Politisches Attentat - Vertretbar?

Sicher wird dieser Teil der Rechtsordnung erst spezifische Auslegungen bzw Urteile erfahren, wenn es mal soweit ist und eine Diktatur bekämpft werden muss, die das GG abgelöst hat. Aber der Art. 14 GG öffnet den Raum für solche Gedankenspiele und legitimiert erst mal solche Widerstandshandlungen, die exakte legale Beurteilung hinten an gestellt.

Wie war das mit der Spekulation? Ich mache mir bei Attentatsversuchen erst Gedanken um Sinn und konkrete Planung, wenn es denn soweit ist; das war bisher nicht real gegeben. ;)

Bis dahin sehe ich nicht, warum das Widerstandsrecht Tötungsversuche an konkreten Personen ausschließen sollte; muss ja nicht mals das Attentat auf den Diktator sein...

Auch im Fall der Fälle muss man wohl deutlich zwischen Widerstandshandlungen auch militärischer Art und Attentaten trennen. Ich denke, organisierter Widerstand auf der Grundlage internationaler Menschenrechtsregeln dürfte wohl als legitim gelten, während Attentate sich einer differenzierten Betrachtung unterziehen lassen müssen. Und da kann es schnell Probleme geben, denn Mord bleibt Mord.

Und daher bleibe ich dabei, ich sehe keinen Ansatz im GG, dass Attentate, die, wie hier schon mehrfach festgestellt, wohl nie (selten) ihr Ziel erreichen, damit eher kontraproduktiv sind, eine Legitimation haben.

Grüße
excideuil
 
@ excideuil: Wenn sich die Geschichte wiederholt schon, dafür ist dieser Art. 14 GG da; gut, ist kein §§, das stimmt... :grübel:

@köbis: Diesen Überlegungen will ich mich nicht verschließen, auch wenn es mir alles zu hypothetisch ist. Es geht um die ultima ratio, wenn die fiktive Diktatur mal Realität wird; alle Einzelheiten dann im Untergrund... ;)

Was findest Du hypothetisch?

Wer legt fest, wann ein politisches Attentat vertrebar scheint oder nicht? Gibt es hier eine Rechtsprechung?

Ist das ein Fall von Selbstjustiz? Ist das rechtlich und moralisch vertrebar?
 
Der Widerstand (die Notwehr) darf in seinen Mitteln nicht die Mittel des Angreifers überbieten. Die Tötung (nicht Ermordung!) wäre dann gerechtfertigt, wenn man dadurch das bedrohte eigene Leben oder das bedrohte Leben dritter retten würde, aber eben auch erst dann, wenn friedlichere Mittel nicht mehr wirken.

Da bin ich ganz bei dir. Allerdings erfüllt ein Attentat meiner Ansicht nach die Bedingungen für einen Mord - von langer Hand geplant, mit dem Ziel einen oder mehrere Menschen um sein/ihr Leben zu bringen.
Eine Tötung im Sinne von Notwehr geschieht im Affekt und ist nicht geplant und wäre somit wiederum kein Attentat (darüber kann man natürlich auch streiten.

Die Unverhältnismäßigkeit der Mittel ist aber ganz generell ein Problem, da kann der Widerstand u.U. schnell seine Berechtigung verlieren. Gegen einen hypothetischen Putsch wäre das erste eben nicht der bewaffnete Aufstand der demokratischen Kräfte gegen die Angreifer, sondern der Generalstreik. Dass der funktionieren kann, hat man vor einigen Jahren in Venezuela gesehen (wie auch immer man zu Hugo Chávez stehen mag).

Da muss ich dir ebenfalls Recht geben.
Das Problem ist schlichtweg die Tatsache, dass ein gewaltsamer Aufstand nicht nur den Tod der hypothetischen Führungsriege in Kauf nimmt, sondern eben auch den Unschuldiger.
Da ist es meiner Ansicht nach schwierig, eine Rechtmäßigkeit zu finden. Wenn sich nämlich erstmal ein Mob zusammengefunden hat, wird oft nicht mehr zwischen Freund und Feind unterschieden. Da ist dann das Motto "hauptsache, dagegen".

Ich tue mich auch schwer einen Stauffenberg z.B. als "Helden" zu titulieren.
Ich bin nämlich der Ansicht, dass er mehr erreicht hätte, wenn er mit den diversen Untergrundorganisationen an einer möglichen friedlichen "Revolution" zu arbeiten, eben durch Information, durch Aufklärung usw. usf... Aber das ist nur meine spekulative Ansicht, das kann jeder sehen, wie er mag.

Für mich liegt, wie gesagt, die Hauptproblematik von Attentaten der zu befürchtenden Märtyrer-Umdeutung. Gerade in der NS-Zeit, wo im Endeffekt fast die gesamte deutsche Bevölkerung "mit drin hing", war so ein Effekt vorprogrammiert. Das hätte man vorher mit berücksichtigen sollen. Faktisch war es nämlich so, dass Hitler zwar als Galionsfigur fungiert hat und natürlich die "wichtigen" Entscheidungen traf, man allerdings nicht die Männer um ihn herum vergessen oder unterschätzen sollte - da wäre garantiert der Nächste einfach aufgerückt und hätte "des Helden Hitlers Werk" vollendet, nachdem "der Führer für sein Volk und seine Überzeugung gestorben" wäre.
 
Da bin ich ganz bei dir. Allerdings erfüllt ein Attentat meiner Ansicht nach die Bedingungen für einen Mord - von langer Hand geplant, mit dem Ziel einen oder mehrere Menschen um sein/ihr Leben zu bringen.
Eine Tötung im Sinne von Notwehr geschieht im Affekt und ist nicht geplant und wäre somit wiederum kein Attentat (darüber kann man natürlich auch streiten.
Nein das stimmt nicht, auch eine Tötung kann geplant sein, ein Mord hat in Abgrenzung zur Tötung im deutschen Strafrecht durch niedere Motive:
§ 211 StGB schrieb:
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, weraus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

§ 212 StGB schrieb:
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Für mich liegt, wie gesagt, die Hauptproblematik von Attentaten der zu befürchtenden Märtyrer-Umdeutung.
Das stimmt zwar, dabei muss man aber noch nicht mal soweit gehen. Ein erfolgloses Attentat - oder eine ganze Reihe solcher, wie bei Hitler - hat auch eine stilisierende psychologische Wirkung, insbesondere durch entsprechende propagandistische Nutzung. Das ist ebenfalls ein Aspekt, der bei Attentatsplänen gerne vernachlässigt wird: nämlich was passiert, wenn die Nummer nach hinten losgeht.
 
Nein das stimmt nicht, auch eine Tötung kann geplant sein, ein Mord hat in Abgrenzung zur Tötung im deutschen Strafrecht durch niedere Motive:

Das hatte ich vergessen. Sorry, dann haben du und El Q. natürlich Recht.

Das stimmt zwar, dabei muss man aber noch nicht mal soweit gehen. Ein erfolgloses Attentat - oder eine ganze Reihe solcher, wie bei Hitler - hat auch eine stilisierende psychologische Wirkung, insbesondere durch entsprechende propagandistische Nutzung. Das ist ebenfalls ein Aspekt, der bei Attentatsplänen gerne vernachlässigt wird: nämlich was passiert, wenn die Nummer nach hinten losgeht.

Dem Gedanken kann ich mich anschließen. :winke:
 
Was findest Du hypothetisch?

Wer legt fest, wann ein politisches Attentat vertrebar scheint oder nicht? Gibt es hier eine Rechtsprechung?

Ist das ein Fall von Selbstjustiz? Ist das rechtlich und moralisch vertrebar?

Im Zweifelsfall lege ich selber fest, welche Widerstandsformen legitim sind, bzw (wie gesagt) wir beide und alle anderen Interessierten, irgendwo in einer konspirativen Wohnung, während draußen die Tyrannei am rumherrschen ist. ;)

Rechtsprechung zu dem Thema kann es nur im Nachhinein geben, und das setzt voraus, das die fiktive Diktatur, die da bekämpft wird, überwunden wird... das meinte ich mit "mir zu hypothetisch": Welche Widerstandsformen sinnvoll sind lässt sich erst sagen, wenn man weiß, was man eigentlich bekämpft. Wie das dann später gewürdigt wird ist nur noch spekulativ...

... und dennoch steht dieser Passus in der Verfassung. Jede Berufung darauf, während das demokratische System noch funzt, macht wenig Sinn (sagt das BVerfG, und hat das nie als Begrüdnung für Rechtbrüche hingenommen). Es ist der Notanker, wenn alle anderen Artikel des GG versagen.

Es ist keine Selbstjustiz. Widerstand bis hin zum Tyrannenmord ist Gegenwehr, Notwehr im großen Maßstab, keine Sanktionierung von Vergehen Wogegenauchimmer (das kann erst später geschehen) und im Idealfall auch keine Rache.

Ethisch-moralisch ist das im Zweifel nicht nur vertretbar, sondern geboten.

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

Dei einzigen Fragen, die dann bleiben: Welche Taten sind zielgerichtet? Welches Engagment kann der einzelne mittragen?
 
Ethisch-moralisch ist das im Zweifel nicht nur vertretbar, sondern geboten.

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

Dei einzigen Fragen, die dann bleiben: Welche Taten sind zielgerichtet? Welches Engagment kann der einzelne mittragen?

Nein, diese Fragen sind nur dann von Wichtigkeit, wenn dargelegt wird, wann Recht zu Unrecht wird und dann ist die Frage zu stellen, welche Art von Widerstand geleistet werden soll/muß.
Gewalt sollte das allerletzte Mittel sein!

Der Begriff politisches Attentat ist einfach zu "weitläufig" gewählt, um hier festzuhalten, daß das ein oder andere vertrebar erscheint.

Was ist eigendlich ein politisches Attentat?

Die Aktionen der RAF in den 70igern waren auch politische Attentate und in deren Augen war ihr Widerstand notwendig geworden, um das Recht als Unrecht zu bekämpfen.

Wenn hier Attentatsversuche auf das 3.Reich als vetretbar dargestellt werden sollen, dann nur aus unserer heutiger Sicht bzw. aus der Sicht der Siegerjustiz.

Wie ein Widerstand gegen ein Regime auch zum Umsturz führte, ohne Gewalt und Tötung von Führungsverantwortlichen zeigte die Opposition in der ehm. DDR.

Gibt es eigendlich einen politischen und gesellschaftlichen Umsturz nach einem Attentat an Fürhungsverantwortlichen, nach den Vorstellungen der Attentäter?

Ich bin der Meinung, daß solch ein Umsturz, durch massive Gewaltanwendung die Situation vorerst nicht verbessert oder gar noch mehr Chaos und Gewalt nachsich zieht, wie z.B. die Attentate am Vorabend des 1.WK.

Nein, ich bin immernoch der Meinung, daß ein Attentat, also gezielte Gewalt nicht vertrebar ist, auch dann nicht, wenn ein Tyrann vernichtet werden soll. Das macht ihn nach dem Tot meist noch zu einem Märtyrer und stellt auch die Attentäter auf die gleiche Gewaltstufe.
 
Nein, ich bin immernoch der Meinung, daß ein Attentat, also gezielte Gewalt nicht vertrebar ist, auch dann nicht, wenn ein Tyrann vernichtet werden soll. Das macht ihn nach dem Tot meist noch zu einem Märtyrer und stellt auch die Attentäter auf die gleiche Gewaltstufe.
Es gibt zwei Denkschulen:

Die eine sagt, dass Gewalt grundsätzlich verboten ist, im Ausnahmefall aber erlaubt sein kann. Innerhalb dieser Denke geht dann der Streit los, wann ein solcher Ausnahmefall vorliegen soll. Diese Denkschule mag uneindeutig und unklar erscheinen und zu sehr nach „Ja, aber“ klingen. Der innerhalb dieser Schule anhand von Beispielsfällen geführte Streit ist aber auch produktiv, da dieser letztlich zu den Grenzlinien für „erlaubte Gewalt“ im Rahmen von Gefahrenabwehr (Notstand) oder Selbstverteidigung (Notwehr und Nothilfe) führt, ja auch Grenzen für ein Attentat im Rahmen des Widerstandsrechts gegen Tyrannei aufzeigt.

Die andere Denkschule besagt, dass Gewalt immer verboten ist. Diese Linie erscheint eindeutig, klar und moralisch überlegen. Die Gewaltfrage stellt sich aber in konkreten Situationen und diese können sehr verschieden gelagert sein. Insofern beruht der moralische Rigorismus eines absoluten Gewaltverbotes auf dem Einstampfen der Unterschiede der einzelnen Sachverhalte („Gewalt ist Gewalt“), letztlich auf der Ignoranz gegenüber der konkreten Situation („Das ist auch nicht anders als …“). Diese Blindheit gegenüber der Realität kann zu ganz unmoralischen Ergebnissen führen, z.B. dass sich der Angreifer durchsetzt, die Tyrannei größer und blutrünstiger wird, Menschen massenhaft umgebracht werden, etc.

Worin liegt nun der konkrete Unterschied beider Denkschulen? Der wichtigste dürfte darin liegen, dass der Gewalttäter bei der ersten Denkschule damit rechnen muss auf Gegengewalt zu stoßen. Das schreckt ab. Bei der zweiten – rigorosen - Denkschule kann er sich sicher sein, dass er freie Hand hat. Das lädt ein.
 
Ich wundere mich über diesen Thread. Wo ist es eine HISTORISCHE Frage, ob ein politisches Attentat vertretbar ist? Das scheint mir doch eine rein moralische Frage zu sein. Die Im Thread anzutreffende Bezugnahme auf das Grundgesetz finde ich dann schon fast grotesk: Wir machen hier doch nicht in Staatsbürgerkunde. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es völlig irrelevant was das Grundgesetz oder das Bundesverfassungsgericht sagen. Erstens weil wissenschaftliche Ergebnisse weder Gerichtsentscheidungen, noch Gesetzen unterliegen. Zweitens weil das auch eine sehr kleinstaatliche Sichtweise wäre. Wir wollen ja auch nicht in Nationalismus egal welcher Färbung machen.

Sinnvoll könnte man womöglich fragen, ob Attentate in der Geschichte eher dazu geneigt haben, die Ziele der Attentäter zu verwirklichen, ob sie wirkungslos waren oder sogar tendenziell kontraproduktiv aus Sicht der Ziele der jeweiligen Attentäter. Das lässt sich dann ja nochmal in erfolgreiche und erfolglose Attentate unterscheiden. So ist das eine historische Fragestellung.

Wenn wir dann feststellen sollten, das Attentate tendenziell die Ziele der Attentäter zu verwirklichen helfen, ließe sich hinterfragen, ob Attentate politisch sinnvoll sind (zunächst mal ganz moralfrei). Das wäre dann eine politische Fragestellung und damit hier bereits deplaziert.

Sollte sich ergeben, das Attentate politsch sinnvoll sind, könnte man gleichwohl zu der Ansicht gelangen, dass sie moralisch nicht vertretbar sind. Da wären wir dann schließlich bei einer ethischen Fragestellung, die eine politische Einschätzung voraussetzt, die wiederum die Ergebnisse historischer Untersuchungen voraussetzt.
 
@gandolf: Die Problematik ist nicht, ob eine Denkweise rigoros durchgesetzt wird.
Ich bin einfach nur der Ansicht, daß der Widerstand in Form eines Attentates nicht das eigendliche Problem löst, und somit die Gewalt nicht immer verhältnismäßig ist.

Wir sollten hier die Problematik über die Vertrebarkeit eines Mordes über hsitorische Beispiele diskutieren, so wie Hans f. es anmerkt. Ich habe dazu schon eine Fragen gestellt, um auch den historischen Bezug herzustellen und um die Nutzbarkeit eines Attentates als Widerstand zu analysieren.
Gibt es eigendlich einen politischen und gesellschaftlichen Umsturz nach einem Attentat an Fürhungsverantwortlichen, nach den Vorstellungen der Attentäter?
 
Zuletzt bearbeitet:
1. Sinnvoll könnte man womöglich fragen, ob Attentate in der Geschichte eher dazu geneigt haben, die Ziele der Attentäter zu verwirklichen, ob sie wirkungslos waren oder sogar tendenziell kontraproduktiv aus Sicht der Ziele der jeweiligen Attentäter. Das lässt sich dann ja nochmal in erfolgreiche und erfolglose Attentate unterscheiden. So ist das eine historische Fragestellung.

2. Wenn wir dann feststellen sollten, das Attentate tendenziell die Ziele der Attentäter zu verwirklichen helfen, ließe sich hinterfragen, ob Attentate politisch sinnvoll sind (zunächst mal ganz moralfrei). Das wäre dann eine politische Fragestellung und damit hier bereits deplaziert.

3. Sollte sich ergeben, das Attentate politsch sinnvoll sind, könnte man gleichwohl zu der Ansicht gelangen, dass sie moralisch nicht vertretbar sind. Da wären wir dann schließlich bei einer ethischen Fragestellung, die eine politische Einschätzung voraussetzt, die wiederum die Ergebnisse historischer Untersuchungen voraussetzt.

zu 1. Mit Bezug auf die russische Situation im auslaufenden 19. Jahrhundert habe ich bereits in #6 ein historische Beispiel und seine Relevanz versucht in die Dikussion einzuführen. Insofern trifft die Kritik an einem zu zeitnahen Bezug nicht ganz zu.

zu 2. Zur Zielsetzung wurde von mir auf die indirekte Wirkung von Attentaten hingewiesen, die Systemdestabilisierung, da die direkte Wirkung, die bisher ausschließlich diskutiert wurde, aus den bisher genannten Gründen in der Regel nicht eingetreten ist. Und von Verschwörern, Terroristen, Umstürzlern auch nicht immer direkt als Zielsetzung formuliert wird.

Dieses gilt umso mehr, sofern das Attentat im Rahmen einer vom Volk getragenen Widerstandsbewegung durchgeführt wurde.

Weniger relevant ist es, sofern es im Kontext eines Coupe d`Etat erfolgt, da in diesem Fall die direkten Wirkungen über seinen Erfolg entscheiden.

Wieso diese Fragestellung, nur weil sie "politisch" sein soll, nicht hierher gehört, verstehe ich ja nur überhaupt nicht. Die Beschäftigung mit der Historie betrifft in großen Teilen politische Fragestellungen, weil es wenige Bereiche gibt, der nicht mindestens indirekt durch politische Entscheidungen beeinflußt wird.

zu 3. Das Nachdenken über ein politisches ideales System, wie es in der "Aufklärung" stattfand, erfolgte im wesentlichen vor dem Hintergrund "tyrannischer" Regierungsformen. Dieses Nachdenken begründete ja zunächst das Konstrukt der universellen "Menschenrechte" und schuf so die Voraussetzung, die Legitimation autoritärer Regierungsformen zu hinterfragen.

Und schuf somit auch die Voraussetzung für die Erkenntnis, dass eine systematische Verletzung der Menschenrechte durch eine despotische Regierung das Recht auf Widerstand begründet.

In diesem Sinne ergibt sich ein Kontinuum der Unterdrückung, dem ein Kontinuum des Widerstands gegenübersteht, um die Angemessenheit der Mittel zu berücksichtigen.

Die Legitimität des politischen Widerstands resultiert dabei aus der Angemessenheit der gewählten Mittel.

Dieser Aspekt wird beispeilsweise bei Barnes und Kaase comparativ dargestellt.
http://books.google.de/books?id=Hpg...ook_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCoQ6AEwAA


Vor diesem Hintergrund ist das politisch motivierte Attentat auf einen Tyrannen oder Despoten lediglich als Ultima Ratio, wie Melchior es ja schon thematisiert hat, zu begreifen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da fällt mir auch ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ein...
eine große Weltmacht, die Menschen (selbst Kinder) ohne ausreichende Begründung, ohne Gerichtsverfahren unter unmenschlichsten Bedingungen und völlig isoliert internierte,
die Folter billigt und gutheißt,
unter unhaltbaren Vorwänden Kriege begann,
Leute ohne faires Verfahren zur "Gefahr der nationalen Sicherheit" erklärt und lebenslang einsperrt.

Wäre nun ein Attentat auf den damaligen Präsidenten zu befürworten gewesen?
 
Da fällt mir auch ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ein...
eine große Weltmacht, die Menschen (selbst Kinder) ohne ausreichende Begründung, ohne Gerichtsverfahren unter unmenschlichsten Bedingungen und völlig isoliert internierte,
die Folter billigt und gutheißt,
unter unhaltbaren Vorwänden Kriege begann,
Leute ohne faires Verfahren zur "Gefahr der nationalen Sicherheit" erklärt und lebenslang einsperrt.

Wäre nun ein Attentat auf den damaligen Präsidenten zu befürworten gewesen?

Mit den hier im thread gegebenen Antworten hättest du schon auf eine Verneinung dessen kommen können, da die rechtsstaatlichen Mittel noch nicht ausgeschöpft waren/sind. Ich möchte das hier aber nicht weiter vertiefen, da dies zu zeitnah für eine historische Diskussion ist und es sich eigentlich noch immer um ein tagespolitisches Problem handelt.
 
Da fällt mir auch ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ein...
eine große Weltmacht, die Menschen (selbst Kinder) ohne ausreichende Begründung, ohne Gerichtsverfahren unter unmenschlichsten Bedingungen und völlig isoliert internierte,
die Folter billigt und gutheißt,
unter unhaltbaren Vorwänden Kriege begann,
Leute ohne faires Verfahren zur "Gefahr der nationalen Sicherheit" erklärt und lebenslang einsperrt.

Wäre nun ein Attentat auf den damaligen Präsidenten zu befürworten gewesen?

Ja natürlich, allerdings befand sich diese Großmacht erst auf dem Weg zu Weltmacht, und der "damalige Präsident" nannte sich "der Führer". :pfeif:

In diesem Sinne, und weil es breits ausführlich diskutiert wurde, ein deutliches Ja.

Ansonsten würde ich Dir die Bücher von Naomi Klein empfehlen, beispielsweise:

Die Schock-Strategie: der Aufstieg ... - Google Bücher

oder von Chomski, beispielsweise:
Imperial ambitions: conversations on ... - Google Bücher

Aber das ist ein anderes Thema, wie EQ ja schon angedeutet hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist die Frage nach Vertretbarkeit des Politischen Attentats heute
noch so zu stellen, wie es hier inhaltlich diskutiert wird -
also auf Einzelpersonen / Tyrannen / Führer / Monarchen / Diktatoren
bezogen ?

Ich meine nicht.
Realität besitzen eher gewaltsame Staatsstreiche , wobei ganze
Gruppen der die Staatsmacht verkörpernden Politiker von der
Macht verdrängt werden.
Und zwar durch andere Gruppen , welche die Macht ausüben wollen.
Das ist erfolgreich ( zB. Putsch in Chile gegen Allende ) oder auch
nicht erfolgreich ( Putsch gegen Jelzin ).

Aus Sicht erfolgreicher Gruppen ist das im Nachhinein natürlich immer
berechtigt und sie werden Argumente anführen , welche diese Sicht stützen.
Solche erfolgreichen Machtübernahmen werden dann recht oft durch
Aufnahme politischer Beziehungen und Aufnahme in die UN anerkannt.
Auch wenn solche neue Machtinhaber ihren Erfolg oft nicht auf
Dauer verfestigen können und wiederum abgelöst werden.

Scheitert der Umsturz , sind das natürlich alles Terroristen , Faschisten ,
Kommunisten , religiös Fehlgeleitete etc gewesen ....

Und im Auge des Betrachters/ Bewerters /des politisch Interessierten
ist der Umsturz je nach Standpunkt entweder eine willkommene
Änderung oder eben ein ganz böses Verbrechen. Und auch aus der
veränderten Faktenlage , ob man daraus Vorteile ziehen kann
oder Nachteile hinnehmen muss.

Daher macht es mMn wenig Sinn , Zulässigkeit hypothetisch zu diskutieren -
Attentate/ Putsche sind Realität - und werden in günstigen Fällen
sogar international akzeptiert.
 
Mit den hier im thread gegebenen Antworten hättest du schon auf eine Verneinung dessen kommen können, da die rechtsstaatlichen Mittel noch nicht ausgeschöpft waren/sind. Ich möchte das hier aber nicht weiter vertiefen, da dies zu zeitnah für eine historische Diskussion ist und es sich eigentlich noch immer um ein tagespolitisches Problem handelt.
Genau darin liegt ja die Problematik, es ist relativ leicht Jahrhunderte oder auch 70 Jahre danach, wenn man einen recht guten Überblick über die Ereignisse und die Folgen hat, zu beurteilen ob ein Attentat etwas verhindern hätte können oder zu einer besseren Lage führen hätte können - obwohl immer noch alles hypotetisch und mit Unsicherheiten behaftet.

Ganz anders sieht es aus wenn man direkt in der Situation drinnen ist, gewisse Anzeichen vorhanden sind aber der Überblick und die Neutralität für eine verläßliche Zukunftsprognose fehlen und genau in der Lage ist - wenn überhaupt - so eine Entscheidung zu fällen.
 
Genau darin liegt ja die Problematik, es ist relativ leicht Jahrhunderte oder auch 70 Jahre danach, wenn man einen recht guten Überblick über die Ereignisse und die Folgen hat, zu beurteilen ob ein Attentat etwas verhindern hätte können oder zu einer besseren Lage führen hätte können - obwohl immer noch alles hypotetisch und mit Unsicherheiten behaftet.

Ganz anders sieht es aus wenn man direkt in der Situation drinnen ist, gewisse Anzeichen vorhanden sind aber der Überblick und die Neutralität für eine verläßliche Zukunftsprognose fehlen und genau in der Lage ist - wenn überhaupt - so eine Entscheidung zu fällen.
Man kann feststellen, dass noch nicht alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft sind oder man kann feststellen, dass der Rechtsstaat mit Füßen getreten wird, ergo schon die Artikulation der eigenen Perspektive oder Anrufung des Rechtsstaats für einen selbst mit Gefängnis/Lager oder gar Mord enden kann. In letzterem Falle hat man keine anderen Möglichkeiten, als die der Illegalität. Nun ist es aber noch immer so, dass zwischen der illegalen Aktion, die ja auch darin bestehen kann, dass man ein Flugblatt druckt und Tötung oder gar Mord noch eine ganze Palette von Möglichkeiten des Widerstands existiert. Es ist auch immer eine Frage, wie hoch die Dringlichkeit ist. Verhindert man durch die Tötung der Zielperson die Tötung von anderen, möglicherweise unschuldigen Menschen? Wie viel Menschenleben ist ein Menschenleben wert?

(Putsch gegen Jelzin).

Du meinst doch sicher den Putsch gegen Gorbatschow?
 
ergo schon die Artikulation der eigenen Perspektive oder Anrufung des Rechtsstaats für einen selbst mit Gefängnis/Lager oder gar Mord enden kann
Genau das weiß man aber meist nur dann mit Sicherheit wenn man es versucht hat und selbst nach massiver Bedrohung, Gefängnis und Schlimmeren kann der friedliche Widerstand immer noch das bessere Mittel sein, siehe Gandhi -
ich denke nach wie vor, daß man direkt in der Situation nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit hat das richtig einzuschätzen.
 
Artikel 20 des Grundgesetzes, Absatz 4:

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Damit ist das politische Attentat verfassungsrechtlich festgeschrieben, jedoch nur in sehr engen Grenzen, "wenn andere Abhilfe nicht möglich ist".
Bevor man ein Attentat plant und ausführt, sollte man einen Anwalt aufsuchen und mit ihm alle juristischen Fragen und Folgen abklopfen, damit man später nicht als Straftäter dasteht.

Ein Attentat, dem z.B. Stalin zum Opfer gefallen wäre, hätte sicher weitreichende Folgen gehabt. Wenn es früh genug geschehen wäre, sicher auch für das ganze System Sozialismus.

Der Tot Hitlers hätte den Krieg bestimmt nicht sofort beendet. In England war die Reaktion auf das Stauffenbergattentat: "Jetzt knallen sich die Nazis gegenseitig ab."
Andererseits, spätestens zur Ardennenoffensive wäre es sicher nicht mehr gekommen.
 
Ein Attentat, dem z.B. Stalin zum Opfer gefallen wäre, hätte sicher weitreichende Folgen gehabt. Wenn es früh genug geschehen wäre, sicher auch für das ganze System Sozialismus.

Der Tot Hitlers hätte den Krieg bestimmt nicht sofort beendet. In England war die Reaktion auf das Stauffenbergattentat: "Jetzt knallen sich die Nazis gegenseitig ab."
Andererseits, spätestens zur Ardennenoffensive wäre es sicher nicht mehr gekommen.

Kannst Du die Spekulationen über die Richtungsänderung der Geschichte belegen?:grübel:
Ich finde solche Geschichten über den Verlauf der Geschichte , die geschehen wäre, nicht als ausreichende Begründung für ein Attentat, zumal es so nur bewertbar ist in der historischen Zukunft, aber nicht in unmittelbarer Zeitnähe der Gegenwart des Attentates.

Letztlich haben die Menschen, die sich an einem Attentat beteilgten, um einen politischen Umsturz zu verursachen, sich auf ein Person, die die Wurzel des Übels darstellt fixiert. Das hier aber meist noch ganz andere Strukturen dahinterstehen wird nicht unbedingt in betracht gezogen.
Hinzukommt die große Variable von unbekannten folgenden Ereignissen, die niemand zu beinflußen mag bzw. mit denen einfach niemand rechnet.

Wie würdet ihr eigendlich das Attentat an Liebknecht und Luxemburg der deutschen Freikorpssoldaten werten. Ist es hier gelungen, durch die Ermordung der führenden Köpfe des Spartakusaufstandes, die kommunistische Revolution komplett zu ersticken?
 
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