Kalkriese:Schauplatz der Schlacht im Teutoburger Wald?

Ave Zusammen,

@Cato:

Cato schrieb:
.... Denn das Problem ist folgendes:
Cato schrieb:
Die Region, die aufgrund der historiographischen Quellen als potentieller Schlachtort favorisiert wird, d.h. der Lipper Raum, hat nur sehr geringe archäologische Befunde zu bieten. Der Ort, an dem eine große Fülle an archäologischen Funden zu Tage trat, d.h. Kalkriese, passt dagegen leider nicht in die literarischen Überlieferungen....

Der erste Satz enthät schon den casus knacktus: Kalkriese ist allein schon aus statistischen Gründen NUR der Varusschlacht zuzuordnen! Das gibt selbst Wolters zu. Diesen um etliche Grössenordnungen herausragenden augusteiischen Fundort wegzudiskuttieren erfordert etliche nicht nachvollziehbare Annahmen, die ich ja vor kurzem mit Wolters Worten noch einmal aufgeführt habe. Wer auch immer Kalkriese als Varusschlachtort in Frage stellen will, der MUSS sich intensiv und nachvollziehbar mit dem statistischen Argument befassen.

Cato schrieb:
.... Naheliegend wäre nun der Schluss, dass diese Überlieferungen aufgrund verschiedener Umstände derart fehlerhaft sind, dass sie nicht zur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung herangezogen werden können. ....

Genau, der ist nicht nur naheliegend, der ist auch im Grundsatz richtig. Zumal pikanterweise ja gerade die Vertreter der PLH einen dicken Fehler bei der Beschreibung des Emstreffens durch Tacitus geltend machen müssen, um mit ihrer Argumentation weiter zu kommen.

Cato schrieb:
....Die große Aufgabe der Althistoriker wäre es nun, Quellen und Fundort Kalkriese (zumindest ungefähr) miteinander in Einklang zu bringen.......

Was ohne weiteres möglich ist, und was Timpe in dem von Dir angeführten Zitat ja auch anmerkt. Aber in der Tat gibt es noch genug zu klären, nämlich z.B. die Frage „Wie kam Varus nach Kalkriese ?“. Und die Antwort auf diese Frage ist dann wirklich richtig interessant.

@atlantis3345:

atlantis3345 schrieb:
....mir fiel gerade ein, dass ich hier noch einen Account habe....


Ach.

atlantis3345 schrieb:
....Ich finde es interessant, dass die Sachargumente ..... inhaltlich völlig unbeachtet bleiben, während man lieber Formalien diskutiert. Das haben wir in der Streitschrift ja schon exakt so prognostiziert ...

Na sowas. Die "Sachargumente" wurden schon reichlich diskuttiert. Letzlich führt kein Weg an Frank Berger vorbei, er ist nunmal der Oberguru in dem Fachbereich FMRD / SFMA und da kann ihm kaum einer das Wasser reichen. Das MUSS man akzeptieren. Berger und andere Numismatiker seines Kalibers haben sich intensiv mit den vorgetragenen Hochdatierungsargumenten beschäftigt, da wurde nichts unterschlagen oder frisiert. Alle Versuche den Horizont von Kalkriese hochzudatieren kann man getrost als gescheitert ansehen. Man muss sich solchen Fakten stellen, wenn man die Realität als solche noch wahrnehmen möchte.

Was man aus solchen Realitäten macht ist dagegen eine ganz andere Frage! Und da gibt es durchaus auch etwas Spielraum für Aussenseitermeinungen und advocati diaboli.
Ignoranz dagegen ist ein miserabler Wegweiser!

atlantis3345 schrieb:
....Die ursprüngliche Version der Schrift von Anfang Dezember war nach meinem Geschmack etwas zu persönlich formuliert, ...

Netter Euphemismus. Knapp vor Spruchkammer würde ich sagen.

atlantis3345 schrieb:
....Das ändert nichts daran, dass wir die Lagetheorie "Kalkriese" als absichtliche Irreführung der Öffentlichkeit ansehen. ...

Kritik darf man bezüglich des PR- und Freizeit-/Museeumsbetriebes in Kalkriese anmelden. Für die archäologische Forschung war das wohl wirklich keine so gute Idee, denn die redliche Arbeitsweise der Forscher verträgt sich nicht mit Marketingzwängen eines touristischen Betriebs. Das muss man aber ganz streng von einander trennen und nicht unzulässig vermischen!

atlantis3345 schrieb:
....Dass man die handelnden Personen in diesem Forum beim Namen nennt, kann nur recht sein. Das ist mit Sicherheit, auch in der schärferen Fassung, durch Freiheit von Forschung und Lehre sowie Meinungsfreiheit gedeckt....

Bestimmt nicht, denn einmal wird Berger unterstellt wissenschaftlich unlauter ("kreativer Münzinterpret") zu sein, was aufgrund seines unbestrittenen internationalen Renomees als Fachmann auf diesem Gebiet eine substanzlose Ehrverletzung darstellt, und dann wird Rost sogar einer Straftat bezichtigt ("Leiter eines Zitierkartells"). Das hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun.

atlantis3345 schrieb:
....Natürlich lassen wir uns gerne belehren, verbessern und ergänzen. Wenn es also zu den Sachfragen (s.o.) andere oder ergänzende Auslegungen gibt, so will ich das gerne diskutieren oder entsprechende Argumente mit berücksichtigen und in der Zwischenzeit in unserem Blog einfügen: Dort kann man auch Kommentare hinterlassen. Natürlich lasse ich nicht jede wüste Beschimpfung durch, Sachargumente nehme ich jedoch gerne auf, auch wenn sie kritisch sind.....

Na, wenn es um Deine eigene Person geht wirst Du aber empfindlich. Als welcher Art von Münzfachmänner darf man denn Euch bezeichnen, welchen Ausdruck darf man für die gezielte Beeinflussung von Politikern und Medien verwenden, was lässt Du da denn da noch "durchgehen"? Was ich nicht will dass du mir tust, dass füg auch keinem andern zu.....wage ich nur an die Kinderstube zu erinnern. Zumal ihr Euch mit eurer Schrotschussmethode selbst keinen Gefallen tut, denn die vielleicht vorhandenen guten Ideen werden dadurch praktisch entwertet, ihr werdet dann gar nicht mehr ernst genommen. An der Diktion Eurer Sache müsst Ihr schon noch einiges tun.

atlantis3345 schrieb:
....Einer der Posts ging in die Richtung, dass unsere Hypothese mit seiner Theorie identisch wäre. In der Tat ist unsere Gegenhypothese ja nicht neu, sonderen genau genommen - alt. Insofern hatten schon viele die richtige Idee. Wer sich also mit unserer Theorie identifizieren kann, den bitte ich um entsprechende Mitteilung, denn wir zitieren entsprechende öffentliche Meinungsäußerungen gerne und wollen auch gar niemandem seine Theorie streitig machen. Das Manuskript lässt solche Änderungen noch zu. ....

Ob identisch oder nur angeknabbert kann ich ja erst sehen, wenn ihr Euer Buch raus habt. Ihr dürft ruhig ggf. von mir eingebrachte Ideen zitieren, dafür sind sie ja da, wenn ihr sie nicht sinnentstellt oder beleidigend verwendet und jedenfalls korrekt zitiert, z.B. „www.geschichtsforum.de, user Trajan, Thread xxxx vom soundsovielten“. Ggf. können wir uns über PN oder Telefon darüber unterhalten. Wenn Euer Buch aber in dem selben Ton wie die Streitschrift abgefasst wird, dann will ich da lieber nicht in irgendeinen Zusammenhang erscheinen.

Was die neuen und alten (Gegen-)Hypothesen angeht, bestimmt an die 1000, da findet man logischerweise immer was. Es nützt aber nichts, die 1001-te zu fabrizieren. Nur Funde helfen weiter. Und da gebe ich Euch schon mal einen Tip: Ihr müsst die Fundberichte wie z.B. die Bodenaltertümer Westfalens u.a. durchstöbern, da wird man auch ohne eigene Spaten fündig. Die Varusschlacht war nämlich so exorbitant verlustreich, Abertausende Gefallene und schätzungsweise 5000 Tonnen augusteiischen Materials wurden in das sonst wenig tangierte Westfalen schlagartig freigesetzt, dass hinterlässt Spuren, die auch nach 2000 Jahren gelegentlich und ganz zufällig noch auftauchen. Diese Funde landen dann in irgendeinem Fundbericht irgendeines zu der Zeit und örtlich zuständigen Archäologen (manchmal noch nichtmal ein solcher Fachmann) und werden dann regelmässig weder im Zusammenhang gesehen noch richtig eingeordnet mangels zugehöriger Theorie.

Diese Fundberichte sind über hunderte z.T. schwer zugänglicher Veröffentlichungen verstreut, manchmal sogar schon wieder verschollen, insbesondere die Funde selbst, hinzu kommt noch die fürchterliche Zersplitterung in Bundes-, Landes- und Kreiszuständigkeiten bzgl. der Archäologie bei Behörden, Universitäten, Museen, Vereinen, Sammlungen etc.pp.. Die Folge ist, dass man nur in Verbindung mit einer leistungsfähigen Unibibliothek und der DigiBib in monatelanger Sysiphusarbeit an diese Daten, und auch immer wieder nur teilweise, herankommt. Gäbe es landesübergreifende, einigermassen vollständige, zugängliche und leistungsfähige Funddatenbanken, diese Arbeit wäre an wenigen Tagen zu schaffen und viele noch unentdeckte Zusammenhänge wären auffindbar. An diesem Kleinkrämertum müsste sich noch einiges ändern um wirklich effektiv forschen zu können. So aber geht eine unglaubliche Zeit für Fundrecherchen verloren. Am einfachsten ist dass noch für Fundmünzen, hier insbesondere auch der akribischen Arbeit von Berger zu verdanken, für andere Fundarten wird es schon viel verzwickter.

Aber es lohnt sich.


Beste Grüße, Trajan
 
Zuletzt bearbeitet:
Letzlich führt kein Weg an Frank Berger vorbei, er ist nunmal der Oberguru in dem Fachbereich FMRD / SFMA und da kann ihm kaum einer das Wasser reichen. Das MUSS man akzeptieren.


In der Wissenschaft gibt es keine "Obergurus", deren Urteil man einfach akzeptieren muß. Auch ein Reinhard Wolters ist als "Althistoriker und hochqualifizierter Numismatiker" (O-Ton Frank Berger) ernstzunehmen, und es gibt ja auch noch weitere Fachleute. Ich als numismatischer Laie kann nur sagen, daß mich die Argumente von Frank Berger und Ulrich Werz mehr überzeugt haben als die von Peter Kehne oder Reinhard Wolters vorgebrachten Thesen.
Rainer Wiegels (Hrsg.), Die Fundmünzen von Kalkriese und die frühkaiserzeitliche Münzprägung, Mähnesee 2000

* * *

Na, wenn es um Deine eigene Person geht wirst Du aber empfindlich. Als welcher Art von Münzfachmänner darf man denn Euch bezeichnen, welchen Ausdruck darf man für die gezielte Beeinflussung von Politikern und Medien verwenden, was lässt Du da denn da noch "durchgehen"? Was ich nicht will dass du mir tust, dass füg auch keinem andern zu.....wage ich nur an die Kinderstube zu erinnern.


Bevor hier der nächste Streit eskaliert, möchte ich daran erinnern, daß laut Forenregeln hier nicht der Ort ist, um persönliche Streitereien auszutragen.
 
Ave Hyokkose,
hyokkose schrieb:
....Bevor hier der nächste Streit eskaliert, möchte ich daran erinnern, daß laut Forenregeln hier nicht der Ort ist, um persönliche Streitereien auszutragen....

Ja richtig, wir machen hier mal einen Punkt. Wer möchte, wendet sich bitte per PN an mich. Ich bin für Gespräche offen.
hyokkose schrieb:
....In der Wissenschaft gibt es keine "Obergurus", deren Urteil man einfach akzeptieren muß. ....

Das muss bezog sich nur auf die Tatsache, dass er ein "Oberguru" ist, nicht auf sein fachliches Urteil.

Beste Grüsse, Trajan.
 
@Trajan

Kalkriese ist allein schon aus statistischen Gründen NUR der Varusschlacht zuzuordnen! Das gibt selbst Wolters zu. Diesen um etliche Grössenordnungen herausragenden augusteiischen Fundort wegzudiskuttieren erfordert etliche nicht nachvollziehbare Annahmen, die ich ja vor kurzem mit Wolters Worten noch einmal aufgeführt habe. Wer auch immer Kalkriese als Varusschlachtort in Frage stellen will, der MUSS sich intensiv und nachvollziehbar mit dem statistischen Argument befassen.

Statistik ist in diesem Zusammenhang eine völlig verfehlte Methode. Denn rein statistisch gesehen, gäbe es zwischen Römern und Germanen in betreffendem Zeitraum nur eine einzige Schlacht, da nur ein einziges Schlachtfeld archäologisch nachgewiesen ist. Logik verstanden? Mit anderen Worten: Nicht jeder Augustus-Denar, den man in Norddeutschland findet, ist dem Varus aus der Tasche gefallen. Zweifellos, und das geben selbst Schlüter, Wilbers-Rost u& co. zu, hat es eine ganze Anzahl von Schlachten gegeben, welche, da ihre Gebiete noch nicht entdeckt wurden, in die statische Auswertung nicht einfließen können. Wenn wir eines Tages ein Dutzend Schlachtfelder entdeckt haben werden, dann können wir statistische Aussagen treffen.
Zu Wolters:
Wolters betonte auf dem Symposium am 16.11.06 in Detmold, dass die strukturelle Zusammensetzung eines Münzhortes von 9 n.Chr. zu 99 % mit dem eines Fundes aus dem Jahre 15 n.Chr. identisch ist. Cherusker hat die Referate dieses Abends in Beitrag Nr.1 freundlicherweise zusammengefasst. Deine Statistik, lieber Trajan, stützt sich also auf die Wahrscheinlichkeit von 1%, nach der die genannten Horizonte verschieden seien. Dem könnte ich mich anschließen: 1% spricht für die Kalkriese-Varusschlacht-Theorie!!
Laut der Münzdatierung hätte das Lager Oberaden lediglich von 15 -13 v.Chr. bestanden, das Lager Anreppen nur von 4/5 – 6 n.Chr. Dem ist aber nicht so!
Die Auswertung von Münzhorten allein ist zur Feindatierung nicht verlässlich genug. Das und nichts anderes hat Wolters gesagt. Ist es nun klarer geworden?


Zumal pikanterweise ja gerade die Vertreter der PLH einen dicken Fehler bei der Beschreibung des Emstreffens durch Tacitus geltend machen müssen, um mit ihrer Argumentation weiter zu kommen.
Man sollte jedoch nicht vergessen, dass die Angaben des Tacitus widersprüchlich und daher kritisch zu betrachten sind. Tacitus hat oftmals zahlreiche Vorgänge in geraffter Form wieder gegeben, andere dagegen ausführlich dargestellt. Es grenzt schon an Ironie, dass gerade die Kalkriese-Befürworter zum einen die Angaben des Tacitus (aus bekannten Gründen) gänzlich entwerten wollen, andererseits sich aber auf eben eine Textstelle des Autoren berufen, um die pontes longi bei Kalkriese auszuschließen. Wie man´s gerade braucht!
Fest steht, dass es bisher niemandem gelungen ist, aufgrund der Angaben des Tacitus die Germanicusfeldzüge der Jahre 15 und 16 n.Chr. zweifelsfrei zu rekonstruieren.


Aber in der Tat gibt es noch genug zu klären, nämlich z.B. die Frage „Wie kam Varus nach Kalkriese ?“
Die Antwort ist ganz einfach: Gar nicht….

Letzlich führt kein Weg an Frank Berger vorbei, er ist nunmal der Oberguru in dem Fachbereich….

Hier liegt ein großes Problem, auf das bereits hyokkose hingewiesen hat.
Es gab ´mal Zeiten, da haben „Obergurus“ behauptet, die Erde sei eine Scheibe….


Gruß Cato
 
Ave Cato,
Cato schrieb:
.... Mit anderen Worten: Nicht jeder Augustus-Denar, den man in Norddeutschland findet, ist dem Varus aus der Tasche gefallen.....
Aber eben die meisten im betreffenden Gebiet. Das ist nun mal Statistik, auch wenn sie Dir nicht begreiflich ist.

Cato schrieb:
.... Deine Statistik, lieber Trajan, stützt sich also auf die Wahrscheinlichkeit von 1%, nach der die genannten Horizonte verschieden seien. .....
Nein, meine stützt sich auf die 99 %, deine dagegen auf das kümmerliche 1 %, denn Du bist der, der diese suchen muss, nicht ich!

Cato schrieb:
....Es gab ´mal Zeiten, da haben „Obergurus" behauptet, die Erde sei eine Scheibe .....
Was ebenso nie der Fall war:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=343

Beste Grüsse, Trajan.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Trajan.

Aber eben die meisten im betreffenden Gebiet. Das ist nun mal Statistik, auch wenn sie Dir nicht begreiflich ist.
Das ist mir in der Tat nicht begreiflich und es wird wohl dein Geheimnis bleiben.


Nein, meine stützt sich auf die 99 %, deine dagegen auf das kümmerliche 1 %, denn Du bist der, der diese suchen muss, nicht ich!
Wir haben uns offensichtlich missverstanden. Wolters sagte, dass Varus- und Germanicushorizonte zu 99% identisch sind. Dass heißt, der Hort von Kalkriese kann sowohl dem Varus, aber ebenso dem Germanicus bzw. Caecina zugeordnet werden. Das müsste doch begreifbar sein.
Wolters sagt keineswegs, hier handelt es sich ganz sicher um einen Germanicusfund. Aber ebenso sagt er nicht, der Münzfund MUSS dem Varus zugeordnet werden. Wie du zu dieser Aussage kommst, ist mir schleierhaft.


Was ebenso nie der Fall war:

Bevor wir uns darüber streiten, korrigiere ich meine Aussage:
„Es gab einmal Zeiten, da behaupteten „Obergurus“, die Sonne und die Planeten würden um die Erde kreisen.“ Nun zufrieden?

Gruß Cato
 
Ave Cato,

...Wir haben uns offensichtlich missverstanden. ...


Das Missverständnis liegt bei Dir. Es ist eben zu 100 % der Varushorizont und nur zu 99 % der des Germanicus! Du brauchst dass eine Prozent, nicht ich. Dass ist ja der Trick der PLHler: Sie versuchen ihr Problem zu unserem zu machen.

Schönes Wochenende, Trajan.
 
Hallo Trajan.

Es ist eben zu 100 % der Varushorizont und nur zu 99 % der des Germanicus!

Deinen Aussagen kann ich entnehmen, dass der Münzhort von Kalkriese zu 99% ein Germanicushoriziont ist. Vielen Dank, genau das wollte ich hören.

Jetzt noch einmal zum langsamen Mitlesen:
Ich schrieb in Beitrag Nr. 166:
„Wolters sagt keineswegs, hier handelt es sich ganz sicher um einen Germanicusfund. Aber ebenso sagt er nicht, der Münzfund MUSS dem Varus zugeordnet werden. Wie du zu dieser Aussage kommst, ist mir schleierhaft.“

Das Problem haben wir doch ausführlich erläutert: ALLEIN Münzanalyse ist zu ungenau zur Feindatierung, da niemand exakt sagen kann, wie ein tatsächlicher Germanicushorizont des Jahres 15 aussieht, den man zum Vergleich heranziehen könnte. Niemand, auch Berger nicht, kann behaupten, die Caecina-Truppen müssen Lugdunum-II-Asse mitgeführt haben. Das ist nur eine Vermutung!
Ein Beispiel:
Nach der Münzdatierung haben Oberaden von 15-13 v.Chr. und Anreppen von 4/5- 6 n.Chr. bestanden, da bestimmte spätere Prägungen dort fehlten. Diese Datierungen sind aber erwiesenermaßen nicht richtig.

Insofern sollte man außerordentlich vorsichtig sein mit Formulierungen wie „muss“ und
„zu 100%“ oder ähnliches.

Gruß Cato
 
Hallo Trajan,

würde ich die Hypothese der Varusschlacht bei Kalkriese vertreten, so würde ich die von Mommsen vorgeschlagene Route, von Minden entlang des Wiehengebirges nach Kalkriese favorisieren. Ich weiß deshalb nicht, wie du als Kalkriese-Befürworter auf die „Werre-Tal-Theorie“ kommst; dessen bedarf es doch überhaupt nicht, wenn man die Varus- Kalkriese-Hypothese konkretisieren will.
Warum schickst du den armen Varus auf so einen Irrweg? Um ihm auch noch die letzten Münzen bei Detmold zuzuweisen und somit die Lipper zu besänftigen ? Und warum über die Knetterheide bei Salzuflen? Wegen Höfler? Und warum überhaupt ein Sommerlager bei Hildesheim? Wegen des Silberschatzes? Und was ist mit Halberstadt? Fürchtest Du nicht Kritik von dort? Deine „Wirre-Tal-Theorie“ klingt wie ein Sammelsurium verschiedener Theorien, zusammengebacken zu einem zähen, schwer verdaulichen Brei.
Das alles mag hart klingen und Dir als unverschämte Kritik vorkommen. Ich versichere Dir aber, lieber Trajan, dass das noch gar nichts gegen die Kritik ist, die Du erfahren würdest, wenn Du Deine Ausführungen veröffentlichen solltest.
Trotzdem, mach weiter!

Gruß Cato
 
Ave Cato,

Cato schrieb:
...Deinen Aussagen kann ich entnehmen, dass der Münzhort von Kalkriese zu 99% ein Germanicushoriziont ist. Vielen Dank, genau das wollte ich hören. ...


Da kannst Du hören was Du möchtest, aber Dir fehlt das eine Prozent und nicht mir !
Ihr PLHler müsst Euch darum kümmern, es ist nicht das Problem der Kalkrieser. Ganz einfach.


Aber selbst wenn Du tatsächlich ein paar Germanicusmünzen finden würdest, der Aussagewert wäre gering. Germanicus war ja nach den Quellen am Varusschlachtort und war dort sogar in Kämpfe verwickelt. Als PLHler könntest Du jetzt sogar argumentieren, es könne nicht dass Varusschlachtfeld sein, weil es keine Germanicusmünzen gebe.


Das viel stärkere Argument ist aber einfach die alles überragende Grösse dieses augusteiischen Schlachthorizonts (auch schon vor 1987) der alles andere damals schon um den Faktor 100 übertraf (und heute 1000). Es müsste sonst anderswo ein noch viel grösser vorzufinden sein, praktisch unmöglich dass bis heute zu übersehen!


Cato schrieb:
...„Wolters sagt keineswegs, hier handelt es sich ganz sicher um einen Germanicusfund. ...


Genau. Und er erklärt unmissverständlich dass es nur dann ein Germanicusfund sein könnte, wenn etliche extrem unwahrscheinliche Tatsachen zusammenkämen. Habe ich weiter oben schon mal zitiert.


Cato schrieb:
...würde ich die Hypothese der Varusschlacht bei Kalkriese vertreten, so würde ich die von Mommsen vorgeschlagene Route, von Minden entlang des Wiehengebirges nach Kalkriese favorisieren. ...


Habe ich ja auch, bevor ich mich mit Euch hier so gefetzt hatte. Aber dann fing ich ja erst an genau nachzuschauen. Wo sind denn die Streufunde ? Entlang des Wiehengebirges eben nicht, entlang der Werretalroute, deren südlichen Teil Bökemeier ja schon beackert hatte, gibt es aber reichlich.


Ich stelle dass zur Zeit einmal zusammen, es ist aber eine elend umfangreiche Arbeit die alten Fundberichte zu bekommen und auseinander zu legen.


Cato schrieb:
...Ich weiß deshalb nicht, wie du als Kalkriese-Befürworter auf die „Werre-Tal-Theorie“ kommst; dessen bedarf es doch überhaupt nicht, wenn man die Varus- Kalkriese-Hypothese konkretisieren will.
Warum schickst du den armen Varus auf so einen Irrweg? ...


Weil nur dann alles zusammenpasst. Von eurer Kritik an Kalkriese ist ja nicht alles für die Katz gewesen. Die Frage „woher kam er“ als auch die Frage „wie kann es sein dass so ein riesen Zug an dem kleinen Ort verfrühstückt wurde“ist ja evident und ungeklärt.

Aus Minden kam er jedenfalls nicht, da gibt’s nicht viel, schon gar kein Sommerlager. Und er muss schon mit allen Nerven fertig gewesen sein als er dort ankam, sonst wäre er sicherlich da durch gekommen. Aber dass kannst Du irgendwann mal nachlesen. Kann aber noch sehr lange dauern. Jedesmal wenn ich wieder neue Daten gefunden habe tut sich ein riesen Loch auf. Datierung von Münzfunden ist da noch die einfachste Übung.


Cato schrieb:
...Ich versichere Dir aber, lieber Trajan, dass das noch gar nichts gegen die Kritik ist, die Du erfahren würdest, wenn Du Deine Ausführungen veröffentlichen solltest.
Trotzdem, mach weiter!..


Weis ich. Aber besten Dank für den Zuspruch, mit wissenschaftlicher Kritik kann ich leben.

Schaunmermal, Trajan.
 
Ihr setzt immer diesen Hinterhalt voraus, ich denke das es den gar nicht gab. In den Germanicusschlachten suchte Arminius auch keine Hinterhalte im Sinne von Kalkriese aus, er suchte unter anderen eine Große Ebene aus und das gegen 8 Legionen. Und nach dem Germanicus angeblich Siegreich nach Rom zurückkehrte schickte Arminius Marbod nach erfolgreichem Kampf ins Exil, selbiger Marbod mit mindestens 70.000 Mann unter Waffen vor dem Rom vorher noch erheblichen Respekt hatte.Danach hatten die Römer angeblich kein Interesse mehr an Germanien ?
Bauten später wohl aus reinem Desinteresse den Limes, ich halte die gesamte Varus Geschichte nach Tacitus für sehr zusammen getsrikt. Tacitus hat Fragmente der realen Geschichte wohl Romfreundlich verpackt, wahrscheinlich sind alle Lager einfach überrannt worden. Nichts spricht für den besagten Hinterhalt! Hat eigentlich mal jemand die Fundhäufigkeit in Kalkriese auf 3 Legionen hochgerechnet ?
@Trajan
Du behauptest wenn es wo anders keine Funde in ausreichender Menge gibt so gibt es auch kein anderes Schlachtgelände. Danach gibt es auch kein Sommerlager und es gibt vor allen keine Cherusker östlich der Weser oder hat jemand dort nen Ort der Cherusker ausgegraben ?
 
Detlef schrieb:
Hat eigentlich mal jemand die Fundhäufigkeit in Kalkriese auf 3 Legionen hochgerechnet ?

@ Detlef: das ist nicht so ohne weiteres möglich. Allerdings ist die Fundmenge von Kalkriese schlicht und einfach enorm; mir wäre unbekannt, dass es z.B. irgendein römisches Militärlager in Deutschland gibt, dass so viele Münzen aus einer Zeitstellung geliefert hätte. Die Zahl der Funde legt einfach nahe, dass dort ein großer Armeeverband gekämpft hat.
Der Bau des Limes ist völlig anders zu bewerten als die Germanenkriege zur augusteischen Zeit. Einige Historiker wie Armin Becker vermuten heute, dass die Chattenkriege von 85/86 n. Chr. mehr ein symbolischer Akt waren und es nicht zu größeren Kampfhandlungen kam, stattdessen aber im Zuge dieser Feldzüge die Infrastruktur im Limesgebiet ausgebaut wurde. Tatsächlich war die Errichtung des Limes ein Punkt in einer organischen, schrittweisen Entwicklung, die zum Teil schon in die Zeit des Claudius, vor allem aber Vespasians zurückreicht:
- zum einen sollte das Vorfeld von Mainz als zentralem Legionslager gesichert und die dortige fruchtbare Lößebene der Wetterau zur Versorgung gewonnen werden.
- in Südwestdeutschland ging es dagegen vor allem darum, die Verbindung von der Rhein- zur Donaugrenze zu verkürzen; dies geschah erstmals durch den Bau einer Straße im Schwarzwald 75 n.Chr.
 
@detlef

Der Einwand ist absolut berechtigt und wichtig. Nach 500 Jahren Varusforschung haben sich einige Vermutungen eingeschlichen, die mittlerweile als Tatsachen gelten.
Dazu gehört das Märchen vom Hinterhalt, aber auch, wie Timpe betonte, jenes vom Sommerlager an der Weser und den daraus folgenden Rückmarsch zum Rhein. Auch das Mitführen des Trosses ist keineswegs ein sicheres Zeichen dafür, dass Varus nach Westen zog. In einem Land wie Germanien musste ein römisches Heer zur Selbstversorgung einen großen Tross mitführen, da es sonst nicht weit gekommen wäre (Drusus musste 11 v.Chr. deshalb den Vormarsch abbrechen). Anders als in Gallien konnte sich ein Heer nicht durch die dortige Bevölkerung versorgen lassen, da die Germanen kaum etwas an Nahrung zu bieten hatten. Timpe hat auf diese Problematik in seinem o.g. Beitrag ausführlich hingewiesen.
Er betonte, dass es schon in ruhigen Zeiten der Albtraum jedes römischen Legaten war, eine Marschkolonne durch Germanien zu bewegen.

Zum „Sommerlager“
Aus Dios Textstelle „…zu den Cheruskern und zur Weser.“ vermutete man stets ein großes Lager bei Minden oder Hameln. An beiden Orten wurde trotz intensivster Nachsuche nichts derartiges gefunden. Timpe schließt die Möglichkeit nicht aus, dass sich der Standpunkt des Varus, d.h. sein Verwaltungssitz, im Jahre 9 n.Chr. im Quellgebiet der Lippe befunden hat. Das Lager von Anreppen wäre aufgrund der dort vorgefundenen Anlagen durchaus in Erwägung zu ziehen.
In welche Richtung nun Varus zog, wurde durch die Position „weit entfernter Stämme“ bestimmt, die einen Aufstand begannen. Deshalb brach Varus auf und aus keinem anderen Grunde! Laut dem Schlachtenverlauf des C.Dio musste das Varusheer am ersten Tag unter leichten Angriffen einen Gebirgszug überqueren. Danach wurde das erste geordnete Lager errichtet. Die schweren Attacken der folgenden Tage fanden offensichtlich in zum Teil bewaldeten, zum Teil sumpfigen, zum Teil freien Gelände statt. Wahrscheinlich war dieses Gelände, zumindest laut Tacitus, eben („…in medio campo…“).
Das sind aber alles vage topographische Angaben, die auf fast alle Gebiete in Germanien zutreffen und aus denen sich keine eindeutigen Lokalisierungen ableiten lassen.

Zum Hinterhalt:
Tacitus lässt vor der Schlacht an den pontes longi den Arminius einen Ausruf an seine Krieger richten: „Seht da, Varus, aufs neue……“. Diesen erfundenen Passus fügte der Autor offensichtlich ein, um die Parallelen der beiden Schlachten darzulegen. Aus der folgenden, ausführlichen Schilderung des Kampfgeschehens und den zahlreichen Funden, kann man einigermaßen erfahren, was sich damals zugetragen hat. So ist anzunehmen, dass auch die Varusschlacht unter ähnlichen Bedingungen stattfand. An den pontes longi handelte es sich keineswegs um einen Hinterhalt. Caecina erkannte die Gefahr und konnte entsprechende taktische Maßnahmen treffen, die einem Teil seines Heeres den Durchbruch ermöglichten. Auch Varus wird spätestens nach dem Errichten des ersten Lagers den Ernst der Lage erkannt haben (so dass er sich von den Wagen trennte). Dennoch bewegte sich Varus weiter fort, so dass man nur daraus schließen kann, dass bedingt durch die topographische Situation eine geordnete Schlachtaufstellung tagelang nicht möglich war.


Gruß Cato
 
Frage

Hallo,

ich habe einmal eine Frage an die Experten im Geschichtsforum.

Auf dem Hortfund von Barenaue wurden eine Reihe Legionskennungen gefunden.
Meines Wissens gibt es solche Legionsstempel auch von anderen Orten (Haltern, andere Lager).

Gibt es Erfahrungswerte, welcher Prozentsatz der Münzen im militärischen Umfeld Legionskennungen trug?

Hintergrund: In Kalkriese wurden 1500 Münzen gefunden, davon angeblich keine einzige mit Legionskennung. Da den Forschern vor Ort nun offensichtlich versehentlich Legionskennungen der Legio I auf anderen Fundstücken an die Öffentlichkeit gerutscht sind ( http://kalkriese.blogspot.com/search/label/Legion I Germanica ), stellt sich mir die Frage, ob man nicht über die Statistik fragen kann: Und wo sind die Münzen mit Legionskennungen?

In Barenaue waren es glaube ich nach den Berichten etwa 10% der Münzen, die eine Legionskennung hatten, macht 150 Münzen, die den Augen der Öffentlichkeit entzogen sind. 1% wäre ja auch noch signifikant... Wie sieht es also an anderen Orten aus?

Vielen Dank,

Christian Schoppe
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Trajan

Sind Sie Peter Kracht? Oder aus welcher Motivation heraus kommentieren Sie?

Danke für die Info,

Christian Schoppe


Ich weiß nicht, ob die Klärung solcher Fragen für die Diskussion relevant ist; jedenfalls scheint mir die PN-Funktion dafür geeigneter zu sein als der öffentliche Bereich des Forums.
 
Werre-Tal-Theorie (WTT)

Habe ich ja auch, bevor ich mich mit Euch hier so gefetzt hatte. Aber dann fing ich ja erst an genau nachzuschauen. Wo sind denn die Streufunde ? Entlang des Wiehengebirges eben nicht, entlang der Werretalroute, deren südlichen Teil Bökemeier ja schon beackert hatte, gibt es aber reichlich.

So ...jetzt bin ich aus dem Urlaub zurück und mußte erkennen, daß ich hier für 4Wochen gesperrt wurde, weil ich TRAJANS "Werre-Tal-Theorie" mit anderen Theorien gleichgesetzt habe.....anscheinend ist das strafbar?
Es war nicht meine Absicht ihn damit zu diffamieren, was man meiner Ansicht nach auch gar nicht kann.....schließlich tritt mit Prof.Schoppe (hier vertreten durch "ATLANTIS 3345") jetzt die nächste Theorie ans Tageslicht. Und das wird auch nicht die letzte Varusschlachttheorie bis zum Jahre 2009 gewesen sein.

Nachdem ich mir hier die zwischenzeitlich verfaßten Beiträge durchgelesen habe, schreibt hier Trajan, daß er schon auf die Erkenntnisse von Bökemeier zurückgreift, der im Werre-Tal verzweifelt die Schlacht sucht und dessen Fundeergebnisse anscheinend für seine Theorie nutzt.

Folgende Informationen über die Werre-Tal-Theorie findet man schon bei Hans Delbrück "Die Germanen" 1901:
"...der Weg ging nicht im Werretal entlang, das dazu zu sumpfig war, sondern direkt südlich über ein von Schluchten durchzogenes Hügelland..."
... "Man hat das so ausgelegt, als ob der Plan gewesen sei, Varus von der gebahnten Heeresstraße fort in eine für den Überfall besonders geeignete Gegend zu locken.
Das ist eine romanhafte Vorstellung. Zum Überfall geeignete Gegenden waren in Germanien allenthalben; ein feindliches Heer aber an eine ganz bestimmte, entfernte Stelle zu locken und an dem Tage, wo es diese durchzieht, die eigene Mannschaft dort unbemerkt zur Stelle zu haben, ist kein durchführbares Strategam."

DELBRÜCK suchte dann entlang der Werre ein Römerlager, das er bei der Einmündung in die Weser vermutete. Somit war die Porta Westfalica für ihn der geeignete Ort. Hier suchte und grabte er mit SCHUCHHARDT an einem bestimmten Platz. Aber er fand dort kein Römerlager und das rechte Weserufer suchte er nicht weiterhin ab.....allerdings wäre er ein paar Kilometer östlich auf das bis dahin noch unbekannte Nammer Lager gestoßen. Dort gab es einen Übergang über das Wiehengebirge, der durch eine Wallanlage gesichert wurde.

Bezüglich der Ortskenntnisse der Römer schreibt DIETER TIMPE "Arminius und ide Varusschlacht" (Wiegels): "Römische Offiziere wußten also über Furten und Schneisen, Paßwege und Waldverhaue, Stammesgrenzen, Kommunikationen und Zentralplätze Bescheid;...Solche Einsicht hatte aber wiederum nichts zu tun mit mangelhafter Beherrschung, heißt nicht, daß etwa nur ein Teil des Landes kontrolliert worden wäre, sich nur wenige Hauptverbindungen gegen den Widerstand der Eingeborenen und latenten Partisanenkampf mühsam hätten sichern lassen. Römische Legionäre gingen zwar nicht im Wald spazieren, aber sie brauchten sich auch nicht als Opfer einer terroristischen Untergrundorganisation zu betrachten"...

Somit gilt es als unwahrscheinlich, daß Varus durch die Gegend irrte und sich von den Germanen an einen bestimmten Punkt hat "jagen" lassen.
Schon DELBRÜCK sah die Lippe als zentralen Punkt der römischen Unternehmungen. So vermutete er ein zentrales Versorgungslager im heutigen Paderborn. Allerdings ist auch das Lager nur einige Kilometer entfernt in Anreppen gefunden worden.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ave Christian,

atlantis3345 schrieb:
...Gibt es Erfahrungswerte, welcher Prozentsatz der Münzen im militärischen Umfeld Legionskennungen trug?...


naja, die Diskussion der Legionskennungen hat ja Lippek aufgebracht. Man muss nun aber sehen, dass er dazu gerade mal 15 (!) Münzen aus Haltern hatte und 75 Münzen aus Kalkriese. Insbesondere die Haltern-Statistik ist damit gar nicht aussagefähig. Die einzige statistisch belastbare Aussage ist eigentlich die, dass die Legionskennungen, insbesondere der 17.,18. und 19. Legion (Haltern: 2 mal 17., je 1 mal 18.,19.; Kalkriese 1 mal 19.), ausgesprochen selten sind. Mehr eigentlich nicht. Der Rest ist als statistische Orakelei einzuordnen.

Die statistische Basis ist ergo so dünn, dass jeder Neufund von Legionsdenaren hier oder dort jede aktuelle Interpretation wieder auf den Kopf stellen kann. Jedem Statistiker dreht sich der Magen um, wenn einer mit drei, vier oder fünf Münzen anfängt Wahrscheinlichkeitskoeffizienten von 33 %, 50 % oder 75% für irgendeine Schlacht zu „berechnen“. Das ist noch nicht mal Orakelei, dass ist Blödsinn.

Unter dieser Einschränkung darf man dann aber weiter orakeln:

(1) Wenn du dir die Verteilung anschaust, siehst du dass in Kalkriese immerhin 19 verschiedene Legionen auftauchen, in Haltern nur 11. Daraus kannst Du schliessen, dass, da ja in Kalkriese, egal welche Schlacht du annimmst, niemals 19 Legionen waren, die Aussagekraft der Legionsdenare daher gering ist, denn sie waren halt im Umlauf und nicht an Legion und Ort gebunden.
(2) Zum zweiten ist natürlich interessant zu schauen, welche Legionsdenare in Haltern nicht vorkommen, aber in Kalkriese da sind. Wenn du dir dann noch raussuchts, wo diese Legionen zur damaligen Zeit standen, so wirst du feststellen dass die allesamt aus den südlichen Teilen des Reiches kamen, Spanien, Italien, Asia und Afrika. Sie zeichnen genau den Bereich ab, aus dem Varus kam bzw. sein Vermögen schöpfte. Und mit diesem Vermögen zahlte er auch seine Truppen.

Lippeks Absicht war es ursprünglich die unvorsichtige Aussage Bergers, dass die Münzhorizonte von Haltern und Kalkriese identisch wären, zu widerlegen, weil er glaubte damit auch Kalkriese als Varusschlachtort zu widerlegen. Dass ist aber völlig haltlos. Natürlich ist die Zusammensetzung unterschiedlich, auch z.B. was die VAR-Kontermarken angeht die in Kalkriese gehäuft vorkommen. Aber diese Unterschiede zeigen eben deutlich an, dass wir hier den Varushorizont vor uns haben.

Man kann sagen: Sowohl die (a) spezifische Zusammensetzung als auch (b) die Datierung des terminus post quem als auch die (c) absolute Grösse des Horizonts in Kalkriese im Gesamtvergleich zeigen hier die Varusschlacht an und schliessen die Germanicusalternativen praktisch aus.

Für euer Buchprojekt heisst dass übrigens, ihr müsst den Varusschlachtort Kalkriese als Teil der Realität anerkennen um in der Forschung weiterzukommen. Andernfalls macht ihr nur das uralte Fass der völligen Beliebigkeit der 700 und mehr Theorien auf, eine so gut oder schlecht wie die andere. Theorien müssen aber an archäologischen Realien festgemacht werden. Eure Mühen werden sonst endlich nur Makulatur bleiben und dass wäre schade.

Beste Grüsse,Trajan

P.S.:

atlantis3345 schrieb:
...Sind Sie Peter Kracht? Oder aus welcher Motivation heraus kommentieren Sie? ...


Nö, der bin ich nicht. Heimatverbunden bin ich mit der Gegend auch nicht, meine Motivation ist das rein wissenschaftlich Interesse am knacken schwieriger Nüsse. Kennst Du noch den RubikCube? Der kam in den 70er Jahren dass erste Mal in die Geschäfte. Ich war damals einer der wenigen die das Ding ohne jede Hilfe geknackt haben. Der Spass am Lösen verflixter Probleme ist mir bis heute geblieben.

Ansonsten bin ich natürlich per PN zu erreichen.
 
Hier möchte ich einmal feststellen, was bisher in Kalkriese gefunden wurde:

ein Schlachtort mit römischer Beteiligung im Zeitraum der Zeitenwende.

Alle Funde sind nach bisheriger Auskunft römischen Ursprungs. Prof.Dr.Schoppe schrieb, daß auch ein Reitersporn gefunden wurde, der höchstwahrscheinlich germanischen Ursprungs sei. Ansonsten konnte eine Beteiligung von Germanen nicht nachgewiesen werden. Dieser Reitersporn könnte auch zu einer germanischen Auxiliareinheit gehört haben. Somit muß er noch nicht einmal von einem feindlichen Germanen stammen.
Ferner ist anzumerken, daß in ca.10km Entfernung von Kalkriese ein Bohlenweg (dendrochronologisch ins Jahr 15n.Chr. einzuordnen) lokalisiert wurde, auf dem auch germanische Waffen mit Kampfspuren gefunden wurden...
Allerdings ist sich hier die Wissenschaft einig, daß es dort schon einen Kampf zwischen Germanen und Römern gegeben hat und zwar zu Arminius Zeiten. Aber 100%ig nachweisbar ist das bisher noch nicht. Daß die Römer sich untereinander bekämpft haben ist auch nirgends für den Zeitraum in Germanien überliefert.
Somit kann man davon ausgehen, daß dort Germanen gegen Römer gekämpft haben und keine Ufonauten, die aus der Luft angriffen und keine Spuren hinterlassen haben. Der Fundort gibt aber auch weitere Rätsel auf. So ist das Kalkrieser Gebiet nach vorherrschender Meinung kein Cheruskergebiet mehr. Somit hätte die Varusschlacht nicht mehr im Cheruskerland stattgefunden.
Auch gibt es Meinungen, die hier nicht von Legionen sprechen, sondern z.B. von einer Kastellbesatzung, die sich aufgrund der Unruhen absetzen wollte und dann dort von Germanen geplündert wurde.
Andere Meinungen (auch meine eigene) gehen davon aus, daß hier ein Troß überfallen wurde und es sich hiermit über die überlieferte "Schlacht an den Langen Brücken" (=pontes longi) handelt.
Die Kalkrieser Archäologen haben sich auf die Varusschlacht festgelegt.

Aber den entscheidenen Beweis, was es dort gegeben hat, der ist bis heute noch nicht gefunden worden. Allerdings wird seit geraumer Zeit ein Fundkatalog angemahnt, der eine Deutung der Gegenstände ermöglicht.
 
Legionskennungen

@ Trajan

Vielen Dank für Deine umfassende Information und das Mitgehen meiner Gedankenwege. Ich habe allerdings immer noch Verständnisprobleme.

Gibt es aus Kalkriese aus den letzten 20 Jahren eine Veröffentlichung von Legionskennungen auf Münzen? Aus dem 18. Jahrhundert sind eine Reihe sogar aus Kalkriese überliefert, Berger schrieb noch 1986, dass das Vorkommen solcher Kennungen ab Caesar typisch war und auch in Haltern gibt es sogar einige Kennungen der Varus Legionen. Also, von den 1500 Münzen, die in den letzten 20 Jahren in Kalkriese gefunden wurden, wieviele hatten welche Legionskennungen? Gibt es eine Liste oder einen Katalog dazu? Cherusker fragt ja auch: Wann werden die Funde offengelegt. Und eine neutrale Überprüfung durch Wolters oder ausländische Spezialisten wird abgelehnt. Wieviele Kennungen von welchen Legionen wurden in den letzten 20 Jahren in mehreren Kampagnen für mehrere Mio. DEM und EUR ergraben? Keine einzige???

Der Argumentation, dass in Kalkriese praktisch alle vertreten sind, weil Varus diese im Süden einsammelte und in Umlauf brachte, kann ich nicht folgen. Meine Gegenhypothese lautet: Nach der Clades Variana wurden Legionen aus dem Süden (Balkan und Spanien) an den Rhein verlegt. Diese brachten ihre eigenen und die ihrer benachbarten Legionen mit. Erscheint mir auf den ersten Blick plausibler...denn Varus war ja nicht Alleinherrscher über das Geld.

Um aber etwas Transparenz in die Sache zu bringen sollten wir klären: (1) Welcher Anteil Legionskennungen auf Münzen war typisch (zB auch in Regensburg, Mainz...) (2) Welche Legionskennungen wurden in den letzten 20 Jahren in Kalkriese ergraben.

Dann können wir sehen, ob (1) das Grabungsergebnis in Kalkriese plausibel ist und (2) ob die Legionskennungen einen Hinweis auf Varus oder Germanicus geben.

Ich freue mich ja, wenn Legionskennungen ergraben wurden, dann wüsste ich nur gerne welche:

Legio I Germanica X Stück
Legio II Augusta X Stück
...
Legio XXII Deiotariana X Stück

Summe XXX Stück
von insgesamt X.XXX Stück

So eine Liste muss es doch geben? Oder?

Vielen Dank,

Christian
 
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