Gladiatoren

Quintus Fabius schrieb:
Töten ist nicht falsch und wiederwärtig, es kommt auf die Art und Weise an.
Für mich ist, bzw war es auch normal, Schußwaffen gegen Menschen zu richten, und es war richtig und ich würde es wieder tun. Es kommt auf die Art und Weise an.
Beides Ansichtssache.

Quintus Fabius schrieb:
Du sagst, es Vergnügungen, und das ist der entscheidende Punkt !!
So gesehn gab es noch mehr Gründe. Religion, Politik, Sozialität...

Quintus Fabius schrieb:
Ausgerechnet Cicero als Beispiel für die Mos Maiorum, ich weiß ja nicht. Da würde ich eher als Zeitgenossen Cato Uticensis nehmen, der war ohnehin der letzte wahre Römer !! (und ein Stoiker obendrein !) Aber darüber hinaus meint der Begriff Mos Maiorum die Sitten der frühen und der mittleren Republik, also die Sitten vor dem zweiten punischen Krieg ! Der Begriff sollte dir als Römer doch besser bekannt sein ?!
Höre ich da eine Ermahnung werter Quintus? Wie Panthea dir darlegte und wie ich dir sofort anhand von Beispielen belegen kann hast du dir damit ins eigene Fleisch geschnitten. Constat.

Quintus Fabius schrieb:
Im übrigen bin ich der Meinung das die Gladiatorenspiele moralisch und ethisch falsch sind.
Dem Stimme ich aus heutiger Sicht zu, aber sie waren Teil ihrer Zeit und aus damaliger Sicht eben dieses nicht. Und nun lassen wir es dabei.

(Ansonsten habe ich ja schon mal geschrieben das Rom bei Arausio engültig unterging)
Mag dir so vorkommen, spielt für uns, die wir uns nicht an deinen Theorien beteiligen sondern festhalten an der regulären Unterteilung keine Rolle.

Desweiteren entschuldigst so auch die Nazis ? Die haben auch andere Maßstäbe gehabt, item sind sie deiner Argumentation gemäß unschuldig und dürfen nicht verurteilt werden.
Diesen Verweis hatten wir schon einmal und ich bitte dich nachdrücklich derartige vergleiche zu unterlassen.
2000 Jahre Menschheitsgeschichte, eine andere Kultur und eine andere Ethik(!) sowie völlig andere religiöse Voraussetzungen kann man kaum mit einem Geschehnis in unserer noch heute geltenden Wertestruktur von vor 50 Jahren vergleichen. Auch ging es nicht um Millionenfachen industriellen Massenmord.
Derart polemische Vergleiche bin ich von dir wirklich nicht gewöhnt Quintus, und dies meine ich nicht beleidigend sondern räsonierend.

Auf den Versuch wie Cato zu klingen gehe ich lieber gar nicht erst ein...

Letztlich bleibt mir nur die Bitte: beschließt jetzt die moralische Diskussion.
 
Das ich mit Cicero falsch lag habe ich ebenso schon eingeräumt wie ich mich für die Polemik bei Gudeus (den gegen ihn, nicht gegen dich hat sie sich gerichtet) entschuldigt habe.

Zu Cicero, auch wenn er von den Mos Maiorum sprach, heißt das nicht das er sie wirklich geachtet hat, wie Panthea ebenso ausführte ! wiederspricht sein Handeln zum Teil massiv seiner Rhetorik, im übrigen haben damals viele den Begriff einfach nur mißbraucht und nur benutzt ohne wirklich daran zu glauben. So wie heute die Politiker wenn sie Nachhaltigkeit und Konsens faseln.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gladiator#Gladiatorenschulen

Gladiatorenschulen

Gladiatoren wurden in besonderen Schulen (ludi) ausgebildet. Berühmte Gladiatorenschulen befanden sich in Capua und in dem 79 n. Chr. durch einen Vulkanausbruch verschütteten Pompeji. Eine der größten Gladiatorenschulen war in Ravenna beheimatet.

Nach Schätzungen gab es insgesamt etwas mehr als 100 Gladiatorenschulen, die normalerweise unter Leitung eines Gladiatorenmeisters standen, der auch der Besitzer der Gladiatorenschule war. Häufig reisten Gladiatoren in einer Truppe (familia) von Stadt zu Stadt. Der Besitzer der Truppe vermietete seine Gladiatoren an denjenigen, der einen Gladiatorenkampf veranstalten wollte.

In Rom gab es vier Gladiatorenschulen, die größte nannte sich Ludus Magnus und war mit dem Kolosseum durch einen Tunnel verbunden. Diese vier befanden sich in staatlichem Besitz und standen unter der Aufsicht eines Beamten, der sorgfältig ausgesucht wurde und der zu den am höchsten bezahlten römischen Beamten zählte. Angesichts der Gefahr, die von einer todesmutigen, kampferprobten Gruppe von Menschen ausging, wollte man auf diese Weise sichergehen, das Risiko für die römische Bevölkerung gering zu halten.

Desweiteren:

Caesar hatte wie auch andere eine eigene Schule bei Capua die dann natürlich Ludi Julianius hieß

Die Schulen in Rom wurden dann in der Kaiserzeit von staatlichen Beamten geleitet die Procuarotes hießen

Neben den Staatlichen Ludi gab es die privaten Familiae Gladiatoriae
 
Ich kann ja gut verstehen, daß das Phänomen der Gladiatorenspiele viele Leute gegen die Römer, diese "Fleischfresser der Antike" diese "Rohlinge vom Tiber" aufbringt. Es fällt schwer, sich einzugestehen, daß das Colosseum mit seiner genialen Funktionalität, mit seiner klassischen Ästhetik im Grunde nur für Mord und Totschlag gebaut wurde. Die Gladiatorenkämpfe waren dabei noch die weitaus harmlosesten Veranstaltungen. Bei Justizshows dürften dort in der gut 300 jährigen Geschichte 1 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein. Menschen auf Leben und Tod gegeneinander kämpfen zu lassen oder gar dabei zuzusehen, wie ein wehrloser Mensch von Raubtieren zerfetzt wird, deutet auf das völlige Fehlen gewisser ethischer Prinzipien hin, die heute als allgemeingültig anerkannt werden. Ich habe wirklich großen Respekt vor denen von Euch, die ethische Werte absolut setzen und als für alle Zeiten gültig anerkennen, sehe ich mir aber die Erfahrungen der Geschichte an, habe ich großen Zweifel daran. Wir sollten bedenken, daß es ein sehr junges kulturgeschichtliches Phänomen ist, Abneigung am Leid anderer Menschen zu empfinden. Jahrhundertelang haben weder geistliche noch weltliche Obrigkeiten Skrupel empfunden, grausame Strafzeremonielle zu vollstrecken. Selbst im Zeitalter der Aufklärung kam das noch vor: Bei Cassanova kann man nachlesen, wie ein gewisser Damiens auf der Place de la Greve zu Tode geschunden wurde, niemand empfand Mitleid mit dem Opfer. Wir sind Historiker oder nicht, keine Ethiker. Bei aller Entrüstung sollte man daran denken, daß ein solches Phänomen wie die Gladiatur nur aus den Voraussetztungen dieser Kultur erklärbar sind. Wenn man sich mit mittelamerikanischen Kulturen beschäftigt, werden die meisten Wissenschaftler fast erschreckend nüchtern über Menschenopfer reden, während ein Referat über das antike Rom, ich schließe da ganz hervorragende Kollegen nicht aus, kaum ohne eine gewisse moralisierende Besserwisserei auskommt. Es wird damit wieder einmal bewiesen, daß die Römer uns von allen antiken Kulturen zugleich die nächsten und entferntesten sind.
 
Es ist nicht böse gemeint, aber könntest du dir nicht angewöhnen, ein paar Absätze in deine Beiträge zu setzen? So sind sie leider kaum lesbar. :winke:
 
Zu Panthea!
Vorsicht bei Seneca.er berichtet in seinen epistulae morales über eine Darbietung.dabei handelt es sich aber nicht um Gladiatorenkämpfe, sondern um eine "Justizshow". Die Akteure waren meridiani, Verurteilte die um die Mittagszeit auftraten. Delinquenten, die das römische Bürgerrecht besaßen, hatten die "Ehre" mit dem Schwert ins Jenseits befördert zu werden. Ein Bewaffneter immer gegen einen Unbewaffneten. Seneca hatte sicher die Einstellung vieler römischer Intellektueller, erwähnte aber auch die Figur des Gladiators im Zusammenhang mit dem stoischen Ethos: "Aufrecht und unbesiegbar must du sterben, was macht es, wenn du einen Tag mehr herausschindest? wir sind in eine welt hineingeboren, die keine Gnade kennt"
 
Vorsicht bitte, wenn schon um Details diskutiert wird: auch römische Bürger sind abhängig von ihrer Tat zum Tode verurteilt worden. Der beschriebene "Zweikampf" ist nur eine Möglichkeit, "ad flamas" oder "ad bestias" sind andere Methoden.

Wie viele Menschen hingerichtet wurden ist nicht mehr nachzuvollziehen, jede mir bislang bekannte Schätzung basiert auf Spekulationen.
 
Natürlich sind römische Bürger zum Tode verurteilt worden. Die Hinrichtung wurde durfte aber gegen römische Bürger nicht ad flammas, ad bestias oder durch das Kreuz vollstreckt werden. Noch im 18. Jahrhundert wurden Personen von Stand in der Regel durch das Schwert, Banditen und Diebe aber durch den Strang hingerichtet. Das Endergebnis ist wohl das gleiche, doch galten bestimmte Todesarten als besonders entehrend.
 
Das ist wie gesagt so nicht korrekt.
Die Kreuzigung ist eine Todesart, die den römischen Bürgern eigentlich vorenthalten wurde (wobei Suetonius uns über Galbas Hmor berichtet, dass er einem protestierenden Bürger einfach ein höheres Kreuz errichten ließ).
Auch war in der frühen Phase des Kaiserreiches und somit selbstverständlich in der Republik derartiges nicht für Bürger zugelassen.

Nach dem Bürgerkrieg 69 n. Chr. verliert sich dann der Unterschied zunehmend, bis 212 dann die Methodik eskaliert, da es ja nun sowieso keinen regulären Unterschied zwischen peregrini und Bürgern gibt.

Die "Enthauptung" durch das Schwert, wie es sich, richtig beschrieben, bis in die Neuzeit als Privileg findet, war auch schon in der Antike bald für honestiores und milites reserviert, bis es dann in der Spätantike nur noch senatorisch, equitanisch oder kurulisch gerechtfertigt wurde.

Ein paar Beispiele für uns heute grausige Hinrichtungen finden sich bei der Tratschtante Suetonius, etwa wenn er von lebendigem begraben berichtet.
Bis hin zum guten Konstatin, der geschmolzenes Blei als Strafe für Sexualstraftaten nutzte.

Ulpian schließlich berichtet uns von der crematio, also der Verurteilung ad flamas als Strafe für "Sünder", also solche die einen Tempel entweihten u.ä.

Darum verwies ich ja eben auf diesen Irrtum. Sicher, es ist richtig das ursprünglich galt, Bürger seien mit dem Schwert hinzurichten.
De facto landeten viele Bürger die sich zum Christentum bekannten in den jeweiligen Verfolgungsphasen doch in den Flammen oder vor wilden Tieren.
Banditen die man stellte wurden oftmals unmittelbar aufgehangen.
 
Du hast recht, Tiberius Gabinius!
Meine Anmerkung zu Panthea sollte auch wirklich keine kleinliche Besserwisserei sein, ihre Beiträge haben mir wirklich gut gefallen. Es fiel mir nur ein, da diese Passage bei Seneca in der wissenschaftlichen Literatur immer wieder als Kritik an Gladiatorenspielen handelt, während es in Wirklichkeit, darin sind wir uns ja einig, um Justizshows geht.
Interessanter, als die Frage, wie man die Gladiatur bewerten soll, erscheint mir aber, was diesen "Kampfsport" so ungeheuer attraktiv machte, daß ihm Freigeborene, selbst Aristokraten verfielen. Diese Leute allesamt als debile Kretins, dekadente Raufbolde oder morbide Sadomasochisten zu bezeichnen, erscheint mir allzu simpel. Es war sicher zunächst einmal die Aura von Pracht, Todesverachtung und Gefahr, die verführerisch wirkte. Dann die Anerkennung, die man selbst als ausgegrenzter Desperado erfuhr. Zuletzt aber natürlich auch das Geld. Ein Rekrut (tiro), selbst wenn er nie zuvor in der Arena aufgetreten war, bekam für diesen einzigen Auftritt dreimal soviel, wie ein römischer Legionär in einem ganzen Jahr verdiente. Als ein spectatus, ein vom Publikum "Gesehener" oder Veteran stieg die Gage bis zum vier- oder fünffachen Jahressold eines Legionärs. Die Spitzenstars verdienten, in einem Kampf von maximal vielleicht 15 min das 10 der 12fache. Wer einen Gladiator schlug oder verletzte, mußte das 40fache der Mitgebühr als Schmerzensgeld bezahlen. Wer die ersten vier bis sechs Kämpfe überlebte, hatte recht gute Chancen auch die nächsten zehn zu überstehen. Es wuchsen das Selbstbewußsein, die Erfahrung und die Beliebtheit. Einem Star drückten die Zuschauer auch bei einer Niederlage den Daumen.
In den Gladiatorenschulen gab es eine gewisse Hierarchie: Sklaven, ob sie nun freiwillig oder gepreßt wurden, hatten durchaus gewisse Rechte. Sie durften mehr als ein Viertel ihrer Preisgelder behalten. Ihr Eigentümer hatte nach römischem Recht keinen Zugriff auf ihr peculium. Gladiatoren waren Wertgegenstände, ihre Ausbildung war kostspielig und zeitaufwendig. Solche Leute opfert man nicht gerne, man steckt ja auch nicht sein Haus an. Die Verpflegung war sicher besser als bei den Legionen.
Besser gestellt als die Sklaven, waren die Freiwilligen, die auctorati. Freie oder Freigelassene, deren einziger Besitz oft das römische Bürgerrecht gewesen sein mag. Diese hielt man für harmlos, sie durften außerhalb der Gladiatorenkaserne wohnen, und nicht wenige von ihnen waren verheiratet, hatten Kinder, besaßen Sklaven.
Die letzten Pariahs aber waren die damnati ad ludus, verurteilte Kriminelle, deren Vergehen nicht die Todesstrafe rechtfertigte. sie bekamen zwar eine Kampfausbildung, waren also nicht völlig chancenlos, aber solche Typen waren natürlich aus Sicht eines lanista unsichere Kantonisten. Natürlich verhängte der römische Staat solche Strafen nicht, damit sich ein Bandit dann Preisgelder verdiente. In den Quellen findet man ja nichts darüber, aber man wird sicher vermuten dürfen, daß diese Leute dann bei Kämpfen gregatim, (wörtlich: in der Herde) verheizt wurden. Solche Kämpfe fanden zwischen zwei Gladiatorenmannschaften statt, sie waren eine billigere Variante als Naumachien. Bestenfalls noch wird ein außergewöhnlich brillianter Verurteilter noch eine Chance gehabt haben.
Sicher mußten die meisten Gladiatoren dennoch damit rechnen, vor Ablauf der Dienstzeit von vier Jahren getötet oder schwer verletzt zu werden, doch den Tod konnte man sich auch sehr leicht auf dem Bau holen, wieviele Menschen sind nicht beim Bau von Versailles verunglückt? Auch an der Donaufront, in Armenien oder Britannien konnte man sich ungesunde Blessuren holen. Der Dienst in den Legionen dauerte 20 Jahre, der im ludus nur vier, wurde aber viel besser bezahlt. 1800 Sesterzen ( Mindesttarif) für zehn Minuten Arbeit, das klingt doch gar nicht so schlecht! Nach Abwägung aller Risiken wird man sich überlegen können, ob die Entscheidung, sich als Gladiator anwerben zu lassen vor diesem Hintergrund nicht durchaus nachvollziehbar erscheint
 
Du hast recht, Tiberius Gabinius!
Meine Anmerkung zu Panthea sollte auch wirklich keine kleinliche Besserwisserei sein, ihre Beiträge haben mir wirklich gut gefallen. Es fiel mir nur ein, da diese Passage bei Seneca in der wissenschaftlichen Literatur immer wieder als Kritik an Gladiatorenspielen handelt, während es in Wirklichkeit, darin sind wir uns ja einig, um Justizshows geht.
Interessanter, als die Frage, wie man die Gladiatur bewerten soll, erscheint mir aber, was diesen "Kampfsport" so ungeheuer attraktiv machte, daß ihm Freigeborene, selbst Aristokraten verfielen. Diese Leute allesamt als debile Kretins, dekadente Raufbolde oder morbide Sadomasochisten zu bezeichnen, erscheint mir allzu simpel. Es war sicher zunächst einmal die Aura von Pracht, Todesverachtung und Gefahr, die verführerisch wirkte. Dann die Anerkennung, die man selbst als ausgegrenzter Desperado erfuhr. Zuletzt aber natürlich auch das Geld. Ein Rekrut (tiro), selbst wenn er nie zuvor in der Arena aufgetreten war, bekam für diesen einzigen Auftritt dreimal soviel, wie ein römischer Legionär in einem ganzen Jahr verdiente. Als ein spectatus, ein vom Publikum "Gesehener" oder Veteran stieg die Gage bis zum vier- oder fünffachen Jahressold eines Legionärs. Die Spitzenstars verdienten, in einem Kampf von maximal vielleicht 15 min das 10 der 12fache. Wer einen Gladiator schlug oder verletzte, mußte das 40fache der Mitgebühr als Schmerzensgeld bezahlen. Wer die ersten vier bis sechs Kämpfe überlebte, hatte recht gute Chancen auch die nächsten zehn zu überstehen. Es wuchsen das Selbstbewußsein, die Erfahrung und die Beliebtheit. Einem Star drückten die Zuschauer auch bei einer Niederlage den Daumen.
In den Gladiatorenschulen gab es eine gewisse Hierarchie: Sklaven, ob sie nun freiwillig oder gepreßt wurden, hatten durchaus gewisse Rechte. Sie durften mehr als ein Viertel ihrer Preisgelder behalten. Ihr Eigentümer hatte nach römischem Recht keinen Zugriff auf ihr peculium. Gladiatoren waren Wertgegenstände, ihre Ausbildung war kostspielig und zeitaufwendig. Solche Leute opfert man nicht gerne, man steckt ja auch nicht sein Haus an. Die Verpflegung war sicher besser als bei den Legionen.
Besser gestellt als die Sklaven, waren die Freiwilligen, die auctorati. Freie oder Freigelassene, deren einziger Besitz oft das römische Bürgerrecht gewesen sein mag. Diese hielt man für harmlos, sie durften außerhalb der Gladiatorenkaserne wohnen, und nicht wenige von ihnen waren verheiratet, hatten Kinder, besaßen Sklaven.
Die letzten Pariahs aber waren die damnati ad ludus, verurteilte Kriminelle, deren Vergehen nicht die Todesstrafe rechtfertigte. sie bekamen zwar eine Kampfausbildung, waren also nicht völlig chancenlos, aber solche Typen waren natürlich aus Sicht eines lanista unsichere Kantonisten. Natürlich verhängte der römische Staat solche Strafen nicht, damit sich ein Bandit dann Preisgelder verdiente. In den Quellen findet man ja nichts darüber, aber man wird sicher vermuten dürfen, daß diese Leute dann bei Kämpfen gregatim, (wörtlich: in der Herde) verheizt wurden. Solche Kämpfe fanden zwischen zwei Gladiatorenmannschaften statt, sie waren eine billigere Variante als Naumachien. Bestenfalls noch wird ein außergewöhnlich brillianter Verurteilter noch eine Chance gehabt haben.
Sicher mußten die meisten Gladiatoren dennoch damit rechnen, vor Ablauf der Dienstzeit von vier Jahren getötet oder schwer verletzt zu werden, doch den Tod konnte man sich auch sehr leicht auf dem Bau holen, wieviele Menschen sind nicht beim Bau von Versailles verunglückt? Auch an der Donaufront, in Armenien oder Britannien konnte man sich ungesunde Blessuren holen. Der Dienst in den Legionen dauerte 20 Jahre, der im ludus nur vier, wurde aber viel besser bezahlt. 1800 Sesterzen ( Mindesttarif) für zehn Minuten Arbeit, das klingt doch gar nicht so schlecht! Nach Abwägung aller Risiken wird man sich überlegen können, ob die Entscheidung, sich als Gladiator anwerben zu lassen vor diesem Hintergrund nicht durchaus nachvollziehbar erscheint

Lange übersehen, darum erst jetzt die Antwort.
Sehr gut durchdachte und ausführliche Überlegungen.
Dagegen sollte man aber auch folgendes bedenken:
Wie hoch die Zahl der Toten bei den tirones war wissen wir nicht. Es liegt nahe zu vermuten, dass hier der Blutzoll um einiges höher war und die Attraktivität hier geringer wird.
Anders als im Heer gibt es keine ehrenhafte Entlassung mit Abfindung bei Verstümmelung. Die Soldaten sind, so sie im Dienst ihre Arbeitsfähigkeit verlieren, versorgt, und können ggf. sogar auf ein collegium hoffen, welches ihnen hilft. Bei den Gladiatoren, sollten sie einen Kampf verstümmelt überleben, ist die Karriere vorbei und die Berufsaussichten aus diesem und dem jetzt folgenden Grund minimalst.
Ist die soziale Stellung als Soldat durchaus ehrenhaft und mit einem gewissen Ansehen verbunden, nicht zu vergessen den Aufstiegschancen, so wird man als Gladiator zwar zum Star, aber gleichzeitig auch zu einer Person des unteren sozialen Levels.
 
Junkelmann präsentiert in seinen Büchern ( Das Spiel mit dem Tod, Köhne/ Ewigleben Hrsg. Caesaren und Gladiatoren) eine recht interessante Statistik zur spanischen Corrida. Zwischen 1747 und 1962 kamen nach sicher nicht ganz vollständigen Statistiken 398 Menschen ums Leben. Pro Jahr wurden etwa 28.000 Stiere in der Arena getötet. Von den getöteten Männern waren nur 51 Vollmatadore, während 153 novilleros, Matadoranwärter getötet wurden, die sich in novilladas reguläre Corriden, in denen allerdings Stiere unter vier Jahren oder sehr alte und gefährliche auftreten, die nicht zu einer regulären Corrida de toros zugelassen wurden. Oft haben solche Stiere Sehfehler, weitsichtige Stiere sind sehr gefährlich oder es treten Stiere von 7 Jahren auf, wahre Schwergewichtler, während die üblichen Stiere 4-5 Jahre alt sind. Dazu starben 135 Bandirilleros, 60 Picadores und 2 "Clowns" wobei ich wirklich nicht weiß, was Dr. Junkelmann damit meint, denn Clowns sind durchaus untypisch für die Corrida. In Death in the Afternoon schreibt Hemingway ausführlich über die Psychologie des Matadors, und die psychischen Folgen die eine Wunde einem Mann zufügen kann. Verblüffend die fast wörtliche Wiedergabe des "hoc habet", die Hemingway überliefert. Der Matador Varelito war untrainiert und in schlechter Verfassung in die arena zurückgekehrt. Das Publikum pfiff ihn aus, worauf er tollkühn und aufgespießt wurde: "Jetzt hats mich erwischt! Das war es doch, was ihr sehen wolltet! Jetzt habe ich es, jetzt hats mich erwischt!" rief er. Ein Profi trat drei bis vier mal im Jahr auf, erhielt die bestmögliche medizinische Versorgung, und ein Kämpfer, der bereits einige Siege errungen hatte, steigerte seinen Marktwert. Natürlich wuchs mit jedem Kampf auch die Erfahrung und das Selbstbewußtsein. Vor allem hielten die Fans auch für einen besiegten den Daumen. So konnte es Gladiatoren geben, die 20, 30, 50 oder noch mehr Siege errangen. Etliche Gladiatoren mußten aber damit rechnen, spätestens im sechsten Kampf getötet oder, sicher häufiger, verkrüppelt zu werden. Die antike Medizin in den Gladiatorenschulen hatte ein sehr hohes Niveau, aber zwei grundsätzliche Probleme konnte sie nicht lösen: Den Blutverlust und die Sepsis. Es gab zwar Arterienklemmen, aber eine große Wunde im Brust oder Baubereich führte fast unweigerlich zum Tod. Analogien zum modernen Boxsport bieten sich an, doch wird die Gladiatur noch weit mehr Rookies verheizt haben. Junkelmann vermutet anhand von bildlichen Darstellungen, daß die Profis offenbar bemüht waren, dem Gegner eher eine Verwundung an den Extremitäten zuzufügen, statt ihm z.B. die achillessehne zu zerschneiden, man wollte sich gegenseitig das Geschäft nicht kaputtmachen. Dr. Junkelmanns These erscheint einleuchtend, wenn sein Schluß nur anhand bildlicher Darstellungen auch leichter zu behaupten, als zu beweisen ist.
 
Tut mir Leid, dass ich nun dieses alte Thema wieder hervorhole...

Kann mir einer vielleicht ein paar Quellen nennen, in denen einzelne Gladiatorenkämpfe, die Reaktionen der Zuschauer und vielleicht die des Kaisers beschrieben werden?
Gibt es so was?

Ich bin auch der Meinung, dass die Semantik der Gladiatorenkämpfe in diesem Thread nicht zur Genüge diskutiert wurde.
Habe leider gerade nicht sonderlich viel Zeit, deshalb nur ein kurzer Abriss meiner Arbeitsthesen (die natürlich nicht alle von mir stammen, sondern zu großen Teilen dem Aufsatz "An den Grenzen des Römerseins" (2000) von Egon Flaig entstammen):

Semantisch stellt der Gladiator ein exemplum dar. Disziplin, Gehorsam, Todesverachtung - die Gladiatur also als Inszenierung römischer Tugenden.
Dies trägt folgende Didaktik zur Schau: Verfemte verkörpern diese Tugenden.
Die Pädagogik dahinter ist natürlich der militärische Drill.
Es kommt somit zu einem Wertetransport von der Arena zum Betrachter.
Doch nicht nur Werte und Normen werden verhandelt, sondern auch das Selbstbild der Gesellschaft.
Identifikationsstiftend nach außen ist die Frage, was ist römisch, was nicht? Dem Gladiator wird diese Frage gestellt.
Durch einen Kommunikationsprozess zwischen Volk und Herrscher wird ein Urteil über Leben und Tod gesprochen, das als Grundlage die Bewertung der genannten Punkte nimmt.
Der entscheidende Punkt ist also dieser Urteilsspruch.
Hier werden jedesmal neu die identitätsstiftenden Elemtente (natürlich nicht alle, sondern die, die im Rahmen der Pädagogik und Semantik transportiert werden sollen) verhandelt.
Das führt zu einer hohen Identifikation und zu einem Konsens in der obengenannten Frage: was ist römisch?

Gladiatorenspiele sind weitaus mehr als panem et circenses und weitaus weitaus mehr als bestialisches Blutvergießen.

So viel für den Moment, ich weiß, ist kryptisch geworden. Ich werd das die Tage noch mal ausbreiten, dann können wir gerne drüber diskutieren.

Solange bleibt meine Frage, nach den Quellen.
Würde die Thesen gerne einer genaueren Überprüfung unterziehen.

Danke schonmal für eure Hilfe!
 
Tut mir Leid, dass ich nun dieses alte Thema wieder hervorhole...

Kann mir einer vielleicht ein paar Quellen nennen, in denen einzelne Gladiatorenkämpfe, die Reaktionen der Zuschauer und vielleicht die des Kaisers beschrieben werden?
Gibt es so was?

Ich bin auch der Meinung, dass die Semantik der Gladiatorenkämpfe in diesem Thread nicht zur Genüge diskutiert wurde.
Habe leider gerade nicht sonderlich viel Zeit, deshalb nur ein kurzer Abriss meiner Arbeitsthesen (die natürlich nicht alle von mir stammen, sondern zu großen Teilen dem Aufsatz "An den Grenzen des Römerseins" (2000) von Egon Flaig entstammen):

Semantisch stellt der Gladiator ein exemplum dar. Disziplin, Gehorsam, Todesverachtung - die Gladiatur also als Inszenierung römischer Tugenden.
Dies trägt folgende Didaktik zur Schau: Verfemte verkörpern diese Tugenden.
Die Pädagogik dahinter ist natürlich der militärische Drill.
Es kommt somit zu einem Wertetransport von der Arena zum Betrachter.
Doch nicht nur Werte und Normen werden verhandelt, sondern auch das Selbstbild der Gesellschaft.
Identifikationsstiftend nach außen ist die Frage, was ist römisch, was nicht? Dem Gladiator wird diese Frage gestellt.
Durch einen Kommunikationsprozess zwischen Volk und Herrscher wird ein Urteil über Leben und Tod gesprochen, das als Grundlage die Bewertung der genannten Punkte nimmt.
Der entscheidende Punkt ist also dieser Urteilsspruch.
Hier werden jedesmal neu die identitätsstiftenden Elemtente (natürlich nicht alle, sondern die, die im Rahmen der Pädagogik und Semantik transportiert werden sollen) verhandelt.
Das führt zu einer hohen Identifikation und zu einem Konsens in der obengenannten Frage: was ist römisch?

Gladiatorenspiele sind weitaus mehr als panem et circenses und weitaus weitaus mehr als bestialisches Blutvergießen.

So viel für den Moment, ich weiß, ist kryptisch geworden. Ich werd das die Tage noch mal ausbreiten, dann können wir gerne drüber diskutieren.

Solange bleibt meine Frage, nach den Quellen.
Würde die Thesen gerne einer genaueren Überprüfung unterziehen.

Danke schonmal für eure Hilfe!


Es gibt einen einzigen Gladiatorenkampf, der fast in allen einzelheiten überliefert ist und man sogar die Namen der Akteure kennt.


"Als lange schon der Kampf dauerte zwischen Priscus und Verus, unentschieden tobte das scharfe Gefecht.
Und die Menge den Abbruch forderte,
Gab der Caesar (Titus) nicht nach, beharrend auf seinem eigenen Gesetz.
Dauern muss der Kampf, bis einer besiegt ist und aufgibt."

Priscus und Verus waren ebenbürtig und der Kampf endete "stans missus".

Beide erhielten den Palmzweig und Titus gab beiden die rudis, das hölzerne Rapier und Symbol, sich ehrenvoll in den ruhestand zurückziehen zu dürfen.

Martial berichtet darüber in seinen Epigrammen "Spectacula". Ich bekomme den ganzen text nicht mehr aus dem Gedächtnis zusammen.
 
Es gibt einen einzigen Gladiatorenkampf, der fast in allen Einzelheiten überliefert ist und man sogar die Namen der Akteure kennt.


"Als lange schon der Kampf dauerte zwischen Priscus und Verus, unentschieden tobte das scharfe Gefecht.
Und die Menge den Abbruch forderte,
Gab der Caesar (Titus) nicht nach, beharrend auf seinem eigenen Gesetz.
Dauern muss der Kampf, bis einer besiegt ist und aufgibt."

Priscus und Verus waren ebenbürtig und der Kampf endete "stans missus".

Beide erhielten den Palmzweig und Titus gab beiden die rudis, das hölzerne Rapier und Symbol, sich ehrenvoll in den Ruhestand zurückziehen zu dürfen.

Martial berichtet darüber in seinen Epigrammen "Spectacula". Ich bekomme den ganzen Text nicht mehr aus dem Gedächtnis zusammen.

Dafür gibt es doch die Latin Library: Martial: Liber de Spectaculis

Cum traheret Priscus, traheret certamina Verus,
esset et aequalis Mars utriusque diu,
missio saepe uiris magno clamore petita est;
sed Caesar legi paruit ipse suae; -
lex erat, ad digitum posita concurrere parma: - 5
quod licuit, lances donaque saepe dedit.
Inuentus tamen est finis discriminis aequi:
pugnauere pares, subcubuere pares.
Misit utrique rudes et palmas Caesar utrique:
hoc pretium uirtus ingeniosa tulit. 10
Contigit hoc nullo nisi te sub principe, Caesar:
cum duo pugnarent, uictor uterque fuit.
 
Gibt es nicht auch antike Graffiti in Pompeji, die von erfolgreichen Gladiatoren berichten?
 
Gibt es nicht auch antike Graffiti in Pompeji, die von erfolgreichen Gladiatoren berichten?


Ja, gibt es. Einige! Manche sogar begleitet von Illustrationen. Das reicht von Ankündigungen wie denen des Decimus Lucretius Satrius Valens oder des A. Suettius Certus bis hin zu Auflistungen: Proculus gegen Diomedes, Oceanus gegen Aracintus, Severus gegen Albanus.
Ein schönes Buch: Werner Krenkel, Pompejanische Inschriften, Leipzig 1961.
 
Neben den Krakeleien an den Wänden gibt es auch Mosaike und natürlich vor allem Grabsteine von Gladiatoren, die zumindest grob die Karriere umreißen und in manchen Fällen eben auch bestimmte Kämpfe.

Fik Meijer und Connolly gibt es gerade recht preiswert zum kaufen und einlesen. Martial gibt es z.T. bei Reclam :)
Einige Einzelschicksale werden bei Junkelmann angerissen.
 
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