Mercator
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Dass Gonella nicht berechtigt war, Tuchmaterial zu entnehmen, bedeutet leider alles. Ob "Klarheit" herrscht ist eine müßige Diskussion. Es gibt einen wissenschaftlichen "Stand der Kunst" zur Datierung, der bisher nicht überzeugend erschüttert wurde.Dass Gonella nicht berechtigt war, Tuchmaterial zu entnehmen, bedeutet nichts. Wenn Gonellas Probe tatsächlich vom Grabtuch stammt (was wir zugegebenermaßen nicht wissen) dann musst du auch Rogers Ergebnisse akzeptieren. Und Rogers schrieb nunmal in seinem Artikel, dass die Proben am denkbar schlechtesten Ort entnommen wurden. Ich hab jetzt nicht die Kompetenz zu entscheiden, wer recht hat: Rogers oder die anderen, aber komplette Klarheit herrscht in Sachen Radiokarbondatierung eher nicht. Und ich habe nirgends von invisible weaving geschrieben, mir geht es erstmal um die Aussage von Rogers, die Proben seien für eine Datierung ungeeignet.
Eigentlich habe ich schon alles dazu geschrieben.
Diese Behauptung von Rogers dreht sich natürlich um den Themenkomplex "invisible reweaving". Was er sagte bedeutete, dass sein Test beweise, dass die Entnahmestelle eine Reparaturstelle beweise, weil er festgestellt habe, dass sie Material enthalte, die beim Rest des Tuches nicht vorhanden sei. Nämlich der "unsichtbare" Flicken sei gefärbte Baumwolle. Dafür hatte er die undokumentierten Proben von Gonella als Vergleich benutzt. Wenn dem so wäre, also Materialunterschied, ist die einzig logische Erklärung eine Reparaturstelle.
Da unter dem Mikroskop für alle anderen Wissenschaftler so etwas aber nicht erkennbar war , wurde dann die Hypothese vom "invisible reweaving" erfunden. Zu deren Unlogik (vergleiche primitive Flicken auf dem Tuch aus dem Mittelalter auf anderen Löchern usw.) habe ich schon geschrieben. Die Existenz einer solchen Methode im Mittelalter wird von Textilexperten auch einhellig abgelehnt.
Daher steht und fällt Rogers Behauptung mit der Herkunft seiner Proben. Dazu noch mal ein Zitat, von Gove der die Radiokarbonmethode mit erfunden hat und am Tuch-Datierungsprojekt beteiligt war:
Wikipedia schrieb:Prof H E Gove, former professor emeritus of physics at the University of Rochester and former director of the Nuclear Structure Research Laboratory at the University of Rochester, helped to invent radiocarbon dating and was closely involved in setting up the shroud dating project. He also attended the actual dating process at the University of Arizona. Gove has written (in the respected scientific journal Radiocarbon) that: "Another argument has been made that the part of the shroud from which the sample was cut had possibly become worn and threadbare from countless handlings and had been subjected to medieval textile restoration. If so, the restoration would have had to be done with such incredible virtuosity as to render it microscopically indistinguishable from the real thing. Even modern so-called invisible weaving can readily be detected under a microscope, so this possibility seems unlikely. It seems very convincing that what was measured in the laboratories was genuine cloth from the shroud after it had been subjected to rigorous cleaning procedures. Probably no sample for carbon dating has ever been subjected to such scrupulously careful examination and treatment, nor perhaps ever will again."
Lies Dir mal durch, welcher Aufwand vorher getrieben wurde, zu entscheiden, wo man die Probe entnimmt, wie man damit umgeht, unter Aufsicht, drei unabhängige Labore beauftragt usw.. Das wurde haarklein alles genau in einem Protokoll festgelegt, um eben genau die Reproduzierbarkeit zu gewährleisten.
Rogers hatte 1978 selber Proben von mehreren Stellen vom Tuch mit Klebeband (!) abgezogen (STURP-Projekt). Dann hat er 1979 schon mal undokumentierte Proben bekommen. Dann "besorgt" Gonella 15 Jahre (!) später (also 2003) Fäden die er angeblich 1988 abgezweigt hat und überlässt sie Rogers...
Selbst wenn die echt gewesen waren, können sie leicht in 15 Jahren kontaminiert worden sein. Oder schlicht verwechselt. Es geht ja hier nicht um weitere C14-Tests, sondern Rogers hat rein chemische Tests gemacht.
Ich persönliche denke eher nicht, dass Rogers Interesse hatte zu betrügen. Bei Gonella bin ich nicht ganz so sicher. Aber das ist beides nur meine Meinung, die ich mir gebildet hatte, als ich mich mal darin mehr vertieft hatte. Das Thema ist ja sehr spannend.
Wie gesagt, letzten Endes sind aber damit Rogers Tests wissenschaftlich leider völlig wertlos. Er hätte die Tests mit dokumentierten Proben machen sollen. Es ist mir auch nicht ganz klar, warum er das nicht konsequent verfolgt hat. Denn er war von seinen Ergebnissen sehr überzeugt, hatte aber fortgeschrittenen Krebs und ist 2005 gestorben.