebracht, (jedenfalls nicht direkt), aber die erste Republik in Frankreich war ja auch nicht von Dauer.

Was genau passierte mit der Katholischen Kirche in Frankreich anderes, als 250 Jahre früher im Ostseeraum?

- Während der Reformation wurden die Güter der katholischen Kirche zu Gunsten der weltlichen Herren eingezogen, im Besonderen Klöster wurden aufgelöst.
- Der Papst hatte im protestantischen Norddeutschland auch nichts mehr zu sagen.
- Die neue Kirche, jedenfalls die lutherischen Landeskirchen, wie auch die anglikanische Kirche in England wurden letztendlich unter Kuratell der jeweiligen Landesherren und damit der weltlichen Macht gestellt?

Was genau war da jetzt in dieser Hinsicht anders, außer dass die in Frankreich mit diesen Maßnahmen halt etwas langsam waren?
Abgesehen davon, dass es in Frankreich nur teilweise nachhaltig war, weil der kleine Korse das zumindest teilweise wieder rückabwickelte?
 
In Frankreich war die Situation etwas anders. Aber du sagst es: „gerade die niederen Kleriker, die über keine Pfründen verfügten, gehörten auf dem flachen Land zur Avantgarde der Revolution.“ T.

Die de Talleyrands- Perigord waren Grafen, und Charles Maurice de Talleyrand war Bischof von Autun.
 
Hab ich mir dich gleich gedacht, dass es sich nicht lohnt, Deine ad-hoc-Definition ernst zu nehmen.

Inwieweit Kirchen als Gebäude auf den Dörfern vorhanden oder nicht vorhanden waren, tut in diesem Zusammenhang wenig zur Sache
Deswegen war und ist mir auch schleierhaft, was Du damit eigentlich ausdrücken wolltest.

Was allerdings immer etwas zur Sache tut, wenn man sich über Geschichte unterhalten will, ist, um welches Jahrhundert (oder zumindes Jahrtausend) es gerade geht. Zwischen der Christianisierung Thüringens und dem alten Luther iegen immerhin rund 800 Jahre.
 
denn den Gläubigen wurde ja aufgelegt, regelmäßig in die Kirche zur Messe bzw. zum Gottesdienst zu kommen und auch regelmäßig zu beichten* [...]

Joa, aber daraus resultiert ja noch lange nicht, dass das denn auch passierte oder dass man jedem die realistische Möglichkeit dazu einräumte, in dem man Pfarrstellen mitten in der Pampa einrichtete, so das auch Bewohner abgelgener wirtschaftlicher Randlagen regelmäßig einen Priester zu Gesicht bekamen.

Im Übrigen, gerade in noch nicht allzu lange christlichen Gebieten, funktionierte das mit dem Beichten ohnehin nicht, weil es dazu erstmal Priestern bedurft hätte, die der Landessprache mächtig waren und übrhaupt kapierten, was ihre Gemeindemitglieder eigentlich von ihnen wollten, respektive, bis sie ihnen überhaupt erklären konnten, was Beichte eigentlich ist und wozu es gut sein soll.

Bis die katholische Kirche mal genug kompetentes Personal bei der Hand hatte um so abglegene Gegenden wie Litauen und Livland einigermaßen mit Geistlichen zu verorgen, die sich dank Kenntnissen der Landessprache mit ihrer Gemeinde überhaupt erstmal ins Benehmen setzen konnten, vergingen Generationen.
 
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