"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Reinhard Wolters spricht die über 700 Thesen zum Ort er Varusschlacht an, die sich in 4 Regionen gruppieren lassen. Ein Großteil dieser Theorien basiert auf einer hanebüchenen Interpretation der römischen Quellen. Mommsen z.B., der Barenau bzw. Kalkriese favorisierte, stellte die geographischen Angaben des Tacitus in den Hintergrund und hielt sich hauptsächlich an die topoi-beladenen Schilderungen des Cassius Dio.

Schön, dass du Mommsen einer hanebüchenen Quelleninterpretation beschuldigst.

Er vertrat einen Marsch des Varus vom Sommerlager an der Weser bei Minden nach Westen bis zum Gut Barenau (da an diesem Ort seit Jahrhunderten römische Münzen zutage traten.) Diese Version hält sich auch heute noch hartnäckig in vielen Köpfen.

Sie ist immerhin durch die Quellen abgedeckt. Warum man die Angaben des Cassius Dio komplett ignorieren darf, hat mir noch niemand richtig erklären können. topoi-belastet muss nicht gleichbedeutend sein damit, dass da alles falsch ist!

Wer Cassius Dio beiseite legt und die Annalen des Tacitus liest, kommt unweigerlich in eine andere Gegend (und zwar in die Nähe der Oberläufe von Ems und Lippe).

Von wo aus der saltus t. nicht weit entfernt ist (was ist nicht weit?) und wo die Varuslegionen untergegangen sind. Dies muss aber dann nicht mehr zwingend in direkter Nähe von Ems und Lippe sein (vgl. das Alpenbeispiel und die Entfernung von Matterhorn nach München), sondern kann fast 'sonst wo' sein. Es ist nicht so eindeutig, wie du es haben willst. Und nicht so einfach.

Woher wissen wir eigentlich, dass Tacitus zuverlässiger ist, als Cassius Dio? Nur weil er 100 Jahre näher am Geschehen ist?
Dieses Gebiet verfügt über die absolut meisten Vorschläge, ohne dass bisher jedoch nennenswerte archäologische Spuren auftraten. Da Metallsonden aber erst seit ca. 20 Jahren allgemein in Gebrauch sind, dürfte erst ein Bruchteil der Flächen untersucht sein.

Naja, dann kannst du ja noch Hoffnung haben.



Irrtum. Es funktioniert, wenn man Cassius Dio in die Hand nimmt und Tacitus beiseite legt. Dann kommt man auch nach Kalkriese oder sonst wohin, da die einzige geographische Angabe des Cassius Dio „Weser“ lautet. Der Interpretationsspielraum ist also erheblich größer. Stützt man sich dagegen auf Florus, so kann man u.U. die These einer „Lagerschlacht“ vertreten.

Und wenn ich Tacitus und Cassius Dio zusammen nehme? Warum immer nur entweder die eine Quelle oder die andere? Dann ist die Nordland-Theorie eine günstige, aber auch die Lippe-Theorie wäre durch beide Quellen abgedeckt. Schlechter siehts natürlich mit Münsterländer oder Südtheorie aus. Da bekommt man bei der Berücksichtigung beider Quellen Probleme.
 
Von wo aus der saltus t. nicht weit entfernt ist (was ist nicht weit?) und wo die Varuslegionen untergegangen sind. Dies muss aber dann nicht mehr zwingend in direkter Nähe von Ems und Lippe sein (vgl. das Alpenbeispiel und die Entfernung von Matterhorn nach München), sondern kann fast 'sonst wo' sein. Es ist nicht so eindeutig, wie du es haben willst. Und nicht so einfach.

Begreif doch endlich, dass deine Strategie, das halbe nordwestdeutsche Mittelgebirge zum saltus teutoburgiensis zu erklären, keinen Sinn macht.
Germanicus befand sich 15 n.Chr. zwischen Ems und Lippe und hätte nicht nur ca. 70 km zurücklegen, sondern auch noch zwei Bergzüge überqueren müssen, wenn er von dort nach Kalkriese nördlich des Wiehengebirges hätte marschieren müssen. Davon steht nichts in den Quellen und ich bitte dich nochmals, nichts hinein zu lesen, was dort nicht steht!!!

Warum man die Angaben des Cassius Dio komplett ignorieren darf, hat mir noch niemand richtig erklären können. topoi-belastet muss nicht gleichbedeutend sein damit, dass da alles falsch ist!
Gut, dann erkläre ich es dir hiermit:
Es mag dir entgangen sein, aber Cassius Dio schildert eine Schlachtbeschreibung OHNE geographische Angaben. Insofern passt seine Beschreibung, im Gegensatz zu jener von Tacitus, auf viele Gegenden.

Nicht einmal die topographische Beschreibung passt auf die Kalkriese-Theorie, da der Weg von der Weser nach Kalkriese nicht den topographischen Gegebenheiten („die Berge ohne Täler waren nämlich von Schluchten durchzogen“, Cassius Dio LVI, 20,1) des Cassius Dio entspricht.
 
Begreif doch endlich, dass deine Strategie, das halbe nordwestdeutsche Mittelgebirge zum saltus teutoburgiensis zu erklären, keinen Sinn macht.

Aus deiner Sicht nicht, klar.
Germanicus befand sich 15 n.Chr. zwischen Ems und Lippe und hätte nicht nur ca. 70 km zurücklegen, sondern auch noch zwei Bergzüge überqueren müssen, wenn er von dort nach Kalkriese nördlich des Wiehengebirges hätte marschieren müssen. Davon steht nichts in den Quellen

Es steht auch nichts davon in den Quellen, wo sich Germanicus genau befunden hat, als er bei den äußersten Brukterern war und alles Gebiet zwischen Lippe und Ems verwüstet hatte. Tacitus liefert eine sehr komprimierte Darstellung und keine genaue Beschreibung.
und ich bitte dich nochmals, nichts hinein zu lesen, was dort nicht steht!!!

Das sagt du? :still:
Gut, dann erkläre ich es dir hiermit:
Es mag dir entgangen sein, aber Cassius Dio schildert eine Schlachtbeschreibung OHNE geographische Angaben.

Ja. Und deswegen darf man seine Angabe vom Ausgangspunkt des Varus ignorieren?
Insofern passt seine Beschreibung, im Gegensatz zu jener von Tacitus, auf viele Gegenden.

Was den Ort der Schlacht angeht, vielleicht. Aber mit den genauen topographischen Angaben ist das ja auch so eine Sache. Viele Leute meinen ja, dass Kalkriese der Ort der pontes longi gewesen sein soll, weil die Beschreibung des Tacitus so gut auf die Gegebenheiten vor Ort passt. Und dennoch kann Kalkriese nach Tacitus nicht der Ort der pontes longi sein.
Nicht einmal die topographische Beschreibung passt auf die Kalkriese-Theorie, da der Weg von der Weser nach Kalkriese nicht den topographischen Gegebenheiten („die Berge ohne Täler waren nämlich von Schluchten durchzogen“, Cassius Dio LVI, 20,1) des Cassius Dio entspricht.
Tja, die topographischen Angaben könnten ja deine geliebten topoi sein.

Also mir ist immer noch nicht klar geworden, warum du die Aussage vom Ausgangspunkt an der Weser ignorieren darfst.
 
Begreif doch endlich, dass deine Strategie, das halbe nordwestdeutsche Mittelgebirge zum saltus teutoburgiensis zu erklären, keinen Sinn macht.
Germanicus befand sich 15 n.Chr. zwischen Ems und Lippe und hätte nicht nur ca. 70 km zurücklegen, sondern auch noch zwei Bergzüge überqueren müssen, wenn er von dort nach Kalkriese nördlich des Wiehengebirges hätte marschieren müssen. Davon steht nichts in den Quellen und ich bitte dich nochmals, nichts hinein zu lesen, was dort nicht steht!!!
Erstens, es hat keinen Sinn.

Zweitens: Du liest doch auch die Quellen wie DU willst. Ich sehe bei tela eher, dass er kritischer damit umgeht und lieber die Quellen weiter als enger fässt.
Für manch mögen 70 km viel, für manchen wenig sein. Ich dachte eigentlich darum geht es in der ganzen Diskussion, wobei ihr beide aber nicht weiter kommt, weil ihr auch bloß keine Quellen findet, welche Haud pocoul nun wirklich fassbarer machen. Ich selber bin da im Zweifel, ob das denn möglich ist, denn jeder meint doch aus seinem Erfahrungsschatz heraus mit "nah" und "fern" etwas anderes. Für den Bauern, der vielleicht kaum ein paar Kilometer weit von seiner Scholle kam, waren 5 km vielleicht fern und 1 km unweit. Ein Soldat wiederum oder nehmen wir einen Fernhändler, der viel auf Achse war, der wird Distanzen doch ganz anders vergleichen.
:grübel:
 
wobei ihr beide aber nicht weiter kommt, weil ihr auch bloß keine Quellen findet, welche Haud pocoul nun wirklich fassbarer machen.

Genau. Wie weit ist haud procul? Wie ausgedehnt war der saltus t.? Wo befand sich Germanicus, als ihn das Verlangen überkam? All das ist aus Tacitus nicht so eindeutig zu entscheiden, wie es uns Nicole einzureden versucht.

Es ist ja nicht so, dass ihre Interpretation absolut abwegig ist. Störend ist nur der Alleinvertretungsanspruch, den sie für ihre Theorie erhebt und der zwanghafte Versuch Kalkriese als Ort der Varusschlacht aufgrund der Quellen zwingend auszuschließen.

Man kann die Quellen so interpretieren, dass das Quellgebiet der Lippe als Ort herauskommt, aber es ist nicht die einzig mögliche Interpretation. Genau das gleiche gilt für Kalkriese.

Und da du, Briso, wirklich Recht hast, dass die Diskussion nichts mehr bringt, nicht weiterführt und aufgrund der Angaben in den Quellen auch nicht weiterführen kann, endet hiermit für mich die Diskussion über das haud procul. Nicole wandert auf die Ignore-Liste und kann dann meinetwegen schreiben, was sie will. Ich brauchs ja nicht mehr lesen.

In diesem Sinne :winke:
 
Du liest doch auch die Quellen wie DU willst.
Selbstverständlich lese ich sie, wie ich will und zwar von links nach rechts. Machst Du das anders? Du meintest wohl, ich INTERPRETIERE sie, wie ich will. Selbstverständlich ist das so.


Für manch mögen 70 km viel, für manchen wenig sein….
Wie weit „haud procul“ ist, ist die eine Frage. Manche mögen diesen Begriff arg strapazieren, das spielt aber keine Rolle.
Nach den Angaben des Tacitus befindet sich das Land zwischen Ems und Lippe nicht weit vom saltus teutoburgiensi. Und damit ist wohl das Gebiet zwischen den Oberläufen gemeint. Es wäre vollkommen egal, wo sich Germancius derweilen befand, da sich die Position des Landes nicht verändert. Einverstanden?
Da er das Land aber verwüstete, so wird er sich auch in diesem Gebiet aufgehalten haben.

Von diesem Standort aus hätte er ca. 70 km und zwei Bergzüge überwinden müssen, um Kalkriese zu erreichen, aber davon steht bei Tacitus nichts.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
70 km sind ca. zwei Tagesmärsche unter Kriegsbedingungen, die "Bergzüge" sind nach europäischem Standard eher untere Mittelgebirge. Für einen schnelleres Reisen gewohnten Tacitus kann das durchaus nicht unweit sein.
 
70 km sind ca. zwei Tagesmärsche unter Kriegsbedingungen,.
In Germanien und mit acht Legionen? Ich glaube, da irrst du dich.

die "Bergzüge" sind nach europäischem Standard eher untere Mittelgebirge. Für einen schnelleres Reisen gewohnten Tacitus kann das durchaus nicht unweit sein.
Es geht nicht um Tacitus. Er war nicht im Heer des Germanicus dabei. :weinen:
Das Überqueren deiner "unteren Mittelgebirge" taucht aber in der Textpassage nirgends auf.
 
70 km sind ca. zwei Tagesmärsche unter Kriegsbedingungen, die "Bergzüge" sind nach europäischem Standard eher untere Mittelgebirge. Für einen schnelleres Reisen gewohnten Tacitus kann das durchaus nicht unweit sein.
Fragt sich aber, ob er übertrug. Woher sollen wir das wissen?

1.
Es geht nicht um Tacitus. Er war nicht im Heer des Germanicus dabei.
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Das Überqueren deiner "unteren Mittelgebirge" taucht aber in der Textpassage nirgends auf.
1.
Und wer hat den Text verfasst? Ich denke schon, dass Tacitus aus seinem eigenen Blickwinkel schrieb.

2.
Achso, na dann meinte er wohl die Alpen(?).:rofl:

Womit wir zum nächsten Punkt kämen, was würde ein Tacitus Berge nennen?
Ich war mal am Kiekeberg bei Hamburg und sah weit und breit, als Freiburger, keinen Berg. Man kann freilich mit alledem vorsichtig umgehen. Tacitus war, wie Nicole H. richtig bemerkte nicht dabei. Derjenige von dem er davon erfuhr könnte auch eine genauere Angabe als "unweit" gemacht haben, was Tacitus mit seinen Augen aber als "unweit" deutete. Oder aber er übertrug direkt ein "unweit", das er vernahm in sein Werk. Ich finde da ist alles offen, wir wissen es einfach nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann mich nur an den Quellen orientieren und in denen wird in Bezug auf die Varusschlacht zweimal die Lippe erwähnt. Was der saltus teutoburgiensis ist, wissen wir nicht. Aber dass mit Lupia die Lippe gemeint ist, dürfte doch wohl klar sein, oder nicht?

Tac Ann. I, 61:
"Dann führte er sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet."

Tac. II, 7:
„Er (Germanicus) selbst führte auf die Nachricht, das an dem Fluss Lupia angelegte Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin. (…) Und auch dem Caesar gaben die Belagerer keine Gelegenheit zu einem Kampfe. Sie verschwanden bei der Kunde von seinem Erscheinen. Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus erbauten Altar zerstört.“



Meines Erachtens kann man den Textpassagen entnehmen, dass die Lippe bei der Beschreibung zur Lokalisierung des Varusschlachtfeldes eine Rolle spielte.
 
70 km sind ca. zwei Tagesmärsche unter Kriegsbedingungen, die "Bergzüge" sind nach europäischem Standard eher untere Mittelgebirge. Für einen schnelleres Reisen gewohnten Tacitus kann das durchaus nicht unweit sein.

Bei einer Entfernung von 70 Kilometern hätte ich auch Mühe, das noch als "haud procul" anzusehen. Die Legionen sind ja nicht auf ausgebauten Römerstraßen marschiert. Auch die vorhandenen Wege waren nicht nach römischen Maßstäben ausgebaut. Es dürfte sich eher um Trampelpfade gehandelt haben, die ganzjährig passierbar waren. Kalkuliert man dann noch ein, dass jeder Legionär bis zu 40 Kilo Ausrüstung schleppen musste, wären 35 Kilometer pro Tag eine Ehrfurcht gebietende Marschleistung.

Woher Tacitus die Angabe "haud procul" hatte? Ich denke, er hat die Strecke nicht persönlich zurückgelegt. Die Angabe beruht folglich nicht auf seiner eigenen Einschätzung. Er wird sich vielmehr auf Berichte von Teilnehmern des Feldzugs gestützt haben, auf die er noch Zugriff hatte. Zu vermuten ist, dass in diesen Berichten keine Kilometer- oder Meilenangaben gemacht wurden, da sich Entfernungen in unwegsamem Gelände nur schwer schätzen lassen. Ich würde eher vermuten, dass in diesen Berichten mit "Wegstunden" oder dergleichen operiert wurde. Um ein konstruiertes Beispiel zu nennen: Entscheidend war, ob eine Legion den Weg zu einem bestimmten Ziel an einem Tag zurücklegen und dann sofort in den Einsatz gehen konnte oder ob und wie oft sie unterwegs lagern musste. Gefühlsmäßig würde ich auch sagen, dass die Kommandeure (und damit auch Tacitus) nicht mehr von "haud procul" gesprochen hätten, wenn die Entfernung einen, höchstens zwei Marschtage überstiegen hätte. Also 40, mit gutem Willen 50 Kilometer.

Von diesem Standort aus hätte er ca. 70 km und zwei Bergzüge überwinden müssen, um Kalkriese zu erreichen, aber davon steht bei Tacitus nichts.

Dann hätte er auch schon ungefähr 70 Kilometer und zwei Höhenzüge überwinden müssen, um den von Dir postulierten Standort überhaupt zu erreichen. Auch davon steht bei Tacitus aber nichts. Zur Erinnerung: Du warst es, die immer wieder behauptet hat, Germanicus sei von der Ems gekommen und nach Südosten marschiert. Und die Ems fließt in nur etwa 40 Kilometer Entfernung an Kalkriese vorbei. Höhenzüge zwischen Fluss und Schlachtfeld sind mir nicht bekannt. Und viel weiter südlich dürfte die Ems kaum schiffbar gewesen sein.

Wäre es denkbar, dass das Operationsgebiet der Legionen sehr viel weiter nördlich gelegen hat als wir bisher vermuten?
Vielleicht in Holland? :still:
Du argumentierst erfrischend sachlich :devil:.
Ich dachte mehr an eine Region und weniger an einen Punkt auf der Landkarte. Denken wir zum Beispiel mal an den Raum nördlich der Lippe und südlich der Linie Hannover-Rheine. Kalkriese und Barkhausen liegen schon in der Nähe dieser gedachten nördlichen Grenze. Nur damit da nicht wieder was hineininterpretiert wird: Ich rede von der Okkupationsphase, also vom Zeitraum zwischen den Drususfeldzügen und der Varusniederlage. Viel weiter nördlich würde ich die Linie nicht ansetzen, da Varus auf seinem letzten Marsch zu einem "aufständischen" Stamm wollte, der "weit entfernt" wohnte. Aus "aufständisch" kann man schließen, dass jener Stamm sich innerhalb des Gebiets befunden hat, das Rom für sich beansprucht hat. Aus "weit entfernt" kann man schließen, dass sich das Wohngebiet jenes Stammes an der Grenze des Okkupationsgebiets befunden hat. Und egal ob Kalkriese nun der Varusschlacht (meine Meinung) oder der Schlacht bei den Pontes longi (immer wieder von Dir angedeutet) zugerechnet werden kann: In beiden Fällen müsste man den Schluss ziehen, dass das Okkupationsgebiet sich bis zu der von mir vorgeschlagenen Linie Hannover-Rheine erstreckte.

Das Schlachtfeld am Harzhorn steht damit zwar nicht direkt in Zusammenhang. Es belegt aber, dass die Römer selbst 200 Jahre später noch weiter nördlich und östlich als bisher angenommen Krieg geführt haben.

MfG
 
Meines Erachtens kann man den Textpassagen entnehmen, dass die Lippe bei der Beschreibung zur Lokalisierung des Varusschlachtfeldes eine Rolle spielte.

Mehr aber auch nicht :fs:

Tac Ann. I, 61:
"Dann führte er sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet."

Allein diese fett hervorgehobene Passage ist bei genauer Betrachtung äußerst unpräzise, besagt sie doch nicht mehr als die Beschreibung eines Großraums zwischen beiden Flüssen. Das kann ergo in einem Bereich von etwa 50% des (heutzutage so spezifizierten) Naturraums D34 fast alle möglichen Orte/Kleinregionen umfassen und ist damit ähnlich "präzise" wie eine Angabe a la "zwischen Mulde und Elbe", die von Teilen der Leipziger Tieflandsbucht bis zu den Kammlagen des Erzgebirges reichen kann - vgl. dazu die bereits verlinkte Naturraumkarte
 
Dann hätte er auch schon ungefähr 70 Kilometer und zwei Höhenzüge überwinden müssen, um den von Dir postulierten Standort überhaupt zu erreichen.
Um von der Ems zur Lippe zu marschieren muss man zwei Höhenzüge überwinden? Das wäre mir neu.

In beiden Fällen müsste man den Schluss ziehen, dass das Okkupationsgebiet sich bis zu der von mir vorgeschlagenen Linie Hannover-Rheine erstreckte.
Die Schlussfolgerung ist falsch. War das Gebiet nördlich der Linie Hannover-Rheine etwa nicht okkupiert? Was ist mit Friesen und Chauken? Laut Tacitus gab es dort sogar noch nach der Varusschlacht (also zwischen 9 und 14) ein römisches Lager.
 
Mehr aber auch nicht :fs:

Eine Bemerkung (nur weil ich Nicole ignoriere, kann ich ja dennoch auf andere antworten):

Die Lippe spielt eine Rolle, genauso aber auch die Ems (warum wird die eigentlich kaum erwähnt? Weil die zu nahe an Kalkriese vorbeifließt?) die bedeutendere spielt aber der saltus t., von dem wir aber nicht wissen, was sich dahinter verbirgt.

Und wir wissen nicht, was sich hinter haud procul in diesem Zusammenhang verbirgt.

Und wir wissen nicht, wo sich Germanicus genau befand, als das Verlangen erwachte das Varusschlachtfeld zu besuchen (und ja, das ist wichtig, denn wenn er sich nahe den Quellen der Lippe oder Ems befand, dann sind andere Gebiete haud procul, als wenn er sich eher in der Gegend um Münster befunden hätte oder doch eher an der Ems - alles ist durch die Beschreibung des Tacitus möglich).

Wenn hier schon von manchen gefordert wird, dass nur das gilt, was explizit in den Quellen steht, dann sollte man das selbst auch konsequent durchhalten - und nicht dann davon abweichen, wenn es einem in den Kram passt! :still:
 
Dazu gibt es einen Aufsatz von Timpe, der inzwischen auch teilweise bei Google Books einsehbar ist: Wegeverhältnisse und römische Okkupation Germaniens. Rmisch-germanische Begegnung in der ... - Google Bcher

Vielen Dank für den link::winke:

„Die Bestimmung des Schlachtortes durch die Nähe zum Oberlauf von Ems und Lippe und dem Grenzgebiet der Brukterer (Tac, ann, I, 60, 3) war in dem städtelosen Land nicht nur die einzig mögliche, sondern verrät bereits die Absicht der Präzisierung.“

Dieter Timpe, Röm-Germ. Begegnung in der späten Republik und frühen Kaiserzeit, München, Leipzig 2006, S.431
 
Netter Versuch. Wenn wir nicht nur den Osning und das Eggegebirge, sondern zusätzlich auch noch das Wiehengebirge zum saltus teutoburgiensis erklären,

Ich muss doch noch einmal direkt auf Nicole eingehen.:( Eine schöne Sache ist, dass ich dank ihr sehr intensiv in den Tacitus reinschaue. Danke dafür! :yes:

Sie fordert ja immer, dass wir uns wörtlich an den Text halten sollen und nur das gilt, was wirklich und eindeutig geschrieben steht und das spekulieren lassen sollen.

Gut, gerne.

Aus obigem Zitat entnehme ich, dass sie den heutigen Teutoburger Wald und das Eggegebirge als saltus t. ansieht.

saltus hat nach meinem Lexikon folgende Bedeutungen: Schlucht, Waldtal, Pass, Engpass, Wald und Gebirge.

Von diesen Bedeutungen ausgehend ist es sicher nicht falsch Gebirge in der Umgebung von Lippe und Ems zu suchen und sie mit dem saltus t. zu idendifizieren.

Nur: Das beißt sich mal wieder mit dem Tacitus Text.

So steht da (Tac. Ann. I. 61): So ergriff den Caesar das Verlangen, den Kriegern und ihrem Führer die letzten Ehren zu erweisen (...). Vorausgeschickt wurde Caecina, um das unübersichtliche Waldgebiet zu erkunden und Brücken und Dämme über die feuchten Sümpfe und die trügerischen Moorwiesen anzulegen; dann betraten sie die Stätten der Trauer...

Da steht nicht ein Wort von Gebirgen. Eggegebirge und Teutoburger Wald müssen daher als mögliche Orte der Varusschlacht ausscheiden.

Wenn man schon von anderen fordert die Quellen genau zu lesen, dann sollte man das auch selbst praktizieren! :rofl:

Gleiches gilt natürlich auch für ihre Vermutung Varus sei von der Lippe aus nach Osten marschiert, um in oben genannten Gebirgen sein Ende zu finden. Abgesichert durch die Quellen? Nicht im geringsten!

Und wie man sich einerseits an die Quellen halten will, dann aber Kalkriese als Ort der pontes longi sehen will, obwohl das überhaupt nicht passt (Caecina marschiert von der Ems nach Westen und kommt über die pontes longi! Tac. I. 63,3), erschließt sich mir überhaupt nicht mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na also. Und damit ist Kalkriese draußen. Denn bei der Lokalisierung von Kalkriese spielt die Lippe keine Rolle.
Wer es nicht glaubt, nimmt bitte eine Karte zur Hand.

Das ist eben das Problem an Deinen Interpretationen: Du schließt sofort von
nochmal die Stelle bei Tacitus schrieb:
... das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald...
auf o.g. Aussage; daß dabei dann noch steht
nochmal die Stelle bei Tacitus weiter schrieb:
... nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen...
- was mit o.g. "Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia" nicht mehr deckungsgleich sein muß -, übergehst Du ganz großzügig.

Um einmal den Blick vom konkreten Beispiel weg zu bekommen, möchte ich nochmals versuchen, die Analogie der Mittelgebirge im Freistaat Sachsen zu bemühen.
Das o.g. Zitat bei Tacitus ist da in etwa vergleichbar mit der Aussage
großzügige Lagebeschreibung schrieb:
... das Gebiet zwischen den Flüssen Weiße Elster und Zwickauer Mulde, nicht weit entfernt vom Erzgebirge, wo der gesuchte Ort liegt...
"Lösung" für eine solche Beschreibung: Der gesuchte Ort liegt dann im Erzgebirge und nicht zwischen den Flüssen Weiße Elster und Zwickauer Mulde.

Angwendet auf die Varusschlacht verortet Tacitus ergo den Schlachtort in den Teutoburger Wald (Saltus Teutoburgensis).
Und nun jedoch die taciteische Angabe bzgl. Saltus Teutoburgensis richtig einzuordnen, müßten wir zudem wissen, welches Gebiet bzw. welche Gebiete er damit nun wirklich gemeint hat bzw. derjenige gemeint hatte, von dem er das übernommen hatte.
Im Analogbeispiel des Erzgebirges hieße dies, daß die Angabe gar nicht mit Erzgebirge geschrieben worden wäre, sondern in der Form
großzügige Lagebeschreibung schrieb:
... das Gebiet zwischen den Flüssen Weiße Elster und Zwickauer Mulde, nicht weit entfernt vom Miriquidi, wo der gesuchte Ort liegt...
Der gesuchte Ort würde damit also im Gebiet des Miriquidi liegen, was heißen kann, daß er im Erzgebirge liegt, aber nicht heißen muß, daß er im Erzgebirge liegt - eben weil mit Miriquidi das Erzgebirge samt seines Vorlandes gemeint ist!
Anm.: Es handelt sich bei der genauen Fassung der Ausdehnung des Miriquidi übrigens für die historische Forschung tatsächlich um ein ähnlich gelagertes Problem - auch wenn es nicht aus der römischen Antike, sondern dem deutschen Mittelalter stammt - wie bzgl. der Fassung des Saltus Teutoburgensis bei Tacitus. das Grundproblem besteht in beiden Fällen darin, daß wir heute einfach nicht mehr wissen, was der ursprüngliche Verfasser darunter genau (und eben nicht nur ungefähr) verstanden hat bzw. die ursprünglichen Verfasser darunter genau (und eben nicht nur ungefähr) verstanden haben...

Ich bitte vielmals um Nachsicht ob der lokalpatriotischen Analogie, aber vielleicht wird die Sicht klarer, wenn man das Terrain verläßt, in welchem seit längerer Zeiten schon dichter Nebel liegt.

Im Übrigen darf ich mich wiederholen: Ich bitte nochmals eindringlich darum, meine Beiträge nicht im eigenen Sinne umzuinterpretieren, um einen Autoritätsbeweis (für den ich ehedem eine schlechte Referenz bin) anhand von Aussagen zu führen, die so vom Verfasser garantiert nicht intendiert gewesen sind.
Vielen Dank :winke:
 
Ich muss doch noch einmal direkt auf Nicole eingehen. Eine schöne Sache ist, dass ich dank ihr sehr intensiv in den Tacitus reinschaue. Danke dafür! .
Es fiel überhaupt niemanden auf, dass du die Annalen des Tacitus nur flüchtig kanntest….

Sie fordert ja immer, dass wir uns wörtlich an den Text halten sollen und nur das gilt, was wirklich und eindeutig geschrieben steht und das spekulieren lassen sollen.
Fein!


Netter Versuch. Wenn wir nicht nur den Osning und das Eggegebirge, sondern zusätzlich auch noch das Wiehengebirge zum saltus teutoburgiensis erklären,

Aus obigem Zitat entnehme ich, dass sie den heutigen Teutoburger Wald und das Eggegebirge als saltus t. ansieht.


Wie bitte? Darf ich dich höflichst daran erinnern, dass es ein gewisser „tela“ war der in Beitrag 251 schrieb:

Was spricht eigentlich gegen die Annahme, dass das ganze Gebirgsmassiv, dass sich von Rheine bzw. Ibbenbüren über Bielefeld, Detmold und Paderborn zieht und von der Ems insgesamt nicht allzu weit entfernt ist, in der Antike als ein Gebirge wahrgenommen wurde und mit dem Teutoburger Wald bezeichnet wurde?

Darauf entgegnete ich:
Auf diese Idee ist man schon lange vor dir gekommen. Aus diesem Grunde hat man den Osning in "Teutoburger Wald" umbenannt.


Der Osning wird als „Teutoburger Wald“ bezeichnet, das Eggegbirge auch als „Südlicher Teutoburger Wald“. Ob das historisch richtig ist oder nicht, habe ich nie beurteilt. Es war DEINE Meinung aus Beitrag 251!!

Ich habe dir meinen Standpunkt in #274 erklärt:
Also ich favorisiere eine Gegend, die nicht weit entfernt von dem Gebiet ist, das sich zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe befindet. Wahrscheinlich näher an der Lippe.

Noch einmal für dich in aller Deutlichkeit: Wir wissen nicht, was der saltus teutoburgiensis ist. Wir wissen nur, dass dieses Gebiet nicht weit von den Oberläufen von Ems und Lippe entfernt ist und dort die Varusschlacht stattfand. Hast du das endlich begriffen?
Und wenn du den Teutoburger Wald, das Eggegebirge, das Wiehengebirge und sonstwas dazu rechnest, dann ist das DEINE Spekulation.
Was spricht eigentlich gegen die Annahme, dass das ganze Gebirgsmassiv,….
 
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