Günter Grass

Wenn Spiegel sagt, dass seine Anhänger sich schämen, weil sie auch einen literarischen ehemaligen SS-Soldaten gehört haben, dann müssten sich Millionen Katholiken ihres Oberhauptes schämen...

Aber der Artikel ist gut. Man kann jemanden für seine Jugensünden (vielleicht nur bedingt) verantwortlich machen.
 
Moment mal, die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend kann nach 1936 niemandem mehr vorgeworfen werden, denn am 1. Dezember 1936 wurde die Mitgliedschaft in dieser Organisation verpflichtend - es sei denn man wurde ausgeschlossen.
 
So verpflichtend kann das nicht gewesen sein. Ich habe auch gelsen, dass da eine Pflicht war, aber ich weiß, dass es Aunahmen gab! So wurden z.B. Jungen, die früher (oder auch später, das kann ich gleich nachlesen) in der kath. Jugendorganisation "Die Schar" waren, erst gar nicht aufgenommen wurden. Ob es eine Regelung gab, das "Schar-Mitglieder" nicht in die HJ mussten, das kann ich bis morgen auch nachlesen. Es gab aber Alternativen.
Außerdem ist Grass wohl auch eingezogen worden und nicht freiwillig zur SS gegangen!

Gerade in der Tagesschau: Grass findet manche Äußerungen und Forderungen nach seiner Bekanntgabe der Mitgliedschaft in der SS verletzend.
 
Zweifel darfst Du haben, dennoch:

documentarchiv.de schrieb:
Gesetz über die Hitlerjugend.
Vom 1. Dezember 1936.


Von der Jugend hängt die Zukunft des Deutschen Volkes ab. Die gesamte deutsche Jugend muß deshalb auf ihre künftigen Pflichten vorbereitet werden.
Die Reichsregierung hat daher das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1​
Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes ist in der Hitlerjugend zusammengefaßt.
§ 2​
Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule in der Hitlerjugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen.
§ 3​
Die Aufgabe der Erziehung des gesamten deutschen Jugend in der Hitlerjugend wird dem Reichsjugendführer der NSDAP übertragen. Er ist damit "Jugendführer des Deutschen Reichs". Er hat die Stellung einer Obersten Reichsbehörde mit dem Sitz in Berlin und ist dem Führer und Reichskanzler unmittelbar unterstellt.
§ 4​
Die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften erläßt der Führer und Reichskanzler.


Berlin, den 1. Dezember 1936.
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Staatssekretär und Chef der Reichskanzlei
Dr. Lammers
 
Gut, das Gesetz habe ich gekannt, dennoch weiß ich, dass es Ausnahmen gab, weil man mit Mitgliedern der Schar nichts zu tun haben wollte. Sie würden nicht aufgenommen bzw. bei Aufnahme nicht akzeptiert und teilweise sogar verprügelt.
 
Ich schrieb doch: "... es sei denn man wurde ausgeschlossen." Das ändert aber nichts am allgemeinen Pflichtcharakter.
 
El Quijote schrieb:
Ich schrieb doch: "... es sei denn man wurde ausgeschlossen." Das ändert aber nichts am allgemeinen Pflichtcharakter.

Ich meine "erst gar nicht aufgenommen". Aber lassen wir das jetzt. Ich werde es nachlesen.
 
Martas schrieb:
Wenn Spiegel sagt, dass seine Anhänger sich schämen, weil sie auch einen literarischen ehemaligen SS-Soldaten gehört haben, dann müssten sich Millionen Katholiken ihres Oberhauptes schämen...

Katholiken müssen sich nicht schämen, du solltest mehr Böll lesen, sie bekennen ihre Sünden. Dazu brauchen sie allerdings nicht die Öffentlichkeit.
 
Mercy schrieb:
Katholiken müssen sich nicht schämen, du solltest mehr Böll lesen, sie bekennen ihre Sünden. Dazu brauchen sie allerdings nicht die Öffentlichkeit.

Ich soll die Sünde meines Papstes bekennen?
 
Mercy schrieb:
Deine, nicht anderer Leute.

Trotzdem...es ist ja nicht meine Sünde, dass der Papst in der HJ war. Demnach müsste ich mich, falls ich es tün würde, mich seiner Vergangenheit als Katholik schämen. Wie Grass-Anhänger, oder?
 
Der Papst muss sich nicht schämen, in der HJ gewesen zu sein, und bereuen kann er es, aber er muss es sicher nicht in dem Sinne, wie man als Katholik eine Sünde bereut. Aber wenn Du mir das nicht abnehmen willst, vielleicht der taz, die wohl kaum im Verdacht steht, Nazitum zu verharmlosen oder besonders kirchenfreundlich oder gar vatikanfreundlich zu sein:
taz-Artikel: Hitlers Papst
 
El Quijote schrieb:
Der Papst muss sich nicht schämen, in der HJ gewesen zu sein, und bereuen kann er es, aber er muss es sicher nicht in dem Sinne, wie man als Katholik eine Sünde bereut. Aber wenn Du mir das nicht abnehmen willst, vielleicht der taz, die wohl kaum im Verdacht steht, Nazitum zu verharmlosen oder besonders kirchenfreundlich oder gar vatikanfreundlich zu sein:
taz-Artikel: Hitlers Papst

Ich habe nicht gesagt, dass ich dir das nicht abnehmen würde. Es ging nur um den Vergleich Grass-Papst.
 
Martas schrieb:
:rofl: Ich habe nur mit einem Vergleich gespielt, der eigentlich nicht Ernst gemeint war. Hat sich wohl so entwickelt. Verzeihen Sie, Herr Mercy!

Ego te...

Ceterum censeo: ich vermisse Paul Celan in dieser Diskussion.
 
Zuletzt bearbeitet:
zumindest diesem österreichische schriftsteller jüdischen glaubens soll grass gegenüber seine vergangenheit bekannt haben:

Günter Grass' Geständnis, in jungen Jahren Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein, kam völlig überraschend. Jetzt behauptet der österreichische Schriftsteller Robert Schindel, seit langem davon gewusst zu haben
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,431681,00.html

wer weiss, vielleicht auch anderen?
 
Martas schrieb:
"

Jaja...Friedmann. Doch finde ich eine NS-Vergangenheit gravierender oder schwerer zu verarbeiten als die einnahme von Drogen.

Wenn man bedenkt, daß ein Junge seit seinem 5. Lebensjahr der NS-Propaganda unterliegt, mit zwölf sah, wie die Väter um ihn herum in den Krieg mußten und fielen und dann als 17-jähriger gezogen wurde (von echter Freiwilligkeit kann amn doch wohl nicht sprechen), nach dem Krieg aber wie es scheint einen allseits anerkannten Lebenswandel vollzog, der ihm sogar den Nobelpreis einbrachte, sollte man das nicht mit Friedmanns Tat in einem Atemzug nennen. Dieser Herr war nicht 17 und hätte sehr wohl über Drogen und Zwangsprostitution Bescheid wissen müssen. Zudem als zu dieser Zeit tätiger moralischer Oberlehrer der Nation.

Das Kernproblem bleibt, daß Grass so lange geschwiegen hat. Doch wer will es ihm verübeln. Nach dem Krieg gab es andere Probleme. Irgendwann ist dann der Zeitpunkt erreicht, an dem es schwierig wird und dann schiebt man es vor sich her. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keinen guten Zeitpunkt mehr. Vielleicht hätte er es beim Besuch Kohls in Bitburg sagen können, wer weiß ob das der richtige Zeitpunkt gewesen wäre.

Zur sauberen Kriegsführung von Teilen der SS. Ich denke es ist schwierig eine saubere Kriegsführung zu definieren. Als ehemaliger Zeitsoldat muß ich heute sagen, vielleicht ist Krieg grundsätzlich ein Verbrechen und somit Krieg niemals sauber. Das macht den einzelnen Soldaten aber natürlich nicht sofort zum Verbrecher.
 
Mein Bruder, Jahrgang 1931, hat jetzt wieder erzählt, wie die SS monatlich in der Albert-Leo-Schlageter Oberschule zu E... aufgetaucht sei, und 13 und 14 jährige freiwillig-Meldungen zur Waffen-SS unterschreiben ließ.

Er hätte sich dann freiwillig zu den Fallschirmjägern der Luftwaffe gemeldet, um Ruhe zu haben. Was bei Mutter zu einem Nervenzusammenbruch geführt habe.

Also Druck wurde ganz erheblicher ausgeübt.
Nur falls noch eine Freiwillig-Meldung des Herrn Grass auftaucht.

Grüße Repo
 
Was ich noch vergessen hatte. Am schändlichsten sind wohl die Kommentare aus Polen, während vom PEN aus der Tschechei bislang moderate Töne zu hören waren. Abgeordnete der PiS-Partei (Ich glaub' hier fehlt ein 's' und dann wirds Programm) fordern die Rückgabe der Ehrenbürgerwürde. Lächerlich. Was man so hört, liegen diese PiS-Herren moralisch näher an Grass' Jugendjahren, wenn ich es mal durch die Blume sagen darf.
 
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