Mal eine ganz andere Idee: Wirkt "Russe" vielleicht deshalb geringschätziger, weil sich Russe viel leichter abwertend aussprechen lässt, als Franzose oder Engländer? Das Wort ist einfach so schön kurz. Pole kann ich auch herablassend sagen, aber die meisten anderen Nationalitäten sind zu lang um direkt als Beleidigung eingesetzt zu werden und werden deshalb erst verkürzt. Amerikaner zu Ami, Japaner zu Japse.
Das ist eine schöne Idee, die sich mit meinen Gedanken über Vornamen deckt.
Ein einsilbiger Name wird auf 2 Silben verlängert und drei-und mehrsilbige Vornamen werden im täglichen Gebrauch auf 2 Silben gekürzt.
Insofern sind Bezeichnungen wie Russe, Ami, Franzmann, Pole, Türke wertneutral die umgangssprachlichen "Vornamen" uns vertrauter, weil nahestehender Völker oder sogar Vielvölkerstaaten.
Umgangssprachlich wohnen die Amis ja auch nicht mehr in den USA sondern in Amiland. Und der Nachkriegs-Tommy wurde zu Brite, jedenfalls höre ich Engländer nur noch selten.
Die Inhalte, wie sie @Hamburger beschrieben hat, mögen teilweise zwar unterbewußt noch vorhanden sein, mögen auch abwertende Klischees, also Schimpfwörter, für ganze Völker sein, trotzdem kommt es im Einzelfall immer darauf an, mit welcher Betonung = Absicht der Begriff verwendet wird.
Dazu fällt mir der Kindermundwitz ein: Mutter verbietet dem Dreijährigen die Verwendung von "bösen" Worten, Kind kennt éh noch keine richtigen Schimpfwörter und beschimpft die große Schwester im Brustton voller Überzeugung mit "Nadine, Du Auto", auch ein zweisilbiges Wort, übrigens. :winke: