Ich denke die Landrouten, welche Augusto ins Bewusstsein gebracht hat sind wirklich interessant. Sie basieren in Teilen auf Landhandel und zu guten Teilen auf Binnenschifffahrts-Möglichkeiten.
Zuerst noch einmal mehr ein Hinweis auf die Qualität von Binnenschifffahrt in alter Zeit: Wir reden hier nicht unbedingt von Schiffen, sondern von flach gehenden Prähmen, welche noch mit Wassertiefen zurechtkommen konnten, in welchen man längst zu Fuß gehen konnte (wenn die Ladung entsprechend verringert wurde). In ihren einfachsten Ausführungen sind sie kaum mehr als Einbäume! Sie haben keinen eigenen Antrieb und sind daher entweder per Ruder/Staken, oder per Zugkraft auch gegen den Strom fortzubewegen.
Schiffe ohne eigenen Antrieb ? Wikipedia
Wer als Händler auf diese Weise über sehr große Strecken Direkthandel treiben wollte, dürfte Verbindungen gehabt haben – was Zwischenhandel begünstigte! Ansonsten dürfte gelten: Je größer das Boot und entsprechend verlockender Ladung, desto eher mochte es „zahlungsunwillige Interessenten“ angezogen haben! Eine tüchtige Rudermannschaft oder Treidelpersonal mag dann schon als eine kleine „Armee“ gewirkt haben. Die gleichen Schwierigkeiten gab es doch auch beim Seehandel, wie sehr schön in Ostrogothas Link zur Ausstellung in Heidelberg nachzulesen ist! Im Binnenhandel hatten aber die Fürsten der Anrainer schon aus Eigeninteresse für eine gewisse Ordnung zu sorgen. Nicht umsonst war Handel in prähistorischen Zeiten parallel mit Etablierung festerer Herrschaftssysteme einhergegangen - ich sollte hier vielleicht besser von „Mindeststandards“ sprechen. Die Fürsten erhielten halt ihren Anteil leicht. Bei Überseetransporten konnten sie dagegen allzu leicht „vergessen“ werden – um sich dann auch per „Seeraub“ in Erinnerung zu bringen versucht sein…
Ein Gedanke: Es war weiterhin wohl kaum notwendig an den nordischen Festlands-Handelspunkten seine Prahm nur mit Zinn zu füllen, bis das Wasser fast hineinlief. Zinn war ein relatives Luxusprodukt und hervorragend auch als Beiladung geeignet. Das machte es sicher für Zwischenhändler (mit breiter gefächertem Angebot) auch interessant. Besonders, wenn mit eher leichten Luxusgut die Ladung kombiniert werden konnte…
@Donauroute:
Diese Route war auch bereits den Griechen bekannt, bevor das Imperium Romanum auch hier einen erheblichen Handel auf dem Fluss etablierte. Auch hier wieder Treidelpfade! Für eine einfache, bronzezeitliche Prahm dürfte die Donau auch noch weit näher zur Quelle „schiffbar“ gewesen sein als nur bis Ulm. Wie auch die von mir erwähnte Rhone-Route durch Frankreich mit eher kurzen Landtransporten rasch Anschluss an Seine und Rheinzuflüsse finden konnte.
@Böhmen:
Das ist ein gutes Stichwort, nicht zuletzt im Kontext mit Salz und Feuerstein-Fernhandel. War doch bis weit in die Bronzezeit hinein auch Feuerstein noch ein Handelsgut. Vertriebswege dafür waren gewiss schon etabliert, ehe das Zinn aus Cornwall überhaupt eine Rolle hätte spielen können. Böhmen findet leicht Zugang zu den Flusssystemen der Donau und Elbe!
Nur noch am Rande möchte ich erwähnen, dass Tacitus die Elbe einen „einst berühmten Fluss“ nannte, weil er als Grenze einer Provinz Germania Magna angepeilt worden sei…. Aber das führt wieder zur Diskussion um Varus und ob die Elbelinie wirklich für das Imperium der Römer einmal interessant gewesen sein mag…
@Bernsteinstraße:
Die bekannte Bernsteinstraße wurde von Augusto ja schön beschrieben. Besonders leicht wird ja die „westliche Bernsteinstraße“ vergessen, die an die Nordsee führt (und eben nicht nach den baltischen Küsten) und vermutlich älter ist! Wiki hat übrigens ebenfalls die Verbindung zwischen Zinnlagern in Cornwall und Bernstein aufgezeigt und gemeinsame Handelswege nach Mitteleuropa hinein bis nach
Mykene erwähnt!
Bernstein ? Wikipedia
Überhaupt finde ich sehr viele gute Beiträge, die der Idee eines minoischen Direkt- Hochsee-Handels an die Nordsee einiges an Wahrscheinlichkeit voraus haben! Die (westliche) Bernsteinstraße ist für Duerrs Fundstücke im Watt ja fast schon eine Steilvorlage?
Weiterhin aus einem Link von BB im durch Silesia verlinkten „Zinnthread“:
http://www.univie.ac.at/strv-ufg/downloads/skripten/vo_bz/vobz.pdf
Zinnlagerstätten schrieb:
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Deutsches Mittelgebirge[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Fichtelgebirge bis Erzgebirge (Zinnwald!)[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Nordwestböhmen[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Nordwestfrankreich (Bretagne)[/FONT][FONT="]38[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Südengland, Cornwall (hpts. aus Flußablagerungen) = römische "Kassiteriden"[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Spanien (Galizien)[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Portugal[/FONT][FONT="]39[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Griechenland (Bereich von Delphi - ab FH)[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Armenien und Persien[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Vorderer Orient[/FONT]
[FONT="]* [/FONT][FONT="]Afghanistan (aufgrund altassyrischer Texte)[/FONT][FONT="]40[/FONT]
Einige dieser Lagerstätten lassen sich auch sehr leicht mit der westlichen Bernsteinstraße kombinieren. Ab einem gewissen Zeitpunkt dürfte wohl das Zinn aus Cornwall sehr wichtig geworden sein, da die lokalen, selbst Bronze verwendenden Kulturen auch ihren Eigenbedarf decken mussten und nicht mehr so einfach „ihr Zinn§ nach Süden exportieren konnten/wollten?