Du hast mich missverstanden. Natürlich billigt das Wort Allahs Gewalt gegen Andersgläubige, aber nur, wenn diese vorher die Muslime angegriffen haben. Deshalb heisst es ja "vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben". Dir ist sicherlich nicht entgangen, dass Christen unter islamischer Herrschaft, von Ausnahmen abgesehen, gut behandelt worden sind? Wollen wir den Islam also nicht schlechter machen, als er ist!
Ich denke mal, es bringt nichts, zu erörtern, was man einem heiligen Buch entnehmen
kann, sondern, was ihm entnommen
wird. Den Juden in den mittelalterlichen Progromen hat es nichts geholfen, dass die Bibel diese Progrome keineswegs stützt. Den Häretikern hat es nichts geholfen, dass Jesus ausdrücklich verboten hat, das "Unkraut" auszureißen, sondern gebot, den jüngsten Tag und das Gericht Gottes abzuwarten. Die damalige personelle Verquickung zwischen Religion und Politik führte dazu, dass Häresie = Hochverrat war. Damals war die europäische Christenheit gewalttätig, und zwar nicht neben dem Christentum (wie heute ein getaufter Christ durchaus ein Mörder sein kann), sondern im Christentum, indem sie sich in göttlichen Einverständnis handeln sah.
Beim Islam ist die traditionelle Auffassung durchaus friedlich, indem sie den "kleinen Dschihad" nicht als Aftrag zur Agression versteht. Aber die von mir zitierte Islamreform von 1970 (
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=199458&postcount=15 ganz unten) ist gegenwärtig keine kleine Sekte in der hoffnungslosen Minderheit, sondern erfreut sich großer Sympatien. Deshalb mussten die Politiker die führenden Persönlichkeiten der Muslime extra auffordern, die Gewalttaten deutlich zu verurteilen, was aber nur widerstrebend und mehr zähneknirschend geschehen ist. Der vorne stehenden radikalen Minderheit fließen Gelder von einer großen Mehrzahl zu. Auch die sogenannten "Hassprediger" in den Moscheen werden ja keineswegs von aufgebrachten Muslimen verjagt.
Hinsichtlich unseres Themas zeigt sich in dieser Reform, dass die Rückbesinnung auf den ursprünglichen Islam, wie sie von den Reformern gefordert wird und wie sie den Islam verstehen, z.B. auch zur Forderung der allgemeinen Wiedereinführung der Scharia führt. Aus unserem Menschenverständnis (und das ist ja der Vergleichspunkt) ist die Scharia so wenig zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme geeignet wie das Deuteronomium im AT. Das bezieht sich nicht nur auf die Vorschriften unmittelbar mit ihren Todesstrafen für diverse Vergehen, sondern auch auf die Folgen. Denn oft sind es ja die genialen Spitzenleute, die sich nicht in das rituell geprägte Konzept einer Religionsordnung einfügen können. Sie sind oft Exzentriker. Wenn sie wegen Ehebruchs oder Gotteslästerung zum Tode verurteilt worden wären, wäre unsere Entwicklung sicher ebenfalls stark gehemmt worden. Gerade im Bereich der Astronomie hat die Kirche schnell eingesehen, dass eine Häresieverurteilung kontraproduktiv ist.
Man kann das an der Stellung der Ungläubigen ablesen: Natürlich denkt die Kirche, dass sie die einzige Institution sei, die die Wahrheit über Gott und Welt hüte. Und dies führte auch zu der besonderen Stellung der Juden im Mittelalter als Schutzbefohlene und gleichzeitig unmittelbare Knechte des Herrschers. Aber nach der Trennung von Religion und staatlicher Herrschaft (nicht Kirche und Staat!) konnte sich allmählich eine gesellschaftliche Gleichstellung entwickeln. Auch die Gleichstellung von Mann und Frau konnte sich entwickeln. Die heutige tatsächliche Ungleichbehandlung in der paganen Gesellschaft stützt sich ja nicht mehr auf Paulus, dass der Mann das Haupt der Frau sei.
In den islamisch geführten Ländern ist die Qualifizierung der Ungläubigen als "Dhimmi" nie aufgegeben worden. Die gesellschaftliche Benachteiligung der Dhimmi bringt natürlich einen großen Verlust an gesellschaftlichem Potential mit sich. Die nichtmuslimische Intelligenz konnte daher in der Vergangenheit nur sehr unzureichend, wenn überhaupt, für diese Länder fruchtbar gemacht werden.