Luftkrieg: Alliierte Tiefflieger und NS-Propaganda

Ich kann nur sehr die umfassende Darstellung von Schnatz empfehlen, die digital verfügbar ist und die Thematik auf 100 Seiten generell anspricht. Hier daher nochmals der link:
http://www.dresden.de/media/pdf/info...ger_100314.pdf

Es gab mehrere Schwerpunkt-Operationen gegen die Transportwege, ua.
Operation Clarion ? Wikipedia

Angriffe gegen Lokomotiven oder Züge und Eisenbahnanlagen/Straßen waren Standard auch auf den Rückwegen von großen Bomberoperationen für den Begleitschutz. Hier fand eine Aufteilung des begleitenden Jagdschutzes statt, ein Teil hatte auf dem Rückweg Bodenziele anzugreifen. Die Flugzeuge bewegten sich dabei 1944/Anfang 1945 in kleinen Gruppen.

Zu @Gil-galad:
Die Probleme bei Punkt b) sehe ich auch. Zahlreiche Schilderungen sind technisch unmöglich, auch wenn Zeitzeugen Stein und Bein darauf schwören.
Die Unterteilung war daher nur als grobe Fallsortierung gedacht. Die oben verlinkten Berichte zeigen außerdem, dass bei einer Vielzahl von Berichten die Nähe zu Wehrmachtsverbänden eine Rolle spielt oder der Zustand, im operativen Frontgebiet gelegen zu sein, was anhand der Daten geprüft werden kann.
 
Angriffe gegen Lokomotiven oder Züge und Eisenbahnanlagen/Straßen waren Standard auch auf den Rückwegen von großen Bomberoperationen für den Begleitschutz. Hier fand eine Aufteilung des begleitenden Jagdschutzes statt, ein Teil hatte auf dem Rückweg Bodenziele anzugreifen. Die Flugzeuge bewegten sich dabei 1944/Anfang 1945 in kleinen Gruppen.

Zu @Gil-galad:
.

Es ist in der Endphase März/April nachzuweisen, dass die Angriffe nach dem Eisenbahnfahrplan angesetzt wurden.

Die Probleme bei Punkt b) sehe ich auch. Zahlreiche Schilderungen sind technisch unmöglich, auch wenn Zeitzeugen Stein und Bein darauf schwören

tja, und was für Verwechslungen man da selbst aufsitzen kann, "12,7 Russenflak":autsch::S
 
Mir kommt diese Ausarbeitung, wenn ich ehrlich sein darf, doch tendenziell vor.

ein paar Beispiele:
Er beginnt das Kapitel "Tiefangriff: ein Quellen- und Rezeptionsproblem"
mit folgendem Text:

"In der Luftkriegstradierung der Erinnerungsliteratur wie auch in mündlichen Augenzeugenerzählungen spielen die zahllosen Berichte über Tiefangriff durch allierte Jagdflugzeuge und Jagdbomber eine herausgehobene Rolle. Diese Berichte und Erwähnungen weisen durchweg eine gleiche Erzählstruktur auf, die sich in wörtlich immer gleichen, sprachlichen Stereotypen zeigt: die Tiefflieger schossen auf alles, was sich bewegte, sie jagten die Bauern auf den Feldern oder auch Spaziergänger auf den Straßen wie die Hasen, sie jagten Betroffene durch Straßen und über Wiesen vor sich her, schossen auf Kinderwagen, sie betrieben massenweise regelrechte Menschenjagden, sie flogen so niedrig, daß die Gejagten am Boden die Piloten in den Kanzeln - und meistens auch ihren Gesichtsausdruck oder Helme und Brillen - deutlich erkennen konnten. Immer sind in den Erzählungen die Tiefflieger urplötzlich da, ohne sich schon von weitem durch ihr Motorengeräusch angekündigt zu haben, und niemals greifen sie militärische oder militärisch wichtige Ziele an. Sie beschießen mit ihren Bordwaffen immer nur Personen, nie Züge, Kraftwagen oder Schiffe. Die Angegriffenen verhalten sich nie luftschutzmäßig, suchen keine Deckung, sondern sehen den Angreifern buchstäblich in die Augen in dem Bewußtsein, Ziel zu sein".
Also weisen, nach der Meinung von Schnatz, ALLE Berichte und Erwähnungen diese Eigenschaften auf. Nennt man das nicht grob Verallgemeinernd.

Ansich wiederholt er damit die Propagandaausagen der damaligen Zeit in einen Topf mit Augenzeugenberichten. Schnatz und auch andere Historiker meinen anscheinend das alle Menschen nicht zwischen eigenes Erleben und offizielle Verlautbarungen unterscheiden können.

Seite 25
"Aber selbst der Hinweis von Augenzeugen, es habe im Umkreis keine erkennbaren Kraftfahrzeuge sichtgeschützt oder getarnt unterstellte - was übrigens auch zahlreiche Tiefangriffe auf Ortschaften erklärt. Auch werden zb. Trafostationen, Strommastenund weiträumig aufgestellte Radargeräte ... " Wir reden hier nicht von Frontstellungen sondern vom Hinterland mit Luftgefährdung. Das Gerät / Fahrzeuge wurden also "luftsichtgeschützt" aufgestellt oder "luftsichtgeschützt" getarnt - Nicht gegen Aufkärung vom Boden.

Gerade Menschen am Boden können erheblich leichter Ziele "erkennen" als schnelle Jagdflieger aus der Luft oder sogar im Tiefflug.

Was sollen "weiträumig" aufgestellte Radargeräte sein und warum sollen Zivilisten diese nicht als militärisch erkennen können.

Seite 31
"Das wiederum heißt daß die Mustangs in der Luft hätten stillgestanden, also mit nach unten geneigten Nasen wie Hubschrauber über dem Großen Garten über einem Punkt stillstehend geschwebt haben müssen ..." Um es deutlich zu sagen - das ist kompletter Schmarrn. Das Flugzeug muß zum Ziel relativ "stillstehen", also auf dieses zufliegen (Sturz- oder Schrägangriff).
Seite 36
"Im übrigen zeigen die von der Luftwaffe erbeuteten Zielphotos im Anhang 9, ein wie winziges und schwieriges Ziel Einzelpersonen im Gelände für Tiefflieger dargestellt hätten."

Böse ausgedrückt - Anscheinend sind einzelne Zivilisten schwierigere Ziele als einzelne Soldaten denn das einzelne Soldaten durchaus Ziel von Luftangriffen (aller Luftwaffen) waren ist wohl nicht streitig.

Schnatz hat allerdings, nmA, gut herausgearbeitet das es keine systematische "Jagden" gab und das in vielen - wohl überwiegenden - Fällen Opfer unter der Zivilbevölkerung "nur" Kollateralschaden waren.
In welchem Umfang Zivilisten / zivile Einrichtungen das widerrechtliche aber tatsächliche Ziel von US-Jagdpiloten waren hat er allerdings nicht beantwortet. Er ignoriert nmA jedenfalls die Meinung von US-Jagdpiloten (Zitat) "Allerdings gäbe es in jeder Einheit einzelne schwarze Schafe, die sich zu deratigen Taten hinreißen lassen".

Und wenn Schnatz viele Betroffenenberichte ähnlich "behandelt", wie in den Beispielen gezeigt, würde dadurch das Untersuchungsergebnis durchaus verfälscht werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß nicht, worüber wir diskutieren. Dass alliierte Tiefflieger auf alles schossen, auch wenn kein militärisches Ziel nahe war, weiß doch jeder.


tja, zweifellos
aber anscheinend kann es keiner einem juristisch verwertbar nachweisen.

Was evtl. die "dünne" bis gar keine Aktenlage erklären würde:

Die uns (mir) bekannten Fälle betreffen allesamt März/April 1945 das deutsche Reich lag in Agonie.
Wer wird da noch Vernehmungen alliierter Piloten ausgewertet und hinlänglich bearbeitet haben. Wenn es diese doch gegeben hätte, welche alliierte erobernde Dienststelle hätte diese nicht umgehend vernichtet?
 
Also weisen, nach der Meinung von Schnatz, ALLE Berichte und Erwähnungen diese Eigenschaften auf. Nennt man das nicht grob Verallgemeinernd.

An sich wiederholt er damit die Propagandaausagen der damaligen Zeit in einen Topf mit Augenzeugenberichten. Schnatz und auch andere Historiker meinen anscheinend das alle Menschen nicht zwischen eigenes Erleben und offizielle Verlautbarungen unterscheiden können.

Schnatz spricht den Topos an, unter den sich die Masse aller Berichte sammeln läßt. Der Einfluß der Propaganda ist ungeklärt, aber mE höchst wahrscheinlich (siehe beispielhaft das im Beitrag abgedruckte Propagandaplakat, dass viele der Aspekte enthält). Hinzu kommt die Präsenz des Luftkrieges und die Bedrohung über rd. 18 Monate in bestimmten Bereichen. Zahlreiche Berichte 1945 mischen sich zudem mit der Wehrmacht im Umfeld.

Für den Topos ist Verallgemeinerung prägender Bestandteil, insfern liegt er da richtig.


Gerade Menschen am Boden können erheblich leichter Ziele "erkennen" als schnelle Jagdflieger aus der Luft oder sogar im Tiefflug.
das würde ich bezweifeln, allein wegen der anderen Wahrnehmung von "Nähe" in einem Jagdflugzeug mit 300-400 km/h.

Böse ausgedrückt - Anscheinend sind einzelne Zivilisten schwierigere Ziele als einzelne Soldaten denn das einzelne Soldaten durchaus Ziel von Luftangriffen (aller Luftwaffen) waren ist wohl nicht streitig.
Bei über Tausend qm Abdeckung eines Feuerstoßes von 1 Sekunde?

Schnatz hat allerdings, nmA, gut herausgearbeitet das es keine systematische "Jagden" gab und das in vielen - wohl überwiegenden - Fällen Opfer unter der Zivilbevölkerung "nur" Kollateralschaden waren.
In welchem Umfang Zivilisten/zivile Einrichtungen das widerrechtliche aber tatsächliche Ziel von US-Jagdpiloten waren hat er allerdings nicht beantwortet. Er ignoriert nmA jedenfalls die Meinung von US-Jagdpiloten (Zitat) "Allerdings gäbe es in jeder Einheit einzelne schwarze Schafe, die sich zu deratigen Taten hinreißen lassen".

Das sehe ich auch so (...unsystematisch und Vermischung mit Wehrmacht/Logistik etc.).
Es wird Sadisten gegeben haben, die sich aus solchen Beschießungen auch bei der Streuung einen "Spaß" gemacht haben.
 
@silesia
Naja, dann sind wir uns ja einig. Verallgemeinerung.

das würde ich bezweifeln, allein wegen der anderen Wahrnehmung von "Nähe" in einem Jagdflugzeug mit 300-400 km/h.
Ne. Warum benötigten dann die Luftunterstützung Zieleinweisung von Boden?

Bei über Tausend qm Abdeckung eines Feuerstoßes von 1 Sekunde?
Was willst du mir damit sagen?
Tatsache ist das Flugzeuge Angriffe auf einzelne Soldaten flogen.

Das sehe ich auch so (...unsystematisch und Vermischung mit Wehrmacht/Logistik etc.).
Es wird Sadisten gegeben haben, die sich aus solchen Beschießungen auch bei der Streuung einen "Spaß" gemacht haben.
Und es wird Soldaten gegeben haben die bei ihren Berichte ... etwas neben der Wahrheit blieben. Schließlich gab es ja auch Erfahungswerte, sprich: Soldaten die zivile Ziele angriffen nahmen eine Zeitlang nicht an Feindflügen teil.
 
Bei über Tausend qm Abdeckung eines Feuerstoßes von 1 Sekunde?

Tausend qm hören sich viel an, aber auf freiem Feld ist das gar nicht so groß, gerade mal 10ar, eine kleiner Acker oder eine sehr kleine Wiese.
Steht das Ziel aufrecht, wird es schon gut 50qm abdecken aus Sicht des schießenden Flugzeugs. Bei 4-6 MG´s haut der doch auch ganz schön was raus in der einen Sekunde.
Einen Treffer halte ich da für durchaus wahrscheinlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
@silesia
Naja, dann sind wir uns ja einig. Verallgemeinerung.
Ganz genau. Er faßt stereotype Berichte zusammen.

Ne. Warum benötigten dann die Luftunterstützung Zieleinweisung von Boden?
Doch. Kongruent zu Schnatz wird "Nähe" aus einem Jagdflugzeug wegen Geschwindigkeit und Höhe eben anders als für Zivilisten am Boden wahrgenommen. Er beschreibt dort Angriffe, die auf in der "Nähe" befindliche Wehrmacht beruhten, und das können 1000 Meter sein, die vom Boden nicht übersehbar sind. Dazu ist ergänzend zu berücksichtigen, dass die Masse der Berichte - 1944 kann ausgeklammert werden - auf 1945 im Vormarschgebiet beruht (einfach mal nach solchen zeitzeugenberichten googeln - zwei Beispiele habe ich oben eingestellt).

Ganz interessant auch die Ausführungen von Gebhard Aders, der zum Luftkrieg ebenfalls publiziert hat. Welche Blüten das treibt:
"Geht es um das Thema "Tieffliegerangriffe"?
Ist auch 60 Jahre nach dem Krieg noch eine "heisse Sache", die zu kontroversen Diskussioen Anlass gbt.
Nach meinem Vortrag kam ein ehemals hochraniger Kölner Kommunalpolitiker zu mir und erzählte mir, wie er und seine Mutter von einer Mustang beschossen wurden. die Maschine - Spannweiter knapp 12 Meter - flog in ca. 10 m Höhe durch die Venloer Straße und feuerte auf die Menschen, die unter der Bahnunterführung standen. Ich habe mich jeglichen Kommentars zu der Leistung dieses Kunstfliegers enthalten."

Der Luftkrieg gegen Köln "Legenden und Tatsachen"
Tatsache ist das Flugzeuge Angriffe auf einzelne Soldaten flogen.
Wer berichtet, und wie oft gab es das? Was war in der Nähe der Soldaten oder befanden die sich frei auf einem Acker?

Schließlich gab es ja auch Erfahungswerte, sprich: Soldaten die zivile Ziele angriffen nahmen eine Zeitlang nicht an Feindflügen teil.
Ganz richtig, die Bestrafungen (bei der USAAF zT Geldstrafen oder Pausen). Schnatz erwähnt hier als Beispiel Angriffe auf Züge, bei denen die Lokomotiven als Ziele vorgegeben waren.
 
@silesia

Nein

Schnatz schreibt auf Seite 25
"Aber selbst der Hinweis von Augenzeugen, es habe im Umkreis keine erkennbaren Kraftfahrzeuge sichtgeschützt oder getarnt unterstellte - was übrigens auch zahlreiche Tiefangriffe auf Ortschaften erklärt. Auch werden zb. Trafostationen, Strommastenund weiträumig aufgestellte Radargeräte ... "
Nochmal:
Wir reden hier nicht von Frontstellungen sondern vom Hinterland mit Luftgefährdung. Dort wurde Fahrzeuge, Großwaffen und Gerät gegenüber Luftaufklärung (oder Sichtung aus der Luft) gesichert aufgestellt. "Erdaufklärung" durch Menschen am Boden war dabei sehr viel leichter möglich.
Es geht nicht um irgendwelche Entfernungen sondern um die Möglichkeit aufzuklären bzw. aufgeklärt zu werden.

"Nähe" ist deine Interpretation, bei Schnatz steht davon nichts.

Zum Beispiel von Gebhard Aders kann ich nichts sagen da dabei das damalige Gelände maßgebend war. Grundsätzlich hat das aber grundsätzlich nichts mit Kunstfliegern zu tun.

Wer berichtet, und wie oft gab es das? Was war in der Nähe der Soldaten oder befanden die sich frei auf einem Acker?
?? Bitte ??
 
Tausend qm hören sich viel an, aber auf freiem Feld ist das gar nicht so groß, gerade mal 10ar, eine kleiner Acker oder eine sehr kleine Wiese.
Steht das Ziel aufrecht, wird es schon gut 50qm abdecken aus Sicht des schießenden Flugzeugs. Bei 4-6 MG´s haut der doch auch ganz schön was raus in der einen Sekunde.
Einen Treffer halte ich da für durchaus wahrscheinlich.


6 MG´s a 1.200 Schuss/min macht 120 Schuss in der Sekunde, bei gleichmäßiger Streuung (nicht anzunehmen) alle 8qm ein Schuss. Wobei die Streuung vermutlich enger beim Ziel liegt.
Ergo: Das stehende Ziel wird ziemlich sicher getroffen,
das liegende kaum.

Es kann stark vermutet werden, dass einzelne Zivilisten sehr wohl, und "erfolgreich", von Flugzeugen unter Beschuss genommen wurden.
 
6 MG´s a 1.200 Schuss/min macht 120 Schuss in der Sekunde, bei gleichmäßiger Streuung (nicht anzunehmen) alle 8qm ein Schuss. Wobei die Streuung vermutlich enger beim Ziel liegt.
Ergo: Das stehende Ziel wird ziemlich sicher getroffen,
das liegende kaum.

Es kann stark vermutet werden, dass einzelne Zivilisten sehr wohl, und "erfolgreich", von Flugzeugen unter Beschuss genommen wurden.


Ich besitze ein Buch von 1937 "Flieger, Funker, Kanoniere" es gibt auch einen Film, kann man sich evt. über Youtube reinziehen,
da hängen sie Luftballone, Kopfgrösse, ordinäre wie vom Jahrmarkt, an Stangen und knallen sie im Tiefflug ab.
Spricht mir doch für eine sehr hohe Trefferwahrscheinlichkeit.

Da scheinen mir die Zeitzeugenberichte in der Summe doch überaus zutreffend.
 
6 MG´s a 1.200 Schuss/min macht 120 Schuss in der Sekunde, bei gleichmäßiger Streuung (nicht anzunehmen) alle 8qm ein Schuss. Wobei die Streuung vermutlich enger beim Ziel liegt.
Ergo: Das stehende Ziel wird ziemlich sicher getroffen,
das liegende kaum.

Du musst zwar mit einer geringeren Kadenz rechnen, da die Browning M2 nur etwa 600 Schuss/min abgeben können, aber das Flugzeug bewegt sich ja mit erheblichen Geschwindigkeiten vorwärts, die sich auch im Tiefflug bei mindestens 300 km/h bewegt haben dürften. Die Streuung erhöht sich bei US-Maschinen noch da, die Bordwaffen meist in den Tragflächen eingebaut waren (zumindest bei den wichtigsten Begleitflugzeugen P-51 und P-47, die auch nachweislich für viele Tieffliegerangriffe verantwortlich waren). Übrigens ist aus diesem Grund die Streeung bei deutschen Jägern auch nicht so hoch, da die Hauptbewaffnung im Bug eingebaut wurde.

Einen Aspekt haben wir noch gar nicht beleuchtet. Alle Betrachtungen bezogen sich bisher auf die USAAF und RAF. Die Rote Luftflotte erfährt hier noch keine Berücksichtigung. Vor allem bei der Flucht aus den deutschen Ostgebieten griffen die sowjetischen Schlachtflieger immer wieder massiv die Trecks an. Die Flucht über das Haff beispielsweise lag unter fast pausenlosen Angriffen der Il-2 und Pe-2. Speziell bei den Flüchtlingstrecks bestand keinerlei Zweifel, dass es sich in der Masse um Zivilisten handelte. Allerdings waren diese auch immer wieder von Wehrmachtseinheiten auf dem Rückzug durchsetzt.

Der militärische Wert der Tiefflugangriffe läßt sich übrigens nicht leugnen. An der Westfront verhinderten die Jabos jeden vernünftigen Gegenagriff von gepanzerten Einheiten. Sobald wieder Flugwetter herrschte, blieben alle Angriffe zwangsweise im Geschoss- und Raketenhagel stecken. Auch Versorgungskonvois konnten sich nur noch nachts bewegen. Ein hervorragendes Beispiel ist die Ardennenoffensive, die deutschen Einheiten waren solange erfolgreich, bis die USAAF wieder fliegen konnte.
 
Ich habe mir die oben verlinkte Diskussion angesehen und komme aus dem Staunen nicht heraus. Behauptet doch einer der Diskutanten ernsthaft, dass ein Mustang-Pilot eigentlich gar nicht in der Lage gewesen wäre, gezielt auf Einzelziele auf dem Boden zu schiessen! Dümmer geht es wohl kaum.

Abgesehen von bekannten Tatsachen wie die Zerstörung einzelner Panzer, Fahrzeugen und am Boden stehenden Flugzeugen durch Mustangs, Lightnings und Thunderbolts, gibt es auch mehr als ausreichendes Bildmaterial zum Thema.

Auf diesem Film ist z.B. eine Sammlung von Tieffliegerangriffen zu sehen. Einige auf identifizierbare Ziele wie Eisenbahnzüge und Lokomotiven (darunter eine die sich unter eine Brücke gestellt hatte) andere auf einzelne PKWs auf Landstrassen und schliesslich eine ganze Reihe bei der man bei der schlechten Bildqualität gar nicht erkennen kann, auf was konkret gezielt wird (Ich vermute jedoch, der Pilot hat es schon gesehen). Zuletzt sind einige Sequenzen darunter, wo eindeutig über kleineren Ortschaften kein konkretes Ziel bearbeitet wird, sondern der Beschuss eindeitig "gestreut" wird: YouTube - 1945 NO MERCY! US Fighters Strafing Deep Into Germany
 
Ich habe mir die oben verlinkte Diskussion angesehen und komme aus dem Staunen nicht heraus. Behauptet doch einer der Diskutanten ernsthaft, dass ein Mustang-Pilot eigentlich gar nicht in der Lage gewesen wäre, gezielt auf Einzelziele auf dem Boden zu schiessen! Dümmer geht es wohl kaum.

YouTube - 1945 NO MERCY! US Fighters Strafing Deep Into Germany


Deswegen habe ich auch meine laienhaften Überlegungen angestellt.
Da werden immer mal wieder Dinge behauptet, die das nachrechnen mit den 5 Fingern einer Hand nicht überstehen.....
 
Ich halte sehr viel vom audit risk approach und Plausibilitäten. Deshalb einige Hinweise zur Statistik:

1. Wie kommt man zu 1000 qm zum Nachrechen? Oben ist von "über 1000" die Rede, davor nach BW-Gutachten von 4000. Sofern man 1000 für richtiger hält, wäre vielleicht ein Hinweis für München angebracht, damit die ihre Rechnung korrigieren. Ansonsten Faktor 4.

2. zum Browning hat Gil-galad schon den Hinweis gegeben 600/min statt 1200. Faktor 2, Schußdauer bis zu 15 Sekunden insgesamt. Für den Durchschnittswert, den ich bislang so nicht betrachtet habe, aber den man nebenbei rechnen kann: 10/sek * 6 Stück bezogen auf ca. 4000 (Durchschnitt gemäß BW, aber da mag es Expertisen geben, die das bestreiten)

Die Streuungen u.a. durch werden auch gut in den Filmen sichtbar.

Dazu Hinweise, weil oben angesprochen

- die Kameras wurden bei Beschuss ausgelöst -> Zahl der Anflüge ein Mehrfaches, nach Berichten Faktor 2 bis 4.
- es gibt Hunderte Berichte, wonach Städte "blind" beschossen wurden, bei denen insbesondere im direkten Rückraum von 10, 20, 30 Kilometern Wehrmacht lag und die vor alliierten Vormarschräumen lagen. Die Berichte häufen sich für das Frühjahr 1945. Ebenso erfolgten hier Flächenbombardements. Einige Beispiele zum "breiten" (=einzelziellosen) Beschuss sieht man im Film. - man kann auch mal auf die Identifizierung einzelner Personen, insbesondere Zivilisten gerade bei den stehenden Zügen oder auf den Schiffen oder im Umfeld der Betriebsanlagen achten, in einzelnen Sequenzen bekommt man eine Vorstellung von der Geschwindigkeit und von den Vibrationen.


@Bdaian: da ich dieses Zitat so nicht finde, sondern das wohl Deine Zusammenfassung aufgrund von Filmen oder Flugerfahrung darstellt und sich vermutlich auf Aders bezieht, der einiges zum Luftkrieg publiziert hat:
Was verstehst Du eigentlich unter "nicht in der Lage, ... gezielt auf Einzelziele zu schießen"?

Ist gezielt verglichen mit Schwarzwild vom Hochsitz oder eine Angabe der ungefähren Richtung und des ungefähren, weil großen Zieles gemeint - sehr schön sichtbar bei einigen gefilmten Angriffen auf Züge, bei denen große Teile der Äcker links und rechts mit abgedeckt wird? Ersteres wäre absurd, Letzteres wird weder von Aders von Schnatz verneint.
 
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@Bdaian: da ich dieses Zitat so nicht finde, sondern das wohl Deine Zusammenfassung aufgrund von Filmen oder Flugerfahrung darstellt und sich vermutlich auf Aders bezieht, der einiges zum Luftkrieg publiziert hat:
Was verstehst Du eigentlich unter "nicht in der Lage, ... gezielt auf Einzelziele zu schießen"?

Ist gezielt verglichen mit Schwarzwild vom Hochsitz oder eine Angabe der ungefähren Richtung und des ungefähren, weil großen Zieles gemeint - sehr schön sichtbar bei einigen gefilmten Angriffen auf Züge, bei denen große Teile der Äcker links und rechts mit abgedeckt wird? Ersteres wäre absurd, Letzteres wird weder von Aders von Schnatz verneint.

Mit gezielt meine ich natürlich nicht einen beabsichtigten Kopf- oder Blattschuss auf eine Einzelperson platziert. Ein Fahrzeug im freien war jedoch kein schwieriges Ziel für einen normal ausgebildeten Jagdflieger ( siehe Rommels Auto). Einige Spezialisten haben erstaunliche Fähigkeiten entwickelt und sogar mit Querschlägern gearbeitet um verdeckte Ziele zu erreichen. Einzelne Personen im freien sind bei guter sicht auch auf 2 Km zu erkennen (vor allem vor einem kontraststarken Hintergrund wie z.B. eine helle Landstrasse) und können selbstverständlich gezielt beschossen werden. Eine Kaliber .50 hat eine Tragweite von fast 5 Km.

Ich habe mich auf folgenden Beitrag von einem Teilnehmer mit dem Nick "Lkkoeln" bezogen aus dem o.v. Forum auf Seite 2:Der Luftkrieg gegen Köln "Legenden und Tatsachen"


Da fliegt Ende 44/Anfang 45 eine =-47, P-38 oder P-51 übers Bergische Land mit einem "strafing"-Auftrag. Nicht eine, sondern wie üblich mindestens drei, seitlich hintereinader versetzt. Cruising speed: 290 - 350 mph, übliche Flughöhe um die 3000 feet. Einzelflug schon deswgen nicht, weil es damals immer noch heftige Luftkämpfe mit deutschen Jägern gab. Hat jemand von Euch schon mal im einem Jäger-Cockpit gesessen? In der P-51 kommt man sich vor wie in einem VW-Käfer: Tiefer Sitz, sehr hoch ragendes Instrumentenbrett, Sicht über die Motorhaube nach unten sauschlecht, bei P-38 besser. Die Maschinen waren ja für Luftkämpfe gebaut und nicht für Schlachtfliegereinsatz! Sicht nach unten also über den Winkel zwischen "Schnauze" und Tragfläche.
Ziele waren für "Interdiction"-Einsätze in erster Linie Nachschub auf Schiene, Straße und Wasserwegen, "Communication Centers" wie Ausladestellen an Dorfbahnhöfen, Depots, erkannte Funk(meß)stellungen, Marschkolonnen u.a.m.
Pilot ist also etwa 1 km hoch, die Maschinen vibrierten sehr stark (seht Euch die Schießfilme an), Thermik und Wind lassen die Maschine schaukeln, die Sicht ist nicht berauschend, denn seit Herbst 44 liegt Westdeutschland unter einer nie ganz aufreissenden Dunstschicht (Staub/Rauchschleier von Industroe und Stadtbränden). Wie soll da ein Pilot aus Diagonalentfernung von 2 km und bei der Geschwindigkeit einen einzelnen Menschen erkennen?
O.k. lassen wir die Maschinen in 1500 Fuß Höhe fliegen. Das reicht, um parallel zu einer grade im Flachland verlaufenden Straße aus einen Km Entfernung in Kfz oder Pferdegespann zu entdecken, in einen Bahnneigungsflug überzugehen umd zu schießen. Zeit. 4-5 Sekunden, dann musste er abfangen. Seht Euch die Schießfilme an, wie die Maschine dabei tanzt und schiebt! Der Pilot musste mit einer Hand den Gashebel betätigen, mit der anderen Hand den Knüppel und mit den Füßen steuern. Und auch aus so einer kurzen Entfernung ist das Ziel im Reflexvisier winzig klein! Über welligem oder bergigen Gelände wurde ein mögliches Zielobjekt oft zu spät ausgemacht, der Verband war schon drüber weg, bevor sich die Piloten darauf aufmerksam gemacht hatten, dann musste eingekurvt werden und ein neuer Zielanflug gemacht werden. Ich habe als Kind so einen Ligthningangriff im März 45 auf 3 Schützenpanzer miterlebt, die in unserem Dorf im Oberbergischen im Sichtschutz einer Scheune standen (einer davon ein Sani-Fahrzeug, weiß mit rotem Kreuz). Erst übers Dorf weg, hochziehen, hinter den Bergen verschwinden, und dann hintereinander herunterstoßend und feuernd, insgesamt 4 Anflüge, die Scheune brannte, die SPw fuhren ab in den Wald. Ein Wahnsinnsgeräusc, diese Turboladermotoren! Nach meiner kindlichen Erinnerung stand ich weit entfernt und es klatschten Geschosse um mich herum in die Wiese. 20 Jahre später war ich noch mal da: Die Entfernung zu Scheune waren keine 100 Meter, und was um mich herum geklatscht hatte, waren Geschosshülsen, die mir der Bauer zeigte.

Was die Erinnerung von "Zeitzeugen" sicher beeinflusst, sind die vielen Spielfilme, in denen ein Jäger parallel zum Boden fliegt und der Pyrotechniker kleine Sprengsätze am Boden zündet, die MG-Einschläge simulieren sollen (Z. B. beim Angriff auf den Flugplatz Pearl Harbour in "Verdammt in alle Ewigkeit"). Kein Arsch, pardon: kein Laie, macht sich Gedanken darüber, dass das bei einem Flugzeug mit starr noch vor gerichteten Schußwaffen gar nicht geht!
 
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