Lebensbedingungen im Bergbau

Die Bergleute haben früher immer Kanarienvogel im Käfig mit nach unten genommen denn die merkten als erstes das was in der Luft war oder diese schlechter wurde.wenn die von der Stange fielen war Gefahr im anzug.

Bergbaugeschichte

Kanarienvogel - Bedeutung, Definition, Erklrung

Richtig, das wurde so gemacht. Hat aber leider nicht richtig funktioniert. Die Vögel fallen nur kurz vor dem Menschen um, bei zu geringem Sauerstoffgehalt in der Luft. Aber bei einer hohen Methangaskonzentration hilft das auch nicht. Die Explosionsgrenzen Methan/Luft ist meist vorher erreicht. Und dann brauchts nur einen Funken oder eine Flamme in einer beschädigten Grubenlampe und das Schlagwetter ist da.

Apvar
 
Tenfelde/Ritter nennen als Wanderweg des polnischen Bergmanns an der Ruhr, vom Landarbeiter in der Provinz Posen, über den Bauarbeiter in Berlin, dann vielleicht noch als Erdarbeiter im Kanalbau, bis er schließlich in der Zeche landete.
Mit anderen Worten, Bauarbeiter war insgesamt deutlich attraktiver als Landarbeiter, und am attraktivsten war in der Summe der Faktoren die Bergarbeit.

Die Interpretation ist interessant. Es stellen sich zwei Fragen:

- wenn man in der Sozialgeschichte verharrt: welche anderen Motivationen sind untersucht und ausgeschieden worden?
- wenn man den makroökonomischen Kontext berücksichtigt: was waren die "Treiber" der Wanderungsbewegung Ost-West?

Ohne Klärung in den beiden Bereichen würde ich mich einer Zuordnung nach Attraktivität nur sehr vorsichtig nähern.


Zu den Kanarienvögeln: in einer bestimmten Region wegen des Trällerns auch genannt: "Harzer Roller" (wie der Käse)
 
Die Interpretation ist interessant. Es stellen sich zwei Fragen:

- wenn man in der Sozialgeschichte verharrt: welche anderen Motivationen sind untersucht und ausgeschieden worden?
- wenn man den makroökonomischen Kontext berücksichtigt: was waren die "Treiber" der Wanderungsbewegung Ost-West?

Zur Zeit der frühen Industriealisierung war Polen noch aufgeteilt, so dass es keine Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt gab.
Insofern ist die Ost-West-Wanderung ökonomisch plausibel, die Arbeiter verhielten sich relativ marktkonform im Sinne des Frühkapitalismus, indem sie örtlich mobil dahin wanderten, wo sie jeweils mehr verdienten. Gleichzeitig hielten sie das jeweilige Lohnniveau in Landwirtschaft, Baugewerbe und Bergbau niedrig.
Interessant wäre für mich, ob man einen örtlichen Zusammenhang herstellen kann, zwischen der Heimarbeiter/Weberkrise im östlichen Preußen/Deutschland und der Abwanderung von Arbeitskräften nach Westen oder in östliche Industriezentren.
Im frühen 20. Jhdt war ein Arbeitsplatz im Bergbau durchaus attraktiv, die Arbeiter wurden vergleichsweise sehr gut bezahlt und waren mitsamt ihrer Familie durch ihre eigene Kranken- und Rentenversicherung Knappschaft ? Wikipedia gut abgesichert.
Wenn der Verdienst stimmt, finden sich zu allen Zeiten Menschen, die bereit sind, das Risiko von gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen einzugehen. Viele werden ursprünglich nur "einige Jahre in der Grube" geplant haben, um für sich und ihre Familie eine finanzielle Grundlage zu schaffen.
 
[...]
- wenn man den makroökonomischen Kontext berücksichtigt: was waren die "Treiber" der Wanderungsbewegung Ost-West?
- Arbeitsmangel, Arbeitslosigkeit, Hunger...

Den wichtigsten Faktor für den enormen Anstieg des Bedarfs an Arbeitskräften im Bergbau stellte die Erfindung der Dampfmaschine dar. Dadurch wurde das Abpumpen des einschießenden Grundwassers beim Vorstoß in größere Tiefen ermöglicht:

Der Schachtbau löste den Stollenbergbau ab, die Fördermenge konnte vervielfacht werden, ergo wuchs der Bedarf an Arbeitskräften immens.
 
Zur Zeit der frühen Industriealisierung war Polen noch aufgeteilt, so dass es keine Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt gab.

Das gilt aber lediglich für die polnischsprachigen preußischen Provinzen. Nach Außen war recht rigoros abgeschottet. Die aus russ. Polen kommenden Landarbeiter bekamen lediglich Aufenthaltsgenehmigungen für 6 Monate.


- Arbeitsmangel, Arbeitslosigkeit, Hunger...

Den wichtigsten Faktor für den enormen Anstieg des Bedarfs an Arbeitskräften im Bergbau stellte die Erfindung der Dampfmaschine dar. Dadurch wurde das Abpumpen des einschießenden Grundwassers beim Vorstoß in größere Tiefen ermöglicht:

Der Schachtbau löste den Stollenbergbau ab, die Fördermenge konnte vervielfacht werden, ergo wuchs der Bedarf an Arbeitskräften immens.

für die mögliche Fördermenge muss auch ein Absatz da sein.

Die Interpretation ist interessant. Es stellen sich zwei Fragen:

- wenn man in der Sozialgeschichte verharrt: welche anderen Motivationen sind untersucht und ausgeschieden worden?
- wenn man den makroökonomischen Kontext berücksichtigt: was waren die "Treiber" der Wanderungsbewegung Ost-West?

Ohne Klärung in den beiden Bereichen würde ich mich einer Zuordnung nach Attraktivität nur sehr vorsichtig nähern.

Du bist ein vorsichtiger Mensch.:D

Du meinst Motivationen für die Binnenwanderung, oder für die Bergarbeit?

Zum "makroökonomischen Kontext" benötige ich eine Begriffsklärung.

Die Zeit vor 1871 klammere ich mal aus, die Baustelle scheint mir so schon groß genug
 
- Arbeitsmangel, Arbeitslosigkeit, Hunger...

Den wichtigsten Faktor für den enormen Anstieg des Bedarfs an Arbeitskräften im Bergbau stellte die Erfindung der Dampfmaschine dar. Dadurch wurde das Abpumpen des einschießenden Grundwassers beim Vorstoß in größere Tiefen ermöglicht:

Der Schachtbau löste den Stollenbergbau ab, die Fördermenge konnte vervielfacht werden, ergo wuchs der Bedarf an Arbeitskräften immens.

Ich weiss nicht ob wir das zu einfach sehen. Die Industrialisierung in Deutschland kam erst richtig in Schwung als die Eisenbahn im Aufbau war, und zwar Flächendeckend. Ohne die Eisenbahn hätte man die menge an Gütern nicht bewegen können, sie selbst brauchte aber auch immense Mengen an Rohstoffen, wie Holz für die Schwellen, Eisen für die Schienen, Waggon's und Lokomotiven und nicht zu letzt Kohle um Dampf zu erzeugen. Durch denn plötzlich enorm ansteigenden Roheisen und Stahlbedarf war wiederum ein starker Anstieg an Kohleverbrauch bei der Verhüttung zu beobachten. Da musste zwangsläufig auch die Fördertechnik im Pütt verbessert werden. Und die Stahlindustrie, als auch die Eisenbahn haben viele Leuten Arbeitsplätze angeboten. Nicht umsonst wurde überall Zechensiedlungen, Eisenbahnersiedlungen und Arbeiterwohnungen gebaut.

Apvar
 
- wenn man in der Sozialgeschichte verharrt: welche anderen Motivationen sind untersucht und ausgeschieden worden?
- wenn man den makroökonomischen Kontext berücksichtigt: was waren die "Treiber" der Wanderungsbewegung Ost-West?
Rena bringt in dem Zusammenhang erstmal den wichtigsten Hinweis. Polen existierte seit dem Wiener Kongress nicht mehr. Wir sprechen also von polnischsprachigen Preußen bzw. ab 1871 Deutschen. Vor der Reichsgründung war auch das Ruhrgebiet Preußen, wir betrachten also eine inländische Migrationsbewegung von einer strukturschwachen in eine strukturstarke Region. Repos Attraktivitätsargumentation kann ich mich nicht zu 100% anschließen. Die Attraktivität kann durchaus ausschlaggebend gewesen sein, was die Wahl des neuen Arbeits- und Lebensortes betrifft, Attraktivität ist allein aber nicht ausschlaggebender Motivator seine Heimat und sein soziales Umfeld zu verlassen. Die Loslösung aus der heimatlichen Verankerung braucht eine Vielzahl an Negativfaktoren als Auslöser für eine Abwanderung. Christoph Kleßmann ("Polnische Bergarbeiter im Ruhrgebiet") nennt fünf ursächliche Faktoren, die zur Abwanderungsbewegung geführt haben:
1. Die allgemeine ländliche Überbevölkerung, die durch die Landwirtschaft nicht mehr aufzufangen war.
2. Die besondere agrarische Struktur der östlichen Provinzen.
3. Die soziale und wirtschaftliche Stellung der unterbäuerlichen Schicht.
4. Das Problem der ausländischen Wanderarbeiter.
5. Eine allgemeine Wanderungsbereitschaft.
Zu 1: In den preußischen Ostprovinzen gab es im Vergleich zum preußischen Landesdurchschnitt einen starken Geburtenüberschuss. Besonders stark war dieser Geburtenüberschuss bei der polnischsprachigen Bevölkerung (irgendwo - bloß wo - habe ich dazu auch eine schicke Statistik, ich such mal). Dieser fast schon sprunghafte Bevölkerungsanstieg ab 1866 konte durch die Landwirtschaft weder als Arbeitgeber noch als Ernährer aufgefangen werden.

Zu 2: Hier ist die Kehrseite der preußischen Agrarreform gemeint. Durch die Aufhebung der Leibeigenschaft und dem gleichzeitigen Einzug von so genanntem nicht regulierungsfähigen Kleinbesitzes kam es zu einer sprunghaften Vergrößerung der Gruppe der annähernd besitzlosen Landarbeiter in den preußischen Ostprovinzen. Verstärkend kommt noch hinzu, dass es durch die gerade in Ostpreußen nach wie vor staatlich protegierten Güter zu einer überzogenen Konkurrenzsituation auf dem Agrarmarkt kam, da die Großgrundbesitzer die Angebotspreise nachaltiger drücken konnten was gerade Kleinbauern und Landarbeitern finanziell nachhaltig schadete.

Zu 3: Durch Innovationen und Änderungen in der Landwirtschaft in den Ostprovinzen verschiebt sich der Arbeitskräftebedarf auf die Sommersaison (weniger Viehhaltung, dafür mehr Bodenkultur, Dreschmaschine). Gleichzeitig werden Landarbeiter nach wie vor überwiegend in Naturalien bezahlt, was insbesondere ein Überbrücken der arbeitslosen Zeit schwierig bis unmöglich macht.

Zu 4: Gerade in den preußischen Grenzregionen wurden bevorzugt Wanderarbeiter angeheuert. Für Ausländer gab es - im Gegensatz zu Preußen/Deutschen keine sozialen Pflichten seitens der Arbeitgeber. Zudem waren die Wanderarbeiter billiger und leichter wieder zu entlassen.

Zu 5: Hiermit meint Kleßmann die sozialpsychologische "Wanderlust", also die Bereitschaft zeitlich befristet seine Heimat und sein soziales Umfeld zu verlassen um eine ökonomische und soziale Verbesserung seines Lebensstandards zu erreichen.

Das Ruhrgebiet war mit Beginn der Industrialisierung noch verhältnismäßig dünn besiedelt. Der erhöhte Arbeitskräftebedarf mit dem Einsetzen der Industrialisierung konnte auch durch Zuwanderung aus den umliegenden ländlichen Gebieten nicht gedeckt werden, so dass sich der Radius der Zuwanderung immer mehr vergrößerte und eben auch entsprechende finanzielle und soziale Anreize geschaffen wurden, die Arbeiter in das Ruhrgebiet locken sollten. Eine Arbeitermigration war vor der Reichsgründung v.a. innerhalb des Königreichs Preußen leichter und eben auch finanziell lukrativer als es beispielsweise eine grenzüberschreitende Migration und damit verbunden der Status eines ausländischen Arbeiters gewesen wäre. Und genau an diesem Punkt bin ich jetzt auch bei Repo und seiner Attraktivitätsargumentation: die Negativfaktoren in der Heimat waren gegeben (siehe oben die Gründe nach Kleßmann) und das Ruhrgebiet hat sich aufgrund einer entsprechenden Bedarfssituation enorm sexy gemacht. Und zwar so sexy, dass andere Bedarfsregionen, so es sie denn gab (die meisten konnten aber aus dem eigenen Umland ausreichend Arbeiter anwerben) nicht mithalten konnten. Die Zuwanderung der Ruhrpolen wurde außerdem für andere umso leichter, je größer die bereits existierende polnischsprachige Gemeinde bereits war. Man hatte also in der Fremde trotzdem wieder ein Stück Heimat. Hier kann man also ein klassisches Follower-Prinzip unterstellen, insbesondere weil die ersten Ruhrpolen junge Männer ohne sozialverpflichtende Bíndungen waren.
 
@Apvar:
Du liegst richtig. Dennoch ein paar kleine Anmerkungen:

Die Verkokung und damit die Steigerung der Rentabilität des Brennstoffs Kohle zur Stahlerzeugung und die Stahlerzeugung fanden schon vor der Entdeckung der Eisenbahn statt. Durch den Gleisbau erhielt die Stahlerzeugung allerdings einen neuen beträchtlichen Absatzmarkt.

Bis zum Einsatz der Eisenbahn wurde die Kohle über die Ruhr verschifft und das in großen Mengen. Die Ruhr wurde durch zahlreiche Schleusen schiffbar gemacht.
 
. Die Zuwanderung der Ruhrpolen wurde außerdem für andere umso leichter, je größer die bereits existierende polnischsprachige Gemeinde bereits war. Man hatte also in der Fremde trotzdem wieder ein Stück Heimat. Hier kann man also ein klassisches Follower-Prinzip unterstellen, insbesondere weil die ersten Ruhrpolen junge Männer ohne sozialverpflichtende Bíndungen waren.

Das ist zweifellos so gewesen. Eine Erscheinung die auch bei den Auswanderern immer wieder festzustellen ist. Der eine zieht dem anderen nach.
Außerdem ergab sich im Ruhrgebiet dann auch ein ganz erheblicher Männerüberschuss, die "jungen Männer" ließen dann teilweise Schulfreundinnen und Nachbarsmädchen nachkommen.

Die abgewanderten ehemaligen Landarbeiter führten auf den Gütern des Ostens zu einem "Leutemangel" der durch Saisonarbeiter aus dem russ. und auch österr. Polen ausgeglichen wurde. Die aber, wie gesagt, lediglich kurzfristige Aufenthaltsbewilligungen bekamen, oder gleich "schwarz" über die Grenze gekommen sind.
 
Erstmal vielen Dank für die Anmerkungen von rena, Hulda, Repo, Apvar und natürlich Lili für die instruktiven Beiträge.

Bei meiner Nachfrage waren mir die "soziale Frage" und die Lebens- und Arbeitsverhältnisse im deutschen Osten schon klar, von daher auch die initialen Gründe für die Abwanderung. Ihr habt die Umstände nochmals aufgegriffen, die zur Loslösung im Osten bzw. zum Einsetzen der Wanderungsbewegungen selbst führte. Der Kern zielte auf eine weitergehende These, die hiernach erst überhaupt ansetzt, nämlich:

Tenfelde/Ritter nennen als Wanderweg des polnischen Bergmanns an der Ruhr, vom Landarbeiter in der Provinz Posen, über den Bauarbeiter in Berlin, dann vielleicht noch als Erdarbeiter im Kanalbau, bis er schließlich in der Zeche landete.
Mit anderen Worten, Bauarbeiter war insgesamt deutlich attraktiver als Landarbeiter, und am attraktivsten war in der Summe der Faktoren die Bergarbeit.
Diesen Hinweis habe ich als Beschreibung einer auch weiteren Abfolge verstanden, also konsekutiv in Folge einer unterschiedlichen Attraktivität der Branchen.

@Hulda: die Verschiffung der Kohle spielte auch parallel zur Eisenbahn eine ganz wesentliche Rolle. Interessant wäre der direkte Vergleich zur Bedeutung der Eisenbahn, hat dazu jemand Zahlen über die Transportvolumina?

@rena
Die Absicherungen im Bergbau, Knappschaft etc., hatten ja nun auch ihren guten Grund und ihr Spiegelbild in den Arbeitsrisiken, die eben höher waren. In der Attraktivität zwischen den Branchen fliesst das alles zusammen, und auf dem Bau wurde ähnlich bezahlt.
 
Die Massentransporte der Kohle per Schiff parallel zur Eisenbahn gewannen mE erst durch den Kanalbau an Bedeutung.
Wenn ich mich richtig erinnere, verlor speziell die Ruhrschifffahrt durch die Eisenbahn an Bedeutung. (Leider befindet sich meine Literatur dazu in irgendeiner Kiste im Keller :rotwerd:)
 
Diesen Hinweis habe ich als Beschreibung einer auch weiteren Abfolge verstanden, also konsekutiv in Folge einer unterschiedlichen Attraktivität der Branchen.


Dich interessieren weniger die Pull-Faktoren, Du willst wissen warum Tenfelde/Ritter den Ablauf so darstellen?
Du wirst lesen.:)

tolle Worte weißt Du.:winke:

Die Absicherungen im Bergbau, Knappschaft etc., hatten ja nun auch ihren guten Grund und ihr Spiegelbild in den Arbeitsrisiken, die eben höher waren. In der Attraktivität zwischen den Branchen fliesst das alles zusammen, und auf dem Bau wurde ähnlich bezahlt.
Das ist einer der Punkte, den ich gerne Hinterfragen würde.
Die Berufsgenossenschaften, zuständig für Arbeitsunfälle, gab es ja schon in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, wäre doch mal interessant, wenn da jemand Statistiken auspacken könnte,
wie das Risiko in Bezug auf Arbeitsunfälle im Vergleich tatsächlich aussah.
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe gerade einen Interessanten link zum Steinkohlebergbau im Ruhrpott gefunden. Geschichte und Bergbau in Nordrhein-Westfalen | Geschichte der Förderung | Steinkohle-Portal

Dort sind auch einige weitere Unterpunkte mit Interessanten Informationen.

Einem einem Artikel über die Eisenbahn im Ruhrgebiet wurde dargelegt das der Bergbau, die Stahlindustrie und die Eisenbahn sich gegenseitig mit der Nachfrage befruchtet haben. Und nicht nur der Rohstahl, die Kohle und Koks haben der Eisenbahn und Schifffahrt während der Industrialisierung einen gigantischen Aufschwung beschert. Des weiteren wurden Maschinenfabriken benötigt welche die Maschinen für den Bergbau und der Stahlindustrie herstellen konnten. Durch die plötzliche Nachfrage wurde zum Beispiel im Ruhrgebiet sehr viel Bier gebraut. Dafür wurde Gerste benötigt. Um die Menschen an der Ruhr zu versorgen werden die Bauernhöfe auch nicht mehr gereicht haben. Also werden die Lebensmittel auch per Bahn ins Ruhrgebiet gekommen sein. Also ab etwa 1840 war das Ruhrgebiet eine gigantische Boom-Zone, welche Arbeiter wie ein Gigantischer Staubsauger aufgesogen hat. Damit geht einher das die Löhne steigen. Und dadurch das Post relativ schnell transportiert werden konnte, wurde relativ schnell bekannt das im Ruhrpott gutes Geld verdient werden konnte, zumindest aus Sicht der Leute vom Lande.

Apvar

P.S. Zu den Arbeitsunfällen habe ich noch einen Link gefunden, der Aussagekräftig ist, aber leider nur bis in die 80'er zurück reicht.
http://docs.google.com/viewer?a=v&q...WpKHmU&sig=AHIEtbTN1JOwhRd_yHJ46rpzlEkUiReeiA
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Massentransporte der Kohle per Schiff parallel zur Eisenbahn gewannen mE erst durch den Kanalbau an Bedeutung.
Wenn ich mich richtig erinnere, verlor speziell die Ruhrschifffahrt durch die Eisenbahn an Bedeutung. (Leider befindet sich meine Literatur dazu in irgendeiner Kiste im Keller :rotwerd:)

Da finde ich plausibel. Die Schifffahrtsstraßen konnten offenbar nie die riesigen Mengen transportieren, die die Eisenbahn beförderte:
Eisenbahn 1898-1900:
beförderte Braunkohle zwischen 13,7 und 15,4 Mio. Tonnen
beförderte Steinkohle zwischen 71,1 und 81,8 Mio. Tonnen
Summe: zwischen 85 und 97 Mio. Tonnen.

In diesem Zeitraum hatten Umschlagstellen wie Duisburg-Ruhrort etwa 2,5 - 4 Mio. Tonnen Kohle zu verzeichnen, die Oderschifffahrt unter 2 Mio. Tonnen. Genauere Zahlen über die Transportverteilung (außer denjenigen über die Umschlagstellen, die aber einen Ansatzpunkt bieten), habe ich nicht gefunden.
 
Dich interessieren weniger die Pull-Faktoren, Du willst wissen warum Tenfelde/Ritter den Ablauf so darstellen?
Du wirst lesen.:)

Ich suche immer noch den Tenfelde, im Regal mit den Schriften der Ebert-Stiftung steht er nämlich nicht.

Das ist einer der Punkte, den ich gerne Hinterfragen würde. Die Berufsgenossenschaften, zuständig für Arbeitsunfälle, gab es ja schon in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, wäre doch mal interessant, wenn da jemand Statistiken auspacken könnte,
wie das Risiko in Bezug auf Arbeitsunfälle im Vergleich tatsächlich aussah.

Siehe zB hier 1893. Es gab durchaus Branchen, in denen das relative Risiko höher war. Insofern weist Du auf richtigerweise auf die Problematik hin. Fraglich wäre dann, wie die absoluten Unfälle mit Verletzten und Toten allgemein wahrgenommen wurden, quasi "gefühltes Risiko" der eigenen Arbeit - bei den Todesfällen p.a. und den Verletzten lagen die Knappschaften weit vorn:
 

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Wobei zu berücksichtigen ist, das nur Arbeitsunfälle am Anfang versichert waren. Das heißt Wegeunfälle und Berufskrankheiten sind erst später dazu gekommen. D.h. ein Bergmann mit Staublunge, z.B. ist in der Statistik von 1893 nicht aufgeführt.

Apvar
 
Diesen Hinweis habe ich als Beschreibung einer auch weiteren Abfolge verstanden, also konsekutiv in Folge einer unterschiedlichen Attraktivität der Branchen.
Ich auch, allerdings zweifle ich grundsätzlich an der Belegbarkeit der Theorie von Tenfelde/Ritter (die ich fälschlicherweise als Repos Theorie bezeichnet habe), weil es ansonsten nichts vergleichbar boomendes wie das Ruhrgebiet in Preußen gab. Alle anderen Regionen konnten sich aus ihrer eigenen Landflucht befriedigen. Für einen derartigen Radius gab es also gar keine Erfordernis. Aber auch ich werde lesen.

Die Massentransporte der Kohle per Schiff parallel zur Eisenbahn gewannen mE erst durch den Kanalbau an Bedeutung.
Wenn ich mich richtig erinnere, verlor speziell die Ruhrschifffahrt durch die Eisenbahn an Bedeutung. (Leider befindet sich meine Literatur dazu in irgendeiner Kiste im Keller :rotwerd:)
Ich meine nicht und du erinnerst dich richtig.

@Hulda: die Verschiffung der Kohle spielte auch parallel zur Eisenbahn eine ganz wesentliche Rolle. Interessant wäre der direkte Vergleich zur Bedeutung der Eisenbahn, hat dazu jemand Zahlen über die Transportvolumina?
Nur ansatzweise. Es stimmt zwar, dass Eisenbahn und Binnenschifffahrt grundsätzlich komplementär sind, weil insbesondere die Verschiffung von Schütt- und Massengütern wesentlich billíger ist, als es ein Transport mit der Eisenbahn wäre. Es gibt aber auch unrentable Wasserstraßen, wie bspw. die Ruhr, deren Ende mit dem Bau der Ruhrtalbahn gekommen war. Die Steinkohle-Tonnage auf der Ruhr:
1780: 12.000 t
1789: 31.000 t
1860: 864.961 t (<- der Höhepunkt der Transportvolumina auf der Ruhr im gleichen Jahr wurden mit der Eisenbahn - trotz ordentlicher Umwege, weil die Ruhrtalbahn noch nicht fertig war - rund 4.300.000 t befördert, die theoretisch auch auf der Ruhr hätten verschifft werden können)
1873: 327.000 t
1874: 77.000 t
1889: 3.000 t
1890: Schließung als durchgehende Wasserstraße
(aus Schmidt-Rutsch: Kohlenschiffe auf der Ruhr)
 
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