Kalkriese:Schauplatz der Schlacht im Teutoburger Wald?

Einspruch III

Wobei wir Heute wissen das diese Ruhe sehr trügerisch war, Hedemünden hätten die Römer nur gebraucht wenn sie diesen Marschweg zu der Zeit weiter verfolgt hätten was wohl nicht der Fall war.

Oh, doch....Augustus sah sein Imperium bis zur Elbe. Und nach der Niederschlagung des immensum bellum, war Ruhe in der "Provinz". Tiberius hatte etliche Stämme einzeln besiegt und mit den Cheruskern einen Vertrag geschlossen und somit keinen größeren Feind, außer die Markomannen, übrig gelassen. Daher waren auch Stützpunkte an der Elbe und an der Weser notwendig (die übrigens schon Drusus errichten ließ), um diese "Provinz" zu beherrschen. Die Römer besaßen einige Landstriche unter ihrer festen Kontrolle, aber trotzdem waren die Flüsse für sie immens wichtig.
 
Oh, doch....Augustus sah sein Imperium bis zur Elbe.
Also in der Diskussion um die Res Gestae wird der Passus mit der Ausdehnung des Römischen Reiches bis zur Elbe oft so interpretiert, dass Augustus nicht auf diesen prestigeträchtigen Erfolg verzichten wollte, dies aber offen nicht nennen konnte, da es ja 14 n. Chr. nicht Realität war und er deswegen die Ausdehnung des Reiches in verklausulierten Worten zum Besten gab.
 
..., da es ja 14 n. Chr. nicht Realität war und er deswegen die Ausdehnung des Reiches in verklausulierten Worten zum Besten gab.

Hier geht es aber um den Zeitraum nach dem immensum bellum und vor der Varus-Niederlage. Da hatte Augustus noch die Elbgrenze im Blickfeld. Erst nach der Varus-Niederlage rückte das Ziel in weite Ferne, da Tiberius wieder erst einmal Ruhe schaffen mußte, die Kastelle gestürmt wurden und wichtige Verbündete (z.B. Cherusker) nicht mehr auf römischer Seite standen.
Aber vor der Varusniederlage hat selbst Tiberius die Elbe als Ziel seiner Unternehmung gesehen und bis dahin waren nur unterworfene und verbündete Stämme angesiedelt.
 
Aus welchen Quellen kann man auf die politischen und militärischen Ziele des Augustus in dieser Zeit schließen?

Aus Cassius Dio, der bereits erwähnte, daß Drusus Kastelle an Weser und Elbe errichten ließ. Bisher wurde nur eins, nämlich Hedemünden gefunden. So hatte Drusus mit seinen Feldzügen gegen die Cherusker schon die Unterwerfung des Gebietes als Ziel. Ein großer Unruhestifter, die Sugambrer wurden mit List und Tücke beseitigt, sodaß das Gebiet bis zur Elbe befriedet war. Das ging allerdings durch den "immensum bellum" wieder in die Brüche. So wurde Tiberius damit beauftragt wieder Ruhe in dem Gebiet zu schaffen. Somit war bis zur Elbe alles in Ordnung.
Paterculus (108(1)) schrieb: "Es blieb in Germanien nichts mehr zu erobern übrig, außer dem Volksstamm der Markomannen."

Somit war bis zur Elbe (Grenze zu den Stämmen unter Marbods Einfluß) alles römerfreundlich (Cherusker und Chauken wurden in die Obhut des römischen Volkes aufgenommen).
Wenn jetzt ein Angriff von Osten erfolgte, dann mußten auch die Römer, die in ihrer Obhut bestehenden Stämme, beistehen.
Früher oder später wäre (ohne die Varusniederlage) Germanien in eine richtige Provinz übergegangen und die Grenze vom Rhein an die Elbe verlegt worden. Aber der verhinderte Feldzug gegen Marbod und die Varus-Niederlage ließen das Ziel nahezu unmöglich werden.
 
Ave zusammen,

zur Elbe: Zwar streuen die Historikermeinungen zur Elbgrenze zwischen reiner defensiv Politik bis zur Okkupation. Aber vieles spricht für eine echte Okkupationsabsicht.

Dazu auch: Wells,C., The German policy of Augustus, Oxford, 1972.

Wells führt dazu auch über z.B. Tacitus hinausgehende Quellen an, so auch Aussagen der augusteiischen Belletristik. Die augusteiische Zeit bis zur Varusniederlage war demnach durch den Gipfelpunkt römischen Grössenwahns gekennzeichnet, man glaubt kurz vor der Eroberung der gesamten Welt zu stehen. Die Elbe war da lediglich als Etappenziel vorgesehen, man glaubte nicht allzu weit dahinter wieder auf den grossen Ozean zu treffen (der möglicherweise mit der Ostsee in Verbindung stand) und dann die ganze Welt zu beherrschen.

Augustus stand ja in der Tradition von Julius Caesar, welcher gezeigt hatte, dass Rom selbst zahlenmässig weit überlegende Barbarenheere niederringen und riesige Landstriche erobern konnte. Da wollte und konnte er nicht nachstehen. Drusus und Tiberius mit Germanicus hatten da auch schon grosse Erfolge vorweisen können, z.B. wurde Raetien schnell und relativ problemlos eingenommen. Das strategisch wichtige Elbeknie bei Magdeburg war damit ein klares Ziel der Okkupation.


zu Hedemünden:
Zum Elbeknie kommt man von Gallien aus prinzipiell auf drei Wegen: Mit dem Schiff über die Nordsee und dann die Elbe hinauf, oder von Castra Vetera/Xanten über die Lipperoute, oder von Mainz aus über die Wetterauroute. Der Seeweg ist lang, teuer und ausgesetzt, bleiben die beiden wichtigeren Landwege, die man sowieso beherrschen musste.

Es stellte sich aber heraus das es zwei besonders hartnäckige Gegner dorthin gab, die Chatten und die Cherusker. Kommt man von der Lippe her, so blockieren lediglich die Cherusker das Elbeknie, und die konnte man sowohl unter Drusus und noch einmal unter Tiberius vertraglich/personell einbinden, die Lipperoute bis zur Elbe war damit faktisch frei.

Von der Wetterau aus war es problematischer. Da hatte man erst mit den Chatten zu kämpfen, und wenn man die bei Hedemünden endlich hinter sich gebracht hatte, lagen immer noch die Cherusker vor dem Ziel. Die Lipperoute war damit einfach günstiger, Hedemünden könnte daher tatsächlich zur Varuszeit schon keine Rolle mehr gespielt haben.

Die kürzeste und etablierte Route war damit von Castra Vetera die Lippe entlang, hinter Paderborn das Emmertal entlang quer durchs Weserbergland. An der mittleren Leine, in der Gegend von Elze, trafen Lipperoute und Wetterauroute aufeinander. Von dort dann weiter via Hildesheim entlang des Nordharzes durch das Bodetal zum Elbeknie nach Magdeburg. Irgendwo hinter Paderborn/Teutoburgerwald/Eggegebirge begann das Cheruskerland, das erst an der Elbe endete. Die Lippe war bereist gut ausgebaut, dahinter wird man damit angefangen haben, als schon im Jahre 9 das unerwartete Ende kam.


Erst danach wurde Augustus/Tiberius klar, dass man dabei war, sich militärisch und wirtschaftlich zu übernehmen. Der Einsatz und die Rhetorik wurden zurückgefahren, obwohl auch nach Tiberius einige Feldherren versuchten noch mal das Rad zurückzudrehen.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo Trajan,

bedenke aber, dass nicht nur Vetera Legionsstandort war. Für die in Mainz stationierten Legionen wird der Weg durch das Chattenland auch 9 n.Chr. der günstigste ins Landesinnere Germaniens gewesen sein. Hedemünden, als Etappenstützpunkt an der Werrafurt, wird strategisch nicht unwichtig gewesen sein.

Gruß Cato
 
...bedenke aber, dass nicht nur Vetera Legionsstandort war. Für die in Mainz stationierten Legionen wird der Weg durch das Chattenland auch 9 n.Chr. der günstigste ins Landesinnere Germaniens gewesen sein. Hedemünden, als Etappenstützpunkt an der Werrafurt, wird strategisch nicht unwichtig gewesen sein....


Ave Cato,


ja sicher. Von Mainz aus wird man sich aber vorwiegend mit den Chatten beschäftigt haben. Speziell mit der Beherrschung der Wetterau und das Lahntals, in Koblenz standen ebenfalls Truppen. Mittendrin in der Wetterau wurde auch Waldgirmes angelegt, und zwar schon primär als Handelszentrum, die Provinzialisierung war also klar im Gange. Der zweite wichtige Effekt war es, die Chatten im Süden zu beschäftigen, um sie von einem eingreifen in die nördlichen Konflikte abzuhalten. Taten sich Chatten und Cherusker zusammen, dann galt schnell „Land unter“ für Rom. Rom hatte ein virales Interesse daran, Zwietracht zwischen den beiden Stämmen zu sähen, die sich ja u.a. heiratspolitisch verbändelten.


Ich denke dass daher zur Varuszeit Hedemünden nicht mehr interessant war, weil man sich da schon endgültig für die Lipperoute zum Elbeknie entschieden hatte. Was natürlich nicht heissen muss, dass man Hedemünden gänzlich fallen liess, aber ausweislich der Fundmünzen könnte es wohl so gewesen zu sein. Entscheidender als der letzte Belegungszeitpunkt ist aber die Tatsache eines formidablen augusteiisch römischen Lagers tief im Herzen Germaniens. Das hat nichts mehr mit defensiv Politik entlang der Rheingrenze zu tun. Man wollte zur Elbe, so oder so.



Beste Grüsse, Trajan.
 
Also ich denke das die Elbe ein gestecktes Ziel war von dem man aber weit entfernt lag. Bis auf einzelne Expeditionen dorthin ist da auch nichts sicher, die Römer waren sicher gut beraten die Weser als Etappenziel zu sichern und als Grenze zu nutzen. Alles deutet auch genau darauf hin, das Sommerlager des Varus lag an der Weser und alle Germanicus Weserüberschreitungen sind aufgezeichnet. Außerdem wäre Germanicus wohl über die Elbe zu den Cheruskern gefahren wenn die Cherusker dort gewesen wären, schließlich war das die Idee zum Flottenbau. Aber er kam über die Weser und dort spielte sich alles ab, die Elbe wird nur einmal erwähnt (als Durchhalteparole) im Bezug auf wunde Füße.
 
Ave detlef,

Detlef schrieb:
.... ich denke das die Elbe ein gestecktes Ziel war von dem man aber weit entfernt lag. Bis auf einzelne Expeditionen dorthin ist da auch nichts sicher, ...


Das befestigte Lager Hedemünden liegt aber klar östlich der Weser! Und Tiberius unternahm zur Elbe nicht nur eine Expedition. Er nahm die Cherusker im immensum bellum nach bester römischer Kampftaktik in die Zange, indem er sie gleichzeitig vom Landweg im Westen und über die Elbe von Osten angriff.


Detlef schrieb:
....Alles deutet auch genau darauf hin, das Sommerlager des Varus lag an der Weser . ...


Ja wo ist es denn? Es ist zwar immer noch die Standardmeinung, es gibt aber gar keine archäologische Evidenz dafür.



Detlef schrieb:
...Außerdem wäre Germanicus wohl über die Elbe zu den Cheruskern gefahren wenn die Cherusker dort gewesen wären, schließlich war das die Idee zum Flottenbau. ....


So einfach war das aber, insbesondere für Germanicus, nicht mehr. Die Elbe langt sehr weit nach Osten aus, fast bis Berlin, bevor sie wieder nach Westen bei Magdeburg schwenkt. Für einen Zangenangriff nach dem Muster des Tiberius fehlte ihm die Potenz. Erstens sassen entlang der Elbe feindlich ostelbische Stämme, zweitens fehlte ihm die notwendige Unterstützung und Koordination mit der zweiten Zange auf dem Lippeweg. Die Elbe wäre für ihn ein sicheres Himmelsfahrtskommando gewesen. Er musste den viel kürzeren und näheren Weserweg nehmen, mehr war, insbesondere nach den Erfahrungen aus 15, nicht mehr drin. Und selbst das ist ja noch schief gegangen.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Ave Trajan,
Trajan schrieb:
Das befestigte Lager Hedemünden liegt aber klar östlich der Weser! Und Tiberius unternahm zur Elbe nicht nur eine Expedition. Er nahm die Cherusker im immensum bellum nach bester römischer Kampftaktik in die Zange, indem er sie gleichzeitig vom Landweg im Westen und über die Elbe von Osten angriff.

Also ich dachte immer vom Immensum Bellum gibt es keine weiteren Aufzeichnungen !


Trajan schrieb:
Ja wo ist es denn? Es ist zwar immer noch die Standardmeinung, es gibt aber gar keine archäologische Evidenz dafür.

Aber die gibt es doch ebensowenig von Lagern weiter östlich der Weser und Hedemünden ist mal wirklich grad nen pup östlich gelegen und es gibt keine Hinweise darauf das es mehr als ein Lager für Expeditionen war.
Germanicus hat doch fein taktiert, er teilte Cherusker von Chatten und beschäftigte die kleineren Stämme und es heißt eindeutig er wolle mit seiner Flotte mitten ins Feindesland, dort angekommen marschierten sie bis zur Weser.
Wenn ich östlich der Weser will steig ich doch nicht so aus das ich erstmal der Weser entlanglaufe (strategisch ungünstig zwischen den Bergen) um dann später diese zu überqueren um dann in Richtung Osten zu marschieren. Also irgendwie passt das ganze mit dem Osten nicht so richtig.
 
Ave Detlef,

Detlef schrieb:
...Also ich dachte immer vom Immensum Bellum gibt es keine weiteren Aufzeichnungen ! ...

Über den immensum bellum selbst gibst nicht viel, aber immerhin wird die geniale Beendigung durch Tiberius kurz angerissen. Literaturstelle müsste ich heraussuchen.



Detlef schrieb:
...die gibt es doch ebensowenig von Lagern weiter östlich der Weser und Hedemünden ist mal wirklich grad nen pup östlich gelegen und es gibt keine Hinweise darauf das es mehr als ein Lager für Expeditionen war. ...


Na, das war schon mehr. Die Belegungszeit ist noch nicht klar, auf jedenfall mehrere Jahre, also mehr als für eine Expedition. Es besteht ja auch aus mehreren Lagerkomplexen.

Detlef schrieb:
...Germanicus hat doch fein taktiert, er teilte Cherusker von Chatten und beschäftigte die kleineren Stämme und es heißt eindeutig er wolle mit seiner Flotte mitten ins Feindesland, dort angekommen marschierten sie bis zur Weser.
Detlef schrieb:
Wenn ich östlich der Weser will steig ich doch nicht so aus das ich erstmal der Weser entlanglaufe (strategisch ungünstig zwischen den Bergen) um dann später diese zu überqueren um dann in Richtung Osten zu marschieren. Also irgendwie passt das ganze mit dem Osten nicht so richtig. ...

Also die einzige Beschreibung des 16er Feldzuges liefert uns Tacitus. Der hatte natürlich auf besseres Material Zugriff als wir heute. Seine Beschreibung ist jedoch ziemlich konfus, vermutlich versuchte er die komplizierte Aktion des Jahres 16, die er vielleicht mal bei Plinius d.Ä. gelesen hatte, aus dem Gedächtnis wiederzugeben. Er verwechselte dabei u.a. ziemlich sicher Ems und Weser. Siehe dazu vielleicht im Jahn nach, der das gut analysiert hat.

Die Analyse des 16er Feldzuges wäre jetzt durchaus eines eigenen Threads wert. Germanicus hatte im 15er Feldzug verschiedene Möglichkeiten ausprobiert, sowohl die Lippe- als auch die Wetterauroute, um den Cheruskern und Chatten auf die Pelle zu rücken. Was er feststellen musste war, dass er über den Landweg nicht sicher agieren konnte. In 16 versuchte er es dann über den verbliebenen Seeweg. Denn die nördlichen Völker, Friesen und Chauken, waren die noch verbliebenen Verbündete. Entlang der Weser hat er einzig die Chance, unbehelligt ziemlich nahe an den Feind heranzukommen.

Was er dann gemacht hat, vermute ich, war folgendes:
Zu der Zeit war es „state of the art“ der römischen Kriegskunst, einen Zangenangriff zu koordinieren. Damit hatte man regelmässig Erfolg, da den Barbarenheere der dafür notwendige Koordinationsaufwand abging und sie der Wucht eines solchen Zweifrontenkrieges i.a. nicht gewachsen waren.

Germanicus wird daher dasselbe Erfolgsrezept angewandt haben, das auch schon bei Tiberius geklappt hatte. Er hatte aber das Problem, dass er den Landweg nicht beherrschen konnte und ihm daher zunächst die zweite Zange fehlte. Er wird sich eine Notlösung überlegt haben.

Ich vermute, dass die Schlachten von Idistaviso und am Angrivarierwall nicht nacheinander, sondern ziemlich gleichzeitig geführt wurden. Dazu wird er folgendes gemacht haben: Er fährt mit 8 Legionen in die Weser ein. Etwa nördlich des Steinhudermeeres teilt er sein Heer in zwei Gruppen von 4 Legionen. 4 Legionen marschieren dann im Verborgenen am linken Weserufer weiter nach Süden bis südlich des Steinhuder Meeres, erkämpfen dort erst etwas später, zu einem verabredeten Zeitpunkt den Weserübergang. Die anderen 4 Legionen fahren derweil weiter die Weser aufwärts bis in die Gegend von Hameln, was aufgrund der Auffälligkeit und der Porta Westfalica nicht unerkannt möglich ist. Nun kann er gleichzeitig von Westen und von Norden auf das Kerngebiet der Cherusker im Raum Hildesheim marschieren und diese ganz nach römischer Art in die Zange nehmen.

So sehen sich die Cherusker einem unerwarteten Zweifrontenkrieg gegenüber und sie bereiten bereits die Flucht über die Elbe vor. Aber es kommt anders, sie bringen wider Erwarten beide Fronten zum Stehen. Germanicus kann sich aber unmöglich über den kommenden Herbst/Winter einigeln. Er muss zurück und erleidet bei der Flottenkatastrophe im Herbst 16 schwere Verluste und muss damit endgültig aufgeben.

So könnte es vielleicht gewesen sein.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Wenn ich östlich der Weser will steig ich doch nicht so aus das ich erstmal der Weser entlanglaufe (strategisch ungünstig zwischen den Bergen) um dann später diese zu überqueren um dann in Richtung Osten zu marschieren. Also irgendwie passt das ganze mit dem Osten nicht so richtig.

Also von einem Tiberius Zangenangriff gegen die Cherusker habe ich auch nichts gehört. Mit ihnen hat Tiberius Verträge abgeschlossen. Die römischen Aktionen richteten sich an der Elbe gegen den Stamm der Langobarden und östliche Stämme (Hermonduren und Semnonen).

Daß die Cherusker beidseitig der Weser wohnten, dürfte eigentlich außer Frage sein. TRAJAN hat hier schon daraufhingewiesen. Germanicus sagte vor Idistaviso, daß sie jetzt der Elbe näher seien als dem Rhein und daß es dann keinen weiteren Krieg (also kein Stamm mehr vorhanden) mehr bedarf.

Es stimmt aber, daß Tacitus beim Feldzug 16 n.Chr. höchstwahrscheinlich die Flüsse verwechselt hat. So hat das schon DELBRÜCK angezweifelt. Der Marsch von der Ems an die Weser mit anzunehmenden 8Legionen wird überhaupt nicht erwähnt, sondern die Legionen befinden sich, nachdem sie am Emsufer ausgestiegen sind, sofort an der Weser. Das ist sehr merkwürdig, normalerweise wäre so eine Aktion erwähnt worden.

Für einen Angriff gegen die Cherusker macht es überhaupt keinen Sinn, die Ems hinaufzufahren , um dann dort (Gegend um Rheine) ein Versorgungslager zu errichten. Die 8Legionen müssen dann doch mit einem Troß an der Weser versorgt werden. Man hat somit nichts eingespart. Und es besteht die Gefahr, daß die Cherusker die ständigen Versorgungstransporte für die Legionen auf ihrem Wege von der Ems an die Weser überfallen. Dafür hätte ein Haufen germanische Reiterei ausgereicht. Bei ausbleibenden Transporten wäre Germanicus an der Weser sehr schnell in arge Nöte (Hunger) geraten (siehe auch Cäsar in Gallien).
Somit macht es überhaupt keinen Sinn mit Schiffen (die Nahrungsmittel und Truppen enthalten) über die Ems zu kommen, wenn man in die Mitte Germaniens will, um die Cherusker anzugreifen.
Auch schreibt Tacitus II.Buch (15): "Sie hätten es mit der Flotte versucht und sich auf die entlegenen Bahnen des Ozeans begeben, damit niemand, wenn sie kommen, entgegentrete und niemand, wenn sie geschlagen würden, ihnen auf den Fersen bleibe." Das kann unmöglich auf einen Marsch von der Ems zur Weser hinweisen, da ansonsten die Römer wie gewohnt über den Landweg gekommen wären und diese Textstelle nicht für die Verhaltensweise der Römer mit eingeflochten wäre.
Auch paßt die Textstelle vom Aufstand der Angrivarier (II.Buch (8) auch nur, wenn die Römer an der Weser sind.


Fazit: Die Römer sind 16 n.Chr. die Weser hinaufgefahren.
 
Hallo Trajan,hallo Detlef,

ihr schreibt, Germanicus sei über die Weser und nicht , wie bisher angenommen, über die Ems in Germanien eingedrungen. Hört sich ja interessant an, aber wie kommt ihr darauf ?
Gruß Cato


PS: Hat Cherusker wohl gerade beantwortet. Danke!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
So sehen sich die Cherusker einem unerwarteten Zweifrontenkrieg gegenüber und sie bereiten bereits die Flucht über die Elbe vor. Aber es kommt anders, sie bringen wider Erwarten beide Fronten zum Stehen.

Das ist sehr unwahrscheinlich, da die Römer festgestellt haben, daß ein Heer von 4Legionen von den Germanen vernichtet werden kann. Germanicus hat sich auf seinen Unternehmnungen immer als vorsichtiger, man kann sagen an die Vorschrift haltender Feldherr erwiesen.
Auch wird bei Tacitus (II.Buch (19)) beschrieben, daß "germanisches Volk" die weiterziehenden Römer angreift und sie kurzfristig in Unordnung bringt.

Es gibt viele Theorien, wo Idistaviso und der Angrivarierwall zu suchen sind. Und ich selbst habe hier im Forum auch schon meinen Senf dazugegeben.
Es gibt auch merkwürdige Vermutungen, so wie die von DELBRÜCK, der von einer römischen Erfindung der Schlachten schreibt und diese als Märchen ansieht, in dem sich die Römer über Siege erfreuen können. Das halte ich für schlichtweg nicht glaubhaft, wenn ansonsten DELBRÜCK einige interessante Anmerkungen gibt ("Geschichte der Kriegskunst: Die Germanen").
 
Cherusker schrieb:
Daß die Cherusker beidseitig der Weser wohnten, dürfte eigentlich außer Frage sein. TRAJAN hat hier schon daraufhingewiesen. Germanicus sagte vor Idistaviso, daß sie jetzt der Elbe näher seien als dem Rhein und daß es dann keinen weiteren Krieg (also kein Stamm mehr vorhanden) mehr bedarf.
Die Cherusker waren offensichtlich in 2 Stammesgebiete geteilt die des Arminius und die seines Onkels (glaub Ingumerus) auch wird erwähnt das dieser sehr Rom freundlich war und wohl erst nach der Entführung der Thusnelda die Partei des Arminius ergriff, auch an den Langen Brücken sowie im Kampf gegen Marbod hielt er nicht zu Arminius. Welcher Stammesteil also wo wohnte wäre sicher interressant im Hinblich des Aufmarsches und der Verträge des Tiberius.
Kein weiterer Stamm ? das sehe ich nicht so. Arminius zieht sich zurück um Germanicus in eine Falle zu locken, ob diese auf Cherusker Gebiet liegt ist sicher.Nun heißt es, sie kommen da der Schlachverlauf unglücklich verlief zum Angrivarierwall hinter dem Sie sich zurückzogen. Nach der Schlacht ergaben sich die Angrivarier, folglich hinter dem Wall in Richtung Elbe.
Dazu Mein Tipp, Angrivarierwall war Deisterpforte und Angrivarierhome die Marienburg.
 
Die Cherusker waren offensichtlich in 2 Stammesgebiete geteilt die des Arminius und die seines Onkels (glaub Ingumerus) ....

Nein...es gab sogar noch mehr Adlige. So wird auch noch von Segestes und seinem Sohn Segimundus (der Priester in Ara Ubiorum war) berichtet. Somit haben wir schon 3 (Arminius (Erbe von Sigimer); Inguiomerus und Segestes).
Es können noch mehr Adlige existiert haben, die aber den Römern so nicht erwähnenswert waren.

Wo wer welche Gebiete besessen hat, das ist heutzutage nicht mehr nachvollziehbar. Der Volksmund hat so seine Anekdoten: die Herlingsburg sei angeblich die Burg des Arminius. Aber das sind reine Spekulationen.
Einen Hinweis gibt es nur bei Tacitus (I.Buch (57), Dort dreht Germanicus nach dem Chattenfeldzug noch einmal um, damit Segestes von der Belagerung von Arminius Truppen befreit wird. Aufgrund der Umstände (Frage des Nachschubs) kann Germanicus nicht allzuweit in das Chersukergebiet gezogen sein. Somit kann man schlußfolgern, daß die Segestes-Burg im südlichen Cheruskergebiet in der Nähe des Chattengebiets lag.



Dazu Mein Tipp, Angrivarierwall war Deisterpforte und Angrivarierhome die Marienburg.

Fast....die Deisterpforte wurde hier schon genannt. In dem Talkessel gibt es den Ort Altenhagen. Dort ist die Kukesburg (=Grenzburg), die im ältesten Kern aus der Zeit stammt. Auch war dort die Grenze zwischen Ostfalen und Engern. Hier reichten dann später auch die Bistümer Minden und Hildesheim aneinander. Da das Tal zwischen Deister und Süntel früher sehr versumpft war, gab es am Waldesrand eine Abkürzung des Helwegs vor dem Samtforde, die durch die Deisterpforte führte, um dann nach Elze zu führen.

Und die Marienburg.....das war höchstwahrscheinlich kein Angrivariergebiet mehr. Vielmehr existierte dort eine uralte Wallanlage, die Jahrhunderte v.Chr. errichtet wurde. Allerdings wurde diese Wallanlage auch in späteren Zeiten genutzt. Da man von dort einen sehr guten Blick auf Elze und die Leine hat, ist es meiner Ansicht nach nicht unmöglich, daß dort auch die Römer einen Stützpunkt hatten (sie zogen von Hedemünden das Leinetal hinauf, um dann gen Osten zu ziehen). Die Archäologen haben das anscheinend auch schon in ihr Blickfeld eingenommen. Aber vorsichtig.... nach alten Sagen soll dort in nebeligen Nächten eine Gestalt, bewaffnet mit einem Regenschirm, umgehen?
 
Ave zusammen,


Cherusker schrieb:
...Also von einem Tiberius Zangenangriff gegen die Cherusker habe ich auch nichts gehört. Mit ihnen hat Tiberius Verträge abgeschlossen. Die römischen Aktionen richteten sich an der Elbe gegen den Stamm der Langobarden und östliche Stämme (Hermonduren und Semnonen). ...



zur Zangenoperation im Immensum Bellum: Die Quelle ist Vellius Paterculus, 2,104-107.

Ich zitiere daraus:
...(105,1) Caesar [gemeint ist Tiberius] ging geradewegs nach Germanien, unterwarf die Canninefaten, Attuarier und Brukterer, gewann die Cherusker zurück, .....(106,3) Und mit dem gleichen wunderbaren Glück und dank der Sorgfalt des Feldherrn vereinigte sich unter Einhaltung des Zeitplans die Flotte .... nach einem Sieg über zahlreiche Völker mit einer überreichen Menge aller möglichen Güter mit dem Heer und mit Caesar [Tiberius]...

Die Cherusker waren also auch im immensum bellum Teil des Aufstandes gegen Rom.


Vellius erzählt einige Details zum immensum bellum wobei in der Tat auch Aktionen gegen die Langobarden erwähnt werden (vell. 106,2): ..die Langobarden wurden bezwungen, ein Volk das noch wilder ist als die germanische Wildheit; schliesslich wurde ... das römische Heer mit den Feldzeichen bis zum 400. Meilenstein hinter dem Rhein bis zur Elbe geführt...


Interessant auch die Tatsache, dass es offensichtlich einen letzten römischen Meilenstein, den 400sten, an der Elbe gab. Germanien galt eben bis zur Elbe als besetzt. Dazu schreibt Augustus selbst in seinem Rechenschaftsbericht:

Res gestae divi Augusti, 26,2: …Die gallischen und spanischen Provinzen und ebenso Germanien, soweit sie der Ozean von Cadiz bis zur Elbemündung umschliesst, habe ich unterworfen...

Wir können durchaus annehmen, dass zur Zeit des Varus, wie auch Tacitus andeutet, Germanien bis zur Elbe als römische Provinz angenommen wurde. Die Cherusker waren nun bereits zweimal unterworfen worden, erst unter Drusus und nun noch einmal unter Tiberius. Die beiden wichtigsten Cheruskerfürsten hatten ihre Söhne in römische Dienste übergeben, es gab eigentlich keinen Grund mehr anzunehmen, dass eine vollständige Provinzialisierung bis zur Elbe unmöglich war. Zu der Aufgabe Varus dürfte es gehört haben, die scheinbar endgültig unterworfenen Germanen bis zur Elbe hin mit römischer Kultur zu beglücken.


Es blieben aber nur gut 4 Jahre bis der Rückschlag kam. In dieser Zeit dürfte sich einiges an Bautätigkeit weit östlich Paderborn getan haben, was sich aber aufgrund der geringen Zeit archäologisch nicht so deutlich abzeichnen kann wie der Ausbau der rheinnahen Gebiete wie der Lippe oder auch der Wetterau, deren Belegungszeiten ja dreimal solange waren.




Detlef schrieb:
..Dazu Mein Tipp, Angrivarierwall war Deisterpforte und Angrivarierhome die Marienburg...

Also die Marienburg/Nordstemmen ist schon Cheruskergebiet, die Stelle hat aber eine andere wichtige strategische Bedeutung, hier liegt nämlich der Leineübergang auf dem kürzesten Normalweg nach Osten zum Elbeknie. Da wird sich in der Zeit schon was getan haben. (Ich sehe gerade dass Cherusker dazu ja auch noch etwas sehr aktuelles gesagt hat).

Was meinst Du genau mit der Deisterpforte? Vermutlich die ausgesprochene Engstelle zwischen Bad Münder und Springe. Nun da kann ich Dir nicht folgen, die passt nun gerade garnicht. Die Beschreibung der Topologie schon nicht (Tacitus) und strategisch/taktisch erschliesst sich mir auch kein Sinn, von archäologischer Evidenz ganz zu schweigen. Oder hast Du ein schlüssiges Konzept des 16er Feldzuges anzubieten, der deinen Tipp stützt ?


Beste Grüsse, Trajan.
 
Zuletzt bearbeitet:
Cherusker schrieb:
Nein...es gab sogar noch mehr Adlige. So wird auch noch von Segestes und seinem Sohn Segimundus (der Priester in Ara Ubiorum war) berichtet. Somit haben wir schon 3 (Arminius (Erbe von Sigimer); Inguiomerus und Segestes).
Ich dachte Segestes war sein Schwiegervater wieder willen und Marser!
Trajan schrieb:
Was meinst Du genau mit der Deisterpforte? Vermutlich die ausgesprochene Engstelle zwischen Bad Münder und Springe. Nun da kann ich Dir nicht folgen, die passt nun gerade garnicht. Die Beschreibung der Topologie schon nicht (Tacitus) und strategisch/taktisch erschliesst sich mir auch kein Sinn, von archäologischer Evidenz ganz zu schweigen. Oder hast Du ein schlüssiges Konzept des 16er Feldzuges anzubieten, der deinen Tipp stützt ?
Auf dem Weg Lippe bis Hameln passt die Deisterpforte wunderbar und die Engstelle währe mit einem Wall gut zu sichern gewesen. Die Marienburg sehe ich nicht als Wall sondern als mögliche Burg der Angrivarier.
 
Zum Angrivarierwall bei der Deisterpforte:

Diese Theorie gibt es seit den sechziger Jahren und wurde jüngst von Karl-Heinz Hanau wieder aufgegriffen. Demnach habe sich die Schlacht von Idistaviso im Raum Rinteln- Hess. Oldendorf zugetragen. Da das germanische Heer zwar unterlag, jedoch nicht vernichtet wurde, konnte es nach OSTEN, und nicht nach Norden, wie Schuchardt glaubte, ausweichen. Die Germanen zogen also nach Osten ab, um an der Deisterpforte den neuen Widerstand zu organisieren. Die Angrivarier haten einstmals dieses Tal durch einen Wall gesperrt, um ihr Stammesgebiet gegen Übergriffe aus dem Cheruskerland zu sichern.
Archäologische Funde, die seine These hätten stützen können, konnte Karl-Heinz Hanau jedoch, trotz intensiver Suche mit Metallsuchgeräten, nicht vorweisen, so dass seine These unbewiesen bleibt.

Gruß Cato
 
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