Luftkrieg: Alliierte Tiefflieger und NS-Propaganda

silesia

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In einer neuen Dissertation taucht das Thema "Tiefflieger" unter einem anderen Aspekt auf: deutsche Vernehmungslager alliierter Jägerpiloten. Geck: DULAG Luft/Auswertestelle West - Vernehmungslager der Luftwaffe für westalliierte Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg, 2008, Europ. Hochschulschriften III/1057.

Mitte 1943/Anfang 1944 steigerte sich der Bombenkrieg in bislang nicht gekannte Dimensionen (Ruhrgebiet/Hamburg/Kassel usw.). Die deutsche Propaganda reagierte darauf, mit Zielrichtung auf die Bevölkerung: Terrorangriffe, Luftverbrecher, Terrorflieger, Luftgangster. Dazu kamen Durchhalteparolen wie die Goebbels-Rede wenige Tage nach der Zerstörung von Kassel.

Die Alliierten griffen nun auch u.a. durch Jagdflugzeuge die Infrastruktur an: Eisenbahnen, Operation Chattanooga. Hier wurden im Frühjahr 1944 die ersten umfangreichen Tieffliegerangriffe gemeldet.

Die deutschen Untersuchungen an abgestürzten Jägern fanden auch Filme in Bordkameras mit Tieffliegerangriffen, die als Angriffe auf Personen gedeutet werden konnten, aber keine Klarheit brachten. Piloten sämtlicher USAAF-Jagdgruppen wurden in der Gefangenschaft verstärkt und gezielt auf solche Vorfälle hin vernommen. Bis Kriegsende kam bei diesen Befragungen wenig bis nichts heraus, auch die erbeuteten Filme von Bordkameras brachten keine klaren Beweise, die propagandistisch oder für Schauprozesse an "Terrorfliegern" benutzt werden konnten, obwohl dieses gezielt angestrebt wurde.

Nun gibt es zahlreiche Augenzeugenberichte, an anderer Stelle im Forum wurden die Kirchenberichte aus Süddeutschland erwähnt, die von solchen Angriffen hundertfach berichten. Ebenso heftig wurde die Diskussion um den Fall Tiefflieger in Dresden geführt, siehe zB:
http://www.geschichtsforum.de/231198-post14.html
ohne das dieses belegt wurde:
Die Zerstorung Dresdens 13. Bis 15 ... - Google Bücher

Hier beispielhaft das Zitat einer Berichterstattung (die ebenfalls eine Reihe offener Sachverhaltsfragen hinterläßt):
http://www.geschichtsforum.de/231270-post24.html

Bzgl. Dresden wurden übrigens auch technische Gutachten der Bundeswehr eingefordert. Daraus ergab sich zB, dass selbst ein kurzer Feuerstoß aus Bordwaffen von ca. 1 Sekunde einen Raum von 4000 qm abdeckte (ca. 40 mal 100 Meter). Man kann sich leicht vorstellen, dass bei Angriffen auf Gebäuden, Eisenbahnen, Brücken, usw. die in der Nähe befindlichen Personen den Eindruck direkter Angriffe auf sich erhalten konnten.

Frage: Was ist über die Intensität der NS-Propaganda zu laufenden Tiefflieger-Angriffen seit 1944 bekannt (die anlief, während Belege dafür trotz intensiver Nachforschungen nicht zu gewinnen waren). Welchen Nachhall hatte diese Propaganda auf die Zivilbevölkerung, die in das Kriegsgeschehen geriet? Ist es denkbar, dass die Präsenz der laufenden Berichterstattung auf die Wahrnehmung von Zeitzeugen Einfluß hatte, insbesondere eine Erklärung für nicht eindeutige Situationen bietet? Wie blieben diese Wahrnehmungen nach Kriegsende haften?

[Die Kernfrage ist dadurch angeregt, dass solche Berichte mit äußerster Bestimmtheit vertreten werden, allerdings der Umfang der Ereignisse bis heute völlig unklar ist. Dass es solche Angriffe gegeben hat, ist mE bei der Grundgesamtheit einigen Tausend Piloten und einigen zehntausend "Situationen", unter Streß und ggf. auch Aufputschmittel, mit Sicherheit anzunehmen. Die Frage ist also darauf gerichtet, ob die Propaganda bei den Zeitzeugen multiplizierend gewirkt haben könnte.]

P.S. Geck deckt dabei auch Falschdarstellungen in der bisherigen (Populär-)Literatur auf, zB Schilderungen vom Mai 1944 zu den "Greifswald Seven" - 8 (!) Piloten der 352nd Fighter Group
 
Die Wahrnehmung ist vermutlich stark geprägt durch ein Stadt- Land- Gefälle. Die Flächenbombardierungen überschatteten in der Wahrnehmung vermutlich das Gefühl der Bedrohung durch Tiefflieger in den Städten.

In diesem Sinne waren sicherlich eher die ländlichen Gemeinden betroffen von diesem Aspekt.

Allerdings haben die Jabos noch in der Spätphase des WW2 auch Ziele im Bereich von Ortschaften angegriffen. So z.B. in Staufen bei Freiburg. Völlig "sinnfreie Terrorangriffe" auf offensichtliche Zivilgebäude, unter dem Gesichtspuntk einer militärischen Zielauswahl.
 
Dass der einbeinige alte Kutscher oder die Bäuerin hinterm Pflug erschossen wurden, ist unbestreitbar. Mein Vater (13) hat es erlebt, meine Tanten (damals 11 und 8) mit Bollerwagen unterwegs auch. Es wurde Jagd auf alles gemacht.
Dieses Schlüsselerlebnis, Tieffliegerbeschuss bekommen zu haben, prägte ihn zeitlebens, weil er sich bep... hat.
 
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Frage: Was ist über die Intensität der NS-Propaganda zu laufenden Tiefflieger-Angriffen seit 1944 bekannt (die anlief, während Belege dafür trotz intensiver Nachforschungen nicht zu gewinnen waren). Welchen Nachhall hatte diese Propaganda auf die Zivilbevölkerung, die in das Kriegsgeschehen geriet? Ist es denkbar, dass die Präsenz der laufenden Berichterstattung auf die Wahrnehmung von Zeitzeugen Einfluß hatte, insbesondere eine Erklärung für nicht eindeutige Situationen bietet? Wie blieben diese Wahrnehmungen nach Kriegsende haften?

[Die Kernfrage ist dadurch angeregt, dass solche Berichte mit äußerster Bestimmtheit vertreten werden, allerdings der Umfang der Ereignisse bis heute völlig unklar ist. Dass es solche Angriffe gegeben hat, ist mE bei der Grundgesamtheit einigen Tausend Piloten und einigen zehntausend "Situationen", unter Streß und ggf. auch Aufputschmittel, mit Sicherheit anzunehmen. Die Frage ist also darauf gerichtet, ob die Propaganda bei den Zeitzeugen multiplizierend gewirkt haben könnte.]

P.S. Geck deckt dabei auch Falschdarstellungen in der bisherigen (Populär-)Literatur auf, zB Schilderungen vom Mai 1944 zu den "Greifswald Seven" - 8 (!) Piloten der 352nd Fighter Group

Nun muss ich ehrlich sagen, dass mir Berichte über Tieffliegerangriffe zu Dutzenden bekannt sind.
Nazi-Propaganda dazu, mir aber unbekannt geblieben ist.

Örtliche Chroniken berichten vom Frühjahr 45, dass die Feldarbeit bei Nacht verrichtet wurde, da immer wieder Bauern dabei angegriffen und auch getötet wurden.

Die bei Zeitzeugen zweifellos vorhandene Erbitterung über die "Jabos" hielt ich diesen Vorfällen geschuldet.

Könntest Du etwas zu dieser Propaganda verlinken? Würde, mich zumindest, sehr interessieren.
 
Meine beiden Eltern haben es auch unabhängig voneinander erlebt. Meine Mutter flüchtete in einen Hauseingang in Döbeln als eine Rotte Lightnings ("diese Flieger mit den zwei Schwänzen") die Strasse unter Feuer nahm auf der sie gerade lief, bei meinem Vater war es ein Strassengraben an einer Landstrasse in Bayern. Bei meinem Vater war in der Nähe ein Fliegerhorst, so dass die Alliierten Jäger längere Zeiträume sich dort umhertrieben und auf ein Ziel warteten.

Als ich Ihnen erzählte, dass heutige Historiker behaupten, sie würden unter einer Kollektiven Einbildung leiden und so etwas hätte tatsächlich niemals stattgefunden, waren sie ziemlich empört (um es höflich auszudrücken).
 
@Bdaian
Die meisten Historiker "behaupten", wohl auch teilweise mit Recht, das nicht die Zivilisten das Ziel waren sondern kriegswichtige Einrichtungen etc. beschossen wurden und die Zivilisten "nur" in die Schußbereiche hineingekommen sind.
 
Bzgl. Dresden wurden übrigens auch technische Gutachten der Bundeswehr eingefordert. Daraus ergab sich zB, dass selbst ein kurzer Feuerstoß aus Bordwaffen von ca. 1 Sekunde einen Raum von 4000 qm abdeckte (ca. 40 mal 100 Meter). Man kann sich leicht vorstellen, dass bei Angriffen auf Gebäuden, Eisenbahnen, Brücken, usw. die in der Nähe befindlichen Personen den Eindruck direkter Angriffe auf sich erhalten konnten.
Was Dresden Betrifft, berichtete schon die "Schlussmeldung" des SS- und Polizeiführer Elbe von Bordwaffenbeschuss: "Bei allen Angriffen war Bordbwaffenbeschuß festzustellen."

Walter Weidauer schrieb dazu in seinem Buch "Inferno Dresden" (Dietz Verlag 1965) auf Seite 50 (bezüglich Tagesangriff der Amerikaner vom 14. Februar): "Mit 311 'Fliegenden Festungen' und über 200 Jagdflugzeugen erschien die 8. amerikanische Luftflotte über der bereits zur Hölle gewordenen Stadt. Die Brutalität kannte keine Grenze. Neben dem Abwurf von 475 t Sprengbomben und 300 t Brandbomben war den begleitenden Jagdfliegern die Erlaubnis erteilt worden, 'Gelegenheitsziele' mit Bordwaffen anzugreifen. Tausende Obdachlose, Männer, Frauen und Kinder wurden gekillt, sie waren solche 'Gelegenheitsziele'.
Jetzt wird manchmal behauptet, es habe keinen Bordwaffenbeschuß gegeben. Das ist nicht richtig:
1. Es heißt schon in der bereits genannten Schlußmeldung vom 15. März 1945: 'Bei allen Angriffen war Bordwaffenbeschuß festzustellen.'
2. Mir haben viele Freunde, denen ich unbedingt vertraue, bestätigt, daß zumindest beim Tagesangriff am 14. Februar 1945 Bordwaffen eingesetzt waren.
3. Ich habe Ende 1945 an Baumstämmen im Großen Garten reihenweise Einschüsse von Infanteriegeschossen (Maschinengewehre) feststellen können. Das waren keine Einschlagstellen von Splittern. Der Schußkanal ging immer von oben schräg abwärts. Als Soldat des ersten Weltkriegs konnte ich das sehr wohl beurteilen."

Allerdings schreibt auch Weidauer nichts über die NS-Propaganda oder darüber, ob das Thema aufgebauscht und/oder zu Propagandazwecken benutzt wurde...



Saludos!
 
Erstmal vielen Dank für die bisherigen Beiträge, die auch auf die damalige Wahrnehmung eingehen. Dresden wüde ich gern ausklammern, da oben das Gutachten der Kommission verlinkt ist, die Tieffliegerangriffe ausschließt.

Zur Literatur:

SD und Luftwaffe gaben sich - wie bereits dargelegt - über die angesprochenen Kommissionen und Sonderermittlungen erhebliche Mühe, solche Berichte aufzuklären. Dieses gelang nicht.

Bei Geck findet sich folgendes Resümee (S.476) nach Auswertung der Aktenbestände:

"Insgesamt kann als gesichert gelten, dass weder je ein in deutschem Gewahrsam befindlicher alliierter Pilot eines konkreten Kriegsverbrechens überführt und dafür verurteilt werden konnte [Anm: obwohl hierzu Anstrengungen gemacht wurden, die von Geck geschildert wurden], noch dass die deutsche Propaganda sich einen solchen Fall zunutze machte."

Klar ist, dass dieses Resümee im Gegensatz zu den vielfachen Erlebnisberichten steht. Um hier den Hintergrund aufzuzeigen: speziell im Jahr 1945 geht aus den Geheimen Lageberichten der Wehrmachtsführung zur gegenseitigen Unterrichtung der Wehrmachtsteile hervor, dass an manchen Tagen bis zu 1200 alliierte Jäger zuzüglich einiger Hundert mittlerer Bomber über bestimmten Regionen auftraten. Daraus läßt sich ableiten, dass speziell in den letzten 12 Kriegsmonaten das Reichsgebiet - auch die ländlichen Regionen, Kleinstädte - unter permanenter Luftbedrohung und Luftangriffen lebten. Dabei wurden massenhaft selbst kleinere Ziele angegriffen (zB kleine Brücken, einzelne Gebäude).

Das große Problem ist mE, die Zeitzeugenberichte zu ordnen. Bereits die Ermittlungen im Fall Dresden haben nach den Untersuchungen ergeben, dass ein Teil der Berichte als unklar oder unrichtig ausscheidet (ich meine, hier eine Zahl von rd. 50% gelesen zu haben). Bei den verbleibenden Berichte wird es um drei Kategorien gehen:

a) Angriffe, die im räumlichen Umfeld mit anderen Zielen in Verbindung stehen, etwa im Umfeld von 200 - 400 Meter (Gebäude oder Ortschaften, Straßenkreuzungen, Eisenbahnlinien, Brücken, Fahrzeuge, Flugplätze)
b) Konzentrierte Angriffe durch schwere Bomber und - behauptete - anschließende Tieffliegerangriffe auf Personen
c) isolierte Angriffe auf Personen ohne räumliche Nähe zu weiteren Zielen

Eine weitere These: die Aktenlage im Zusammenbruch 1945 ist unvollständig.
Es gab einige Hundert (Bomben-)Angriffe auf Mittelstädte im Norden, Westen und Süden Deutschlands. Gibt es hier 1945 - analog zu Dresden - einen weiteren bestätigten Fall in dieser Konstellation: schwerer Bombenangriff mit direkt anschließenden Schilderungen von Tieffliegern über der bombardierten Stadt? Mir sind nur Berichte bekannt, nach denen an folgenden Tagen Beschießungen einzelner Gebäude (zB Bahnhöfe, Industrieanlagen) durch Tiefflieger stattfanden. Auch solche Angriffe wurden häufig mit den an die Waffenauslösung gekoppelten Bordkameras gefilmt.

Um zeitlich noch weiter vorzugreifen: die deutsche Propaganda behauptete bereits bei den ersten Nachtangriffen der RAF, dass Feuerwehr und Personen beschossen worden seien (Beispiel im Ruhrgebiet). Dieses ist gezielt bei Nachtangriffen technisch auszuschließen.


P.S.: die Propaganda kann ich nicht verlinken, die Aussagen sind der Arbeit von Geck entnommen.
 
Nach internationalem Recht ist alles erlaubt aus der Luft zu beschiesen wenn es dem Feind irgendwie nutzt.

Oder im Klartexst alles ist ein Ziel auser wenn es die Großmächte anders sehen.
 
Das ist natürlich absolut unrichtig, die Aussage von Zoki55. Zumindest sieht der Normenkatalog der Haager Landkriegsordnug, insbesondere der §25, ein Schutz von zivilen Einrichtungen, insbesondere Rotkreuzeinrichtungen etc. vor. Von einem Freibrief kann absolut nicht gesprochen werden!

Dass es in der Praxis teilweise anders gehandhabt wird, ist ein anderes Thema.

Haager Landkriegsordnung ? Wikipedia
 
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Das große Problem ist mE, die Zeitzeugenberichte zu ordnen. Bereits die Ermittlungen im Fall Dresden haben nach den Untersuchungen ergeben, dass ein Teil der Berichte als unklar oder unrichtig ausscheidet (ich meine, hier eine Zahl von rd. 50% gelesen zu haben). Bei den verbleibenden Berichte wird es um drei Kategorien gehen:

a) Angriffe, die im räumlichen Umfeld mit anderen Zielen in Verbindung stehen, etwa im Umfeld von 200 - 400 Meter (Gebäude oder Ortschaften, Straßenkreuzungen, Eisenbahnlinien, Brücken, Fahrzeuge, Flugplätze)
b) Konzentrierte Angriffe durch schwere Bomber und - behauptete - anschließende Tieffliegerangriffe auf Personen
c) isolierte Angriffe auf Personen ohne räumliche Nähe zu weiteren Zielen


Es gab einige Hundert (Bomben-)Angriffe auf Mittelstädte im Norden, Westen und Süden Deutschlands. Gibt es hier 1945 - analog zu Dresden - einen weiteren bestätigten Fall in dieser Konstellation: schwerer Bombenangriff mit direkt anschließenden Schilderungen von Tieffliegern über der bombardierten Stadt? Mir sind nur Berichte bekannt, nach denen an folgenden Tagen Beschießungen einzelner Gebäude (zB Bahnhöfe, Industrieanlagen) durch Tiefflieger stattfanden. Auch solche Angriffe wurden häufig mit den an die Waffenauslösung gekoppelten Bordkameras gefilmt.

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Zu (c) hätte ich einen konkreten Fall:
Nusplingen Kreis Balingen (heute Zollernalbkreis) 2 Frauen und ein 13jähriger aus einem Nachbarort werden bei der Feldarbeit im März 1945 von Jabos beschossen und getötet, es gibt keine Eisenbahnlinie, keine überregionale Straße oder sonst etwas in der Nähe. (Kreisbeschreibung Balingen 1961 Band II)

In Laufen/Eyach versuchte der Pilot eines abgeschossenen/abgestürzten Jabos herankommende Zivilisten (die ihm gar nichts tun wollten) mit Pistolenschüssen zu verjagen. (aaO)
Die Schreckenspropaganda scheint demnach auch in der Gegenrichtung vorhanden gewesen zu sein.


Eine weitere These: die Aktenlage im Zusammenbruch 1945 ist unvollständig.
Das ist ganz sicher.
Der Zusammenbruch war ja ein totaler. Es gab eine ganze Zeit eigentlich keinerlei Informationsmedien, mit der Folge, dass die Mundpropaganda ins ungeheuerliche gewachsen ist.
Sehr viele Mären aus dem Jahr 45, die heute noch tradiert werden, haben ihren Ursprung darin. Es ist äußerst schwierig dem Wahrheitsgehalt solcher Stories auf den Grund zu kommen. Und die "Jabos" gehören klar hier rein.
 
Die Schreckenspropaganda scheint demnach auch in der Gegenrichtung vorhanden gewesen zu sein.

Der Entwurf des Lyncherlasses von Hitler vom Sommer 1944 gehört hier rein. Die Luftwaffe hatte davor Skrupel, wegen der befürchteten verschärften Behandlung eigener Piloten. Von SD etc. wurde das forciert, zT bei abgestürzten Fliegern auch provoziert.

Deshalb wurde der Aufwand betrieben, einen "gesicherten" Fall zu finden, der deutsche Repressalien gegen alliierte Flugzeugbesatzungen international rechtfertigen sollte: so aus der Aktenlage zu entnehmen. Man war später der Meinung, bei den "Greifswald Seven" einen solchen Fall zu haben, der wohl jedoch nicht als belastbar angesehen wurde und in der Aktenlage verschwand (und später fälschlich von der Publizistik wieder ausgegraben wurde).

Jedenfalls dürften alliierte Besatzungen, die später im Gewahrsam bis auf einen kleineren Prozentsatz "ordnungsgemäß" nach Kriegsrecht behandelt wurden (-> siehe Analyse Geck), sich dieser Gefahren bei Anschüssen allgemein bewußt gewesen sein.

Von der Luftwaffe wurden übrigens die angeblichen Fälle des Beschießens abgeschossener Piloten am Fallschirm ähnlich untersucht wie Berichte über Beschießungen von Zivilisten. Dagegen tauchen solche Berichte in der Memoirenliteratur auf.

noch zwei Beispiele, die das Problem der Vermischung zeigen:
http://www.rhaude.de/umland/burlage/burlage45.htm
dort 18.4.1945
http://www.archiv-oberaussem.com/doku.php?id=2.weltkrieg-oberaussem:luftangriffe:1944
dort 29.11.1944
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist natürlich absolut unrichtig, die Aussage von Zoki55. Zumindest sieht der Normenkatalog der Haager Landkriegsordnug, insbesondere der §25, ein Schutz von zivilen Einrichtungen, insbesondere Rotkreuzeinrichtungen etc. vor. Von einem Freibrief kann absolut nicht gesprochen werden!

Dass es in der Praxis teilweise anders gehandhabt wird, ist ein anderes Thema.

Haager Landkriegsordnung ? Wikipedia


Zivile Gebäude, woher weis man nicht das eine Flag dort steht.

Diese ganzen Kriegsordnungen sind wie die Bibel in unendlicher Form auslegbar.
 
Zivile Gebäude, woher weis man nicht das eine Flag dort steht.
Intensives draufschauen.;)
Diese ganzen Kriegsordnungen sind wie die Bibel in unendlicher Form auslegbar.
Meinst Du "beliebig" auslegbar?

Bei den Religionen scheint es Gemeinschaften zu geben, die sich lieber die eigene Schrift schrieben, weil sie die bis dahin existenten religiösen Texte nicht in ihrem Sinn auslegen konnten.

Beim Luftkriegsrecht des 2. WK lag das Problem eher darin, dass es keine besonderen Luftkriegsregeln gab (die Haager Luftkriegsordnung kam ja nicht zustande), die man hätte auslegen können, so dass man auf einzelne Vorschriften der Landkriegsführung mit Luftkriegsbezug (vgl. Beitrag von thanepower) und auf den traditionell verschieden interpretierten allgemeinen "Kriegsbegriff" zurückgreifen musste.
 
a) Angriffe, die im räumlichen Umfeld mit anderen Zielen in Verbindung stehen, etwa im Umfeld von 200 - 400 Meter (Gebäude oder Ortschaften, Straßenkreuzungen, Eisenbahnlinien, Brücken, Fahrzeuge, Flugplätze)
b) Konzentrierte Angriffe durch schwere Bomber und - behauptete - anschließende Tieffliegerangriffe auf Personen
c) isolierte Angriffe auf Personen ohne räumliche Nähe zu weiteren Zielen

Eine weitere These: die Aktenlage im Zusammenbruch 1945 ist unvollständig.
Es gab einige Hundert (Bomben-)Angriffe auf Mittelstädte im Norden, Westen und Süden Deutschlands. Gibt es hier 1945 - analog zu Dresden - einen weiteren bestätigten Fall in dieser Konstellation: schwerer Bombenangriff mit direkt anschließenden Schilderungen von Tieffliegern über der bombardierten Stadt? Mir sind nur Berichte bekannt, nach denen an folgenden Tagen Beschießungen einzelner Gebäude (zB Bahnhöfe, Industrieanlagen) durch Tiefflieger stattfanden. Auch solche Angriffe wurden häufig mit den an die Waffenauslösung gekoppelten Bordkameras gefilmt.

Ich stimme dir auf jeden Fall bei Punkt a und c zu. Allerdings habe ich mit b so meine Probleme. Ich kann mich auch erinnern, dass es einer der Gründe für die Zweifel an den Berichten aus Dresden war. Es ist nämlich für einen Jägerpiloten mit erheblichen Gefahren verbunden in eine brennende Stadt bzw. deren direktes Umfeld sehr tief einzufliegen, er riskiert dabei einen Strömungsabriss unter den Tragflächen und damit seinen Absturz. Zudem findet man in der Peripherie deutlich einfachere Ziele.

Zu den Luftangriffen auf Mittelstädte: Ich habe einen Augenzeugenbericht über den Angriff auf Pforzheim gehört. Die Frau berichtete zwar sehr ausführlich von den Schrecken des Angriffs, aber von keinem Eingreifen von Jabos nach dem Angriff (bei dem eigentlichen Angriff handelte es sich um einen Nachtangriff der RAF, hier verbietet sich ein Tiefflugangriff per se).

Mein Großvater hat immer wieder eine Geschichte erzählt, dass er selbst von Tieffliegern attackiert worden wäre und zwar auf dem Weg zwischen zwei Dörfern. Hier kann ich mit einiger Sicherheit sagen, dass sich bei dem Erlebten verschiedene Eindrücke vermischten:
1. Er bezeichnete das angreifende Flugzeug immer als "Stuka". Er war als Sani sowieso nicht in der Lage den korrekten Typ der Maschine zu erkennen, ich denke deshalb, dass er die Begriff Jabo und Stuka gleichgesetzt hat.
2. Er berichtete von einem Angriff über mehrere Stunden, was aber objektiv unmöglich ist. Es handelt sich wohl eher mehrere Anflüge, bei denen er sich immer wieder in Sicherheit bringen musste und sich die gefühlte Zeitspanne erheblich in die Länge zog. Bemerkenswert dabei finde ich die Tatsache, dass der Pilot sich die Mühe gemacht hat, eine einzelne Person mehrfach anzugreifen.
Ich will seine Geschichte nicht anzweifeln, aber man merkt, dass sich die Wahrnehmung, auch durch die lange Zeitspanne seit dem Erlebnis, verzerrt hat.

Die alliierten Piloten warfen ihren deutschen Gegenstücken schon in der frühen Kriegsphase immer wieder vor, auf an ihren Fallschirmen hängenden Piloten geschossen zu haben. Die deutschen Zeitzeugen konterten mit genau dem gleichen Vorwurf vor allem gegen die Piloten der USAAF.
 
Ich kann mich iM nicht an die Quelle erinnern, glaube aber gelesen zu haben, dass es im Frühjahr 45 Ziel und Strategie war, die Verkehresverbindungen, auch unwesentliche, nachdrücklich zu stören.
Die Angriffe auf Bahnlinien erfolgten nach Fahrplan, wo die Züge auf Brücken und in Geländeeinschnitten bevorzugt angegriffen wurden.
Ab 8.00 Uhr morgens ging es los, so dass von der Bevölkerung nach Möglichkeit alle Wege vorher erledigt wurden.

An irgendeinem Tag Frühjahr ´45 wurde doch versucht, das gesamte noch nicht besetzte Gebiet, insbesondere noch nie "besuchte" Ecken, flächendeckend mit Jabos anzugreifen. Ohne Beschuss macht das ja wenig Sinn, und in den noch nie "besuchten" Ecken wird an militärischem wenig bis nichts zu finden gewesen sein.
Ergo: Es wird auf alles geschossen was sich irgendwie bewegt. (Meine These)

Für die angeführten Punkte (außer "Meine These") kann ich im Zweifel Quellen beibringen.
 
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