Zusammenhang zw. Seekriegsleitung - Matrosenaufstand - Waffenstillstandsbedingungen?

Einen Strafprozess gegen Scheer und Hipper gab es vermutlich nicht. Gemeint ist wohl der Dolchstoßprozess. Ferner war das Verhalten der Seekriegsleitung Gegenstand eines Reichstags-Untersuchungsausschusses.

Einzelheiten finden sich im Aufsatz von Wilhelm Deist: "Die Politik der Seekriegsleitung und die Rebellion der Flotte Ende Oktober 1918" (Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 1966, Heft 4) - www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1966_4.pdf.
 
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Einen Strafprozess gegen Scheer und Hipper gab es vermutlich nicht. Gemeint ist wohl der Dolchstoßprozess. Ferner war das Verhalten der Seekriegsleitung Gegenstand eines Reichstags-Untersuchungsausschusses.

Einzelheiten finden sich im Aufsatz von Wilhelm Deist: "Die Politik der Seekriegsleitung und die Rebellion der Flotte Ende Oktober 1918" (Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 1966, Heft 4) - Institut für Zeitgeschichte: 404


Klasse!
Das ist es doch!

Wenn ich bewerten würde, bekämest Du jetzt eine knallgrüne.
 
v. Baden schreibt, dass er "erst lange nach der Revolution" von dem Angriffsbefehl erfahren habe. Unmittelbar nach Ausbruch der Revolution hätte die Seekriegsleitung von einem "Auslaufbefehl wie viele andere" gesprochen.
So etwa, "auf der Doggerbank ein paar Fischkutter erschrecken".

Der Zweck der Operation der Hochseeflotte als Todeskampf ist bereits in den Trotha-Ausführungen vom 6.10.1918 ersichtlich. Er fand die Zustimmung der Offiziere innerhalb der Seekriegsleitung.

Trotha empfahl, obwohl "Operationen" nicht der Zustimmung des Kaisers oder der Reichsregierung bedurften, die Zustimmung "von höchster Stelle" einzuholen. Deshalb suchte Scheer am 20.10. - die Versuche zur Fortführung des U-Boot-Krieges waren gescheitert - den Reichskanzler auf. Er ließ dabei Bemerkungen über die neue Operationsfreiheit der Hochseeflotte nach Beendigung des U-Boot-Krieges fallen. Den Plan legte er nicht vor, ansonsten erging er sich in vagen Andeutungen. Da die schwammigen Ausführungen unwidersprochen blieben, er bei konkreten Ausführungen zum Trotha-Plan Widerspruch befürchtete, ging er wohl zielbezogen von der Zustimmung aus. Als Hintergrund wurde von ihm gegenüber dem Reichskanzler das Einlaufen der Hochseeflotte in den Kanal zum Schutz der flandrischen Küste geschildert. Ein höchst merkwürdiges Vorgehen.

Scheer kehrte zur Seekriegsleitung zurück. Der Operationsbefehl erging dann am 24.10.1918 und sollte geheim gehalten werden. Er verbreitete sich dennoch sehr schnell auf den Schiffen. Auf den verteilten Flugblättern der Matrosen auf den Schiffen wurde deutlich, dass das Kriegsende herbeigesehnt wurde, und der Flottenvorstoß "den Frieden vereiteln" werde. Die Operation wurde von der Marineführung in der Nacht vom 29./30.10. aufgegeben. Dennoch scheiterten auch am 30.10. alle Versuche, die Ordnung wieder herzustellen. Das III. Geschwader sollte nun zur Widerherstellung der Ordnung im Verband exerzieren (was klappte), und dann nach Kiel detachiert werden, weil der Geschwaderchef Kraft den Hauptgrund der Unruhen in der langen Abwesenheit von Kiel sah. Dort lief das Geschwader am 1.11.1918 ein, die weitere Entwicklung ergab sich während der gewährten Landurlaube für einen kleinen Teil der Matrosen.

Dähnhardt, Revolution in Kiel, 1978.
 
Hallo Zusammen,

um den Zusammenhang zwischen Seekriegsleitung - Matrosenaufstand - Waffenstillstandsbedingungen zu erkennen, denke ich, sollte man ersteinmal die Ereignisse analysieren.

Teil 1
Als erstes habe ich hier einmal ein paar Daten zum Thema:

Ereignisse Seekriegsleitung 1918

- Westfront zusammengebrochen
- U-Bootabwehr der Alliierten so stark, das Unterwasseroffensive zusammengebrochen
- Scheer, Trotha, Levetzow erzwingen Neuordnung der Seekriegsführung
bisher
- Chef des Admiralstabes Holtzendorff
- Staatssekretär des Reichsmarineamtes von Capelle
- Chef des Marinekabinetts Admiral von Müller

Besprechung vom 09.01.1918 zwischen Trotha und Müller geplante Neuordnung
- Chef des Admiralstabes Scheer
- Staatssekretär des Reichsmarineamtes Hebbinghaus
- Chef des Marinekabinetts Trotha
- Flottenchef Souchon

Brief von Trotha an Müller am 14.01.1918
- „der gegenwärtige Staatssekretär des Reichsmarineamtes sei „eine lahme Ente“ und nicht in der Lage, die Interessen der Flotte gegenüber dem Kaiser befriedigend zu vertreten“

Sommer 1918 Zerwürfnis wegen des Schicksals der russischen Schwarzmeerflotte
- Ludendorff sah Schiffe als Kriegsbeute
- Holtzendorff nur für die Dauer des Krieges von den Russen leihen
- Trotha drängte am 26.06 1918 wiedermals Müller die Posten des Staatssekretär des Reichsmarineamtes und Chef des Admiralstabes neu zu besetzten, da beide Inhaber nicht mehr das Vertrauen des Offizierkorps hätten

03.07.1918 notiert Müller in sein Tagebuch
- „Sitzung mit Admiralen Scheer und von Trotha über Personalbesetzung in höchsten Stellen. Sehr sachlich, aber doch weitgehende Wünsche. (Abgang von Capelle und Holtzendorff und als deren Ersatz Behncke und Scheer)“
- Chef der Marinestadtion der Nordsee Admiral von Krosigk tritt für den Wechsel des Staatssekretär ein bringt die Sache beim Kaiser zur Sprache
- Unterstützung Ludendorffs wird verzichtet, da man annimmt das das Heer darin einen Präzedenzfall sieht und sich in Zukunft immer in Marineangelegenheiten einmischt

07.07. 1918 verfaßte Levetzow auf Anweisung Scheers eine Denkschrift
- Vorschläge für die Änderung der derzeitigen Führungsorganisation der Marine
- Oberste Heeresleitung sowie das Offizierkorps hätten das Vertrauen in die jetzige Führung verloren
- Parallel zur Obersten Heeresleitung sollte eine Seekriegsleitung eingerichtet werden
- Der nominelle Kaiserliche Oberbefehl wird durch diese Maßnahmen nicht beeinträchtigt
- Trotha lies sich für diesen Vorschlag gewinnen und wies Müller nochmals auf einen Wechsel hin

14.07.1918 schreibt Trotha in einem Brief an Müllers Stellvertreter Kapitän z.See von Restorff
- Hindenburg und Ludendorff sind nicht länger bereit mit Holtzendorff zusammenzuarbeiten
- Zu der jetzigen Seekriegsführung habe niemand mehr Vertrauen
- Müller lehnte diese Behauptungen als krasse Übertreibung ab und betonte, das sowohl der Kaiser wie auch die Oberste Heeresleitung zu Holtzendorff und Capelle hielten

Ende Juli 1918 Holtzendorff trit zurück
- Müller ist über den Umfang der Änderungen überrascht, als er am 07.08.1918 von Levetzow darüber unterrichtet wird
- Müller schreibt in sein Tagebuch: „ Ich muß ihn darauf aufmerksam machen, das der Chef des Admiralstabes keine Ordres vorlegen dürfe und dass der Kaiser eine Seekriegsleitung innerhalb des Admiralstabes ablehnen werde, weil Se. Majestät selbst die Seekriegsleitung sei.“
- Die Macht des Kaisers als Befehlshaber der Marine war während des Krieges so weit eingeschränkt worden, dass Levetzow ganz offen von seinem „nominellen“ Oberbefehl sprach
- Scheer, Trotha und Levetzow liesen die Kommandogewalt ihres Herrschers munter außer acht

11.08.1918 Audienz Scheers beim Kaiser um die Vorschläge über die Änderungen darzulegen und durchzusetzen
- Scheer ist vorab der Meinung, daß das gesamte Programm durchgezogen werden müsse, andernfalls seien die Bemühungen des Jahres 1918 vertan
- Kaiser wie auch Müller zeigen sich anfangs abgeneigt
- Scheer droht mit Rücktritt wenn das Reformprogramm nicht als Ganzes angenommen wird
- Der Kaiser gibt nach
- Chef des Admiralstabes und der Seekriegsleitung wird Scheer
- Chef seines Stabes wird Levetzow
- Chef der Hochseeflotte wird Hipper
- Chef des Stabes der Flotte bleibt Trotha bis Müller sein Amt niederlegt
- Es gab keine perönliche Führungsfunktion des Kaisers mehr
- Die verschiedenen Offiziere mit Immediatstellung unterstanden nun einem einheitlichen militärischen Befehl
- Hindenburg und Ludendorff billigten die Umorganisation

Nicht alle Seeoffiziere zeigten Begeisterung für die Änderungen
- Admiral von Keyserlingk: „Neu war daran lediglich die Nachahmung des Heeres auch in der Art der Gehaltzahlungen.“
- Admiral Bachmann registrierte großes Unsicherheitsgefühl der Flaggoffiziere

Weitere Verabschiedung von Admiralen und Personalveränderungen
- Koch, Hebbinghaus, Jacobsen, von Ammon
- September 1918 Bachmann und Capelle
- Staatssekretär des Reichsmarineamtes wurde Behncke

Fazit der Änderungen im Offizierkorps
- Daß diese personellen Veränderungen Unsicherheit und Unbehagen in die Reihen des Offizierkorps hineintrugen, kümmerte die neuen Männer kaum.
- Die Änderungen gingen bis in die untersten Ränge
- Zwischen August und Oktober 1918 erfolgte „der große Robbenschlag“
- 48% aller Kommandanten und 45% der ersten Offiziere erhielten neue Kommandos
- das so schon dünne Band zwischen Offizieren und Mannschaft wurde nun noch mehr geschwächt
- Trotha berichtet Levetzow von „Unruhe in allen führenden Stellen und ... Unsicherheit zwischen den Kommandanten“
- Am 28.07.1918 wird bei einer Versammlung aller wichtigen Personalstellen festgestellt: „ Der Prozeß der Verschlechterung der Offiziersverhältnisse in allen Befehlsbereichen, besonders in der Flotte, ist weiter vorgeschritten. Diese Verschlechterung drückt sich neben der Abwanderung der Qualitätsoffiziere namentlich in einer unnatürlichen Verjüngung des Offizierkorps und einer stärkeren Vermehrung der Reserveoffiziere aus“.


Quelle: Das Elitekorps des Kaisers-Marineoffiziere im Wilhelminischen Deutschland; Holger H.Herwig
 
Teil 2

Erstes Hauptinteresse der neuen Seekriegsleitung
- Neues Bauprogramm entworfen von Scheer und dem Leiter der U-Boot Abteilung im Reichsmarineamt von Mann
- Behncke gibt zu bedenken, das die deutschen Werten derzeit nicht in der Lage seien, große Aufträge zu übernehmen
- Bauprogramm sah vor:
o 2 Schlachtschiffe
o 15 Kreuzer
o 116 Torpedoboote
o 450 U-Boote davon:
§ 37 U-Kreuzer
§ 27 große U-Boote
§ 73 mittlere U-Boote
§ 118 UB-Boote (550t)
§ 103 UC-Boote (Minenleger, 450t)
§ 92 UF-Boote (350t)

- die Durchführung war tatsächlich kaum möglich, da die Beschaffung von Material und Arbeitskräften nicht durchdacht worden war
- genauso wenig hatte man überlegt, woher die ausgebildeten Besatzungen kommen sollen

Neu personelle Veränderungen zog das Bauprogramm nach sich
- Behncke wird vom Amt des Staatssekretär des Reichsmarineamtes entlassen
- Staatssekretär des Reichsmarineamtes wir von Mann

Waffenstillstandsfoderung am 29.09.1918 von Ludendorff an den Kaiser
- Das Heer fordert am 29.08.1918 den Waffenstillstand beim Kaiser
- Ab dem 12.10.1918 erkannte von Mann, das die Entscheidung Ludendorffs entgültig war
- Am 15.10.1918 gaben Scheer und Levetzow ihr Einverständnis den U-Bootkrieg zu beenden
- Am 20.10.1918 erklärte die Regierung offiziell den uneingeschränkten U-Bootkrieg für beendet
- Scheer unterrichtete den Kaiser, Ludendorff und Prinz Max von Baden, das mit dem Ende des U-Bootkrieges der Flotte ihre volle operative Freiheit wiedererlangte
- Damit war die seit August 1914 angestrebte entscheidende Seeschlacht gemeint

Operationsbefehl Nr. 19
- Anfang April 1918 wurde der Plan einer großen Seeschlacht von Holtzendorff verworfen
- Am 08.04.1918 lehnte auch der Kaiser solch einen Einsatz der Flotte ab, durch einen gesteigerten Optimismus der Anfangserfolge der Frühjahrsoffensive in Frankreich
- Am 05.10.1918 schrieb Kapitän z.See Michaelis an Levetzow, das nur eine entscheidende Seeschlacht das deutsche Volk und den Reichstag dazu ermutigen könnten, den Krieg weiterzuführen
- 07.10.1918 sprach Hipper und Trotha mit anderen Offizieren die Lage durch und Hipper stimmte Trothas Memorandum zu
- am 08.10.1918 wurde die Seekriegsleitung davon in Kenntnis gesetzt
- am 10.10.1918 legte Trotha einen Plan vor, die Grand Fleet in der Straße von Dover zum Kampf zu stellen
- als am 16.10.1918 eine Note von Wilson bei der Reichsregierung eintrifft, die als Vorraussetzung für Waffenstillstandsverhandlungen die Einstellung des U-Bootkrieges fordert, war für Scheer klar, das bis zum Waffenstillstand gekämpft wird: „ Es ist unmöglich, dass die Flotte...untätig bleibt.“ Der Einsatz der Flotte ist eine Ehren- und Existenzfrage geworden und hat keinen strategischen oder operativen militärischen Grund mehr.
- Bezeichnend für die neue „nominelle“ Rolle des Kaisers ist, das niemand daran dachte, die geplante Operation mit ihm durchzusprechen
- Am 22.10.1918 informierte Scheer Ludendorff über den Einsatz der Flotte, ehe sie zum Handelsobjekt in einem schimpflichen Frieden wird
- Kaiser und Reichskanzler erfuhren nichts von dem geplanten Vorstoß
- Begründet lag dies in der weitverbreiteten Abneigung der Offiziere gegen Zivilisten und besonders gegen Parlamentarier
- Am 24.10.1918 entschied sich Hipper, die Grand Fleet nicht vor Dover zu stellen, sondern doch in den Hoofden
- am 26.10.1918 gab Scheer die Zustimmung zum Operationsbefehl Nr.19, dessen Durchführung auf den 30.10.1918 gesetzt wurde
- Der Operationsplan sah vor, die Grand Fleet mit einen Torpedobootangriff auf die flandrische Küste und die Themsemündung aus Scapa Flow heraus zulocken, um sie dann mit der in den Hoofden liegenden Hochseeflotte zur Entscheidungsschlacht zu stellen.
- Nicht bedacht worden bei der Planung, ob die Briten sich von solch einem Torpedobootangriff überhaupt aus Scapa Flow locken ließen.
- Zu dieser Jahreszeit waren die Wetterbedingungen in der Nordsee sehr schlecht
- Und man unterschätzte die zusätzliche Unterstützung der US-Marine mit 5 Großlinienschiffen, 3 weitere lagen in irischen Häfen
- Schon am 26.10.1918 registrierten die Offiziere des IV Geschwaders eine erhebliche Erregung unter der Mannschaft, was auf eine größere Militärische Aktion hin deutete
- Am 29.10.1918 erteilte Hipper die letzten Anweisungen für die Operation
- Während der Besprechung wurde von ernsthaften Unruhen auf den Schiffen des III. Geschwaders gemeldet, andere Einheiten meldeten ähnliche Vorfälle
- Hipper entschied das Unternehmen vorläufig abzubrechen
- Am 30.10.1918 starb der Operationsplan Nr. 19

Quelle: Das Elitekorps des Kaisers-Marineoffiziere im Wilhelminischen Deutschland; Holger H.Herwig
 
Teil 2

Erstes Hauptinteresse der neuen Seekriegsleitung
- Bauprogramm sah vor:
o 2 Schlachtschiffe
o 15 Kreuzer
o 116 Torpedoboote
o 450 U-Boote davon:
§ 37 U-Kreuzer
§ 27 große U-Boote
§ 73 mittlere U-Boote
§ 118 UB-Boote (550t)
§ 103 UC-Boote (Minenleger, 450t)
§ 92 UF-Boote (350t)

- die Durchführung war tatsächlich kaum möglich, da die Beschaffung von Material und Arbeitskräften nicht durchdacht worden war
- genauso wenig hatte man überlegt, woher die ausgebildeten Besatzungen kommen sollen

Kann das denn wirklich sein, daß da keine Vorstellungen existierten, wie die Beschaffung von Material und Mannschaften organisert werden sollte oder wurde das nur von den Gegnern unterstellt? Das waren doch keine naiven Neulinge, die da agierten, sondern langjährige und hochrangige Offiziere.

Und auch die Organisation der Rüstungswirtschaft war so professionell aufgestellt, daß einige Spezialisten sogar noch in das Ministerium Speer an prägender Stelle übernommen wurden. Gab es denn keine instutionalisierte Stellungnahme von dieser Seite??

Grüße

Vitruv
 
Kann das denn wirklich sein, daß da keine Vorstellungen existierten, wie die Beschaffung von Material und Mannschaften organisert werden sollte oder wurde das nur von den Gegnern unterstellt? Das waren doch keine naiven Neulinge, die da agierten, sondern langjährige und hochrangige Offiziere.

Und auch die Organisation der Rüstungswirtschaft war so professionell aufgestellt, daß einige Spezialisten sogar noch in das Ministerium Speer an prägender Stelle übernommen wurden. Gab es denn keine instutionalisierte Stellungnahme von dieser Seite??

Grüße

Vitruv

Diese U-Boot-Programm war entworfen worden,
1.)um eine große , nach außen ins Volk dringende Kundgebung not tut, um die schlechte Stimmung weiterer Volkskreise zu mindern
2.)um im Außland den Eindruck zu erwecken, das man einen entschlossenen Willen hätte, den Krieg weiterzuführen.
Deshalb wurde auch die entscheidende Besprechung über das Programm in Köln geführt und nicht bei den großen Werften. Man vermutete einen Spionagering in Köln und hoffte, daß so die Nachrichten schnell zu den Alliierten gelangen mögen.
Das Bauprogramm hatte also mehr eine Begründung im ideologischen Aspekt, wie tatsächlich durchführbar zu sein.
Über durchführungsmöglichkeiten machte man sich zu diesen Zeitpunkt kaum noch gedanken. Ich habe eine Menge von Konstruktionsunterlagen von großen Kreuzern und Großlinienschiffen, die eine Größe von über 45.000t haben sollte und mit 42cm Geschützen bestückt werden sollten.
Das dies nicht durchführbar war, wußte man schon vor dem Krieg, aber man arbeitete weiter daran, warum auch immer.
 
Hallo Köbis,

also war das Programm ganz primär zur Desinformation des Gegners über die wahre militärische Lage konzipiert- im Prinzip keine unkluge Strategie.

Da muß ich aber noch mal nachhaken. Du schreibst:

'Neu personelle Veränderungen zog das Bauprogramm nach sich
- Behncke wird vom Amt des Staatssekretär des Reichsmarineamtes entlassen
- Staatssekretär des Reichsmarineamtes wir von Mann'

Wie kann denn ein Programm, das zur Desinformation des Gegners angelegt ist und dessen Realisierungschancen nicht einmal debattiert wurden, die Auswechslung der Führung nach sich ziehen?

War dies Teil der Strategie, hatte dies ggf. andere Gründe oder war die gesamte Führung von der Idee bzw. von der Desinformation infiziert?

Grüße

Vitruv
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man sich einmal den Bauplan oben anschaut, dann fällt der Schwerpunkt U-Boot-Waffe auf: 450 Stück!

Auch nach außen ist es doch in Zusammenhang mit der U-Boot-Bauplanung konsequent, den Direktor des U-Boot-Amtes im Reichsmarineamt zum Chef zu machen, der den künftigen Waffenschwerpunkt vertritt: Ritter von Mann.

Außerdem offensichtlich ein Hardliner, was die Niederschlagung der Revolten angeht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Karl_August_Klemens_Ritter_von_Mann
 
Teil 2

Hoofden
- am 26.10.1918 gab Scheer die Zustimmung zum Operationsbefehl Nr.19, dessen Durchführung auf den 30.10.1918 gesetzt wurde
- Der Operationsplan sah vor, die Grand Fleet mit einen Torpedobootangriff auf die flandrische Küste und die Themsemündung aus Scapa Flow heraus zulocken, um sie dann mit der in den Hoofden liegenden Hochseeflotte zur Entscheidungsschlacht zu stellen.
wig


Dieser Angriff im August 1918 als die Krise der Westfront ausbrach, oder im September, .....

Aber am 30.10.1918 als die Verhandlungen schon liefen.
Die Front hat doch bis zum letzten Tag gehalten, ich behaupte nach wie vor, ohne Ausbruch der Revolution wären deutlich bessere Bedingungen aushandelbar gewesen.
Und Auslöser für die Revolution war ganz klar der Auslaufbefehl.

Aber klar, die alten Spielchen... was wäre wenn...

Geschichte geht um Fakten, nicht um Spekulationen.
 
Hallo Köbis,

also war das Programm ganz primär zur Desinformation des Gegners über die wahre militärische Lage konzipiert- im Prinzip keine unkluge Strategie.

Da muß ich aber noch mal nachhaken. Du schreibst:

'Neu personelle Veränderungen zog das Bauprogramm nach sich
- Behncke wird vom Amt des Staatssekretär des Reichsmarineamtes entlassen
- Staatssekretär des Reichsmarineamtes wir von Mann'

Wie kann denn ein Programm, das zur Desinformation des Gegners angelegt ist und dessen Realisierungschancen nicht einmal debattiert wurden, die Auswechslung der Führung nach sich ziehen?

War dies Teil der Strategie, hatte dies ggf. andere Gründe oder war die gesamte Führung von der Idee bzw. von der Desinformation infiziert?

War doch ganz klar, Behncke hielt nichts von dem neuen Bauprogramm Scheers, habe ich auch schon geschrieben....

- Behncke gibt zu bedenken, das die deutschen Werften derzeit nicht in der Lage seien, große Aufträge zu übernehmen

und repo:

Dieser Angriff im August 1918 als die Krise der Westfront ausbrach, oder im September, .....

Aber am 30.10.1918 als die Verhandlungen schon liefen.
Die Front hat doch bis zum letzten Tag gehalten, ich behaupte nach wie vor, ohne Ausbruch der Revolution wären deutlich bessere Bedingungen aushandelbar gewesen.
Und Auslöser für die Revolution war ganz klar der Auslaufbefehl.

Aber klar, die alten Spielchen... was wäre wenn...

Geschichte geht um Fakten, nicht um Spekulationen.

Ich verstehe deine Frage nicht, bei dem Teil 2 dreht sich alles um den Operationsbefehl Nr.19......?

Aber ich denke, wir sollten zu den von mir gegebenen Infos noch die Fakten des Matrosenaufstandes erörtern, um eventuelle Verbindungen her zustellen, oder?
Und ich mache hier keine , was wäre wenn, Spekulationen. Das sind alles Fakten, wie sich die Seekriegsleitung in den letzten Tagen verhielt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aber klar, die alten Spielchen... was wäre wenn...

Geschichte geht um Fakten, nicht um Spekulationen.

Na so ganz starr ist das System nicht. Es ist ein Puzzle, daß man so oder so zusammensetzen kann- also mit viel gestalterischer Freiheit. Und viele Akteure haben eher im Sturm der Faktenflut die Distanz zur Interpretation verloren.

Wie hier? Denn mir ist bis jetzt immer noch nicht ersichtlich, ob das gesamte Bauprogramm ein Propaganda-Coup wie die Gummiarmee in Südengland war oder ob es durchaus Akteure gab, die eine Realisierung entschieden vorantrieben und dafür bereit waren, jeden personellen Widerstand aus dem Weg zu räumen...


Grüße

Vitruv
 
Na so ganz starr ist das System nicht. Es ist ein Puzzle, daß man so oder so zusammensetzen kann- also mit viel gestalterischer Freiheit. Und viele Akteure haben eher im Sturm der Faktenflut die Distanz zur Interpretation verloren.

Wie hier? Denn mir ist bis jetzt immer noch nicht ersichtlich, ob das gesamte Bauprogramm ein Propaganda-Coup wie die Gummiarmee in Südengland war oder ob es durchaus Akteure gab, die eine Realisierung entschieden vorantrieben und dafür bereit waren, jeden personellen Widerstand aus dem Weg zu räumen...


Grüße

Vitruv


Aber die Antwort zu deiner Frage steht in dem von mir geschrieben Beiträgen.

Zusammengefasst bedeutet das, das Scheer unter allen Umständen die personelle Veränderung vorantrieb und dabei betonte er auch, das er sein Programm entweder ganz oder garnicht durchführen werde. Und dazu gehörten nicht nur die personellen Veränderungen sondern auch ebend dieses Bauprogramm, was halt nur halbherzig durchdacht worden ist.
Das sich dieses gesamte "Zähnezeigen" unter dem Offizierkorps nun nicht gerade negativ auswirkte, habe ich auch dargelegt.
 
und repo:

Ich verstehe deine Frage nicht, bei dem Teil 2 dreht sich alles um den Operationsbefehl Nr.19......?

Aber ich denke, wir sollten zu den von mir gegebenen Infos noch die Fakten des Matrosenaufstandes erörtern, um eventuelle Verbindungen her zustellen, oder?
Und ich mache hier keine , was wäre wenn, Spekulationen. Das sind alles Fakten, wie sich die Seekriegsleitung in den letzten Tagen verhielt.


Ich wollte mal wieder auf den Fakt hinweisen, dass der Auslaufbefehl für den 30.10.1918 hirnrissig war. Die Heizer klüger als die Admirale waren.

Die ganz besondere Situation in Deutschland hinweisen, dass die Seekriegsleitung in dieser Situatuion den Auslaufbefehl zu einer "Entscheidungsschlacht" gibt, und weder den Obersten Kriegsherrn Kaiser Wilhelm II noch die politische Reichsleitung in Person des Reichskanzlers Max von Baden zu informieren.
In merry Old England hat man Admirale für solche Sachen an der Rah aufgehängt.

Als Noske wenige Tage später als Regierungsbeauftragter für die Flotte nach Kiel kam, haben die dort noch vorhandenen Marineoffiziere das Vorhandensein der Pläne zum Auslaufen zu einer "Entscheidungsschlacht" bestritten.

Sagen wir mal so, das Gefühl, dass die Admiralität da Kacke gemacht hatte, war im Marine-Offzierskorps im November 1918 schon vorhanden.

Was vermutlich nicht so bekannt ist, beim Kapp-Putsch hat die Flottenführung wieder voll "getillt" und musste nochmals von Mannschaften und Decksoffizieren von ganz großen Dummheiten abgehalten werden.

Das scheint mir irgendwo schon ein Fehler im System gewesen zu sein.


OT Wie geht man in anderen Ländern mit sowas um? Das britische Beispiel habe ich oben schon gebracht, ein anderes: Frankreich, als die Fallschirmjäger der Legion 1961 meuterten, gab es immerhin lebenslange Gefängsnisstrafen.
Aber was sollte auch in Deutschland einem gegen die Regierung meuternden Offizier passieren?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wollte mal wieder auf den Fakt hinweisen, dass der Auslaufbefehl für den 30.10.1918 hirnrissig war. Die Heizer klüger als die Admirale waren.

Die ganz besondere Situation in Deutschland hinweisen, dass die Seekriegsleitung in dieser Situatuion den Auslaufbefehl zu einer "Entscheidungsschlacht" gibt, und weder den Obersten Kriegsherrn Kaiser Wilhelm II noch die politische Reichsleitung in Person des Reichskanzlers Max von Baden zu informieren.
In merry Old England hat man Admirale für solche Sachen an der Rah aufgehängt.

Als Noske wenige Tage später als Regierungsbeauftragter für die Flotte nach Kiel kam, haben die dort noch vorhandenen Marineoffiziere das Vorhandensein der Pläne zum Auslaufen zu einer "Entscheidungsschlacht" bestritten.

Sagen wir mal so, das Gefühl, dass die Admiralität da Kacke gemacht hatte, war im Marine-Offzierskorps im November 1918 schon vorhanden.

Was vermutlich nicht so bekannt ist, beim Kapp-Putsch hat die Flottenführung wieder voll "getillt" und musste nochmals von Mannschaften und Decksoffizieren von ganz großen Dummheiten abgehalten werden.

Das scheint mir irgendwo schon ein Fehler im System gewesen zu sein.

Klar war das hirnrissig, schon alleine zu Denken, wenn ein Torpetobootangriff gefahren wir, kommt gleich die gesamte Grand Fleet. Das haben die bei anderen Angriffen auch nicht gemacht.
Im allgemeinen bin ich der Meinung, das die Seekriegsleitung 1918 stark an realitätsverlust litt, in allem was man tat.
Warscheinlich, weil man merkte, das die Flotte eine stumpfe Waffe sei und das viele Geld, was sie gekostet hat eigendlich für die Katz war.
Man bergündet ja auch teilweise den letzten Angriff damit, das man für die Zukunft dem Reichstag zeigen müsse, das die Flotte doch zu etwas taucht, damit auch in Zukunft wieder Gelder fließen mögen.
Daran sieht man, das der Versuch der Marine sich auf die Ebene des Heeres zu bringen misslang, war man doch in ständiger Revalität. Die Flotte zeigte im Krieg, das sie halt nur Mittel zum Zweck waren, aber Offensiv brachte sie keinen Erfolg in dem Krieg. Und darum wurde sie auch zum Schmelztiegel der Geschichte, in dem sie nicht das ruhmvollste und ehrenhafteste war, was die Deutschen zu bieten hatten, sonder genau das Gegenteil kam von der Flotte, der Verrat der Meuterei in der Flotte und gegen den Kaiser.
 
Warscheinlich, weil man merkte, das die Flotte eine stumpfe Waffe sei und das viele Geld, was sie gekostet hat eigendlich für die Katz war.
Man bergündet ja auch teilweise den letzten Angriff damit, das man für die Zukunft dem Reichstag zeigen müsse, das die Flotte doch zu etwas taucht, damit auch in Zukunft wieder Gelder fließen mögen.

Und am Ende stehen Dolchstoßlegenden :grübel:
Außerdem darf man nicht vergessen, was man bezüglich des U-Boot-Krieges alles versprochen hat.
 
Klar war das hirnrissig, schon Die Flotte zeigte im Krieg, das sie halt nur Mittel zum Zweck waren, aber Offensiv brachte sie keinen Erfolg in dem Krieg.


Dabei hat die Flotte, wie schon an anderer Stelle hier herausgearbeitet, im Rahmen der Möglichkeiten alles erfüllt.
Rußland war über die Ostsee nicht zu erreichen, Dänemark und holland blieben außerhalb des Kriegs. Sowenig nicht.

Aber dann, der uneingeschränkte U-Bootkrieg.

Man stelle sich mal vor, Sommer 1917, kein U-Bootkrieg, kein US-Kriegseintritt.
Das Zarenreich bricht zusammen!

Und England - Frankreich stehen ohne Verbündete da.......
 
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