Zinnquellen in der Frühbronzezeit

Brahmenauer

Mitglied
Mich würde interessieren, welche Informationen es hierzu gibt, die fundiert sind. Speziell der Bronzereichtum der Aunjetitzer Kultur im thüringisch- sachsen-anhaltinischen Bereich benötigt Zinnquellen.
 
Ergiebige Zinnquellen lagen in Cornwall, von dort stammt auch lt. Isotopenanalyse das verwendete Zinn der Himmelsscheibe von Nebra. Es gibt aber auch kleinere historische Zinnbergwerke in Sachsen und Böhmen. Da solche Untersuchungen aufwändig und teuer sind, zudem eine Materialentnahme erfordern, kann man nicht jede Bronzeklinge genau untersuchen. Solange man Bronze nur in geringen Mengen verwendete und keine Kolossalstatuen goss, wird man die genannten lokalen Quellen genutzt haben.
Kassiterit ? Wikipedia
 
Mich würde interessieren, welche Informationen es hierzu gibt, die fundiert sind. Speziell der Bronzereichtum der Aunjetitzer Kultur im thüringisch- sachsen-anhaltinischen Bereich benötigt Zinnquellen.

Berühmt und dir sicher bekannt sind die antiken Zinnminen auf Cornwall, die über Fernhändler schon die festländischen Schmiede Europas der Bronzezeit versorgt haben. Ebenso wird ein Zinnhandel von Cornwall über spanische Häfen (z.B. Gades) durchs Mittelmeer bis nach Ägypten angenommen, wobei karthagische Zwischenhändler eine wichtige Rolle spielten.
 
Zinnseifen

Hallo allerseits,

sogenannte "Zinnseifen", also Reste von ehemals bestehenden Zinnvorkommen, finden sich auch in der Troas, dem Gebiet um den Hügel Hissarlik ("Troja"). Da man diese Vorkommen erst vor kurzer Zeit entdeckt hat im Zuge der umfangreichen Forschungen von Korfmann, besteht die Hoffnung/Erwartung, dass man bei genauerer Nachsuche auch an anderen Stellen solche ausgebeuteten Vorkommen entdecken kann.
Tatsächlich ist es aber so, dass es bei der gewaltigen Menge an Bronze, die in dieser Zeit in Umlauf war, auch von einem regen Handelsverkehr und einer spezialisierten Gewinnungsindustrie ausgehen muss.
In der Antike berühmt waren grundsätzlich die "Zinninseln", also Englang. Hier muss wohl einer der Schwerpunkte des Abbaus gelegen haben.
 
Hallo an Alle,

bis hierher herzlichen Dank - besonders an balticbirdy für seine ausgiebige Zusammenstellung. Trotzdem bleibt meine Frage noch offen, da Troas, Mittelasien, etc. mir für Handelsbeziehungen zu weit erscheint. Cornwall war mir bekannt, die Bretangne, unsere Mittelgebirge sowieso.
Ist zu erwarten, daß die Aunjetitzer Kultur, welche unzweifelhaft eigene Formen hervorgebracht hat, auf Zinn oder Bronze nur aus Fernhandelswegen angewiesen war oder hauptsächlich autark agierte? Aufgrund der massiven Bronze-Depotfunde neige ich eher zur autarken Bronzetechnologie. Die Bronzelegierung der Nebraer Himmelsscheibe ist mir aus dem Katalog zur Sonderausstellung insoweit bekannt, daß das Kupfer, vom Mitterberg/Salzburger Land stammen soll, wobei es dafür auch abweichende Meinungen dazu gibt. Das Gold einiger Applikationen auf der Scheibe soll aus Siebenbürgen/Rumänien stammen. Dass nach Isotopenanalysen Cornwall die Zinnquelle der Scheibe sein soll, habe ich so noch nicht gelesen. außerdem ist die Himmelsscheibe um einiges jünger als die Aunjetitzer Kultur, wenn man den Datierungen Glauben schenkt.
 
Cornwall war mir bekannt, die Bretangne, unsere Mittelgebirge sowieso.
Ist zu erwarten, daß die Aunjetitzer Kultur, welche unzweifelhaft eigene Formen hervorgebracht hat, auf Zinn oder Bronze nur aus Fernhandelswegen angewiesen war oder hauptsächlich autark agierte?

Während Kupfervorkommen im Europa der Bronzezeit relativ häufig waren, waren Vorkommen von Zinn überaus selten. Das war ein zentraler Grund für die Intensivierung des Fernhandels, denn Bronze war eine begehrte Ware, sodass sich der Transport von Zinn auch über lange Distanzen lohnte. Man könnte sogar sagen, dass der Transport von Zinn zum Ausbau der Handelswege entscheidend beitrug, was noch zur Zeit des vorangegangenen Neolithikums nur in geringem Umfang notwendig war.

Die ergiebigen Zinnminen im englischen Cornwall waren bereits während der frühen Bronzezeit in Betrieb und wurden seit etwa 1500 v. Chr. zur Hauptversorgungsquelle des Mittelmeerraums ("Zinninseln") und Mitteleuropas. Vermutlich wickelten die Phönizier, die mit ihren Schiffen die Straße von Gibraltar durchqueten und den Atlantik befuhren, den größten Teil des lukrativen Zinnhandels ab. Bedeutende Zinnvorkommen gab es ferner in Kleinasien, daneben kleine Vorkommen in SW-Frankreich und im Westen der Iberischen Halbinsel.

Es gibt hierzu eine schöne Karte, die Rohstoffquellen und Handelswege im Europa der Bronzezeit zeigt: Großer Atlas zur Weltgeschichte, Seite 4, Karte (5): Rohstoffquellen und Handelsverbindungen in der Bronzezeit. Westermann Verlag.

In Europa lag ein frühes Zentrum der Bronzezeit zu Beginn des 2. Jt. v. Chr. in Böhmen und Mitteldeutschland (Aunjetitzer Kultur). Auch die Zinnvorkommen in SW-England sind wahrscheinlich schon vor der 1. Hälfte des 2. Jt. v. Chr. ausgebeutet worden. Jedenfalls müssen sehr weiträumige Handelsverbindungen vorausgesetzt werden, die zur Herausbildung bronzezeitlicher Kulturformen führten.

(Lexikon Alte Kulturen, Bd. 1, Mannheim 1990, S. 372)
 
Interessant fand ich noch diese Nachricht, nach der das Zinn der Himmelsscheibe von Nebra aus Cornwall stammt:

Material für Himmelsscheibe von Nebra stammt aus Cornwall

13. Dezember 2009, 17:40


Herkunft des Zinns mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmt - das Kupfer wurde auf heute österreichischem Gebiet gewonnen

Halle - Die Materialien, aus denen die 3.600 Jahre alte bronzene Himmelsscheibe von Nebra angefertigt wurde, weisen auf alte und weitreichende Handelsrouten hin: Bisher war bekannt, dass das Kupfer für die Bronzescheibe aus der Region Mitterberg bei Bischofshofen in Österreich stammt, während das Gold für die auf der Scheibe angebrachten Applikationen aus unterschiedlichen Quellen - unter anderem aus Nordwestrumänien - stammt. Nun wurde nach dem Kupfer auch die Herkunft des zweiten Bronze-Bestandteils bestimmt.

Und zwar stammt das erforderliche Zinn mit großer Wahrscheinlichkeit aus Cornwall im Südwesten Englands. "Das haben geochemische Analysen ergeben", sagte der Archäometallurge Ernst Pernicka von der Universität Tübingen. Aber es gibt geringe Abweichungen, danach könnte das Zinn mit einer gewissen Restwahrscheinlichkeit auch aus der Region der nordböhmischen Bergstadt Krupka (Graupen) im heutigen Tschechien stammen. Das Zinn aus beiden Orten ähnelt sich stark in der Zusammensetzung. Außerdem wurde bei den Untersuchungen des Zinns der Himmelsscheibe festgestellt, dass sich die Zinn-Isotope trotz Korrosion über die Jahrtausende hinweg nicht verändert haben. "Das beweist erneut, dass die Himmelsscheibe echt ist", sagte Pernicka.
Die Materialuntersuchungen an der Himmelsscheibe wurden im Rahmen des weltweit größten Forschungsprojektes zur Bronzezeit durchgeführt. An dem rund fünf Millionen Euro schweren Etat beteiligt sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft Bonn mit 3,3 Millionen Euro. Seit Jänner 2005 arbeiten Wissenschafter aus Halle, Jena, Tübingen, Bochum, München und Edinburgh (Schottland) an der Entschlüsselung der letzten Rätsel der Himmelsscheibe. (APA/red)
http://derstandard.at/1259281529732/Material-fuer-Himmelsscheibe-von-Nebra-stammt-aus-Cornwall
 
Zuletzt bearbeitet:
Und zwar stammt das erforderliche Zinn mit großer Wahrscheinlichkeit aus Cornwall im Südwesten Englands. "Das haben geochemische Analysen ergeben", sagte der Archäometallurge Ernst Pernicka von der Universität Tübingen. Aber es gibt geringe Abweichungen, danach könnte das Zinn mit einer gewissen Restwahrscheinlichkeit auch aus der Region der nordböhmischen Bergstadt Krupka (Graupen) im heutigen Tschechien stammen.

Damit ist das entfernte Cornwall für mich erstmal vom Tisch. Aus wenn es damals noch keinen Zinnbergbau in Mitteleuropa gab - zu jener Zeit konnte man die Erzbrocken einfach aufsammeln und musste nicht schürfen.
 
Damit ist das entfernte Cornwall für mich erstmal vom Tisch. Aus wenn es damals noch keinen Zinnbergbau in Mitteleuropa gab - zu jener Zeit konnte man die Erzbrocken einfach aufsammeln und musste nicht schürfen.

So weit würde ich nicht gehen, denn die Wahrscheinlichkeit liegt wohl bei Cornwall. Zudem gab es nach der mir vorliegenden Karte kaum Zinnvorkommen in Mitteleuropa, was ja der Grund dafür ist, dass man die beschwerliche Reise zu den berüchtigten "Zinninseln" auf sich nahm.

Wie dem auch sei. Cornwall war in der Bronzezeit der wichtigste Zinnliferant für das gesamte Mittelmeer und wohl auch Mitteleuropa.
 
Damit ist das entfernte Cornwall für mich erstmal vom Tisch. Aus wenn es damals noch keinen Zinnbergbau in Mitteleuropa gab - zu jener Zeit konnte man die Erzbrocken einfach aufsammeln und musste nicht schürfen.
och nö, Kupfer und Zinnerze in NENNENSWERTEN Mengen liegen und lagen nicht so einfach in der Gegend rum. Und mir ist keine Lagerstätte dieser Erze bekannt, in der beide zusammen vorkommen.
 
och nö, Kupfer und Zinnerze in NENNENSWERTEN Mengen liegen und lagen nicht so einfach in der Gegend rum. Und mir ist keine Lagerstätte dieser Erze bekannt, in der beide zusammen vorkommen.

Was sind denn nennenswerte Mengen? Für ein paar Bronzeklingen, die ohnehin sich nur der Siedlungs-Cheffe leisten konnte, benötigte man die nicht. Richtig ist, das Kupfer und Zinn nicht zusammen vorkommen, das habe ich aber auch nicht behauptet. Jeder Hobby-Mineraliensammler weiss, dass man die entsprechenden Erzbrocken noch heute mit Glück vereinzelt an der Oberfläche finden kann. Wieviel mehr muss früher da gelegen haben?

Denk mal an Beispiele aus der Neuzeit. Die ersten Diamanten von Kimberley/Südafrika fanden Kinder als "hübsche Kiesel" - 20 Jahre später war dort ein Riesenloch in der Landschaft.
 
Lieber Balticbirdy,

du hast da eine Art Denkfehler im Kopf.
Der Handelsverkehr in Europa war bereits in der Jungsteinzeit sehr ausgeprägt. Das zeigen z.B. die Funde von Bernsteinperlen, die weit verbreitet sind und sich bis ins Zweistromland finden lassen. Die Herkunft kann nur die Ostsee sein, demnach MUSS der Handel bereits so früh so weit gegangen sein. Entfernungen stellen also in der Archäologie ein lösbares Problem dar.
Ganz falsch ist die Einstellung "Für ein paar Bronzeklingen...". Ich glaube, du machst dir keine Vorstellungen davon, welche Mengen an Bronzen in europäischen Museen lagern. Wir müssen einen professionellen, ausgedehnten Zinnabbau annehmen. Und dieser lässt sich am Leichtesten für Cornwall wahrscheinlich machen. Das heisst nicht, dass es keine anderen Minen gegeben hätte, aber für einen umfangreichen Abbau fehlen sonst meist die Belege.
Leider kenne ich die Minen in Böhmen nicht, das müsste man genauer recherchieren. Aber keinesfalls lag das Zinn "in Brocken" herum, man kann dieses Material nicht mit Diamanten vergleichen. Denk einfach immer daran, dass man große Massen gebraucht hat, um all diese Gegenstände herzustellen.
 
Lieber Ogrim, man kann Erze aber auch nicht mit Bernstein vergleichen. Dass der (leichte) baltische Bernstein schon in sehr früher Zeit quer durch Europa gehandelt wurde, ok. Ich will auch keineswegs die damaligen Handelsbeziehungen negieren oder kleinreden.

Aber "große Massen" Erze oder Metallrohlinge in der frühen Bronzezeit? Es gab kein ausgebautes Wegenetz und vermutlich auch keine Tragtiere. Also warum Zinn aus Cornwall oder gar aus Kleinasien, wo es doch andere Quellen quasi vor der Haustür gab.

Nebenbei, in Mansfeld/Südharz wurde noch im 20. Jh. Kupfer abgebaut. All diese Kupfer- und Zinnbergwerke entstanden irgendwann einmal, indem man den begrenzten Erzadern an der Oberfläche (Nun ratet mal, wann das wohl der Fall war.) in die Tiefe folgte. Auch die Ruhrkohle lag noch in der Neuzeit stellenweise offen herum - und wie tief sind die Schächte heute?
 
Aber "große Massen" Erze oder Metallrohlinge in der frühen Bronzezeit?
Auf jeden Fall eine beträchtlich Menge, ich beziehe mich mal auf Süddeutschland.

In der frühen Bronzezeit wurden große Menge an Bronzen als sog. Hortfunde in den Boden gebracht. Es handelte sich hauptsächlich um Barrenringe, Ringbarren u. Spangenbarren.

Die Arbeit von Stein und Lennarz sind sehr gut zum Einstieg. Alleine Lennarz hat 1020 Barrenringe aus Süddeutschland erfasst. Die genaue Anzahl der anderen Barren müsste ich mühsam nachschlagen.
Außer den Barren sind noch weitere Objekte in den Hortfunden vertreten. Außerdem sollte man auch die Beigaben der Gräber nicht außer acht lassen.
Nimmt man dies nun alles zusammen, und behält im Hinterkopf, dass wir nur noch einen Bruchteil dessen was in den Boden gelangt ist, auch finden, so ist alleine für Süddeutschland eine beträchtliche Menge an Bronze im Umlauf gewesen.

Es gibt einige Literatur dazu:

  • [FONT=Verdana, sans-serif]Stein, Frauke:
    Bronzezeitliche Hortfunde in Süddeutschland, Beitr. zur Interpretation einer Quellengattung. Saarbrücker Beitr. Altertumskunde 23 (1976).
    [/FONT]
  • [FONT=Verdana, sans-serif]Menke, Manfred:[/FONT]
    [FONT=Verdana, sans-serif]Studien zu den frühbronzezeitlichen Metalldepots Bayerns. Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 19/20, 1978/79 ( 1982).[/FONT]
  • Krause, Rüdiger: Zur Entwicklung der frühbronzezeitlichen Metallurgie nördlich
    der Alpen. In (Hrsg. B. Hänsel): Mensch und Umwelt in der Bronzezeit Europas.(Kiel, 1998). S.163-192.
  • Krause, Rüdiger: Studien zur kupfer- und frühbronzezeitlichen Metallurgie zwischen Karpartenbecken und Ostsee. Vorgeschichtliche Forschungen 24.(Rhaden/Westfl., 2003).
  • Lennarz de-Wilde, Prämonetäre Zahlungsmittel in der Kupfer- und Bronzezeit
    Majolie: Mitteleuropas. In: Fundberichte Baden-Württemberg 20.
    (Stuttgart, 1995). S. 229-327.
 
Vielen Dank für die Berichtigung, lieber @Geist. Auch wenn die Bronzezeit viele Jahrhunderte dauerte, es scheint doch mehr im Umlauf gewesen zu sein, als ich vermutete.
 
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Lieber Ogrim, man kann Erze aber auch nicht mit Bernstein vergleichen. Dass der (leichte) baltische Bernstein schon in sehr früher Zeit quer durch Europa gehandelt wurde, ok. Ich will auch keineswegs die damaligen Handelsbeziehungen negieren oder kleinreden.

Aber "große Massen" Erze oder Metallrohlinge in der frühen Bronzezeit? Es gab kein ausgebautes Wegenetz und vermutlich auch keine Tragtiere. Also warum Zinn aus Cornwall oder gar aus Kleinasien, wo es doch andere Quellen quasi vor der Haustür gab.

Nebenbei, in Mansfeld/Südharz wurde noch im 20. Jh. Kupfer abgebaut. All diese Kupfer- und Zinnbergwerke entstanden irgendwann einmal, indem man den begrenzten Erzadern an der Oberfläche (Nun ratet mal, wann das wohl der Fall war.) in die Tiefe folgte. Auch die Ruhrkohle lag noch in der Neuzeit stellenweise offen herum - und wie tief sind die Schächte heute?
Nun, für "ein paar Bronzeklingen" lohnt der Aufwand nicht. Erstmal muß man wissen, wie das Erz zu rösten ist, anschließend aus dem Kupferstein das Kupfer erschmelzen, das gleiche für´s Zinn, dann beide im richtigen Verhältnis legieren und sauber abgießen. Da bleibt man dann wohl doch gern am Ort, wo´s das Kupfererz gibt ( Harz und andere deutsche Mittelgebirge) Und dabei ist man dann ganz schnell im Berg, so man eine ergiebige Ader gefunden hat. Ausser man verwendet " Seifenerz" , also am Bach ausgewaschenen Kupferkies, da spart man denn das zerkleinern.
 
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