Der Germane der keinen "Bernstein" mit Athen handelte, kein Legionslager mit Weizen oder Schweinehälften belieferte, kann durchaus noch ein halbes Jahrtausend ohne Geld ausgekommen sein.
Diese Überlegung ist einfach falsch.
Zur Verpflegung römischer Truppen:
Der Proviant für die römischen Truppen in den rechtsrheinischen Standorten wurde nicht von den Germanen geliefert. (KÜHLBORN, Germaniam pacavi, München 1995, S.3).
"Dank verbrannter und dadurch gut erhaltener pflanzlicher Reste wissen wir, daß die Römer ihr Brot, Gebäck und Brei aus den Getreidearten Gerste, Emmer, Nacktweizen, Hafer und Hirse zubereiteten, die sie eigens dafür in der Gegend anbauen mußten. Die Römer hatten keine Appetit auf die ortsüblichen Speisen und Getränke, deshalb führte man aus dem Mittelmeerraum in großen Mengen Wein, Olivenöl und Fischsoße ein. (...) Größere Teile der Truppe kamen - wie gesagt - aus dem Mittelmeergebiet und haben ihre Ernährungsgewohnheiten aus der Heimat mitgebracht. (...) Die Römer haben auch das Haushuhn im niederrheinischen Gebiet eingeführt, so daß diese Exemplare hier zu den frühesten dieser Gegend gehören."
Zum Maria-Theresien-Taler:
Ein Beispiel aus der Neuzeit vergleichend zur frühgeschichtlichen Forschung heranzuziehen ist immer problematisch, so auch hier: Im arabischen Raum gibt es seit der Antike ununterbrochen eine eigene Münzprägung. Der Maria-Theresien-Taler führte das Münzwesen in dieser Region nicht ein, sondern ergänzte es lediglich.
Ansonsten kann man sich fragen, warum die Indianer nicht mit dem M.-T-Taler bezahlt wurden?
Zurück zum Thema:
Die für den alltäglichen Gebrauch nötigen Nominale, wie Asse, Dupontien, Sesterze und Aduatukererze treten im rechtsrheinischen Germanien der Augustuszeit selten auf (ausgenommen die nachgewiesenen Römerstandorte). Wie schon zigmal geschrieben, gab es keien Geldwirtschaft und die Akzeptanz des römischen Geldes war folglich gering. Selbst bei den Friesen, die noch längere Zeit mit den Römern in Kontakt standen (auch zu Neros Zeiten), sind Münzfunde aus augusteisch-tiberischer Zeit ebenso selten wie in anderen Gebieten.
Zur "Romanisierung" der rechtsrheinischen Gebieten haben die Römer versucht die germanische Gesellschaft grundlegend zu verändern, indem sie Märkte und Städte gründeten. Hierbei wurden auch zweifelsohne römisches Geld ins Land gebracht. Allerdings fand diese Entwicklung aufgrund der Varusschlacht ihr vorzeitiges Ende. Zum ohnehin geringen innergermanischen Handel reichte die Tauschwirtschaft aus.
Um jetzt wieder Mißverständnissen auszuräumen: Rinder waren keineswegs eine "Währungseinheit" der Germanen. Dafür war ihr Gegenwert viel zu hoch. Zum Vergleich: Alle bei Kalkriese gefundenen Münzen haben zusammen einen Gegenwert von etwa 7 (!) Rindviechern!!! (Bernd Hamborg, Römische Münzen im Industrie Museum Lohne,2006).
Wie Pferde waren Rinder deshalb in erster Linie Statussymbole wohlhabender Stammesmitglieder (habe ich auch schon einmal geschrieben). Tauschobjekte waren alle Gegenstände und Erzeugnisse des täglichen Lebens und natürlich auch Dienstleistungen.
Daß es auch Cherusker gab, die romfreundlich eingestellt waren (wie z.B. Segestes), soll auch das (wohl fiktive) Gespräch zwischen Arminius und seinem Bruder Flavus an der Weser zeigen. Schlußendlich haben sich die Romgegner durchgesetzt, sodaß keien Romansierung der Gegend stattfand. Folglich blieb es bei den alten Gesetzen, Bräuchen, Sitten, Glauben und der alten Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur.
Erst nach dem Sieg Karl des Großen über die Sachsen setzte eine grundlegende Veränderung in der Gegend ein: d.h. großflächige Rodungen zur Gewinnung von Ackerfläche, Stadtgründungen und eine eigene Münzprägung. Zur Information: Das war fast 800Jahr nach Varus Tod!