Liegt der Sagenfigur Siegfried eine historische Gestalt zu Grunde?

Nur ist das auch schon der letzte Beleg für eine germanische Arminius-Erzähltradition, wenige Jahrzehnte nach dem Tod des Helden. Von "Jahrhunderten" kann hier gar keine Rede sein. Und letztlich hat sich vom historischen Arminius-Stoff so gut wie nichts erhalten.

Ja, weil die Römer nicht mehr in dem Gebiet waren und daher auch nicht mehr von den Begebenheiten in diesem Gebiet berichten. Nur weil es Römer nicht mehr aufgeschrieben haben, soll das verschwunden sein?
Germanen haben keine schriftlichen Quellen hinterlassen (außer ein paar Runen). Vielmehr haben sie durch Verzierungen (Tierstil) ihre "Geschichten" dargestellt. Dadurch haben sie ihre gemeinsame Identität unterstrichen.

Aber die Goten waren erst in Skandinavien und dann in Mitteleuropa und sind von dort gen Osten ausgewandert, um dann wieder zurückzukehren. Dazwischen lagen auch etliche Jahrhunderte.
Erzählungen aus einem anderen Kulturkreis sind für die deutsche Sagenbildung recht unwahrscheinlich.
 
Erzählungen aus einem anderen Kulturkreis sind für die deutsche Sagenbildung recht unwahrscheinlich.

Obwohl ich auch nicht glaube, dass alle Elemente die zur Bildung der Sagenfigur des Siegfrid, wenn überhaupt eines, von iranischen Mythen stammen, ist es doch nicht so abwegig, dass die Germanen auch ein paar Sachen, von den Alanen übernommen haben. Immerhin spielten auch iranische Völker eine Rolle bei der Völkerwanderung.
 
Ja, weil die Römer nicht mehr in dem Gebiet waren und daher auch nicht mehr von den Begebenheiten in diesem Gebiet berichten. Nur weil es Römer nicht mehr aufgeschrieben haben, soll das verschwunden sein?


Die Arminius-Erzähltradition ist verschwunden. Ob das 100 Jahre nach Tacitus, 50 Jahre nach Tacitus oder möglicherweise noch während Tacitus daran schrieb (hier handelt es sich ja in erster Linie um einen Seitenhieb auf seine griechisch-römischen Zeitgenossen!), wird sich nicht feststellen lassen.

Feststellen läßt sich, daß weder Römer noch Griechen noch Franken noch Angelsachsen noch Deutsche irgendeinen Beleg hinterlassen haben, weder in Form einer Erzählung, noch in Form eines winzig kleinen Hinweises von der Länge eines Nebensatzes.

Und solange wir hier in einem Geschichtsforum sind und nicht in einem Märchenforum, müssen wir eben sagen, daß die Existenz einer jahrhundertelangen Arminius-Erzähltradition weitaus schlechter belegt ist als z. B. die Existenz feuerspeiender Drachen.



Germanen haben keine schriftlichen Quellen hinterlassen (außer ein paar Runen). Vielmehr haben sie durch Verzierungen (Tierstil) ihre "Geschichten" dargestellt. Dadurch haben sie ihre gemeinsame Identität unterstrichen.


Gibt es da aus vorchristlicher Zeit die Darstellung eines Drachenkampfs?


Erzählungen aus einem anderen Kulturkreis sind für die deutsche Sagenbildung recht unwahrscheinlich.


Gleichwohl ist die Übermittlung von Erzählmotiven aus Vorderasien belegt, wie man am Motiv vom Drachenkampf sehen kann. Daß die Siegfriedsage als Ganzes importiert ist, halte ich natürlich auch für extrem unwahrscheinlich, fast so unwahrscheinlich wie die Arminius-These...
 
Sagenmotive

Hyokkose
Wenn Du meine Darstellung der ossetischen Sage liest dann findest Du schon ein bischen mehr als was Du da in deinem Beitrag zitierst. Und dass die Siegfried-Sage als Ganzes ein Import aus dem Osten sei, habe ich nicht behauptet.
Im Übrigen findet man sonst auch Wandermotive, so etwa den tragischen Vater-Sohn-konflikt von Indien bis Irland. Das ist gemeinsames indoeuropäisches Sagengut.
Cherusker
1. Die skandinavische Herkunft der Goten ist kein Thema mehr, seit Hachmann ("Die Goten und Skandinavien" 1965) sie mit guten Gründen anzweifelte. Man geht heute nicht weiter zurück als bis zur Wielbark-Kultur im Weichseldelta und Hinterpommern.
( Ob übrigens die "Gothonen" wirklich Goten waren lasse ich dahingestellt. Die Römer dürftrn von ihnen durch Kelten gehört haben und keltisch (Bretonisch) sind "Coedones" =Waldbewohner.)
Die Wielbark-Kultur hat sich nach Süden ausgedehnt und wurde in der Steppe sur sogenannten "Tchernjacov- Sintana da Mures- Kultur", die heute von allen einschlägigen Historikern den Goten zugeschrieben wird.
Sie umfasst, mit kleinen Abweichungen ein Dreieck Donaudelta-Dnjepr-Unterlauf-Weichselquellen. Eine Karte findest Du bei Peter Heather (Oxford-Prof.) "The Goths" (Blackwell Publ. 1996).
Die Sache hat nur einen Haken: Jordanes (§ 35) schreibt genau dieses Dreieck den Slaven zu. Und kein Gotenhistoriker scheint bis jetzt dazu Stellung genommen zu haben. Kurios!
Es gäbe da auch sonst noch Einiges zu sagen, aber das führte hier zu weit vom Thema ab.
2. Deine idee dass die Sagen-Übertragung von den Germanen zu den Alanen verlaufen sein könnte, entbehrt jeglicher Stütze.Die Alanen und andere Sarmaten waren dem Leben in der Steppe länger und besser angepasst als alle Ostgermanen. Diese haben von ihren iranophonen Nachbarn gelernt, nicht umgekehrt. Und es scheint, dass die Adelsschicht der Ostgermanen vielfach Ehen mit Alanen und Alaninen schlossen, was zum Eindringen alanisch-sarmatischer Namen bei den Germanen führte. (ich habe ein paar Beispiele hier schon im Thread "Alanen in Portugal" gegeben.)
Aber solche Verbindungen bringen auch immer ein intellectuelles Erbe mit sich. Andererseits gibt es keine Spuren vom Eindringen "germanischen Geistesgutes" bei den Sarmaten/Alanen/Osseten.
Vergleiche übrigens einmal den "Nordischen Tierstil" mit dem "Skythischen Tierstil", das Verhältnis sieht für mich aus wie die Entwicklung von der Renaissance zum Barock.
Vielleicht kannst Du auch noch das Taschenbuch GeorgesDumézil "Loki" auftreiben (meines Wissens das einzige Buch dieses epochemachenden Indoeuropeanisten, das es auf Deutsch gibt). Du wirst es nicht bereuen. Es wird Dir eine Perspektive öffnen, in Bezug auf die "germanische Sagenwelt".Alles Gute
Boiorix
 
Zuletzt bearbeitet:
Hyokkose
Wenn Du meine Darstellung der ossetischen Sage liest dann findest Du schon ein bischen mehr als was Du da in deinem Beitrag zitierst.


Deine Darstellung der ossetischen Sage habe ich schon gelesen, aber weder erwähnt noch zitiert. So what?


Im Übrigen findet man sonst auch Wandermotive, so etwa den tragischen Vater-Sohn-konflikt von Indien bis Irland. Das ist gemeinsames indoeuropäisches Sagengut.


Wobei sich Wandermotive noch nie an Sprachgrenzen gehalten habe, weswegen ich auch vorsichtiger als Dumézil wäre, von "indoeuropäischem" Sagengut zu sprechen.

Übrigens ist von Dumézil auch "Mythos und Epos" auf Deutsch erschienen, zumindest der erste Band.
 
Antwort an Hyokkose

Hyokkose,
Du hast meine Darstellung der Soslan- Sage gelesen und findest keine Ähnlichkeit mit "Siegfried"?? Nur weil Soslan keinen Drachen tötet ?
Und wieso spricht es gegen Dumézils Theorien, dass Sagenmotive Sprachgrenzen überschreiten??

Steck mir ein Licht auf
Boiorix
 
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Feststellen läßt sich, daß weder Römer noch Griechen noch Franken noch Angelsachsen noch Deutsche irgendeinen Beleg hinterlassen haben, weder in Form einer Erzählung, noch in Form eines winzig kleinen Hinweises von der Länge eines Nebensatzes.

...

Wie bereits erwähnt, haben Germanen und auch Kelten ihre Geschichte nicht schriftlich festgehalten. Die Franken haben sich, zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, aus etlichen germanischen Stämmen gebildet. Allerdings soll Karl der Große heidnische Erzählungen gesammelt haben, die dann später aber vernichtet worden sein sollen.
Und bei Tacitus steht Annalen II.Buch (88): "Die griechische Geschichtsschreibung, die nur die eigenen Taten bewundert, kennt ihn nicht, und bei den Römern spielt er nicht die ihm gebührende Rolle, da wir die alte Geschichte rühmend hervorheben und der neuen gleichgültig gegenüberstehen.":winke:
Das dürfte doch die Erklärung dafür sein.

Ferner haben die Germanen (Elb-Weser-Germanen) bis zum ca.5.Jh. u.a. auch antike Fabelwesen auf ihren Gegenständen dargestellt. Die Germanen haben in Bildern gelesen. Bestimmte Darstellungen ( z.B. von Tieren) waren Symbole für eine bestimmte bekannte Geschichte, die mündlich überliefert wurde. Es hat bei den Germanen keine individuellen Bilder einer bestimmten Person gegeben, somit hat sich auch kein Anführer bzw. Adliger verewigt.
Es gab eine gemeinsame Darstellung von Tierbildern bis in das 7.Jh.. Die Wikinger entwickelten dann einen eigenen Stil. Aber die einzelnen Ausführungen der Tierstile würde hier zu weit gehen.

Bsp.: Für einen Christen ist das Kreuz ein Symbol für die Religion und die Geschichte Jesus. Ein Heide, der die Geschichte Jesus nicht kennt, kann mit dem Symbol des Kreuzes nichts anfangen. Er kann anhand des Kreuzes nicht die christliche Geschichte erkennen. Und genauso verhält es sich mit den Darstellungen der Germanen. Heutzutage kann ein Forscher nur noch Vermutungen anstellen, was diese Darstellungen bedeuten könnten. Sicher ist nur, die Germanen Darstellungen hatten, die eine gemeinsame Identität und Geschichte "erzählten" und die weit verbreitet waren und überall die gleiche Symbolik hatten und somit eine einheitliche Kunst darstellten (keine künstlerische Freiheit).
Eine "neue" Geschichte seitens fremder Völker ist nicht anhand der Darstellungen erkennbar. Die Germanen befanden sich mehr oder weniger immer in einer "Wanderungsphase". Die Völkerwanderung ist davon nur ein Kapitel.

P.S.
In den verschiedenen Ausführungen wird u.a. von einem Lindwurm berichtet und nicht von einem Drachen bzw. von einem Menschen, der anscheinend einen Drachenhelm benutzt und nur dann aktiv wird. Die Symbolik des Drachen ist daher zwiespältig.
 
Wie bereits erwähnt, haben Germanen und auch Kelten ihre Geschichte nicht schriftlich festgehalten. Die Franken haben sich, zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, aus etlichen germanischen Stämmen gebildet. Allerdings soll Karl der Große heidnische Erzählungen gesammelt haben, die dann später aber vernichtet worden sein sollen.
Umso deutlicher ist der Kontakt zwischen Germanen und Römern ab spätantiker Zeit. Bei so viel Reibungspunkten und der noch späteren Überlieferung des Saxo Grammticus oder der Edda sollte zumindest noch ein Nebensatz drin sein, wenn denn derartiges eine so große Rolle spielte. Ist aber nicht.
Und schon gar nicht in einem "großgermanischen Kontext".

Und bei Tacitus steht Annalen II.Buch (88): "Die griechische Geschichtsschreibung, die nur die eigenen Taten bewundert, kennt ihn nicht, und bei den Römern spielt er nicht die ihm gebührende Rolle, da wir die alte Geschichte rühmend hervorheben und der neuen gleichgültig gegenüberstehen.":winke:
Das dürfte doch die Erklärung dafür sein.
Kann auch genau andersherum gewertet werden.
 
Und bei Tacitus steht Annalen II.Buch (88): "Die griechische Geschichtsschreibung, die nur die eigenen Taten bewundert, kennt ihn nicht, und bei den Römern spielt er nicht die ihm gebührende Rolle, da wir die alte Geschichte rühmend hervorheben und der neuen gleichgültig gegenüberstehen.":winke:
Das dürfte doch die Erklärung dafür sein.


Das ist der Seitenhieb des Tacitus. Ein Beleg für eine jahrhundertelange Arminius-Erzähltradition läßt sich auch hieraus nicht hervorzaubern.



Ferner haben die Germanen (Elb-Weser-Germanen) bis zum ca.5.Jh. u.a. auch antike Fabelwesen auf ihren Gegenständen dargestellt. Die Germanen haben in Bildern gelesen. Bestimmte Darstellungen ( z.B. von Tieren) waren Symbole für eine bestimmte bekannte Geschichte, die mündlich überliefert wurde. Es hat bei den Germanen keine individuellen Bilder einer bestimmten Person gegeben, somit hat sich auch kein Anführer bzw. Adliger verewigt.
Es gab eine gemeinsame Darstellung von Tierbildern bis in das 7.Jh.. Die Wikinger entwickelten dann einen eigenen Stil. Aber die einzelnen Ausführungen der Tierstile würde hier zu weit gehen.


Niemand hat Ausführungen über die einzelnen Tierstile verlangt. Ich habe ganz konkret nach einer Darstellung eines Drachenkampfes gefragt.


In den verschiedenen Ausführungen wird u.a. von einem Lindwurm berichtet und nicht von einem Drachen


Die genauen Unterschiede zwischen Drachen und Lindwürmern wollen wir den Kryptozoologen überlassen.
Dann brauchen wir nicht zu streiten, ob diese beiden Begriffe hier austauschbar oder synonym sind...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hyokkose,
Du hast meine Darstellung der Soslan- Sage gelesen und findest keine Ähnlichkeit mit "Siegfried"?? Nur weil Soslan keinen Drachen tötet ?


Das habe ich nicht geschrieben. Wie gesagt, habe ich die Soslan-Sage überhaupt nicht kommentiert.


Und wieso spricht es gegen Dumézils Theorien, dass Sagenmotive Sprachgrenzen überschreiten??


Meiner Einschätzung nach muß ist bei Dumézil immer kritisch zu prüfen, ob die von ihm herausgearbeiteten Strukturen das Prädikat "indogermanisch" verdienen oder ob es sich eher um Allerweltsstrukturen handelt.
 
Umso deutlicher ist der Kontakt zwischen Germanen und Römern ab spätantiker Zeit. Bei so viel Reibungspunkten und der noch späteren Überlieferung des Saxo Grammticus oder der Edda sollte zumindest noch ein Nebensatz drin sein, wenn denn derartiges eine so große Rolle spielte. Ist aber nicht.
Und schon gar nicht in einem "großgermanischen Kontext".

Ich hatte doch beschrieben, daß die Germanen eine Bildersprache verwendeten. Wieso sollten sie daher den Römern ihre Geschichten und Sagen mitteilen, die vielleicht schon stilisiert waren? Die Römer haben ja auch nicht die keltische Stammesgeschichte aufgezeichnet.

Und in der Edda steht doch die Geschichte "Das Lied von Fafner": "Siegfried fuhr heim zu Hilserich, da trieb Reigin ihn an, den Fafner zu töten. Und beide gingen hinaus auf die Gnitaheide und fanden die Spur des Lindwurms, worauf er zum Wasser zu kriechen pflegte...."
 
Ave zusammen,

Hyokkose schrieb:
...Die Arminius-Erzähltradition ist verschwunden. Ob das 100 Jahre nach Tacitus, 50 Jahre nach Tacitus oder möglicherweise noch während Tacitus daran schrieb (hier handelt es sich ja in erster Linie um einen Seitenhieb auf seine griechisch-römischen Zeitgenossen!), wird sich nicht feststellen lassen....


Nun es gibt ja zwei Erzähltraditionen:
(a) Arminius und (b) Siegfried.

Die Arminiustradition ist eine schriftliche, rein römische und geht bis mindestens ins dritte Jahrhundert (Dio). Sie endete also keinesfalls unter Tacitus!

Die Siegfried/Sigurd/Seyfrrid-Erzähltradition dagegen ist eine rein germanische, und praktisch nur mündliche, und von der römischen auch völlig getrennt gewesen.

Die entscheidende Frage ist halt: Meinten beide Erzähltraditionen ursprünglich dieselbe historische Person? Ohne weitere epigraphische/literarische Belege kann man es nicht sicher sagen. Aber es gibt handfeste Gründe, dies anzunehmen, und die brauchen wir nicht zum fünfzigstenmal zu wiederholen.

P.S.: Hast du überhaupt mal den Giesebrecht oder Mone gelesen? Hat dass hier überhaupt jemand getan? Klappt das mit dem Link? Scanne ich den ganzen Krempel und mache mir die Mühe nur für die Katz?


Hyokkose schrieb:
...Feststellen läßt sich, daß weder Römer noch Griechen noch Franken noch Angelsachsen noch Deutsche irgendeinen Beleg hinterlassen haben, weder in Form einer Erzählung, noch in Form eines winzig kleinen Hinweises von der Länge eines Nebensatzes.....


Es gibt den Beowulf, die Edda, das Nibelungenlied. Und es gibt die gotländischen Bildsteine, die die Siegfried-Story wiedergeben. All die haben nichts mit Drachen aus dem Kaukasus zu tun.

Hyokkose schrieb:
...daß die Existenz einer jahrhundertelangen Arminius-Erzähltradition weitaus schlechter belegt ist als z. B. die Existenz feuerspeiender Drachen......


Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier der eine oder andere tatsächlich an Drachen glaubt. Drachen und vergleichbares Getier sind reine Symbolik, sie kommen in verschiedenen Kulturen vor. Sie dienen lediglich der Versinnbildlichung einer grossen Gefahr, die dann regelmässig vom gerade zuständigen Helden erledigt wird.

Von irgendeinem Drachen auf Siegfried im Nibelungenepos schliessen zu wollen ist daher nicht zielführend. Man kann lediglich die Frage stellen, hatte der Held XYZ eine Historie, die die Versinnbildlichung durch einen Drachen rechtfertigt oder nicht?


Aus anachroner Sicht lassen sich beliebig viele Geschichten finden, die man nach gutdünken mit dem NL verbinden mag. Eine einigermassen dichte Erklärung des NL kann nur eine diachrone Erklärung, aus der Zeit heraus, finden. Und wie das geht haben schon Mone und Geisebrecht gezeigt, nur wenn man die nicht gelesen hat, erübrigt sich auch die weitere Diskussion. Erst recht über kaukasische Drachen.

Beste Grüsse, Trajan.
 
.
( Ob übrigens die "Gothonen" wirklich Goten waren lasse ich dahingestellt. Die Römer dürftrn von ihnen durch Kelten gehört haben und keltisch (Bretonisch) sind "Coedones" =Waldbewohner.)

Was haben denn jetzt die Kelten mit der Sache zu schaffen?:grübel:
Wenn die Römer etwas über diese Gotonen erfahren haben, dann nicht über die weiter westlich bzw. südlich wohnenden Kelten, sondern durch andere germanische Stämme. Schließlich hatten die Römer Kontakt zu den Markomannen und diese wiederum zu den Gotonen.

Diese ganze etymologische Behandlung führt nicht weiter. Nur weil einige Wörter ähnlich klingen bzw. geschrieben werden, kann man nicht alles durcheinander werfen. Ein Gotone war mit Sicherheit kein "Waldbewohner" im keltischen Sinne, sondern schlichtweg ein Gote!
 
Die Arminius-Erzähltradition ist verschwunden. Ob das 100 Jahre nach Tacitus, 50 Jahre nach Tacitus oder möglicherweise noch während Tacitus daran schrieb (hier handelt es sich ja in erster Linie um einen Seitenhieb auf seine griechisch-römischen Zeitgenossen!), wird sich nicht feststellen lassen.

Nun es gibt ja zwei Erzähltraditionen:
(a) Arminius und (b) Siegfried.

Die Arminiustradition ist eine schriftliche, rein römische und geht bis mindestens ins dritte Jahrhundert (Dio). Sie endete also keinesfalls unter Tacitus!

Ich denke, Hyokkose sprach von dem von Cherusker zitierten taciteischen Hinweis, dass der Sieg über Varus noch immer besungen wurde, nicht über die historiographische Tradition der Römer:

Mit den Taten des Arminius hatten die Germanen genügend Stoff, um sich damit jahrhundertelang zu unterhalten (siehe auch Tacitus II.Buch (88):"...und noch immer besingt man ihn bei den barbarischen Völkern.")

Daraufhin entgegnete Hyokkose zurecht:

Nur ist das auch schon der letzte Beleg für eine germanische Arminius-Erzähltradition, wenige Jahrzehnte nach dem Tod des Helden. Von "Jahrhunderten" kann hier gar keine Rede sein. Und letztlich hat sich vom historischen Arminius-Stoff so gut wie nichts erhalten.

Cherusker will aber noch den sehr unpräzisen Hinweis Einhards als Beleg für die Tradierung sehen - nur leider wissen wir nicht, wie alt die von Karl gesammelten Sagen wirklich waren und was ihr Inhalt war:

Allerdings soll Karl der Große heidnische Erzählungen gesammelt haben, die dann später aber vernichtet worden sein sollen.
 
An Trajan, Cherusker und den Ritter von la Mancha

Trajan:
Die klassische Antike kannte wohl Riesenschlangen und Chimären, aber keine "Drachen". Im fernen Osten sind Drachen wohltätig. laut der Thidreksage waren es die Warâger, die, wenn nicht die Drachengeschichte an sich, so doch den Namen "Fafnir" bekannt machten. Die Herkunft des Fafnir-Schatzes aus dem Lösegeld fûr einen Otter-Mord verweist auf die von mir auch zitierte Hochschätzung dieses Tieres bei den Medern.
Und warum sich auf die Drachen-Geschichte versteifen. Ich habe noch anderes Material geliefert.
Cherusker
Also Gotonen sind schlicht Goten? Aber der Suffix kommt bei Kelten; Germanen und Slaven vor: Onen, anen, janen. Und im Gegensatz zu den germanischen '-ingen", die immer einen Personen-Namen voraussetzen, sind die sicher identifizierbaren Radikale der "-onen" halt geographische Begriffe: Britonen in der Britia, Oxionen (Tacitus) an der . Oka (bei Moskau)
Pomorjanen =po Morje=vor dem Meer,
Poljane <Pole=Feld ,
Ezerjane<ozero=See;
und Anderswo:
Pictones im Poitou,
Santones in der Saintonge
Und der Name "Vascones" fûr die Basken ist bestimmt so eine Fremdbezeichnung, auch wenn wir "Vasc" nicht kennen, denn sie nennen stch eigentlich "Euzkaldunak".
Quijote
Ich glaube nicht dass die von Einhard erwähnten Sagen verwandt mit unseren Dietrich-oder Nibelungensagen waren, sondern eher den Chansons de Geste:
" Vier Haimonskinder", Rolandslied , etc.
Die Mehrzahl spielt in Südfrankreich, wo im Languedoc und in der Provence ein starker gotischer Einfluss vorhanden war. Weil der bigotte Luwig das manuskript vernichtete waren die Lieder aber noch lange nicht verloren.Nur wurden mit der Zeit die "Chansons de Charlemagne" zu Liedern über ihn. Er trat an die Stelle der ursprünglichen Sagenkönige, und deswegen trägt er in diesen Gedichten Vollbart, was der wirkliche Karl nie tat, und hat dauernd mit seinem Adel Streit, was auch ahistorisch ist.
Übrigens finden sich auch in diesen Liedern Elemente, die aus der gotisch-alanischen Welt stammen.
Boiorix
,
 
Ich hatte doch beschrieben, daß die Germanen eine Bildersprache verwendeten. Wieso sollten sie daher den Römern ihre Geschichten und Sagen mitteilen, die vielleicht schon stilisiert waren? Die Römer haben ja auch nicht die keltische Stammesgeschichte aufgezeichnet.
Nun ja, einen nicht unerheblichen Teil keltischer Stammesdefinitionen und einiger historischer Bestandteile finden wir doch in den römischen Quellen wieder, wenn auch nur dann wenn es die römischen Angelegenheiten streifte.

Wenn wir jedoch dieser Aussage folgen, hieße das ins reine Geschrieben: was die Germanen niederlegen konnten, schriftlich oder bildlich, haben sie niemandem erzählt... Das ist denke ich nicht in deinem Sinne zu äußern.
Die Verschmelzung und damit der Austausch zwischen germanischer und römischer Kultur insbesondere an den Rheingrenzen steigert sich in den nachchristlichen Jahrhunderten bis zum Höhepunkt germanischer Machtentfaltung über den römischen Thron. Wenn hier kein Raum zum Austausch im kleinen wie im großen Bestand müßten die Germanen gegenüber Römern und Gallo-Römern, mit denen sie z.T. dienten, mächtig Schweigsam gewesen sein.
Die von dir angesprochenen bildlichen Hinterlassenschaften profitierten ja nicht zuletzt von diesem Austausch.


Und in der Edda steht doch die Geschichte "Das Lied von Fafner": "Siegfried fuhr heim zu Hilserich, da trieb Reigin ihn an, den Fafner zu töten. Und beide gingen hinaus auf die Gnitaheide und fanden die Spur des Lindwurms, worauf er zum Wasser zu kriechen pflegte...."

Das hatten wir bereits. In dieser Form unterschlägst du die Geschichte mit dem monsterhaften Bruder der von Loki getötet wurde, was die Geschichte wiederum weiter entfremdet und eine Urheberschaft unwahrscheinlicher macht, mal ganz abgesehen von den Ungereimtheiten, die bereits diese Stelle mit sich bringt...
 
Es gibt den Beowulf, die Edda, das Nibelungenlied. Und es gibt die gotländischen Bildsteine, die die Siegfried-Story wiedergeben. All die haben nichts mit Drachen aus dem Kaukasus zu tun.
Wobei die genannten Erzählungen aus einer anderen temporalen Begrenzung stammen, als den von Hyokkose einbezogenen.

Drachen und vergleichbares Getier sind reine Symbolik, sie kommen in verschiedenen Kulturen vor. Sie dienen lediglich der Versinnbildlichung einer grossen Gefahr, die dann regelmässig vom gerade zuständigen Helden erledigt wird.

Das ist falsch.
In verschiedenen Kulturen sind Drachen auch Symbole oder Personifikationen des Glückes oder der Tapferkeit oder anderer Attribute.
Im chinesischen haben sie sogar Einzug gehalten in die Philosophie.
Mitunter sind sie auch reine Mythenfiguren, die für sich selbst stehen.
Die heutige Fantasyliteratur benutzt sie keineswegs als Symbolik sondern als Element der jeweiligen Erzählung, mitunter sogar als handelnde Figuren.

In der römischen Kultur hielt der Drache z.B. Einzug als eben solcher, vermutlich aus dem Osten stammend, brachte er es sogar bis zum Feldzeichen.
Über die Form des Carnyx der Kelten könnte hier nebenbei ebenfalls gesprochen werden...
 
Ave,

....In verschiedenen Kulturen sind Drachen auch Symbole oder Personifikationen des Glückes oder der Tapferkeit oder anderer Attribute....


Klaro, aber eben reine Symbolik. Und deswegen zur anachronen Rückverfolgung ziemlich ungeeignet. Nur aus diachroner Sicht werden sie für die im Raume stehende Frage interessant.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Ich glaube nicht dass die von Einhard erwähnten Sagen verwandt mit unseren Dietrich-oder Nibelungensagen waren, sondern eher den Chansons de Geste:
" Vier Haimonskinder", Rolandslied , etc.
Die Mehrzahl spielt in Südfrankreich, wo im Languedoc und in der Provence ein starker gotischer Einfluss vorhanden war.

Die Haimonskinder kenne ich nicht. Der historische Hintergrund des Rolandsliedes ist aber die Regierungszeit Karls, also kaum damit zu identifizieren, was Einhard meint:

Vita Karoli Magni schrieb:
Item barbara et antiquissima carmina, quibus veterum regum actus et bella canebantur, scripsit memoriaeque mandavit. Außerdem befahl er die barbarischen und ältesten Gedichte/Lieder in denen die Taten und Kriege der alten Könige besungen wurden aufzuschreiben und zu erinnern.
Originaltext von http://www.fh-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost09/Einhardus/ein_ka00.html
Übersetzung von mir.
Zudem ist der Rolandsepos dermaßen fern von den historischen Gegebenheiten, dass wir kaum davon ausgehen können, dass er nur wenige Jahre nach Rolands Tod schon entstanden war.

...und deswegen trägt er in diesen Gedichten Vollbart, was der wirkliche Karl nie tat, und hat dauernd mit seinem Adel Streit, was auch ahistorisch ist.
Woher weißt Du so genau wie Karl aussah?
 
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