Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

...jetzt schrumpfen deine vollmundig-anklägerischen Thesen schon zum Konjunktiv (im Singular sogar...)

hm, kannst du denn wenigstens - wenn du schon keinen nach Luthers Zeit exkommunizierten Autor, Herausgeber oder Buchdrucker vorweisen kannst - Heerscharen von Autoren, Herausgebern und Buchdruckern nachweisen, die "oh nein, das drucken wir nicht, und zwar aus Angst vor Kirche, Exkommunikation und Höllenfeuer" überliefert haben?
 
Das Zitat, das du dannach brachtest, ist wohl aus: Christine Wulf, Göttingen – Die Bibel im Spannungsfeld zwischen Laienemanzipation und Bibelverbot - Deutsche Bibeldrucke vor Luther.
Ja, natürlich. Das Zitat hatte ich mit Quellenlink und Anführungszeichen in Beitrag 683 gebracht, und Du hattest Dich prompt folgendermaßen darüber echauffiert:

Sie können kaum als ein wirksames Bibelverbot funktioniert haben, denn keiner der Drucker ist exkommuniziert worden, und keine der Maßnahmen scheint die Verbreitung der deutschen Bibel in der Frühdruckzeit wirkungsvoll eingeschränkt zu haben.
PS: So etwas kann man nur sagen, wenn man die Abschlachtung der Katharer und Waldenser und später der Protestanten nicht als das wertet, was sie war: Durchsetzung der einen Wahrheit um jeden Preis.

Für die Zeit mag die Aussage stimmen, für danach nicht, wie ich das bereits mit dem Hinweis auf die Exkommunizierung Luthers deutlich gemacht habe, was du aber nonschalant übergehst, in dem du nun ein Zitat bringst, das für die Zeit nach Luther keine Relevanz hat.

Du wurdest bereits darauf hingewiesen, dass Luther nicht wegen seiner Bibelübersetzung exkommuniziert wurde:

Das liest sich ja so, als sei Luther wegen der Bibelübersetzung exkommuniziert worden. Ob du das so meinst oder nicht, das ist Unsinn, der nicht unwidersprochen stehen bleiben kann.

Heerscharen zu liefern ist nicht nötig - ein Autor, Herausgeber oder Buchdrucker würde genügen.

Bisher bist Du damit überfordert, auch nur einen einzigen Autor, Herausgeber oder Buchdrucker zu nennen, der wegen seiner Bibelübersetzung exkommuniziert wurde.



Was entnehmen wir aus diesen 3 Zitaten? Dass

- es da eine Angst vor Sexualität (vulgo Fleischeslust) gab,
- die Kirche schon damals gegen die Bibellektüre und misogyn war,
- man (oder zumindest der Autor des Avisamentum) die Angst hatte, die volksprachlichen Bibeln würden die Kirche schwächen und den rechten Glauben gefährden

Nichts anderes sagte und sage ich hier.
Das Thema dieses Threads, das Du bei Bedarf immer wieder zu vergessen scheinst, lautet "Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?" Wir diskutieren überhaupt nicht darüber, ob es allerhand Zensurbestrebungen kirchlicher Autoritäten gegeben hat, sondern welche Wirksamkeit diese im Alltag entfalteten.

Um davon abzulenken, dass wieder mal eine Deiner steilen Thesen zerlegt wurde, ziehst Du Dich auf Aussagen zurück, die überhaupt nicht zur Debatte stehen. Du probierst es immer wieder, obwohl Du doch wissen müsstest, dass niemand auf solche Spielchen reinfällt. (Vgl. erst neulich...)

Versuche bitte nicht die Torpfosten zu verschieben, während die andere Mannschaft ihren Elfmeter schießt.

Du hast die Behauptung aufgestellt, der Versuch, Bibelübersetzungen abseits der von Rom bestätigten Lehrmeinung zu sanktionieren, beweise die Allmacht der Kirche. Dir wurde entgegnet, dass die Reichweite dieser Verbote begrenzt war, und sich kaum jemand daran gehalten hat.
 
Bisher bist Du damit überfordert
Nein, ich bin nicht überfordert - ich hatte die Tage kaum Zeit für Recherche. Mein PC spinnt bzw. weigert sich seit 3 Tagen, d.h. seit dem letzten Update, die für mich wichtige Dateien ins Microsoft-OneDrive zu speichern bzw. von dort herunter zu laden. Die Urlaubzeit steht bevor und ich möchte wie bisher auf diese Daten von überall her zugreifen. Das ist alles.
 
Sie bertrachtet in ihrem Vortrag ausschließlich Bibeldrucke vor Luther. Für die Zeit mag die Aussage stimmen, für danach nicht, wie ich das bereits mit dem Hinweis auf die Exkommunizierung Luthers deutlich gemacht habe, was du aber nonschalant übergehst, in dem du nun ein Zitat bringst, das für die Zeit nach Luther keine Relevanz hat.
Du bist mittlerweile mehrfahc darauf hingwiesen worden, dass Luther nicht wegen seiner Übersetzung der Bibel, sondern wegen seiner Thesen und der Weigerung diese zu widerrufen exkummuniziert wurde.

Man könnte dir im Übrigen entgegenhalten, dass nach Luther die Exkommunikation als Machtmittel außerhalb des direkten Einflussbereichs der weltlichen Macht des Papsttums, will heißen außerhalb des Kirchenstaates, seiner näheren Umgebung und der geistlichen Fürstentümer, die in Europa noch verblieben waren, endgültig abgstumpft war.

Wer sich mit dem Projekt einer Bibelübersetzung in irgendeine Volkssprache trug und in irgendeiner Weise päpstliche Repression fürchtete, konnte irgendwo in einen protstantischen Machtbereich übersideln (schollengebundene Untertanen und Höhrige, die nicht so ohne weiteres abwandern konnten kamen ja auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage und der damit verbundenen geringen Bildungschancen eher nicht in die Lage als Bibelübersetzer auftreten zu können), oder das fertige Werk ins protestantische Ausland verbringen und dort drucken lassen.
Wo war das Problem?

In die protstantischen Territorien reichte der Arm des Papstes unter Garantie nicht mehr, wenn man da drucken ließ, hatte der Drucker nichts zu befürchten und da konnte man die entsprechenden Erzeugnisse auch völlig ungeniert vertreiben.
Personen die im Verbotsfall (wobei eine päpstliche Stellungnahme selbst bei katholischen Fürsten kein Garant war, dass entsprechende Verbote tatsächlich ergingen und de facto auch angewandt und Zuwiderhandelnde bestraft wurden) nicht legale Schriften über die Grenze schmuggelten, hat es zu allen Zeiten gegeben, das war nicht das Problem.

Nach der Reformation hatten potentielle Bibelübersetzer, wenn sie vorsichtig waren und ein Ausweichen in andre Territorien inkauf nahmen, nichts mehr zu befürchten und Drucker, die ihre Pressen in protestantischen Territorien hatten auch nicht.

In diesem Zusammenhang brauchen wir Diskussionen darüber ob denn nach Luther irgendwelche Drucker exkommuniziert worden wären, übrhaupt nicht zu führen.
Ob Exkommunikationen irgendwelcher Drucker in den katholischen Territorien vorkamen oder es davor irgendwelche Ängste gab, die die Drucker dort dazu bewegten, bestimmte Dinge nicht zu drucken, wäre eigentlich höchstens im Hinblick auf wirtschaftliche Fragen von Interesse, denn wenn sich die Drucker in den katholischen Gebieten weigerten, machten das Geschäft eben die in den protestantischen Territorien, denen Exkommunikation und zeternde Päpste gepflegt am Allererwertesten vorbeigehen konnten.

Nach der Reformation verhinderte päpstliche Politik vollkommen egal wie gestrickt nicht mehr, dass etwas gedruckt wurde, sie entchied allenfalls noch darüber wo es gedruckt wurde und wer das Geschäft damit machte.
 
Nein, ich bin nicht überfordert - ich hatte die Tage kaum Zeit für Recherche.
Das ist btw. keine Ausrede, denn was du für gewöhnlich anbietst hat mit Recherche ja in der Regel auch herzlich wenig zu tun. In der Regel handelt es sich um Textfragmente, die eilig ergooglet oder aus wiki copy-pastet werden und die du in aller Regel selbst inhahtlich höchstens teilweise zur Kenntnis genommen hast.

Du möchtest uns nicht wirklich verkaufen, dass das in irgendweiner Form zeitaufwädig sei?

Aber gut, nehmen wir das Zitat mal als guten Vorsatz in Zukunft Recherche zu betreiben, die diesen Namen auch verdient. Dann wäre ja für alle etwas gewonnen.
 
Nachdem 1546 mit dem Edikt des Konzils in Trient "De editione et usu librorum sacrorum" Vulgata zur einzigen offiziellen Ausgabe der Heiligen Schrift erklärt wurde, galten alle anderen Ausgaben als häretisch. Und mit Häretikern hatte die Inquisition besondere Freude: Wenn sie nicht widerriefen, landeten sie auf dem Scheiterhaufen - dazu natürlich von einem weltlichen Gericht verurteilt, denn die Geistlichkeit durfte ja kein Blut vergießen. Aber weltlichen Fürsten konnten sich auch querstellen und kirchliche Anweisungen ignorieren. Das war in protestantischen Ländern die Regel.

Doch schon zuvor war für die Anhänger Luthers das Leben nicht leicht. Deswegen konnte William Tyndale, ein Engländer, erst in Deutschland, genauer in "Luthers" Stadt Wittenberg, die Bibel ins Englische übersetzen. Doch als die Bücher in England ankamen, war er dran. In Niederlanden wurde er verhaftet, der Häresie für schuldig befunden und "am 6. Oktober 1536 in Vilvoorde (ca. 10 km nördlich von Brüssel) erwürgt und danach verbrannt."

Hier eine fast zeitgenössische Darstellung aus Wikipedia:
440px-Tyndale-martyrdom.png
 
Doch schon zuvor war für die Anhänger Luthers das Leben nicht leicht. Deswegen konnte William Tyndale, ein Engländer, erst in Deutschland, genauer in "Luthers" Stadt Wittenberg, die Bibel ins Englische übersetzen. Doch als die Bücher in England ankamen, war er dran. In Niederlanden wurde er verhaftet, der Häresie für schuldig befunden und "am 6. Oktober 1536 in Vilvoorde (ca. 10 km nördlich von Brüssel) erwürgt und danach verbrannt."

Und ebenfalls aus der Wiki:

"Die Übersetzung von Tyndale wurde durch die englische Regierung verboten und seine Bücher verbrannt. Nur zwei Exemplare der Wormser Oktavausgabe sind erhalten. Tyndale selbst wurde auf Betreiben von Repräsentanten des Königs Heinrich VIII. und der Kirche von England, die gerade erst im Begriff war, sich von der Kirche von Rom zu lösen, und an deren Sichtweise in dieser Frage noch festhielt, zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Er wurde am 6. Oktober 1536 in Vilvoorde (ca. 10 km nördlich von Brüssel) erwürgt und danach verbrannt."


Verurteilt auf Betreiben König Heinreich und der Kirche von England.

Nicht auf Betreiben Roms.
 
Wer sich mit dem Projekt einer Bibelübersetzung in irgendeine Volkssprache trug und in irgendeiner Weise päpstliche Repression fürchtete,
Gab es denn jemand, der sich mit dem Projekt einer Bibelübersetzung trug und päpstliche Repression fürchtete? Schon bald nach der Bulle Leos X. von 1515 druckte Silvan Otmar in Augsburg die nächste deutsche Bibelübersetzung (1518). Die letzte vorlutherische (niederdeutsche) Bibel wurde 1522 in Halberstadt gedruckt.


Ob Exkommunikationen irgendwelcher Drucker in den katholischen Territorien vorkamen oder es davor irgendwelche Ängste gab, die die Drucker dort dazu bewegten, bestimmte Dinge nicht zu drucken, wäre eigentlich höchstens im Hinblick auf wirtschaftliche Fragen von Interesse,

Wirtschaftlich kann es sich nach Dions These gar nicht gelohnt haben, Bibeln zu drucken, denn die Macht der Kirche war ja so groß, dass die vielen Übersetzungen gar nicht gelesen wurden:

[...] weil die Macht der Kirche doch größer war, als der von @Scorpio verlinkte Artikel suggeriert.

[...] dass die Angabe @Scorpios, "es gab vor der Reformation nicht weniger als 70 deutsche Bibelübersetzungen" zwar richtig sein mag, aber von dieser großen Anzahl der Übersetzungen durfte ein gläubiger Mensch keinen gebrauch machen.

Also gelesen wurden die Bibeln dank der Macht der Kirche nicht, aber gekauft wurden sie, und die Drucker und Buchhändler scheinen nicht schlecht verdient zu haben: "Wir wissen zwar so gut wie nichts über die Höhe der einzelnen Auflagen, aber die ihre rasche Aufeinanderfolge ist auf jeden Fall ein Zeichen dafür, daß deutsche Bibeldrucke keine Ladenhüter waren." (Wulf zu den frühen Augsburger Drucken)
Lediglich die Halberstädter Bibel 1522 scheint ein Flop gewesen zu sein, das dürfte daran gelegen haben, dass kurz darauf die Lutherbibel herauskam, die offensichtlich ein durchschlagender Erfolg war.




Doch schon zuvor war für die Anhänger Luthers das Leben nicht leicht. Deswegen konnte William Tyndale, ein Engländer, erst in Deutschland, genauer in "Luthers" Stadt Wittenberg, die Bibel ins Englische übersetzen. Doch als die Bücher in England ankamen, war er dran. In Niederlanden wurde er verhaftet, der Häresie für schuldig befunden und "am 6. Oktober 1536 in Vilvoorde (ca. 10 km nördlich von Brüssel) erwürgt und danach verbrannt."

Du suggerierst also, Tyndale sei wegen seiner Bibelübersetzung "dran" gewesen?
Auch in diesem Fall zieht der Trick nicht:

While in prison for charges relating to his translation of the Bible into English, William Tyndale was questioned by Latomus, whose task was to determine that Tyndale's views were heretical and that he would not abandon them.[3] It is possible that Tyndale's charge of heresy was determined long before the exchange, and that the sole goal of Latomus's examination was to bring Tyndale back to orthodoxy before he was burned at the stake.[7]

Tyndale set out his views in writing, and Latomus answered them; Tyndale in turn produced a book in two parts as a reply, a work which is now lost.[3] At Tyndale's request, Latomus countered the two parts of this book in two different writings. Latomus's replies, along with his first letter, were collected by his nephew into a work called Refutations against Tyndale (1550), which included an introduction by Livinus Crucius, the parish priest of the Flemish village of Boeschepe.[3] Latomus allegedly intended these works to edify, not as a solely personal academic exchange.[3]

Latomus's works are important, as they have allowed a credible reconstruction of the Catholic response to Tyndale's views; it is also apparent that Latomus either did not know of Tyndale's translation of the Bible or did not think it worth mentioning—evincing that the precise charge brought against Tyndale at the time was not translating the Bible, but the so-called heresy of Lutheranism.[8]
 
Und ebenfalls aus der Wiki:

"Die Übersetzung von Tyndale wurde durch die englische Regierung verboten und seine Bücher verbrannt. Nur zwei Exemplare der Wormser Oktavausgabe sind erhalten. Tyndale selbst wurde auf Betreiben von Repräsentanten des Königs Heinrich VIII. und der Kirche von England, die gerade erst im Begriff war, sich von der Kirche von Rom zu lösen, und an deren Sichtweise in dieser Frage noch festhielt, zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Er wurde am 6. Oktober 1536 in Vilvoorde (ca. 10 km nördlich von Brüssel) erwürgt und danach verbrannt."


Verurteilt auf Betreiben König Heinreich und der Kirche von England.

Nicht auf Betreiben Roms.
Schon auf Betreiben der katholischen Kirche, sein Inquisitor war Jacques Masson (> Jacobus Latomus). Nur in dessen Schriften der Auseinandersetzung mit Tyndale - er gab Tyndale Gelegenheit, sich schriftlich zu erklären und antwortete diesem darauf - kommt dessen Bibelübersetzung gar nicht vor.
 
Gab es denn jemand, der sich mit dem Projekt einer Bibelübersetzung trug und päpstliche Repression fürchtete? Schon bald nach der Bulle Leos X. von 1515 druckte Silvan Otmar in Augsburg die nächste deutsche Bibelübersetzung (1518). Die letzte vorlutherische (niederdeutsche) Bibel wurde 1522 in Halberstadt gedruckt.
Weiß ich nicht, aber kann ja sein.

Gibt ja auch heute genügend Menschen, die felsenfest der Meinung sind, dass sie dieses oder jenes nicht sagen oder tun dürften, ohne Repression befürchten zu müssen, obwohl die meisten Dinge auf die das Bezogen wird mit keiner Strafe bedroht sind.
Befürchtungen dieser Art müssen ja nicht unbedingt mit den realen Verhältnissen korrespondieren und man könnte hier natürlich argumentieren, dass jemand, der Angst hatte eine Bibelübersetzung könne möglicherweise als Sünde/Verbrechen etc. betrachtet werden, Pläne eine solche anzufertigen oder das Bedauern sich das nicht zu trauen, nicht unbedingt zu Papier gebracht haben würde, weil man ihm das ja als Vorbereitungshandlung zu irgendeiner Missetat, dem Wunsch eine solche zu Begehen oder deren Billigung auslegen könnte.

Mir ging es ja einfach nur darum, dass Dions Behauptung selbt dann Humbug wäre, wenn sich irgendwo jemand ausgraben ließe, wo man das feststellen könnte, jedenfalls in der Zeit nach Luther, wo es in den protestantischen Gebieten definitiv Schutzräume gab, wo Übersetzer und Drucker gegenüber etwaigem Groll des Papstes immun waren.

Wirtschaftlich kann es sich nach Dions These gar nicht gelohnt haben, Bibeln zu drucken, denn die Macht der Kirche war ja so groß, dass die vielen Übersetzungen gar nicht gelesen wurden:
Naja, wenn es sich gar nicht gelohnt haben kann, dann kann sich ja auch kein Drucker ernsthaft daran versucht haben und dann kann ja auch keiner dafür bestraft worden sein und jede Drohung wäre ohnehin überflüssig gewesen.

Ich finde, nachdem wir diese hochkomplexe historische Frage befriedigend gelöst haben, haben wir uns alle einen Keks verdiehnt. Also außer Dion, der befürchten muss, dass dann sofot die Inquisition aus dem Busch springt und ihn wegen Völlerei drann kriegt.
 
Verurteilt auf Betreiben König Heinreich

Tyndale hatte sich gegen die Annullierung der Ehe mit Katharina von Aragon ausgesprochen (die bekanntlich zum Grund für Heinrichs Bruch mit dem Papst wurde), damit hatte er sich zwischen alle Stühle gesetzt.

"Im selben Jahr [1530] veröffentlichte er The Practice of Prelates. Whether the King's Grace may be separated from his queen because she was his brother's wife. In der Schrift kritisiert Tyndale scharf und umfassend die Papstkirche und ihre englischen Erfüllungsgehilfen, allen voran Kardinal Wolsey (,,Wolfsee"), den "gerissenen Wolf" ("wily wolf") und personifizierten Untergang Englands („shipwreck of all England"). Aber mit Berufung auf das göttliche Gebot der Unauflöslichkeit der Ehe stellt sich Tyndale gegen die bei Clemens VII. beantragte Scheidung Heinrichs VIII. von seiner ersten Frau, Katharina von Aragón, um die Hofdame Anne Boleyn heiraten zu können.
Tyndale fiel bei Heinrich in Ungnade. Dessen Privy Councillor, Thomas Cromwell, versuchte Tyndale in der Ehefrage umzustimmen und ließ ihn deshalb im März 1531 durch den Kaufmann Stephen Vaughan in Antwerpen aufspüren; Cromwell ließ freies Geleit nach England zusagen, aber Tyndale zögerte und verteidigte seine Streitschrift. Zur gleichen Zeit setzte Sir Thomas Elyot, englischer Gesandter am Kaiserhof in Wien, im Auftrag von Thomas Morus ein Kopfgeld auf die Ergreifung des 'Häretikers' Tyndale aus. Am 21. Mai 1535 wurde Tyndale durch - wahrscheinlich bestochene - Beamte des Brüsseler Hofes in Antwerpen verhaftet und in der Burg Vilvorde bei Brüssel festgesetzt; ein katholischer englischer Agent namens Henry Phillips hatte sich - getarnt als wissbegieriger 'Student' - bei Tyndale eingeschlichen und seinen Aufenthaltsort verraten. Tyndale wurde in einem Häresie-Prozess zu Tode verurteilt und im Oktober 1536 öffentlich in Vilvorde erdrosselt; seine Leiche wurde verbrannt.
Heinrich VIII. hatte zu dieser Zeit bereits Anne Boleyn heimlich geheiratet (25. Januar 1533) und war nach einem kanonischen Prozess, in dem seine erste Ehe mit Katharina von Aragón für gültig erklärt wurde, vom Papst exkommuniziert worden (11. .Juli 1533); im November 1534 hatte sich Heinrich VII. im Act of Supremacy durch das Parlament zum Oberhaupt der Kirche von England erklären lassen. Der König, der sich durch Tyndales Streitschrift von 1530 immer noch gekränkt fühlte, hatte sich nicht für die Freilassung des englischen Reformators eingesetzt. Innerhalb
von vier Jahren nach Tyndales Tod erschienen auf Befehl Heinrichs VIII. vier englische Bibeliibersetzungen, darunter die Great Bible, die alle auf Tyndales Übersetzungsarbeit beruhen. Tyndale gilt als Märtyrer der Anglikanischen Kirche (Gedenktag 6. Oktober)."
 
Nachdem 1546 mit dem Edikt des Konzils in Trient "De editione et usu librorum sacrorum" Vulgata zur einzigen offiziellen Ausgabe der Heiligen Schrift erklärt wurde, galten alle anderen Ausgaben als häretisch.

Das ist in dieser Form auch Unsinn. Das Dekret bestimmt, dass die Vulgata "in öffentlichen Vorlesungen, Disputationen, Predigten und Auslegungen als authentisch betrachtet werden soll" (in publicis lectionibus, disputationibus, praedicationibus et expositionibus pro authentica habeatur). Was eigentlich nichts Neues war, denn die Vulgata hatte auch zuvor in der römischen Kirche schon seit vielen Jahrhunderten als der maßgebliche Bibeltext gegolten.
Damit wurden aber keine Übersetzungen in andere Sprachen für "häretisch" erklärt. Die Übersetzungen von Eck, Dietenberger und Ulenberg wurden unzählige Male neu aufgelegt.
 
Gab es denn jemand, der sich mit dem Projekt einer Bibelübersetzung trug und päpstliche Repression fürchtete? Schon bald nach der Bulle Leos X. von 1515 druckte Silvan Otmar in Augsburg die nächste deutsche Bibelübersetzung (1518).
Was ist das für eine Argumentation? Alles Mögliche ist auch heute noch verboten, dennoch geschieht es, tausend-, ja millionenfach. Es ist offensichtlich: Wenn etwas verboten ist, dann wird trotz des Verbots genau das getan.

Die Bücher ohne Imprimatur wurden damals beschlagnahmt, verbrannt und der Autor/Herausgeber/Verleger/Drucker bestraft. Um das letztere zu vermeiden, wurden Bücher manchmal ohne des Autoren-, Orts- und Druckernamens oder mit falschen Angaben gedruckt und unter die Leute gebracht. Aber in diesem Fall wurde der Leser/Besitzer des Buches zum Autor/… erklärt und bestraft – so leicht ließ sich die Kirche nicht austricksen. Aber auch das ließ die Wissbegierde nicht ruhen, man wurde nur vorsichtiger in der Kommunikation mit anderen. Und dazu gehört auch die Selbstzensur, d.h. der bewusste Verzicht das Autors auf kontroverse Passagen. Oder vordergründig wird ein Loblied auf die katholische Kirche eingestimmt, um die im Subtext versteckte Kritik nicht sichtbar werden zu lassen. etc.

Erasmus von Rotterdam war, im Gegensatz zu Luther, keine Revolutionär, wollte die Kirche von innen heraus reformieren*. Er blieb auch sein Leben lang katholisch. Doch nach seinem Tod wurden alle seine Werke verboten und die Inquisition erklärte ihn post mortem zum Ketzer. Und das, obwohl ihn 1536 der Papst Paul III. zum Kardinal ernennen wollte. Man sieht, die Reformation setzte der katholischen Kirche zunehmend so zu, dass sie mit aller Macht zurückschlug: Die Gegenreformation** ward geboren und da hatte auch ein Erasmus, der noch 1524 gegen Luther polemisierte, keinen Platz - weil nicht katholisch genug?

* Das wollte Luther anfangs auch, aber er radikalsierte sich später.

** Hier wurden Grausamkeiten verübt gegen jene, die es wagten, der katholischen Kirche zu widersprechen oder sich gar weigerten, rekatholisiert zu werden. Da werden sicher wieder welche kommen und die Gegenreformation verteidigen, so nach dem Motto, was da passierte, war wirklich nicht schön, aber man müsse die Kirche verstehen ... in der Wissenschaft gibt es sogar welche, die nicht mehr von Gegenreformation sprechen wollen ... Aber ich habe nach wie vor keine Zeit für eine eingehende Diskussion. Leider.
 
Was ist das für eine Argumentation? Alles Mögliche ist auch heute noch verboten, dennoch geschieht es, tausend-, ja millionenfach. Es ist offensichtlich: Wenn etwas verboten ist, dann wird trotz des Verbots genau das getan.
ganz allgemein: ...wenn ein Verbot samt Drohungen so wirkungslos ist, dass es tausend-, ja millionenfach nicht beachtet wird: was sagt das aus über die Macht, die das Verbot verhängt, insbesondere wenn sich die Durchsetzung der Strafe kaum bis nicht nachweisen lässt?

Dir ist doch von @Sepiola mehr als deutlich genug nachgewiesen worden, wie es um Bibeldrucke und Drucke verschiedener Übersetzungen bestellt war - man gewinnt den Eindruck, dass du Beiträge und Quellenverweise entweder nicht liest oder ihren Inhalt nicht wahrnimmst...
 
Was ist das für eine Argumentation? Alles Mögliche ist auch heute noch verboten, dennoch geschieht es, tausend-, ja millionenfach. Es ist offensichtlich: Wenn etwas verboten ist, dann wird trotz des Verbots genau das getan.
Das ist die Argumentation, die deinen schrägen Postulaten von der Allmacht der katholischen Kirche entspricht.

Wenn Dinge trotz Verbots häufig getan werden, ist das ein Zeichen dafür, dass sich viele für das Verbot nicht interessieren und relativ wenig Sorge davor haben, dass ihnen dieses Handeln irgendwie auf die Füße fällt und sie dafür belangt werden.

Die Bücher ohne Imprimatur wurden damals beschlagnahmt, verbrannt und der Autor/Herausgeber/Verleger/Drucker bestraft.
Wenn denn die regionalen Machthaber eine solche Politik mittrugen und wenn denn irgendwer da war, der etwas beschlagnahmen oder irgendwen bestrafen hätte können.
Sowas, wie ein organisierter Polizei- und Zensurapparat stand den spätmittelalterlichen Herrschern ja durchaus nicht zur Verfügung.
Ein Großteil der Dienstleute der jeweiligen regionalen Herrscher konnten selbst nicht lesen, also auch nicht kontrollieren und nachvollziehen, was genau es mit einem Werk auf sich hatte.

Von dem her dürfte es sich, wenn denn irgendwann mal etwas nach damaligem Verständnis nicht legales beanstandet wurde, sehr oft um reine Zufallsfunde gehandelt haben.
Zumal, wenn man die zunächst relativ geringen Auflagenstärken bei Neuerscheinungen wegen des Kostenfaktors bedenkt.

Aber in diesem Fall wurde der Leser/Besitzer des Buches zum Autor/… erklärt und bestraft – so leicht ließ sich die Kirche nicht austricksen.
1. Darfst du das gerne bequellen.
2. Wie kommst du auf die Idee, dass die Kriche einfach unabhängig vom Inhalt, wegen formaler Abweichungen sich das Recht hätte herausnehmen können, irgendwen zu bestrafen?
Hätte die Kirche versucht irgendwelche Buchhändler oder Leser von Büchern ihrer Gerichtsbarkeit zu unterwerfen, ohne eindeutig belegen zu können, dass Dinge berührt waren, die in die Zuständigkeit des Kirchenrechts fielen, wäre das einzige Resultat gewesen, dass sie von der weltlichen Obrigkeit eins auf's Dach bekommen hätte, für den Versuch der Anmaßung der herschaftlichen Rechte des jeweiligen Fürsten (oder der Körperschaft).

Erasmus von Rotterdam war, im Gegensatz zu Luther, keine Revolutionär, wollte die Kirche von innen heraus reformieren*. Er blieb auch sein Leben lang katholisch.
Blieb Luther übrigens auch, jedenfalls in seinem Verständnis.

Doch nach seinem Tod wurden alle seine Werke verboten und die Inquisition erklärte ihn post mortem zum Ketzer. Und das, obwohl ihn 1536 der Papst Paul III. zum Kardinal ernennen wollte. Man sieht, die Reformation setzte der katholischen Kirche zunehmend so zu, dass sie mit aller Macht zurückschlug
Das Werke, die irgendwann wesentlich später eine Neubewertung erfuhren, ist jetzt eigentlich nicht unbedingt ein besonderes Phänomen.

Machiavelli bendet die Arbeit an seinem "Il principe" 1513. Noch 1532 bekommt das Werk eine päpstliche Zulassung zum Druck*
1557 landet es dann auf dem Index, weil inzwischen andere Bewertungsmaßsstäbe zum Tragen gekommen waren und sich die Situation verändert hatte.


Man sieht, die Reformation setzte der katholischen Kirche zunehmend so zu, dass sie mit aller Macht zurückschlug: Die Gegenreformation** ward geboren und da hatte auch ein Erasmus, der noch 1524 gegen Luther polemisierte, keinen Platz - weil nicht katholisch genug?
Die Reformation setzte der katholischen Kirche durchaus zu, es war aber lange Zeit überhaupt nicht entschieden, welchen Weg Rom selbst gehen und dass es überhaupt zur definitiven Spaltung der Kirche kommen würde.

Wenn wir über die Reformation und die katholische Kirche sprechen, sollten wir ggf. mal über Papst Hadrian VI. (1522-1523) sprechen, der in seinem relativ kurzen Pontifikat durchaus Neigungen zeigte, den Kritikern der katholische Kirchen in diversen Bereichen deutlich entgegen zu kommen und mit diesen in ernsthaften Dialog zu treten.

Die Vorstellung, Rom hätte zu allen Zeiten blindwütig auf alles drauf geschlagen, was irgendwie nach Kritik aussah und dass solche offen geäußert ein Ding der Unmöglichkeit gewesen hätte, geht ziemlich krass an den überlieferten Realitäten der Zeit vorbei.




* Im Übrigen kommt die Kirche im "principe" nicht so gut weg und die christliche Moral und entsprechende Traditionen schonmal überhaupt nicht. So viel nur zu der Behauptung, offene Kritik an der Kirchen oder der Religion hätten nicht geäußert werden können. Konnten sie zum Teil sogar mit expliziter päpstlicher Genehmigung, wie der Fall Machiavelli beweist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Großteil der Dienstleute der jeweiligen regionalen Herrscher konnten selbst nicht lesen, also auch nicht kontrollieren und nachvollziehen, was genau es mit einem Werk auf sich hatte.
Durchaus oft ein Problem. In der Reformation bzw. im Bauernkrieg wurden jede Menge Schriftstücke vernichtet, weil die Leute nicht lesen konnten und somit nicht nachvollziehen, ob es sich um Privilegien oder um anderes, etwa Historiographie handelte. (Und vielleicht war ihnen zuvor manches Schriftstück als Privileg präsentiert worden, welches gar keines war bzw. eines für etwas ganz anderes, sie konnten es ja nicht prüfen).
 
Zurück
Oben