Gladiatoren

Q

Quintus Fabius

Gast
Gladiatoren

Als ich vor kurzem die Suchfunktion nach diesem Begriff betätigte, fiel mir zu meinem Erstauenen auf, daß es noch gar kein Thema mit dieser Überschrift gibt. Es wurde zwar schon einmal über Spartakus diskutiert, jedoch nicht über die Gladiatoren an sich.

Angesichts der Bedeutung die die Gladiatorenkämpfe in Rom erlangten, und angesichts des Films Gladiator hat mich das wirklich verblüfft.

Daher möchte ich hiermit ein neues Thema zu diesem doch sehr interessanten Aspekt der römischen Geschichte eröffnen:

Leider kann ich nur wenig selbst dazu beitragen, da meine Fixierung auf die Republik und meine moralische Ablehnung dieser Vorgänge an sich mein Wissen dazu doch sehr begrenzt gelassen haben.

Zur Herkunft:

Die Gladiatorenspiele leiten sich m.W.n. von altitalischen und besonders von etruskischen Beerdigungsriten her ab. Wenn eine bedeutende (männliche) Persönlichkeit starb, wurden zu ihren Ehren bei der Beerdigung Kämpfe ausgetragen, sowohl zum Schein, als auch bei hochrangigen Personen auf Leben und Tod, wobei der Verlierer den Toten in der Vorstellung begleitete.

Dies hatte auch auf die späteren, kommerzialisierten Gladiatorenkämpfe einen großen Einfluß. Z.B. gab es noch Jahrhunderte nach den Etruskern in der Arena immer noch den etruskischen Unterweltdämonen Charun als wichtigen Darsteller, der mit einem Hammer dem Getöteten noch einen Schlag auf den Kopf versetzte und damit den Kampf beendete.

Auch wenn ich vor kurzem gelese habe, daß der Hammer auf den Grabdarstellungen in etruskischen Gräbern angeblich ein Ruder sei und Charun vom griechischen Charon abgeleitet sei, so halte ich wegen der späteren Verwendung dieser Figur bei den Gladiatorenspielen diese Deutung für falsch und die Figur für eine genuin Etruskische.

Diese Beerdigungsriten wurden dann von den Römern teilweise übernommen, da manche Gens in der römischen Republik stark etruskisch geprägt waren, und entwickelten sich in Rom zunehmend zu Spektakeln.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurden dann die ersten Gladiatorenkämpfe durchgeführt, die nicht an eine Beerdigung gebunden waren und in der Folge entwickelten sie sich zu einem völlig eigenen römischen Kulturgut. Das war im Endeffekt mein Wissenstand darüber.

Zur weiteren Entwickung, Ausrüstung, Gladiatorentypen usw kann ich daher nur wenig und allgemein bekanntes sagen.
 
Es gab 6 "Haupttypen" von Gladiatoren :

- Samnit
- Hoplomachus
- Thraker
- Murmillo
- Retiarier
- Secutor


Der Samnit:
Rüstung : offener Helm mit Wangenklappen, Busch und Federn, einer Brustplatte aus Metall, Panzerhandschuh am Schwertarm, einer oder zwei Beinschienen und einem großen, ovalen oder rechteckigen Schild
Waffe : gerades Schwert, selten die Lanze

Zu Beginn der Kaiserzeit verschwand der Samnit aus den Arenen. Sein Nachfolger wurde der Hoplomachus.

Der Hoplomachus:
Rüstung : prächtiger Visierhelm, eine Beinschiene, großer rechteckiger Schild
Waffe : Kurzschwert

Der Thraker:
Rüstung : ursprünglich ein einfacher offenen Helm mit Wangenklappen, der allerdings im Laufe der Zeit immer prächtiger wurde, kleiner runder Schild, Beinschienen
Waffe : kurzes gebogene Schwert, gelegentlich Lanze

Der Murmillo:
Vermutliche Rüstung : Helm mit einem Fisch als Verzierung, keine Beinschienen, großer ovaler Schild
Waffe : langes, gerades Schwert

Der Retiarier:
Rüstung : ein Armpanzer mit festem Schulterschild, hinter dem er bei einem Hieb des Gegners den Kopf verbergen konnte
Waffe : Wurfnetz, der Dreizack und ein langer Dolch

Der Secutor:
Der Secutor war ein auf den Kampf mit dem Retiarier spezialisierter Hoplomachus. Um dem Netz seines Gegners aber keinen Angriffspunkt zu bieten, trug er - anders als der gewöhnliche Hoplomachus - einen enganliegenden glatten Helm.
Rüstung : enganliegender glatter Helm, eine Beinschiene, großer rechteckiger Schild
Waffe : Kurzschwert


Weitere Gladiatoren-Typen:

Andabates: Gladiator, der in geschlossenem Helm ohne Augenlöcher, also blind, gegen einen anderen Andabates antrat. Über Sieg oder Niederlage entschieden unter diesen Umständen sein Gehör, sein Gespür für die Reaktionen des Publikums und der Zufall. Seine genaue Bewaffnung ist nicht überliefert.

Dimachaerus: Gladiator, der mit zwei Dolchen kämpfte. Er trug einen gepolsterten Leibschutz, Bandagen am Dolcharm und an den Beinen, zuweilen auch Beinschienen, aber keinen Helm.

Eques: Berittener Gladiator. Seine Schutzwaffen waren ein flacher Helm mit Visier, ein leichter Brustpanzer unter kurzer Tunika, Bandagen am Waffenarm und ein kleiner runder Schild. Solange der Eques im Sattel saß, kämpfte er vor allem mit der Lanze, abgesessen aber auch mit dem Schwert.

Essedarius: Dieser Gladiator kämpfte von einem Streitwagen, den ein Wagenlenker führte. Er jagte seine Gegner vorzugsweise mit Fernwaffen, also mit Bogen und Speer. Im Nahkampf benutzte er aber auch das Schwert.

Gallier: Gladiator, der weitgehend dem Murmillo glich.

Laquearius: Er hatte große Ähnlichkeit mit dem Retiarier, brachte den Gegner aber nicht mit dem Wurfnetz, sondern mit dem Lasso zu Fall. Seine Angriffswaffen waren vermutlich die kurze Lanze und für den Nahkampf ein Dolch.

Sagittarius: Er kämpfte aus der Entfernung mit dem Bogen.

Veles: Seine Hauptwaffe war die Lanze. Gewöhnlich kämpfte er gegen einen anderen Veles.
 
Der erste Gladiatorenkampf in Rom fand 264 v. Chr. statt, als drei Gladiatorenpaare bei einer Bestattungsfeier gegeneinander antraten. 174 v. Chr. traten dann schon 37 Gladiatorenpaare an drei Spieltagen hintereinander an. Julius Cäsar war der erste, der wirklich große Gladiatorenspiele ausrichtete, bei denen sogar 300 Paare auftraten. Die größten Gladiatorenkämpfe veranstaltete Trajan als Teil seiner Siegesfeier über die Daker (107 n. Chr.). Er ließ bei den 123 Tage andauernden Spielen 5.000 Gladiatorenpaare gegeneinander antreten. 325 verbot Konstantin d. Gr. Gladiatorenkämpfe, jedoch wurden sie noch bis 450 oder 500 durchgeführt. Zwar verbot Kaiser Honorius 404 n. Chr. nochmals die Kämpfe, nachdem der Mönch Telemachos (der sich in der Arena zwischen die Gladiatoren stürzte, um sie auseinanderzubringen) vom Mob gelüncht wurde, jedoch berichten noch Augustinus von Hippo Regius und Salust von Gladiatorenkämpfen.
 
Die Gladiatoren sollten doch möglichst ausgeglichen kämpfen, mir kommt es allerdings so vor, als ob der Hoplomachus dem Thraker , aufgrund des größeren Schildes, überrlegen ist. Oder liegt der Vorteil des Thrakers in der Lanze, die er

Tempus schrieb:
trug:confused:
 
@ Themistokles
Themistokles schrieb:
Die Gladiatoren sollten doch möglichst ausgeglichen kämpfen, mir kommt es allerdings so vor, als ob der Hoplomachus dem Thraker , aufgrund des größeren Schildes, überrlegen ist. Oder liegt der Vorteil des Thrakers in der Lanze, die er
trug:confused:

Der Lanze sollte die schlechtere Verteidigung ausgleichen.
Übrigens sei vielleicht noch anzumerken, dass nicht jeder Gladiatorentyp gegen jeden antrat, und dass außerdem einige Typen nur gegeneinander antraten, so z. B. beim Eques.

Die Kämpfe fanden auch nach festgelegten Regeln statt, die von einem Schiedsrichter überwacht wurden. Auch endeten nach M. Junkelmann etwa 20% aller Kämpfe tödlich. Oft endete der Kampf (der durchschnittlich zehn Minuten dauerte) mit einem Unentschieden. War einer der beiden Kämpfer am Ende seiner Kraft, hob er die linke Hand mit ausgestrecktem Finger. Waren die Zuschauer ihm genädig, pressten sie den Daumen auf ihre Faust, sollte er sterben, zeigten sie vermutlich mit dem Daumen auf ihre Kehle.



Seit Domitian (?) traten auch (gelegentlich) Gladiatorinnen auf, bis diese von Septimius Severus verboten wurden.
 
Ein paar Ergänzungen und Korrekturen, sowie wichtige Anmerkungen:


"Haupttypen" gibt es drei Einteilungen:
Parmulari - Kleinschildner
Scutari - Großschildner
Und Schildlose

Zu den Parmulari : - thraex (eckiges Kleinschild) -hoplomachus (rundes Metallblech) -eques (parma equestris)

Scutari: - murmillo und secutor (rechteckiges scutum) -provocator (etwas kleineres rechteckiges scutum) -essedarius (mittelgroßes ovales scutum)

schildlose: scissor, retiarius, diamacherus, crupellarius


Die Übersetzung oder Lehrmeinung, ein Secutor (Verfolger) hätte eine Fischverzierung auf dem Helm ist falsch. Der Helm ist vielmehr absolut glatt und verzichtet auf jegliche Kante und Ecke oder gar Verzierung. Dies soll dem Netz möglichst wenig Angriffsfläche bieten, dabei bildet ein Kamm auf dem Kopf einer Version der gefundenen Secutorhelme eine Ausnahme, die aufgrund ihrer Form aber vermutlich eher dem Netz schädlich war. Die absolut glatte, eiförmige Struktur im Zusammenhang mit den beiden Augenlöchern könnte jemand entfernt an einen Fisch erinnert haben, aber diese Übersetzung ist strittig, spätestens seit Dr. Junkelmanns Publikation.

Bewaffnung der Gattungen:
Die Klinge des thraex nennt sich sica, zu keinem Zeitpunkt führte der kleine und bewegliche threax eine Lanze.

Der Hoplomachus hingegen führte eine Lanze als Hauptwaffe, leider wurde durch Verwechslung der Helme dieser Typus oft mit dem Myrmillo durcheinander geworfen.

Zu sehen ist der Hoplomachus im Kampf gegen einen Myrmillo etwa in einer Merziger Freske einer römischen Villa des 2. Jh. Die Verwechslung ist auf falsche Abstammungstabellen des 19. Jh. und der 60er Jahre des letzten Jh. zurück zu führen.

Also Myrmillo: Dieser Grundlegende, und neben dem Samniten älteste Gladiatortyp trägt einen großen Rechteckscutum, ein Gladius, subligaculum (Bekleidung) und balteus (Gürtel), manica (Armschutz etwa gesteppt oder aus Leder, auch Metall ist vorstellbar), Beinschiene am linken Bein, ein großer Attisch-Boötischer Krempenhelm, der in späterer Zeit ein Visier dazu gewinnt.

Aus dieser Gattung entstehen:
Secutor: Als Antwort auf den Retiarius, der zum Ende des 1. Jh. v. Chr. entsteht und schnell zum Publikumsliebling wird entsteht aus dem gegen den Thraex speziallisierten Myrmillo ein angepasster "Verfolger". Sein Helm ist wie oben beschrieben den Anforderungen im Kampf gegen den Natzkämpfer besser angepaßt, ansonsten entspricht die Bewaffnung dem Myrmillo. Er kämpfte gegen keine anderen Gegner.
Aus ihm entstand vermutlich die Sonderform des Scissor (Schlitzer), welcher am linken Arm eine Art Stulpe trug, die mit einer halbrunden Klinge versehen war, und dazu ein Gladius. Außerdem ist er neben dem crupellarius der einzige gut gepanzerte Gladiator.

Retiarius Den Schild hinter dem Schulterschutz zu verbergen ist aufgrund seiner geringen Größe kaum möglich, allerdings kann er zu einer aktiven Abwehr eingesetzt werden. Dies setzt natürlich viel Übung voraus.
Kämpfte ein Retiarier gegen zwei Secutoren wurde ihm meist Plattform mit zwei Rampen und eine Anzahl Geschoße zur Verfügung gestellt, die er gegen die beiden verteidigte. Dabei wird er zum "Pontarius".

Der Provocator, dieser Typ ist umstritten was seine Bewaffnung angeht. Vermutlich hatte er Gladius oder SPatha, Rechteckscutum, militär. Helm (weissenau) oder eine Weiterentwicklung davon mit visier und Verzierungen, pectorale (Brustschutz) und Beinschiene.

essedarii waren vermutlich Streitwagenkämpfer. Über sie gibt es kein eindeutiges Bildmaterial und nur eine Beschreibung von Vergil. Daher sind sie schon in der Existenz umstritten.

Thraex trugen einen, manchmal mit einem Helm verzierten Visierhelm, deren Krempe nicht annähernd so groß war, wie die des Myrmillo, welcher ihr häufigster Gegner war. Bewaffnet mit der krummen falx und geschützt durch einen kleinen eckigen Schild und zwei Beinschienen.

Hoplomachus der Lanzenkämpfer. Er hatte vermutlich eine Form von Ganzbeinschutz, einen kleinen, runden Schild aus Metall und ein neben der Lanze ein Gladius oder Dolch, dass er während dem Lanzenkampf hinter dem Schild trug. Sein Helm, oft mit einem Federbusch versehen, ähnelt in gewissem Eigenschaften dem Thraex wie auch dem Myrmillo, und besaß ein Visier mit vergitterten, großen Augenaussparungen.

Dimacheri sind umstritten, da es nur ein oder zwei Abbildungen von ihnen gibt, die keineswegs eindeutig sind. Zwei Gladii, Pectorale, Beinschiene sind vermutlich seine Bewaffnung gewesen, allerdings sieht man im Hintergrund einer Darstellung einen Helm.

Crupellarius Eine bei Tacitus erwähnte und in Spielzeugform gefundene Form. Dieser am ganzen Körper schwer gepanzerte Gladiator verfügte wohl über einen Topfhelm mit Sicht und Atempunktierung und einer Nasenauspaarung. Er kämpfte laut Tacitus in einem Aufstand mit und mußte von den Milites mit ihren Äxten aufgemeißelt werden.

Einige neue und einleuchtendere Theorien als die leicht veralteten finden sich in "Das Spiel mit dem Tod" von Dr. Marcus Junkelmann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf eine Einladung hin schreibe ich meine Meinung zum Gladiator des dekadenten,
moralisch verkommenen Roms, desjenigen Roms, welches andere für sich bluten ließ,
auf Kosten von Millionen seinen verschwenderischen, faulen Stil pflegte, des Roms,
welches sich wie ein Raufbold völlig schwindelfrei aufgrund der ungeheuren Macht
wie ein Straßenschläger gab, des Roms, welches sich völlig gegensätzlich zu eindeutig
bewundernswerten Leistungen in Baukunst, Technik und anderem zeigte:

Es sind beide Seiten des Spektakels widerlich.
Zum einen die Seite der Gladiatoren, die sich freiwillig gegenseitig verstümmeln und töten,
nur um der Masse zu gefallen. Dabei meine ich den Typus des "Berufsgladiators", wie er
im gleichnamigen Film angedeutet wurde.
Zwar gab es dort einige Schockerszenen, allerdings dürfte die Realität sicher brutaler,
blutiger, schmerzvoller, grauenhafter ausgesehen haben. Das Sterben und leiden wird
damals nicht sauberer vonstatten gegangen sein als heute.

Daß diese Burschen der Berufskämpfer in der Minderzahl waren, dürfte sicher sein.
Alleine, wenn man die Menge an verbrauchtem "Menschenmaterial" sieht.

Zu den hingemetzelten Sklaven, Gefangenen, Christen, Schuldnern, den tausenden
-gerne exotischen- Tieren braucht man bestimmt auch nichts weiter sagen.

Die andere Seite, vom Lumpenproletariat aufwärts bis in höchste Kreise verdient nichts
weiter als Verachtung. Sich am Tod und dem Leid zu delektieren, ist durch nichts
entschuldbar, sondern gehört in die Schublade Unmenschlichkeit.

Natürlich weiß ich nichts genau über die damalige Zeit, habe mein "Wissen" oder besser
Vermutungen von einem super Schriftsteller, dem ich durchaus glaube was er schreibt.
Gerade dann, wenn ich das Naturell des Menschen addiere, ergibt sich ein glaubwürdiges Bild.

Er schreibt über die "Spiele" im Spätrom:
"Ein besonderer Leckerbissen war es, dem entmannen von Kriegsgefangenen zuzusehen.."
"..wurde das Colosseum unter Wasser gesetzt, um Seeschlachten zu bieten..."
(wobei neuerdings bezweifelt wird, ob dies technisch überhaupt möglich war und
auch durchgeführt wurde. Außer Zweifel steht, daß die Perfektionierung dieser Todes-
maschinerie immer weiter betrieben wurde. )
"..so blieb nur die Möglichkeit, dem Gegner durch die Sehschlitze in die Augen zu stechen..."
"es galt als chic, eine Nacht mit den morituri zu verbringen oder, den Blutgeruch und die
Schreie noch in den Ohren, sich den Sieger beiwohnen zu lassen"
"...wurden Sonnensegel aufgespannt, um die Zuschauer vor der Sonne zu hüten...
..da ein Würstchen essend, dort einen Leckerbissen probierend, mit den Sesterzen in
der Hand klimpernd..."

Der letzte Satz muß richtig sein, man beobachtet selbes heute auch.

(Spät)rom hatte wenig Grund, andere Völker als Barbaren zu bezeichnen.
Spartakus -falls es ihn als Person gegeben hat- verdient höchsten Respekt für den Versuch, sich,
seinen Kameraden, Sklaven und Gefangenen das zu geben, was der Mensch verdient:

Mindestens nicht zum Gaudium einiger weniger sich versehren oder gar töten zu lassen,
als erstrebenswerten Standard aber ein Leben als freier Mensch.

Nicht, daß ich falsch verstanden werde:
Ich bin absolut kein Hasser des "gesamtrömischen Bildes" , nur bestimmter Teilbereiche.
 
Es steht uns nicht zu, eine Gesellschaft zu richten, die vor 2000 Jahren existiert hat. Welchen Maßstab wollen wir ansetzen?
Den heutigen?
 
Michl schrieb:
Auf eine Einladung hin schreibe ich meine Meinung zum Gladiator des dekadenten,
moralisch verkommenen Roms, desjenigen Roms, welches andere für sich bluten ließ,
auf Kosten von Millionen seinen verschwenderischen, faulen Stil pflegte, des Roms,
welches sich wie ein Raufbold völlig schwindelfrei aufgrund der ungeheuren Macht
wie ein Straßenschläger gab, des Roms, welches sich völlig gegensätzlich zu eindeutig
bewundernswerten Leistungen in Baukunst, Technik und anderem zeigte:
Diese sprach ich gerne aus, denn ich sehe hier dringenden Diskussionbedarf.

Michl schrieb:
Es sind beide Seiten des Spektakels widerlich.
Zum einen die Seite der Gladiatoren, die sich freiwillig gegenseitig verstümmeln und töten,
nur um der Masse zu gefallen. Dabei meine ich den Typus des "Berufsgladiators", wie er
im gleichnamigen Film angedeutet wurde.
Zwar gab es dort einige Schockerszenen, allerdings dürfte die Realität sicher brutaler,
blutiger, schmerzvoller, grauenhafter ausgesehen haben. Das Sterben und leiden wird
damals nicht sauberer vonstatten gegangen sein als heute.

Daß diese Burschen der Berufskämpfer in der Minderzahl waren, dürfte sicher sein.
Alleine, wenn man die Menge an verbrauchtem "Menschenmaterial" sieht.

Zu den hingemetzelten Sklaven, Gefangenen, Christen, Schuldnern, den tausenden
-gerne exotischen- Tieren braucht man bestimmt auch nichts weiter sagen.
Ich kenne den Film nicht, kann dies also nicht bewerten. Aber vielleicht kann ich einige Fehlinfos aufklären.
Es ging zum einen nicht um Tot oder Leid, sondern um Kampf. Starb jemand kampflos war das Publikum einfach nur enttäuscht. Die Hinrichtungen zur Mittagszeit waren der schlecht besuchteste Teil der Veranstaltung. Nur solche, die es sich nicht leisten konnten den Platz zu reserverien oder in "Logen" zu sitzen blieben an ihrem Platz, um diesen nicht später zu verlieren.
Kämpfte jemand gut und verlor trotzdem gewährte ihm der Veranstalter (der sich hin und wieder nach dem Publikum richtete, vermutlich sogar häufig) die Gnade zu überleben. Auch die Berufsgladiatoren traten danach wieder an.
Blicken wir dann auf die Todesarten glückloser Gladiatoren, die keine Gnade bekamen, dann ist diese "humaner", als bis tief in unsere Zeit hingerichtet wurde und wird. Ein schneller Stich, von dem der Delinquent kaum etwas spürt, ins Genick oder ins Herz.
Natürlich kostet dies trotzdem ein Leben und das kann man nicht schön reden. Aber es zu dämonisieren bringt ebenfalls nichts.
Das Prinzip des Mitleids kommt erst mit dem Christentum, und sein Mangel ist in der gesamten Antiken Welt zu verzeichnen. Auch Hannibals Truppen veranstalteten Spiele nach der Alpenüberquerung mit gefangenen Römern, die um ihr Leben kämpften. Wie Panthea schon sagte, unsere Maßstäbe gelten nicht für diese Zeit, und die Römer heben sich da in keinster Weise von anderen Völkern ab.
Auch die Relation "Berufsgladiatoren" und gepressten Sklaven dürfte bei weitem nicht so unwuchtig ausfallen wie du denkst. Es fanden sich trotz Verbot auch genug Prominente, Senatoren und Frauen, die dieser Tätigkeit nachkamen.
Die Grabstelen sprechen ebenfalls Bände. Allzuoft kämpften die Gladiatoren nicht (also nicht dutzende von Kämpfe), waren dafür umso besser ausgebildet (es lag im Interesse der Schulen nicht zu viele davon zu verlieren um kein Geld einzubüßen), und je nach Zeit wurden Unterlegene oft begnadigt.



Michl schrieb:
Natürlich weiß ich nichts genau über die damalige Zeit, habe mein "Wissen" oder besser
Vermutungen von einem super Schriftsteller, dem ich durchaus glaube was er schreibt.
Gerade dann, wenn ich das Naturell des Menschen addiere, ergibt sich ein glaubwürdiges Bild.
Dann solltest du dies schnellstens Nachholen. Um eine andere Kultur in einer anderen Epoche zu verstehen nützt es nichts nur ein oder zwei Werke zu studieren.
Am Ende werde ich dir ein paar Bücher empfehlen.

Michl schrieb:
Er schreibt über die "Spiele" im Spätrom:
"Ein besonderer Leckerbissen war es, dem entmannen von Kriegsgefangenen zuzusehen.."
"..wurde das Colosseum unter Wasser gesetzt, um Seeschlachten zu bieten..."
Unsinn. Verstümmelung der Kriegsgefangenen uzr Zuschauerbelustigung...sowas ist mir nicht bekannt, war also maximal ein Einzelfall.
Das "schlimmste" waren die Hinrichtungen zur Mittagspause, und das aren Verbrecher und Verurteilte.
Die Seeschlachten werden erwähnt, zumindest die Ansätze um derartiges zu bewerkstelligen sind vorhanden. Allerdings gibt es darum wirklich Diskussionen. Naumarchien nennt man diese Form.

Michl schrieb:
"..so blieb nur die Möglichkeit, dem Gegner durch die Sehschlitze in die Augen zu stechen..."
"es galt als chic, eine Nacht mit den morituri zu verbringen oder, den Blutgeruch und die
Schreie noch in den Ohren, sich den Sieger beiwohnen zu lassen"
"...wurden Sonnensegel aufgespannt, um die Zuschauer vor der Sonne zu hüten...
..da ein Würstchen essend, dort einen Leckerbissen probierend, mit den Sesterzen in
der Hand klimpernd..."
Falsch. Gladiatoren kämpften am Oberkörper nackt, diverse Gattungen auch ohne Helm. Dazu siehe untenstehende Auflistung. "Augenschlitze" hatte sowieso keiner der Helme. Die meisten besaßen eine Art Gitter, der Secutor zwei kleine Löcher, durch die keine Klinge paßte. Die Wissenschaftlichkeit solcher Werke darfst du in Abrede stellen.
Tatsache ist, viele Gladiatoren besaßen regelrechte Fanclubs und wurden regelmäßig von Frauen besucht, nicht selten sogar von den Gattinnen berühmter Männer. Sogar die Frauen einiger Kaiser sollen sich mit den "viri non grata" abgegeben haben.
Auch die Sonnensegel zum Schutz vor der Sonne sind nachgewiesen, und es gab mit Sicherheit Nahrungsmittel während der langen Dauer dieser Spiele.

Michl schrieb:
(Spät)rom hatte wenig Grund, andere Völker als Barbaren zu bezeichnen.
Spartakus -falls es ihn als Person gegeben hat- verdient höchsten Respekt für den Versuch, sich,
seinen Kameraden, Sklaven und Gefangenen das zu geben, was der Mensch verdient:
Über die Motive dieses Mannes können wir nur spekulieren. Ob er wirklich ein so nobler Charakter gewesen ist, dürfte angesichts seiner im Volk angerichteten Verluste wie auch seiner Herkunft bezweifelt werden. Sein Vorgänger, ein Aufständischer auf Sizilien der wesentlich länger seinen "Freiheitskampf" führte schuf nicht mal die Sklaverei ab, sondern kehrte einfach nur um.


Und hier die Literatur:
"Das Spiel mit dem Tod" von Marcus Junkelmann
"Caesaren und Gladiatoren". Die Macht der Unterhaltung im alten Rom von Eckart Köhne und Cornelia Ewigleben
"Gladiatoren" von Alan Baker.
"Kaiser und Gladiatoren" von Thomas Wiedemann
 
"..wurde das Colosseum unter Wasser gesetzt, um Seeschlachten zu bieten..."
Dies war nur bis Diokletan möglich, da danach die Kellerräume des flavischen Amphitheaters errichtet wurden und nun ein "unter Wasser setzten" nicht mehr möglich war.
 
@Panthea,

Zeit ist kein Maßstab, der nach Belieben veränderbar ist.
Ethische Werte sind unabänderlich und immer gültig.

Und wenn, wie weit darf das zeitliche "zurückgehen" erlaubt sein?
49 Jahre, haben wir dann eine ausreichende Distanz um sagen zu können:
"Gestern war das Naziregime anerkannt schlecht,
heute steht uns keine Wertung mehr zu"

@Tiberius

Starb jemand kampflos war das Publikum einfach nur enttäuscht
Eine Frechheit von dem Opfer. Das Publikum hatte nun wirklich ein
Recht auf etwas mehr Einsatz!

Blicken wir dann auf die Todesarten glückloser Gladiatoren, die keine
Gnade bekamen, dann ist diese "humaner", als bis tief in unsere Zeit
hingerichtet wurde und wird. Ein schneller Stich, von dem der Delinquent
kaum etwas spürt, ins Genick oder ins Herz.
Sehr human, vor allem im Hinblick darauf, daß es sich -wie Du selbst zugibst,
es auch unbestreitbar nachlesbar ist, aus berufenen QUellen- oft genug um
Menschen handelte, die keineswegs freiwillig in den Arenen waren.

Oft genug habe ich gelesen, was sonst so geboten wurde:
Menschen in Tierhäuten "ad bestias" , als lebende Fackeln usw...
wenn, dann bitte das Gesamtbild "Gladiator" samt den Nebeneffekten betrachten.
Außerdem: Mir ist es a egal, wenn sich Leute freiwillig verpflichteten,
Gladiator zu sein. Das gemeine sind die gezwungenen und die, die sich das
ansehen.

Auch Hannibals Truppen veranstalteten Spiele nach der Alpenüberquerung mit
gefangenen Römern, die um ihr Leben kämpften.
Diese "Spiele" gab es in der karthagischen Welt nicht. Ich denke, in dem Fall
wollten sie einfach mal denen das zu kosten geben, die das sonst so reichlich
verteilt haben.
Außerdem entschuldigt ein Verbrechen das andere nicht, ich seh das kaum als
Rechtfertigung, mit dem Finger auf die Karthager zu zeigen.

Auch die Relation "Berufsgladiatoren" und gepressten Sklaven dürfte
bei weitem nicht so unwuchtig ausfallen wie du denkst.
Du schreibst selber, wie "wertvoll" die guten Gladiatoren waren, kannst auch
die Menge an Paaren nachlesen, die auftraten. (Und wir reden hier immer nur
von den großen Veranstaltungen in Rom, sicherlich kann man die Zahlen um ein
mehrfaches höher ansetzen, wenn sämtliche Nebenarenen im ganzen Reich
mitbetrachtet werden. ) Setze das Ganze ins Verhältnis und dann wird aus dem
"unwuchtig" bald ein 1 : viel werden.

Es fanden sich trotz Verbot auch genug Prominente, Senatoren und Frauen,
die dieser Tätigkeit nachkamen.
1. Glaube ich kaum, daß sich ein wertvoller Senator/ Prominenter einem
Profi gegenüberstellen würde. Ist wie im Krieg: Der General ist immer dort, wo
es nicht einschlägt.
2. Habe ich vorhin eine "Quelle" gelesen, Commodus solle ein hervorragender
Bogenschütze gewesen sein. Angeblich hat er hundert Straußen den Kopf abgeschossen.
Naja....
3. Wenn sie unbedingt wollen, freiwillig dürfen die das ja.

Allzuoft kämpften die Gladiatoren nicht (also nicht dutzende von Kämpfe),
waren dafür umso besser ausgebildet (es lag im Interesse der Schulen nicht zu viele
davon zu verlieren um kein Geld einzubüßen)
Dies nur als Zugabe zu Deinem Statement, "die Relation Profi/ gepreßtem ist ähnlich" ..

Über die Motive dieses Mannes können wir nur spekulieren. Ob er wirklich ein
so nobler Charakter gewesen ist, dürfte angesichts seiner im Volk angerichteten
Verluste wie auch seiner Herkunft bezweifelt werden. (Spartakus)
Was gibt es da zu spekulieren?
Es leuchtet Dir scheinbar nicht ein, daß jemand keine Lust haben sollte, sich zur
Belustigung anderer töten zu lassen?
Und was seine Herkunft angeht: Leiste Dir bitte nicht ein Urteil über eventuell
mangelnde Nobilität, weil jemand Thraker ist. Du untersagst mir ja auch, solches
über den Römer in seiner Erscheinungsform des Barbaren zu behaupten.

P.S: Ich werde mir ein, zwei Bücher mal beschaffen, gibts die in einer normalen
Buchhandlung oder sind das Spezialbücher?

Gruß Michl
 
Michl schrieb:
@Panthea,

Zeit ist kein Maßstab, der nach Belieben veränderbar ist.
Ethische Werte sind unabänderlich und immer gültig.

Und wenn, wie weit darf das zeitliche "zurückgehen" erlaubt sein?
49 Jahre, haben wir dann eine ausreichende Distanz um sagen zu können:
"Gestern war das Naziregime anerkannt schlecht,
heute steht uns keine Wertung mehr zu"
Natürlich verändern sich die ethischen Werte! Genau so wie sich der Mensch verändert.
In 2000 Jahren wird man uns "Barbaren" nennen.

Zu Spartacus: Man kann heute wirklich nicht mehr mit Sicherheit sagen, was seine Beweggründe waren. Um Freiheit ist es ihm wohl nicht gegangen, sonst hätte er am Po nicht wieder kehrt gemacht!
 
Diese "Spiele" gab es in der karthagischen Welt nicht.

Das ist zum einen so nicht richtig, zum anderen haben die Karthager ebenfalls mitleidlos furchtbare Dinge getan, vom lebendigen Verbrennen und Vergraben von Kriegsgefangenen bis hin zu den Kinderopfern, die es m.M.n. real gegeben hat. (auch wenn das zur Zeit noch in der Diskussion steht und nicht ausschließlich geklärt ist, daß ist aber nicht der Thread dafür)

Zeit ist kein Maßstab, der nach Belieben veränderbar ist.
Ethische Werte sind unabänderlich und immer gültig.

Prinzipiell pflichte ich dir zu. Das ist aber eine Frage der Allgemein Philosophie, gibt es überhaupt gut und böse und wie definiert man diese ? Was ist gut, was ist böse ?

Und wenn, wie weit darf das zeitliche "zurückgehen" erlaubt sein?
49 Jahre, haben wir dann eine ausreichende Distanz um sagen zu können:
"Gestern war das Naziregime anerkannt schlecht,
heute steht uns keine Wertung mehr zu"

Ein sehr gutes Beispiel, daß jedoch in Punkt auf die Gladiatorenspiele ungeignet ist. Ein guter Vergleich wäre hier der Mongolensturm. Die Mongolen haben Völkermorde in vergleichbarem Ausmaß begangen, und doch hört man bei ihnen, daß sei so lange her, es stehe da kein ethisches Urteil mehr zu.

Oft genug habe ich gelesen, was sonst so geboten wurde:
Menschen in Tierhäuten "ad bestias" , als lebende Fackeln usw...

Viele Darstellungen sind übertrieben und treffen nur für kurze Zeiträume oder Sonderfälle zu. Tatsächlich waren die Gladiatorenspiele erstaunlich einseitig und ritualisiert, es traten über lange Zeiträume stets die gleichen Paarungen gegeneinander an und das Prozedere und die Waffen und Typen blieben ziemlich begrenzt.

Ich werde mir ein, zwei Bücher mal beschaffen, gibts die in einer normalen
Buchhandlung oder sind das Spezialbücher?

Das Spiel mit dem Tod" von Marcus Junkelmann

Kann ich dir besonders empfehlen, es ist sehr neutral gehalten (gefällt dir deshalb vielleicht nicht) aber die Informationen und Nachstellungen sind erstklassig, bis hin zu Farbfotos jedes Gladiatorentyps (auch im Kampf) gibt es ganz normal in der Buchhandlung: Verlag Phillip von Zabern.

So beschließend noch mein moralischer Senf dazu:

Natürlich sind die Gladiatorenspiele moralisch verwerflich und ablehnenswert !

Die Aussagen von Panthea und teilweise von T. Gabinius kann ich nicht teilen, auch wenn deine Darstellung Michl zu krass und übertrieben ist. Aber: man kann darin gar nichts herum deuteln, diese Dinge und Vorgänge waren falsch und ablehnenswert.

Aber: das war damals niemanden klar, weder den Tätern noch den Opfern !! Erst mit dem Christentum kam dann die Kritik daran und dann zunehmend die Zweifel die schließlich zum Verbot führten. Die Frage ist also, wie man Schuld definieren soll, wenn niemand, auch die Opfer nicht um diese Schuld wußten. Damals war es für ein Opfer dieses Systems sogar eher gut „nur“ Gladiator zu sein, denn es gab damals noch viel viel schlimmere Dinge die ebenso Alltag ! waren, wie z.B. Kreuzigung usw

Sich aber darüber aufzuregen und davon derart berührt zu sein ist angesichts der heutigen, jetzigen Greuel wie z.B. im Kongo ziemlich verfehlt. Auch waren diese Vorgänge bei weitem nicht das krasseste was Menschen angestellt haben, bei weitem nicht.

Zu Spartacus: Man kann heute wirklich nicht mehr mit Sicherheit sagen, was seine Beweggründe waren.

Spartacus war vielleicht ein römischer Ritter !! den man um seine Stellung und sein Vermögen gebracht hat. Das Motiv war dann im weiteren Rache.

In 2000 Jahren wird man uns "Barbaren" nennen.

In 2000 Jahren wird man in der Steinzeit leben und davon träumen wie es einmal war, man wird uns Götter nennen !

Ansonsten noch: Michl: ich bitte doch sehr zwischen der (sauberen und guten und edlen) Republik und dem wiederwärtigen Kaiserreich zu differenzieren, Rom ist nicht gleich Rom ! (halbernst gemeint)
 
Sind wir denn heute wirklich soviel besser Michl?

Unsere "Gladiatoren" töten sich nicht mehr ( was wie Tib. schon gesagt hat auch in Rom nicht so häufig war), nein sie Verletzen sich mit Tritten, Grätschen, Boxschlägen oder verbal in unzähligen Sportarenen und TV-Shows. ( auch unsere Stadien sind Überdacht, nur haben wir feste Dächer oder enorme Hallen und keine Leinensegel die uns Schatten spenden)

Auch in unserer Zeit ist es schicklich sich mit den Größen der Sport- und Unterhaltungswelt sehen zu lassen, auch hier sind es hauptsächlich die Politiker die sich um solch eine Art Publicity reissen, genauso wie im spätantiken Rom die Spiele eine wichtige Rolle für die Oberschicht darstellte.

Soviele Gemeinsamkeiten, über fast 2000 Jahre hinweg, die unsere und die antike Welt verbinden, und dennoch kann man keinen Vergleich ziehen.
Die Kulturen unterscheiden sich zu sehr. Die Antike kannte bis ins 4.Jh hinein weder das Christentum, das unsere heutige Zeit durchaus stark geprägt hat, noch war dannach das Christentum in sich gefestigt mit den Werten und Ansprüchen die es heute vertritt.
Auch das allgemeine Verständnis für Armut, Reichtum, Sklaven, Freiheit ist in der Antike anders als es unsere Moderne heute vertritt. ( Als Bsp: für viele Autoren in der Antike galt als "Arm" wer nur 2 Sklaven und kein eigenes Haus besass, dies trifft jedoch auch die Mehrheit der Freien zu, wohingegen manche Sklaven enormen Reichtum innehatten).
Bei all unseren Betrachtungen ist es eben genau darum wichtig, dass wir den Faktor "Zeit" berücksichtigen, den das, was wir heute als sonderbar,unedel, schlimm, abstossend empfinden war unter Umständen in der Antike nicht so.

Noch etwas zu den "Berufsgladiatoren" : Macrinus, verdingte sich, ehe er sich 217 zum Kaiser machte, auch als Gladiator, also ist anzunehmen das auch andere Oberschichtsangehörige dies taten. In wie weit sich Frauen in dem Geschäft befanden, bin ich nun jedoch überfragt.
 
Quintus Fabius schrieb:
Aber: das war damals niemanden klar, weder den Tätern noch den Opfern !!
Ganz so stimmt das nicht. Seneca zum Beispiel wetterte herzzerreißend gegen die Gladiatorenkämpfe, die wohl seiner stoischen Lehre zuwider waren.
Sueton machte so manchem Kaiser seine Vorliebe für die Kämpfe zum bitteren Vorwurf. (Caligula, Claudius)
Augustus verbot Spiele die bis zum Tod gingen. Das gleiche tat - beeinflußt von Seneca- Nero. Dieser wollte die Spiele sogar ganz verbieten. Das geschah dann aber erst unter Konstantin.
Soviel zu dem so verwerflichen Kaiserreich.

Und der moralische Senf:
Jede Epoche hat ihre Schattenseiten, aber genauso Menschen die etwas weiter dachten als ihre Zeitgenossen. Aus heutiger Sicht eine ganze Gesellschaft zu verurteilen ist falsch. Da haben wir wirklich noch genug eigene moralische Verfehlungen.
 
@Panthea

Natürlich verändern sich die ethischen Werte! Genau so wie sich der Mensch verändert.
In 2000 Jahren wird man uns "Barbaren" nennen.
Dann geh mal paartausend V. Chr. zurück, betrachte die Ägypter. Bereits dort war der
Mensch in seiner Persönlichkeit etwas relativ gut geschütztes, der nicht mehr oder
minder nur als Sache betrachtet wurde. Schon garnicht in der Form, als Unterhaltung
dienen zu müssen. So gesehen haben sich gewisse Eckpfeiler der "Ethik" im weitesten
Sinne nicht sehr stark verändert.

Viele Darstellungen sind übertrieben und treffen nur für kurze Zeiträume oder
Sonderfälle zu.Tatsächlich waren die Gladiatorenspiele erstaunlich einseitig und
ritualisiert, es traten über lange Zeiträume stets die gleichen Paarungen gegeneinander
an und das Prozedere und die Waffen und Typen blieben ziemlich begrenzt.
Spielt das eine Rolle? Es wird den Verlierer kaum interessiert haben, ob er ritualisert
draufgegangen ist, ob er einen Spieß im Bauch stecken hatte oder hinterher elendiglich an
Blutvergitftung verreckt ist.

Aber: das war damals niemanden klar, weder den Tätern noch den Opfern !!
Im Film gabs öfter die Sequenz, wo Crowe durch ein stinknormales Weizenfeld ging und
sich auf seine Familie freute.
Ich glaube, noch rudimentärer als Scott es getan hat, kann man es nicht schildern:
Jeder Mensch weiß, was Leben heißt. Die "Spiele" als etwas hinzustellen, von dem keiner
wissen hätte sollen was das bedeutet, klingt mir doch arg unschuldig.
Ähnlich wieder im 3. Reich: Jeder hats gesehen, aber keiner fand was dabei.
Fair ist, daß Panthea ebenso historische Quellen dazu bringt (Seneca usw.. )

Sich aber darüber aufzuregen und davon derart berührt zu sein ist angesichts der
heutigen, jetzigen Greuel wie z.B. im Kongo ziemlich verfehlt. Auch waren diese Vorgänge
bei weitem nicht das krasseste was Menschen angestellt haben, bei weitem nicht.
Moment mal, erstens war das grauenhaft was passiert ist, zweitens lese ich die Meinung
einiger "das war nicht so schlimm, es gab schlimmeres, das "ist halt so" usw...
Drittens ist mir nahegelegt worden, über "Gladiator" (und die Spiele in allen Facetten)
zu diskutieren, also tu ich das. Da wird doch wohl abweichende Meinung erlaubt sein.
Und wenn es nur nützt, zu sehr heroisierte oder verharmloste Dinge in der Zukunft nicht
wieder aufkommen zu lassen. Im ZDF war (hab ich schonmal geschrieben) eine Sendung über
das Colosseum. Was war der Tenor? Tolles Bauwerk, die Rituale, technische und
organisatorische Leistung usw... meinst, auch nur ein Historiker hat statt glänzender
Augen mal was kritisches zu dem Elend gesagt?

Natürlich bin ich berührt, wer wäre das nicht, wenn er sich einfach mal vorstellen würde,
er würde da unten stehen und für Gaffer sterben müssen? Ganz abgesehen davon, daß diese
"enttäuscht wären, wenn man nicht kämpfend stirbt" . Dann kommt vielleicht noch ein wenig
Spott und Hohn dazu "Warum schlägt er nicht, warum tut er dies nicht... "so angebliche
Zitate, die gang und gebe waren. Doch, das ist berührend.

Genauso wie abgehackte Kinderhände in Afrika, nur habe ich im Forum gelesen, das wäre nicht
erwünscht, hier vorzutragen. Was ja auch verständlich ist.
Außerdem: Im "Vorstellungsthread" habe ich geschrieben, das Altertum war angefüllt mit
Barbarei. Aber in diesem Thread gehts halt um die Spiele.

Sind wir denn heute wirklich soviel besser Michl?

Unsere "Gladiatoren" töten sich nicht mehr ( was wie Tib. schon gesagt hat auch in Rom
nicht so häufig war), nein sie Verletzen sich mit Tritten, Grätschen, Boxschlägen oder
verbal in unzähligen Sportarenen und TV-Shows.
Du lenkst ab, außerdem, siehst Du einen Unterschied?
- Klitschko boxt für Geld. Er tut das willentlich, sein Gegner auch. Wenn der Ringrichter
glaubt, Klitscho bekommt ein paarmal zuu oft auf die Nuß, kann er abbrechen.
Klitschko ebenso.
- Dingsbumserix ist einer derjenigen, die geprüft werden, ob sie was taugen. In diese
Situation ist er gekommen, weil er in der Provinz Gallien gefangengenommen wurde.
Der Schiri hat das Motto ausgegeben: "sine überlebenden" (mein Latein ist noch schlechter
als Deine Argumente) ;)

Ich wünsche euch ein gutes 2005!

Michl
 
Zu allererst wünsche ich euch ein frohes Neues!

Zur Ethik:

Den Menschen gelüstet es in jeder Zeit nach Überlegenheit. Damals wurden Gladiatorenkämpfe ausgetragen, heute rennen 22 Mann einem Ball hinterher (und nach dem Spiel gibts hauhe), Goldmedallien für den besten Kämpfer (schonmal Thaiboxen gesehen??) und unfreiwillige Stiere werden vor einem Stierkampf verletzt und dann qualvoll abgestochen! Man muss zugeben, es bestehen gewisse Parallelen. 90% unserer ethischen Ansprüche wurden wie schon gesagt durch das heute "überragende" Christentum geprägt, nur gibt es auch heute noch Kulturen, die z.B. Kinder die das 6 Lebensjahr erreichen aus dem Dorf in den Jungel jagen und ihre Erzeuger nach dem Tod verspeisen! Wollt ihr euch über eine solche Kultur stellen und sagen ihr seit schlecht? Man könnte sagen gleiches ist auch in der NSZeit geschehen, wo sich Völker über andere stellten.

So bin ich fester Überzeugung, dass man weder über die Antike mit seinen "Grausamkeiten" noch über die damalige Volkshetze verallgemeinert und global richten darf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Michl schrieb:
@Panthea,

Zeit ist kein Maßstab, der nach Belieben veränderbar ist.
Ethische Werte sind unabänderlich und immer gültig.

Und wenn, wie weit darf das zeitliche "zurückgehen" erlaubt sein?
49 Jahre, haben wir dann eine ausreichende Distanz um sagen zu können:
"Gestern war das Naziregime anerkannt schlecht,
heute steht uns keine Wertung mehr zu"
Zum einen ist der Unterschied zwischen einer völlig fremden Kultur, einer anderen Epoche und einem anderen Zeitalter (also rund 2000 Jahre) kaum zu vergleichen mit der Zeit der Großväter und Väter.
Wie Panthea schrieb, werden die Menschen in 2000 Jahren uns sicherlich auch sehr kritisch beleuchten und nicht mehr verstehen, warum wir mit Autos und Fabriken die Welt zerstörten, während in Afrika jeden Tag Kinder verhungerten, obwohl wir hier essen wegschmeissen und für skurrile Spiele mißbrauchen.
Oder sie werden irritiert unser Fernsehprogramm im Museum betrachten, in dem wir versuchen, das sterben auf dem Schlachtfeld oder das Morden bestimmter Personen so realistisch nachzustellen, während in den Nachrichten von 150 000 Toten durch ein Unwetter die Rede ist.
Uns heute hinzustellen, und über eine Kultur in einer völlig anderen Umwelt und Umgebung, mit einem völlig anderen Selbstverständnis zu urteilen mit solch harten Worten wie du Michl es tust, steht uns nicht an.
Wohl steht uns an zu sagen: Für heutige Augen ist dies unverständlich, unmenschlich usw. Und da würde ich dir dann zustimmen. Traurigerweise wird aber im Fernsehn mittlerweile wieder gezeigt, wie Menschen sich selbst in tödliche Gefahr bringen oder für Geld Selbstverstümmelung betreiben. Im Rennzirkus verschiedener Bahnen warten Menschen regelrecht auf den großen Krasch.



Michl schrieb:
Eine Frechheit von dem Opfer. Das Publikum hatte nun wirklich ein
Recht auf etwas mehr Einsatz!

Sehr human, vor allem im Hinblick darauf, daß es sich -wie Du selbst zugibst,
es auch unbestreitbar nachlesbar ist, aus berufenen QUellen- oft genug um
Menschen handelte, die keineswegs freiwillig in den Arenen waren.
Aus damaliger Sicht, war dies eine Frechheit, und oftmals, wenn sie es überlebten gabs dafür eine nette Behandlung von den in der Ehre gekränkten Kollegen.

Angesichts des Unwillen heutiger Delinquenten auf dem elektischen Stuhl (eine für mich unvorstellbar grausame Todesart) würde ich nicht sagen, dass sich da allzuviel verändert hat. Diese Menschen wollen garantiert auch nicht sterben... Wie kann man also sagen "heute sind wir besser" wenn wir doch eigentlich genau das gleiche machen, nur unter dem Deckmantel der Zivilisation? Du persönlich könntest auch etwas gegen die Armut und das sterben in Afrika unternehmen, so wie du den damaligen Menschen also wegen seinem "Vergnügen" verurteilst, solltest du jeden Menschen, der heute einigermaßen Luxus besitzt für seine Mißachtung des sterbens dort unten verurteilen.
Soll heißen: wir sehen uns Gewalt im Fernsehn und anderen Medien an und lassen andere für uns real sterben. Sind wir besser?
Aber: in unserer Gesellschaft sehen wir keinen Zusammenhang unseres Wohlstandes und Vergnügens und der Armut dort unten, nichts wofür man sich schämen müßte. Verurteilen können wir uns also nicht dafür, oder?
Das soll erstmal reichen zum Thema der Moralisierung vergangener Kulturen.

Michl schrieb:
Oft genug habe ich gelesen, was sonst so geboten wurde:
Menschen in Tierhäuten "ad bestias" , als lebende Fackeln usw...
wenn, dann bitte das Gesamtbild "Gladiator" samt den Nebeneffekten betrachten.
Außerdem: Mir ist es a egal, wenn sich Leute freiwillig verpflichteten,
Gladiator zu sein. Das gemeine sind die gezwungenen und die, die sich das
ansehen.
Nochmal die Fakten, und dies sind wirkliche Fakten, nicht nur aus einer Quelle sondern durch wirkliche Quellenarbeit und durch mehrere Fachleute erarbeitet.
-Die Gladiatur bestand aus einem festgelegten Ritus. Die unten aufgelisteten Gattungen (lies sie dir bitte durch) sind die einzigen Arten von Gladiatoren die neben den Spielen der Naumarchie aufgetreten sind. Es gab so gut wie nie ein abweichen davon. Der Begriff Bestiarius deutet nicht auf "Menschen in Tierhäuten" hin, sondern auf einen Gladiator, der zum Kampf mit wilden Tieren ausgebildet wurde. Darunter fällt auch der Auftritt Commodus´auf der Empore mit seinem Bogen.
-Lebende Fackeln, dies gehörte zu den Todesurteilen. Wie schon geschrieben wurden im Zuge der Festspiele auch die Todesurteile vollstreckt. Verureilte Verbrecher, aber auch Christen usw. wurden auf unterschiedlichste Art aus dem Leben gerissen. Dazu gehörte auch das Bestreichen mit Pech und das folgende Anzünden. Dies gehört im eigentlichen Sinne nicht mehr zu den Gladiatoren sondern zur Thematik der "Hinrichtungen", eine grausige Geschichte, die sich bis tief in die Neuzeit hinzieht.
- Natürlich ist es ungemein grausam und uns unverständlich, wenn jemand gewzungen wird, zu kämpfen. Dazu aber zwei Fakten: Häufig machten die "Gezwungenen" hinterher weiter und auch der von dir verehrte Spartakus ließ zwei römische Offiziere und Honoratoren gegeneinander antreten, wenn die Sagen stimmen. Auch das sterben der Bevölkerung während seines Zuges durch Italien und das brennen der Städte zeugt nicht von großer Milde, aber dazu später mehr.

Michl schrieb:
Diese "Spiele" gab es in der karthagischen Welt nicht. Ich denke, in dem Fall
wollten sie einfach mal denen das zu kosten geben, die das sonst so reichlich
verteilt haben.
Außerdem entschuldigt ein Verbrechen das andere nicht, ich seh das kaum als
Rechtfertigung, mit dem Finger auf die Karthager zu zeigen.
"Munera", also Gladiatorenspiele gab es wirklich bei den Karthagern nicht. Und auch als Entschuldigung sollte dieses Beispiel, wie auch der Verweis auf den Charakter Spartakus und seiner Vorgänger nicht. Aber es sollte dir ein Bild zeichnen, von der damals existierenden Welt. Leben zählte nur bedingt. Einzig die Hellenen, und auch hier mit Ausnahmen (wie Sparta) verbunden, gingen mit ihren Menschen sorgsamer um. Hier gab es häufiger das Exil als den Tod.
Ägypten, s. Bibel. Nicht wirklich "menschlich". Kartagher, s. sein Umgang mit den Strategen und feindlichen Soldaten, alles andere als human. Selbst die befreiten Sklaven brachten nichts als Tod und weitere Sklaverei. Das war die Welt von damals.


Michl schrieb:
1. Glaube ich kaum, daß sich ein wertvoller Senator/ Prominenter einem
Profi gegenüberstellen würde. Ist wie im Krieg: Der General ist immer dort, wo
es nicht einschlägt.
2. Habe ich vorhin eine "Quelle" gelesen, Commodus solle ein hervorragender
Bogenschütze gewesen sein. Angeblich hat er hundert Straußen den Kopf abgeschossen.
Naja....
3. Wenn sie unbedingt wollen, freiwillig dürfen die das ja.
Juvenal, Satiren 2: "Noch ärger aber ist es, wenn Gracchus, als Dreizackfechter, nur mit der Tunika bekleidet, als Gladiator mitten durch die Arena flieht..."
Es ist unwiderlegbar das Kaiser, Senatorenund andere "Berühmtheiten" in der Arena vor bekannten Gladiatoren erschienen. Diese waren nämlich keineswegs unbekanntes Schlachtvieh, sondern oftmals Berühmtheiten mit eigenen Fanclubs u.ä. Stellen wie dir zitierte zeugen auch von der realen Gefahr, die in einem solchen Kampf bestand.
Aber es ist anzunehmen, dass die Gladiatoren Rücksicht auf das Leben des Gegners nahmen, aber mit Sicherheit haben sie nicht leicht verloren und ihr Leben einfach weggworfen.



Michl schrieb:
Was gibt es da zu spekulieren?
Es leuchtet Dir scheinbar nicht ein, daß jemand keine Lust haben sollte, sich zur
Belustigung anderer töten zu lassen?
In der Tat leuchtet mir dies ein, aber ob dies der oder der einzige Beweggrund zur FLucht des Spartakus war ist keineswegs klar, und sein Aufstand war mit ziemlicher Sicherheit kein Aufstand der freiheitsliebenden Humanisten.
Und was seine Herkunft angeht: Leiste Dir bitte nicht ein Urteil über eventuell
mangelnde Nobilität, weil jemand Thraker ist. Du untersagst mir ja auch, solches
über den Römer in seiner Erscheinungsform des Barbaren zu behaupten.

Michl schrieb:
P.S: Ich werde mir ein, zwei Bücher mal beschaffen, gibts die in einer normalen
Buchhandlung oder sind das Spezialbücher?
Ich rate dringend dazu. Alle sind frei erhältlich, eines muß man etwas suchen, ich kann dir dazu aber gerne ein Online Antiquariat nennen.
 
Lieber Michl,

der Vergleich mit der heutigen Zeit sollte dazu dienen, aufzuzeigen, dass heute auch noch Leute für Geld sich gegenseitig Schaden zufügen.

Das in der Antike soviele Leute starben oder einfach dahin gemetzelt wurden ist sicherlich falsch ( vergl Tiberus :p ). Den finanziellen Aspekt gabs auch damals schon, ich hab hier irgendwo eine Übersetzung eins Mosaiks aus Afrika wo die "Tierhetzer" jeweils 1000( bin mir nicht ganz sicher) Sesterzen bekommen.
Für viele "Sklaven" aus Gesellschaften mit freier Meinung und kriegerischen Aspekten war es unter Umständen auch interessanter, sein sklav. Dasein als Kämpfer zu verbringen, denn als Feldarbeiter oder ähnliches.
 
Michl schrieb:
Dann geh mal paartausend V. Chr. zurück, betrachte die Ägypter. Bereits dort war der
Mensch in seiner Persönlichkeit etwas relativ gut geschütztes, der nicht mehr oder
minder nur als Sache betrachtet wurde. Schon garnicht in der Form, als Unterhaltung
dienen zu müssen. So gesehen haben sich gewisse Eckpfeiler der "Ethik" im weitesten
Sinne nicht sehr stark verändert.
Relativ gut geschützt trifft auch auf die Sklaven Roms zu, große Unterschiede findest du trotzdem nicht. Wirf einen Blick in die Bibel oder auf die Bauwerke der Zeit und deren Hintergründe. Dort wurde mit Menschenlben ebenso geschindludert wie in Rom, Karthago, Persien...

Michl schrieb:
Spielt das eine Rolle? Es wird den Verlierer kaum interessiert haben, ob er ritualisert
draufgegangen ist, ob er einen Spieß im Bauch stecken hatte oder hinterher elendiglich an
Blutvergitftung verreckt ist.
Es spielt eine Rolle wenn du Schauermärchen wiedergibst, die so nichts mit den Gladiatoren zu tun hatten. Auch bedeutet Ritual hier kein unnötig langes sterben und leiden zuzulassen. War der Verlierer tödlich verletzt gab man ihm den Gnadenstoß und weidete sich nicht an seinem Elend. Die besten Ärzte Roms arbeiteten in den Gladiatorenschulen und Arenen. Wie gesagt, es ging nicht um das sterben der Gladiatoren, sondern um den Kampf. Sterben und Leid zu sehen, dafür wäre die Zeit um die Hinrichtungen "besser" gewesen, aber die waren meist sehr schlecht besucht. Auch bei den Christenhinrichtungen waren die Ränge nicht, wie im Film dargestellt, voll von geifernden Zuschauern.


Michl schrieb:
Im Film gabs öfter die Sequenz, wo Crowe durch ein stinknormales Weizenfeld ging und
sich auf seine Familie freute.
Ich glaube, noch rudimentärer als Scott es getan hat, kann man es nicht schildern:
Jeder Mensch weiß, was Leben heißt. Die "Spiele" als etwas hinzustellen, von dem keiner
wissen hätte sollen was das bedeutet, klingt mir doch arg unschuldig.
Ähnlich wieder im 3. Reich: Jeder hats gesehen, aber keiner fand was dabei.
Fair ist, daß Panthea ebenso historische Quellen dazu bringt (Seneca usw.. )
Ahso, du sprichst vom Film Gladiator? Der hat mit der Realität der Gladiatur so gut wie nichts zu tun. So wurde jeder Gladiator am Vorabend der Spiele bei einem öffentlichen Abendessen vorgestellt, anonymität gabs also eher selten.

Michl schrieb:
Moment mal, erstens war das grauenhaft was passiert ist, zweitens lese ich die Meinung
einiger "das war nicht so schlimm, es gab schlimmeres, das "ist halt so" usw...
Drittens ist mir nahegelegt worden, über "Gladiator" (und die Spiele in allen Facetten)
zu diskutieren, also tu ich das. Da wird doch wohl abweichende Meinung erlaubt sein.
Und wenn es nur nützt, zu sehr heroisierte oder verharmloste Dinge in der Zukunft nicht
wieder aufkommen zu lassen. Im ZDF war (hab ich schonmal geschrieben) eine Sendung über
das Colosseum. Was war der Tenor? Tolles Bauwerk, die Rituale, technische und
organisatorische Leistung usw... meinst, auch nur ein Historiker hat statt glänzender
Augen mal was kritisches zu dem Elend gesagt?
Wer hat geschrieben "es gab schlimmeres?" Und auch die anderen Äußerungen sind Relativierungen. Du stellst es als blutrünstigste Zeit, als düsteres Horrorszenario dar. Dabei sind wir heute nicht weit davon entfernt, und auch die anderen Zeiten sind kaum einen Deut besser gewesen. Ob jemand als Sklave gezwungen wird, sich ausbilden zu lassen sein Leben zu riskieren, oder ob ein junger Mann durch gesellschaftliche Normen gezwungen wird sein Leben in einem Duell gegen einen großartigen Fechter wegzuwerfen ist kaum zu differenzieren. Alte Männer, die sich dafür bespucken lassen müssen, unter Waffen gezwungen worden zu sein und vor Moskau beinah erforen wären verstehen bestimmt nicht, wie du diese Zeit als weniger grausig betrachten kannst. Die Bilder aus Vietnam wären sicher auch manchem Hellenen zuviel gewesen...

Und das Historiker nicht umherlaufen, und andere, längst vergangene Zeiten verurteilen, oder völlig fremde Kulturen ständig mit Beschimpfungen belegen, zumal wenn es um die Historie eines Bauwerkes geht, das heute geweihter Boden ist, finde ich mehr als normal.

Michl schrieb:
Natürlich bin ich berührt, wer wäre das nicht, wenn er sich einfach mal vorstellen würde,
er würde da unten stehen und für Gaffer sterben müssen? Ganz abgesehen davon, daß diese
"enttäuscht wären, wenn man nicht kämpfend stirbt" . Dann kommt vielleicht noch ein wenig
Spott und Hohn dazu "Warum schlägt er nicht, warum tut er dies nicht... "so angebliche
Zitate, die gang und gebe waren. Doch, das ist berührend.
Und wieder gehst du von etwas aus. Die Gefahr, dass du stirbst im Kampf in der Arena zur Kaiserzeit steht etwa 2 zu 10, will man den Grabsteinen glauben. Du stehst eher im Sand der Arena und wirst angefeuert gut zu kämpfen, jede mutige Aktion wird bejubelt, jede feige hat Schmähungen zur Folge. Und wenn du verlierst bist du noch keineswegs verdammt, sondern kannst auf Gnade hoffen, gegeben vom Veranstalter und dem "blutrünstigen Gaffervolk".

Vielmehr ist die Arena ein Ort der abgrundtiefen Hölle und des höchsten und triumphalen Berges. Das Volk zeigt großmut aber auch die düstere Fratze der Barbarei. Aber: dies ist UNSERE Wertung der Zeit, nicht die ihre.



Michl schrieb:
Du lenkst ab, außerdem, siehst Du einen Unterschied?
- Klitschko boxt für Geld. Er tut das willentlich, sein Gegner auch. Wenn der Ringrichter
glaubt, Klitscho bekommt ein paarmal zuu oft auf die Nuß, kann er abbrechen.
Klitschko ebenso.
- Dingsbumserix ist einer derjenigen, die geprüft werden, ob sie was taugen. In diese
Situation ist er gekommen, weil er in der Provinz Gallien gefangengenommen wurde.
Der Schiri hat das Motto ausgegeben: "sine überlebenden" (mein Latein ist noch schlechter
als Deine Argumente) ;)
Auch die Gladiatoren kämpften für Ruhm und Geld. Auch sie konnten jederzeit abbrechen und auf die Gnade des Publikums vertrauen (manch ein Libeling wird diese mit Sicherheit eingebracht haben).
"Geprüft ob tauglich" wurde beim Kauf der Sklaven sowieso, wie auch beim Kauf eines Hauslehrers oder Verwalters... Sklaverei an sich ist etwas grausames für uns heute. Damals ein völlig normaler Vorgang und ein Schicksal, dass jeden treffen konnte.

Kämpfe "sine superesse liberis" sind in der Anfangszeit, als es noch religiöse Veranstaltungen waren durchaus vorgekommen. Als die Spiele zu politischen und sozialen Ereignissen werden, verschwindet diese Form. Es gab hin und wieder Spiele sine missio, aber diese sind ausgesprochen selten und verweigern die Möglichkeit der Gnade.
 
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