Weil andere Mächtige kamen und gingen, die Kirche aber blieb.
Die Kirche an und für sich blieb, veränderte sich aber im laufe der Zeit stark.
Insofern du etwa die katholische Kirche der Rennaissance auf mehr oder minder sämtlichen Ebenen nicht mehr mit derjenigen des Frühmittelalters gleichsetzen kannst, ist das konstante Vorhandensein der Kirche eine relative Angelegennheit.
Der Verein hieß die ganze Zeit über so und erzählte etwas über Religion. Die konkrtet Auslegung derselben, die Ausdrucksform in der Lithurgie, die internen Strukturen, das Nebeneinander von Weltklerus und Ordensgeistlichkeit etc. waren Dinge, die kontinuierlich im Fluss waren.
Aber egal wer vom Adel gerade regierte, sie stand immer an der Seite des Adels, nicht an der des Volkes, obwohl sie mit diesem durch ihre Priester in engem Kontakt stand – es gab ja kein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand.
1. Wieder behadelst du die Kirche trotz besseren Wissens als monolithischen Block.
Dabei weißt du ganz genau, dass zwischen Weltgeistlichkeit und Ordensgeistlichkeit, so wie zwischen hohem und niederem Klerus eigentlich permanent Konfliktlinien verliefen, die dazu führen konnten, dass Teile der kirchlichen Strukturen sich in Auseinandersetzungen auf verschiedenen Seiten wiederfanden.
2. Genau so wenig wie "die Kirche", ist "der Adel" oder "das Volk" als monolithischer Block zu betrachten auf dessen Seite jemand hätte stehen können.
Das sind mit Verlaub Kollektivorstellungen, von Gesellschaftsklassen, die die Komplexität des historsichen Prozesses ignorieren.
Es gab mächtige adlige Territorialherrscher genau so verarmten Niederadel und kleine Freiherren und Ritter, die regelmäßig selbst um ihr wirtschaftliches und politisches Überleben kämpften.
Es gab leibeigene Bauern, die Scharrwerkspflichten unterlagen, es gab Zinsbauern, die davon ausgenommen waren, es gab freie Bauern und Bürger von Städten in einem nur schwachen oder überhaupt keinem untergeodneten Verhältnis zu lokalen Adligen standen.
Es gab mehr oder weniger besitzlose Tagelöhner, die den nichtadligen Bauernn gegenüber in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis standen, wie die unfreien Bauern gegenüber den adligen Grundherren.
Und es gab in den Städten Tagelöhner und Handwerkslehrlinge, die in vergleichbarem Maße von den Handwerksmeistern und den Oberhäuptern der Zünfte abhängig waren, die ebenfalls nicht dem Adel angehörten.
Die hatten keine gemeinsamen Kollektivinteressen, sondern alle ihre eigenen Probleme und mitunter massive Konflikte miteinander.
3. Es stand auch nicht "die Kirche" (über den Unsinn dieser Kollektivbetrachtung hatte ich mich bereits ausgelassen) bei jedem Konflikt, zwischen Adel und Untertanen, wegen der Höhe irgendwelcher Abgaben oder der Scharrwerkspflichten grundsätzlich auf der Seite des Adels.
Schon aus Eigeninteresse nicht.
Die Kirche, bzw. einzelne Glider davon waren selbst bedeutende Grundbesitzer und konnten kein Intesse daran haben wenn adelige Grundherren es mit Forderungen gegenüber ihren Bauern so sehr übertrieben, dass diese einen Aufstand anzettelten.
Der hätte nämlich überspringen, außerdem hätte offene Parteinahme für Grundherren, die ihre Bauern allzu sehr auspressten dem Ruf der Kirche und ihrer Exponenten bei den eigenen abhängigen Bauern massiv geschadet.
Beispiele dafür, dass sich Personen, im Besonderen aus dem niederen Klerus durchaus auch öffters mal zu Anwälten der Sache der kleinen Leute machte, wirst du durch die gesamte Geschichte hindurch finden.
Ist ja durchaus nicht so, als hätte es Persönlichkeiten wie Müntzer oder Sieyès nicht gegeben.
es gab ja kein Dorf, in dem nicht zumindest eine Kirche stand.
Aber selbstredend gab es solche Dörfer, allerdings, darum handelt es sich ja in der Hauptsache nicht.
Und es machte keinen Unterschied, ob diese eine katholische oder eine katholische war, überall wurde zum Gehorsam gegenüber Gott und der Obrigkeit aufgerufen.
Äh, nein.
Jedesmal wenn irgendein König oder Adliger exkommuniziert wurde, rief die Katholische Kirche dadurch alle Bindungen der Untertanen für nichtig zu erklären sogar explizit zum Ungehorsam gegenüber dieser Obrigkeit auf.
Sämmtliche Reformatoren riefen die Bevölkerung dazu auf derKatholischen Kirche als Vertreter der Orbigkeit in diversen Dingen den Gehorsam aufzukündigen.
Auch wenn es nicht direkt ihre eigenen Machtansprüche betraf, die Vorstellung, die Kirchen wären ganz grundsätzlich bereit gewesen jede noch so schlimme Tyrannis mitzutragen und zu rechtfertigen, haut so einfach nicht hin.
Für das und für das Gegenteil - des Lesens unkundige Volk musste einfach glauben, was ihm erzählt wurde.
Auch darüber hatte ich mich an anderer Stelle bereits ausgelassen:
Auch wenn die Analphabetenrate sehr hoch war, gab es in jeder größeren Gemeinde jemanden, der durchaus lesen konnte und nicht unmittelbar dem Klerus angehörte.
Kaufleute waren in der Regel des Lesens und Schreibens mächtig, Rechtsgelehrte, deren Interessen nicht unbedingt identisch mit denen der Kirchen sein musste auch.
Die Vorstellung, dass die Bevölkerung nicht in der Lage gewesen wäre zu verstehen, was in den religiösen Texten stand, mag in Mitteleuropa und zeitweise zutreffen, aber nicht über den gesamten Lauf der Geschichte hinweg.
Ein Großteil der Bewohner des Mittelmeeraums in der Spätantike verstand Latein sehr wohl und das Griechische als Überlieferungssprache der religiösen Texte starb, auch wenn es sich veränderte nie aus.
Ab dem Spätmittelalter waren Bibelübersetzungen in die jeweiligen Volkssprachen verfügbar.
Die griechisch-orthodoxe Kirche hat mit den griechischen Texten an einer Überlieferungssprache festgehalten, die die Bevölkerung sehr wohl verstand, die protestantischen Kirchengründungen gingen in der Regel sehr schnell dazu über die jeweilige Volkssprache zur Lithurgiesprache zu machen, so dass die Vorstllung, der Klerus hätte dem doofen Volk einfach jeden Unsinn auftischen können, hier nicht zutrifft.
Auch die Katholiken konnten die volkssprachigen Bibeln ab dem Spätmittelalter lesen oder sich von anderen Personen als Klerikern vorlsen lassen.
Zwischen Spätantike/Frühmittelalter und Spätmittelalter, sprich zwichen dem Aussterben der lateinischen Sprache und der Entwicklung der romanischen Volkssprachen, so weit vom lateinischen Weg, dass dieses nicht mehr verständlich war, war es für die meisten katholischen Gläubigen nicht möglich den Inhalt ihrer heiligen Schriften genau nachzuvollziehen.
Was sie aber durchaus nachvollziehen konnten, war der Unterschied, dass es im katholische Klerus selbst immer wieder Auseinandersetzungen, Dispute und Konzilien gab, die ihnen aber, auch wenn sie die Details nicht verstanden klar machen mussten, dass es über die Auslgegung unter den Gelehrten durchaus Kontroversen gab und eben nicht DIE eine Lehrmeinung DER Kirche.
Und wenn es doch mal wagte, aufzubegehren, dann war die Situation wahrscheinlich tatsächlich nicht mehr auszuhalten.
Auch dieses a priori Rechtfertigen von Aufruhr gegenüber der Obrigkeit trägt nicht unbedingt dazu bei deine Einlassungen weniger tendenziös erscheinen zu lassen.
Es gab genau so Unruhen, die sich daran entzündeten, dass die Obrigkeit versuchte Verpflichtungen der abhängigen Bauern zu erhöhen, wie es Unruhen gab, die sich daran entzündeten, dass Untertanen Abgaben zu denen sie verpflichtet waren verweigerten.
Anzunehmen, dass es immer nur eine Partei gewesen wäre, die sich sich über bestehende Vereinbarungen hinweggesetzt hätte, weil einem das ideologisch ins Konzept passt ist ein wenig einseitig.
So formte Kirche diese Gesellschaft über eine sehr, sehr lange Zeit, erst seit der Aufklärung und der französischen Revolution verlor sie nach und nach den Einfluss, den sie einst hatte.
Hilf mir auf die Sprünge: Warum genau kam es noch zur Reformation?
Nicht etwa, weil sich die Kirche bereits im Spätmittelalter in einer massiven Legitimitätskrise befand, die sich spätetens ab dem 14.-15. Jahrhundert zusammenbraute und sich dann Anfang des 16. Jahrhunderts in der Reformation entlud?
Zu dem Zeitpunkt hatte von "Aufklärung" noch kein Mensch was gehört.
Dafür haben aber nicht wenige Aufklärer auch daran garbeitet die Rolle der religiösen Strukturen wider zu stärken, in dem sie versuchten religiöse Inhalte und Traditionen nicht mehr mit kirchlichen Dogmen, sondern mit dem Label "Vernunft" wieder zu stärken.
Schaut man sich da die Argumentationen an und wie in der Aufklärung mit dem Vernunftbegriff umgegangen wurde, kommt man nämlich nicht selten zu dem Schluss, dass diverse Autoren religiöse Inhalte als a priori vernünftig voraussetzten.