Minoer in der Nordsee und vor den britischen Inseln?

Der Trojanische Krieg müsste um etwa 1.200 v. Chr. stattgefunden haben. In der Antike wurde die Zerstörung Trojas auf 1183 datiert. Die Ilias entstand wohl im 8. Jhdt., also 400-500 Jahre später.

Thule wurde erst von Pytheas erwähnt, vorher war es den Griechen unbekannt.

Und damit wird die Argonauten-Sage interessant. Argonautensage ? Wikipedia. An der Argonautenfahrt soll ja u.a. der Vater des Achilles teilgenommen haben, wir reden hier also über die Zeit zwischen 1300 und 1200. In der Variante des Appollionus kehren die Argonauten nach dem Raub des Goldenen Vlieses in der Kolchis (heutiges Westgeorgien) nicht direkt übers Schwarze Meer nach Griechenland zurück, sondern erkunden zunächst die Donau. Als ihnen die Kolchier den Rückweg abschneiden, sind sie gezwungen, sich von der Donau aus einen anderen Heimweg zu suchen. Danach wird es dann zwar geographisch ziemlich wirr bei Appolonius - der Rückweg soll aber u.a. über eine Insel vor der Mündung des Eridanos geführt haben.
Dieser wiederum wird in der griechischen Mythologie u.a. in Verbindung gebracht mit Bernstein, den Hyperboräern am Ende der Welt (im Land der Mitternachtssonne), und "keltischen Ländern" ERIDANUS : River god of Hyperborea in N. Europe ; Greek mythology ; constellation : ERIDANOS

Ich will jetzt hier keine entsprechende Lokalisierungsdebatte anstossen. Wichtig ist mir lediglich der Puinkt, dass die griechische Mythologie Hinweise auf (gelegentliche) Schiffsreisen via Schwarzes Meer und Donau zu Bernsteinquellen /-inseln an einem nördlichen Meer gibt.
 
Ich habe mir mal so die letzten 3 Seiten durchgelesen
Die Nordfriesischen Inseln gibt´s erst seit dem Mittelalter, das Watt drumherum auch.
 
Ich habe die "Argonautika" des Apollonios nicht gelesen, aber viel kann man aus ihr wohl nicht gewinnen. Sie entstand im 3. Jhdt. v. Chr., als die Argonautensage seit Jahrhunderten bekannt und ausgeformt war. Ich vermute einmal, die Fahrten über die Donau etc. sind eine Ausschmückung, die Apollonios oder sonst ein Autor selbst erfunden hat, jedenfalls kommen sie in den sonstigen Bearbeitungen des Sagenstoffes nicht vor. Apollonios wollte wohl einfach unter Benützung des geographischen Wissens seiner Zeit die Fahrt der Argonauten noch ein bisschen aufpeppen. Keinesfalls kann man daraus ableiten, dass es in der Zeit, in der die Sage spielt, schon Fahrten in die Nordsee gab.
 
es geht auf Fassenacht zu :) :) :)

Mir ist ohnehin nicht klar, was Atlantis und der Trojanische Krieg mit dem Threadthema, ob die Minoer in der Nordsee waren, zu tun haben sollen.
kleiner Jokus am Rande: vielleicht ist das so eine Art Globalisierung der histor. und myth. Themen? Atlantis, Troja, Minoer, norddt. Wattenmeer, Himmelsscheibe (sogar Daeniken fand schon Erwähnung) :D:D ich warte jetzt nur noch darauf, dass die Argonauten mit den Indianern, Minoern und Trojanern auf einer Hallig Karneval feierten
 
Na deine Meinung zu deinem Eingangsthema wäre interessant, um zu sehen ob die Behauptungen, begründet mit der Literaturquelle des Focus, berechtigt sind.
Meine ganz persönliche Meinung dazu spielt im Grunde überhaupt keine Rolle, denn dadurch können die Funde von Prof. Duerr und seine durchaus logischen Schlüsse, die er daraus gezogen hat, weder bestätigt, noch widerlegt werden.

Köbis17: schrieb:
Also ich habe meine Meinung dazu dargelegt und sehe es aus dem Blickwinkel der historischen Schifffahrt und deren Möglichkeiten in dem genannten Zeitraum keine Möglichkeit über eine dauerhafte Handelsverbindung zwischen Kreta und den britischen Inseln.
Mit dieser Meinung stehst Du hier keineswegs allein, denn genau dieser Meinung sind auch viele andere Mitdiskutanten. Aber wissen wir das auch mit letzter Sicherheit?
Allerdings geht es hier gar nicht um die Möglichkeit von frühen, archaischen Handelsbeziehungen, sondern um die Möglichkeit einer tatsächlich physischen Anwesenheit minoischer Seefahrer in Nordeuropa.

Köbis17: schrieb:
Glaubts Du daran?
Ach weißt Du, mit dem Glauben habe ich als überzeugter Atheist so meine Schwierigkeiten. Glauben heißt nichts wissen. Allein vom Wortstamm her ist Glaube also das genaue Gegenteil von Wissenschaft.

Augusto: schrieb:
Im übrigen ging es hier ja auch um die Frage, wie minoische Stempel ihren Weg nach Nordfriiesland gefunden haben könnten
Nein, keineswegs! Ich fürchte, das hast Du missverstanden?
Das Amulett mit den minoischen Schriftzeichen aus dem 15. Jh. v.u.Z. spielt hier eine eher untergeordnete Rolle und ist nur in Verbindung mit den anderen, gefundenen Artefakten von einer gewissen Bedeutung.
Die Kernfrage besteht also wirklich darin, ob es möglich ist, dass minoische Seefahrer um ca. 1300 v.u.Z. den Norden Europas erreichen konnten. Und zwar nicht nur ihre Handelswaren, sondern sie selbst! Wertvolle Handelswaren könnten ja schließlich auch über irgendwelche Zwischenhänder auf den von Dir bereits genannten Landwegen dorthin gelangt sein. Bei Gebrauchskeramik ist das eher auszuschließen und genau darauf beruht die These von Prof. Duerr.

tejason: schrieb:
Überhaupt finde ich sehr viele gute Beiträge, die der Idee eines minoischen Direkt- Hochsee-Handels an die Nordsee einiges an Wahrscheinlichkeit voraus haben! Die (westliche) Bernsteinstraße ist für Duerrs Fundstücke im Watt ja fast schon eine Steilvorlage?
Ich finde hier ebenfalls sehr viele gute Beiträge. Eine "Steilvorlage" für Prof. Duerrs These kann ich darin allerdings nicht erkennen. Bestenfalls für seine gefundenen Artefakte, aber auch nur dann, wenn man sie einzeln und völlig unabhängig vom zeitlichen Zusammenhang betrachtet.

silesa: schrieb:
Zur Erinnerung: Zinn und Gold der Himmelsscheibe stammten nach den Untersuchungen aus Cornwall. Das ergibt schon einmal einen interessanten Quereinstieg in die Handelskontakte.
Ja, ich weiß. Genau diese Himmelsscheibe von Nebra und die Herkunft des darin enthaltenen Zinns habe ich bereits in einem früheren Beitrag schon mal angesprochen. Allerdings bietet uns das ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Bestätigung oder Widerlegung von Prof. Duerrs These. Sie bestätigt lediglich die Existenz vorgeschichtlicher Handelswege.
Schade, dass jenes Mitglied, das uns über diese Himmelsscheibe vielleicht etwas nähere Auskünfte hätte geben können, mittlerweile gesperrt wurde.

Ach ja, weil wir hier gerade über diese Himmelsscheibe sprechen: In einigen früheren Beiträgen wurde bereits die Arbeitsweise von Prof. Duerr und seinem Team als "nicht den wissenschaftlichen Standards entsprechend" dargestellt, weil er für seine Funde keine behördliche Genehmigung aufweisen konnte und deshalb seine Erkenntnisse (aus wissenschaftlicher Sicht) "nichts wert" seien. Sogar mit Raubgräbern wurde er schon auf eine Stufe gestellt.
Heinrich Schliemann und Sir Arthur Evans habe ich schon erwähnt, aber dazu möchte ich sagen, dass wir heute weder über die Existenz Trojas, noch über die minoische Kultur und selbstverständlich auch nichts über die Existenz dieser kulturgeschichtlich überaus wertvollen Himmelsscheibe wüssten, wenn es keine solchen verachtungswürdigen Raubgräber gäbe.
Und nein, das sollte jetzt bitte NICHT als Freibrief für künftige Privatbuddeleien verstanden werden, sondern nur als kleiner Denkansatz über den historischen Wert von gefundenen Artefakten.
Meine ganz persönliche Meinung: Zum Verbrechen wird so etwas erst dann, wenn diese Funde unterschlagen werden.
Aber genug davon, weiter im Text zu diesem Thema:

silesa: schrieb:
Das wäre zunächst einmal die naheliegende Vermutung, die sich an bekannten Handelswegen und Tauschplätzen orientiert. Dagegen steht die nautisch abenteuerliche Variante einer Reise ohne Rückfahrkarte, die hier auf dem Tablett der Plausibilität etwas höher gehoben werden soll.:fs:
Zugegeben: Die nautisch "abenteurliche Variante" stammt von mir und beruht nur auf der denkbaren Möglichkeit von hochseetüchtigen Schiffen und nautischen Kenntnissen der minoischen Handelsflotte. Sie ist aber keineswegs die einzige Variante, um vom Mittelmeer aus Nordeuropa zu erreichen, wie die anderen Mitdiskutanten bereits recht gut dargelegt haben.

silesa: schrieb:
Bzgl. unseres rein spekulativen Expeditionsschiffes: auf seiner langen Fahrt entlang der Küsten würde es übrigens nicht nur auf Naturgewalten, sondern auch auf weitere Seefahrer treffen :devil:
Welche "weiteren Seefahrer"? Du meinst doch damit hoffentlich keine Seeteufel? :devil::devil::devil: (Ironie aus)

Ravenik: schrieb:
Mir ist ohnehin nicht klar, was Atlantis und der Trojanische Krieg mit dem Threadthema, ob die Minoer in der Nordsee waren, zu tun haben sollen.
Ganz ehrlich gesagt: Mir auch nicht.
Ein überaus wertvolles Indiz für diese These würde es sein, wenn es eine chemische Laboranalyse z.B. eines minoischen Bronzedolches auf die Herkunft des darin enthaltenen Zinns geben würde. Leider ist mir von einer solchen Untersuchung nichts bekannt. Wenn ich damals bei meinem kleinen Gerangel mit diesem Theseus im Labyrinth mein minoisches Klappmesser nicht verloren hätte, dann würde ich es für eine solche Laboruntersuchung gerne zur Verfügung stellen. Dieses kleine Opfer wäre es mir wert. Versprochen!

An dieser Stelle übrigens meinen herzlichen Dank an euch alle für die überaus rege Beteiligung an diesem Thread! Sie zeigt, dass ich - obwohl ich ihn gestartet habe - durchaus nicht der einzige bin, der sich für dieses Thema interessiert.
Sehr viele Nebenargumente und Seitenlinien (Aunjenitzkultur, Himmelsscheibe, Argonautensage, Atlantis, Thule, Bernsteinstraße, Rhone-Rhein Variante und andere steinzeitliche Handelswege) wurden hier bereits angesprochen und jede für sich ist hoch interessant und nachdenkenswert.
Auch vorgeschichtliche Seefahrt und hochseetaugliche Schiffe weit vor der minoischen Kultur wurden bereits erwähnt (an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Köbis!), was mir wiederum Thor Heyerdahl in Erinnerung ruft, der mit einem Schilfboot sowohl den Atlantik, als auch den Pazifik überquert hat. Auch er wurde von der damaligen Wissenschaft für verrückt erklärt, bis er durch experimentelle Archäologie nachweisen konnte, dass es tatsächlich möglich war.
Heute lacht niemand mehr darüber.

Ein ganz grundsätzliches Problem dabei scheint mir eine gewisse Kulturarroganz unserer heutigen Gesellschaft zu sein, aus der ich mich selbst auch nicht völlig ausschließen würde. Das soll heißen, dass wir früheren Kulturen einfach viel zu wenig bis gar nichts zutrauen. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts betrachten uns als die Krone der Schöpfung, der Technik und der Wissenschaft und je näher vergangene Zeitabschnitte an unserer Gegenwart liegen, desto höher wird diese Krone.
Diese Sichtweise behindert uns aber darin, die technischen und kulturellen Leistungen und somit auch den Wert vergangener Kulturen angemessen zu berücksichtigen. Wäre es wirklich zu vermessen, wenn wir unseren Blick ein klein wenig zur Seite öffnen würden und auch Dinge und Umstände in Betracht ziehen würden, die aus heutiger Sicht nicht oder nur sehr schwer vorstellbar sind?

... fragt sich der Mino. :grübel:
 
Nicht wenn wir dabei den Boden der Belegbarkeit und Plausibilität verlassen. (Das Gegenbeispiel sind Däniken & Co.: Sie trauen den alten Kulturen so wenig zu, dass sie Aliens hinter ihren Errungenschaften vermuten. Das geht natürlich auch zu weit.) Über die minoischen Schiffe, wie sie uns auf Abbildungen erscheinen, haben unsere Seefahrtsexperten hier ausgesagt, dass sie nicht atlantiktauglich wären, das sollten wir so akzeptieren. Mag sein, dass es hin und wieder ein Schiff nach Britannien geschafft hätte, aber wenn die meisten gescheitert wären, hätten die Minoer es trotzdem bald bleiben lassen. Auch andere Argumente gegen einen direkten Handelskontakt über die Atlantikroute wurden gebracht, die man nicht einfach ignorieren kann. Somit ist ein regelmäßiger direkter Handelsverkehr über die Atlantikroute nicht plausibel. Man sollte nicht durch persönliche Minoer-Begeisterung den Blick trüben lassen.
 
Mit dieser Meinung stehst Du hier keineswegs allein, denn genau dieser Meinung sind auch viele andere Mitdiskutanten. Aber wissen wir das auch mit letzter Sicherheit?

Mit letzter Sicherheit wissen wir aus diesen Zeiten wohl eher wenig bis fast gar nichts. Mit dieser Sicherheit wissen wir ja selbst aus viel besser dokumentierten Zeiten immer noch sehr wenig. Es werden immer ein Paar - manchmal mehr, manchmal weniger - Fragezeichen bleiben.
Allerdings geht es hier gar nicht um die Möglichkeit von frühen, archaischen Handelsbeziehungen, sondern um die Möglichkeit einer tatsächlich physischen Anwesenheit minoischer Seefahrer in Nordeuropa.

Aufgrund fehlender Infrastruktur, fehlender minoischer Funde entlang der Route, stehen die Aktien derzeit ja wohl eher schlecht, was einen dauerhaften Handel zwischen Kreta und Cornwall angeht.


Bei Gebrauchskeramik ist das eher auszuschließen und genau darauf beruht die These von Prof. Duerr.

Die gefundene(n) Scherbe(n) könnte man vielleicht als überbleibsel eines minoischen Händlers ansehen. Genauso gut könnte aber auch ein anderer Händler in Kreta einen minoischen Kochtopf gekauft haben.





Ach ja, weil wir hier gerade über diese Himmelsscheibe sprechen: In einigen früheren Beiträgen wurde bereits die Arbeitsweise von Prof. Duerr und seinem Team als "nicht den wissenschaftlichen Standards entsprechend" dargestellt, weil er für seine Funde keine behördliche Genehmigung aufweisen konnte und deshalb seine Erkenntnisse (aus wissenschaftlicher Sicht) "nichts wert" seien. Sogar mit Raubgräbern wurde er schon auf eine Stufe gestellt.

Da ging es doch vor allem darum, dass unwissenschaftlich ausgeführte Grabungen wahrscheinlich vom Stand der Dokumentation einfach nicht ausreichend sind und deswegen problematisch sind. Ist etwas erst einmal ergraben, dann ist der Befund zerstört. Ist er dann nicht vernünftig dokumentiert, dann ist das eben sehr ärgerlich. Und nur von diesem Ergebnis des zerstörten Befundes her ist eine solche Grabung nicht besser als das, was Raubgräber tun. Sie zerstören Befunde unwiderbringlich. Deswegen wäre es im Zweifelsfall eben besser nicht zu graben.
Vielleicht hat das Prof. Duerr ordentlich dokumentiert. Dann ist aus dieser sicht ja alles in Ordnung.
Heinrich Schliemann und Sir Arthur Evans habe ich schon erwähnt, aber dazu möchte ich sagen, dass wir heute weder über die Existenz Trojas, noch über die minoische Kultur und selbstverständlich auch nichts über die Existenz dieser kulturgeschichtlich überaus wertvollen Himmelsscheibe wüssten, wenn es keine solchen verachtungswürdigen Raubgräber gäbe.

Andere Zeiten, andere Sitten. Wobei selbst Schliemann in späteren Jahren aus seinen Anfangsfehlern in Troja gelernt hat und am Ende anders gegraben hat.
Und nein, das sollte jetzt bitte NICHT als Freibrief für künftige Privatbuddeleien verstanden werden, sondern nur als kleiner Denkansatz über den historischen Wert von gefundenen Artefakten.
Meine ganz persönliche Meinung: Zum Verbrechen wird so etwas erst dann, wenn diese Funde unterschlagen werden.

Es geht eben nicht nur um die Funde. Auch der Kontext ist wichtig. Und der ist eben oft bei solchen Leuten zerstört. Und das ist aus wissenschaftlicher Sicht dann eben ärgerlich.


Wäre es wirklich zu vermessen, wenn wir unseren Blick ein klein wenig zur Seite öffnen würden und auch Dinge und Umstände in Betracht ziehen würden, die aus heutiger Sicht nicht oder nur sehr schwer vorstellbar sind?
Ich glaube, dass sehr viele Wissenschaftler extreme Hochachtung vor den Leistungen früherer Generationen haben.

Insgesamt würde ich mich bei der Rekonstruktion der Vergangenheit aber dennoch lieber auf das konzentrieren, was wir haben (auch wenn da viel Zufall dabei ist), anstatt ins fabulieren zu kommen, was denn möglich sein könnte.
 
Erst mal vorweg: Mich hat die Diskussion sehr erfreut, waren viele interessante Beiträge dabei, auch abseits des eigentlichen Themas.
:yes:

Allerdings geht es hier gar nicht um die Möglichkeit von frühen, archaischen Handelsbeziehungen, sondern um die Möglichkeit einer tatsächlich physischen Anwesenheit minoischer Seefahrer in Nordeuropa.

Mein Problem an dieser konkreten Fragestellung ist, dass sie mE nicht wissenschaftlich ist. Die Anwesenheit von einzelnen Minoern bzw einzelnen minoischen Schiffen in Britannien oder der Nordsee kann man für eher unwahrscheinlich halten, aber falsifizieren kann man sie mE nicht zuverlässig; mit dem Thema "Minoer in Amerika" wäre das irgendwie anders, aber die Nordsee? Ich würde sagen, dass kann man für Einzelfälle natürlich nicht völlig ausschließen, ist aber weit weniger interessant, als die Fragen nach den wirklichen Handelsströmen jener Zeit. :winke:

Über die minoischen Schiffe, wie sie uns auf Abbildungen erscheinen, haben unsere Seefahrtsexperten hier ausgesagt, dass sie nicht atlantiktauglich wären, das sollten wir so akzeptieren.

Bei all meinem Respekt für unsere Experten zu dem Thema (der ist in beträchtlichen Maße vorhanden ;)), das gilt nur für die Hochseefahrt. An allen Küsten zwischen Griechenland und Britannien respektive Friesland existierte doch eine Küstenschifffahrt, auch an den Atlantikküsten; irgendwie ist das cornische Zinn in jedem Fall aufs Festland transportiert worden.

Mag sein, dass es hin und wieder ein Schiff nach Britannien geschafft hätte, aber wenn die meisten gescheitert wären, hätten die Minoer es trotzdem bald bleiben lassen.

Hier stimme ich absolut zu, aber die Gründe für dieses wahrscheinliche Scheitern würde ich zuletzt im Schiff-Material suchen, sondern in den unvertrauten Verhältnissen und eventuell feindlichen Küstenbewohnern.

Wie gesagt, spannendes Thema, auch ohne die letzten Antworten auf alle Fragen... =)
 
Bei all meinem Respekt für unsere Experten zu dem Thema (der ist in beträchtlichen Maße vorhanden ;)), das gilt nur für die Hochseefahrt. An allen Küsten zwischen Griechenland und Britannien respektive Friesland existierte doch eine Küstenschifffahrt, auch an den Atlantikküsten; irgendwie ist das cornische Zinn in jedem Fall aufs Festland transportiert worden.
Ja, aber da musste nur der Kanal überquert werden. Außerdem waren die Kanalanrainer die dortigen Meeresverhältnisse gewohnt und passten ihre Schiffe dementsprechend an. Die Minoer hatten ihre Schiffe fürs Mittelmeer entwickelt.
Noch bei der Unterwerfung Galliens durch Caesar zeigte sich, dass die Schiffe der Veneter (in der Bretagne) atlantiktauglicher waren als die zu ihrer Bekämpfung eingesetzten römischen Schiffe.
Und noch in der frühen Neuzeit stießen die Spanier auf Schwierigkeiten, wenn sie ihre Mittelmeer-Galeeren und Galeassen im Atlantik einsetzen wollten.
 
[...]
Auch vorgeschichtliche Seefahrt und hochseetaugliche Schiffe weit vor der minoischen Kultur wurden bereits erwähnt (an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Köbis!), was mir wiederum Thor Heyerdahl in Erinnerung ruft, der mit einem Schilfboot sowohl den Atlantik, als auch den Pazifik überquert hat. Auch er wurde von der damaligen Wissenschaft für verrückt erklärt, bis er durch experimentelle Archäologie nachweisen konnte, dass es tatsächlich möglich war.
[...]

Achtung, die experimentelle Schifffahrtsarchäologie prüft nur, ob es möglich war, mit der damaligen Technik, auch die weiten eines Ozeans zu befahren.

Dabei ist zu beachten, daß wir heute eine ganz anderes Grundwissen an allen wichtigen Aspekten der Seefahrt besitzen, die damals niemand kannte.
Das bedeutet, daß eine Rekonsturktion im Nachhinein einfacher ist, als etwas zu entwickeln, ohne jegliche Grundlagen oder Wissensstand.

Den Link habe ich nur aufgeführt, weil er verdeutlichen soll, daß es wissenschaftliche historische Erkenntnisse zu gewinnen gibt, ohne einfach nur Rückschlüsse aus den kleinesten Anzeichen zu ziehen.

Momentan ist der Wissensstand zur Geschichte der Seefahrt immernoch belegt, daß erst ab dem 14./15. Jahrhundert die Entdeckungsreisen über die Ozeane der Erde beganen und ganz wichtig, die Entdeckerfahrten dieser Zeit waren Nachhaltig für die Entwicklung der Seefahrt.

Wenn es Entwicklungen vorab solchen Aussmaßes gegeben habe soll, bleibt immernoch die Frage offen, warum hat es sich von da ab nicht schon Weiterentwickelt?
 
e...An allen Küsten zwischen Griechenland und Britannien respektive Friesland existierte doch eine Küstenschifffahrt, auch an den Atlantikküsten; irgendwie ist das cornische Zinn in jedem Fall aufs Festland transportiert worden.

Ganz recht, deshalb oben auch der Hinweis für Minotaurus, dass sich solche Transportschiffe durch befahrene Küstenabschnitte bewegen mussten.

Es ging auch nicht um Hochseeschifffahrt, sondern um die Kumulation von Entfernung, fehlenden Stützpunkten entlang einer Route jenseits von Italien und bestimmten Zeitfenstern, die entsprechend günstige Wetterbedingungen boten. Damit rückt das Ganze in den Bereich des Unwahrscheinlichen. Zudem wären solche Schiffe als "beladen" anzunehmen, was die Seefähigkeit wegen der Versorgung auf wenige Tage beschränkt hat (regelmäßige Proviantierung an Land). Oben ist jedenfalls der Einschränkung nicht widersprochen worden, dass ein Trip über 2 Jahre zu veranschlagen wäre. Immerhin: Marslandungen werden auch über lange Zeiträume angedacht, warum als nicht eine handelsfreudige Expedition (wenn eine Vorstellung über die gesamte Route bestanden hätte).:winke:

Du hast das auf den Punkt gebracht: ein Negativbeweis ist nicht zu erbringen. Deshalb wird der Blick auf nachgewiesene alternative (=einfachere) Handelsrouten lohnend, die Keramik aus dem Mittelmeerraum über mehrere Tauschpunkte zB bis nach Mecklenburg bringen konnte. Diese Route kann man sich über viele Zwischenhändler vorstellen, die die Warenströme abwickelten. Kann man dann für beide Wege eine abgeschlossene Start-Ziel-Vorstellung an Stelle von Zwischenhandel annehmen, die einen direkten Seeweg sinnvoll erscheinen ließe? Da ist nichts ersichtlich.
 
Dabei ist zu beachten, daß wir heute eine ganz anderes Grundwissen an allen wichtigen Aspekten der Seefahrt besitzen, die damals niemand kannte.
Das bedeutet, daß eine Rekonsturktion im Nachhinein einfacher ist, als etwas zu entwickeln, ohne jegliche Grundlagen oder Wissensstand.
Stimmt exakt! Heyerdahl & Co. haben obendrein die optimalen Routen gewählt, was Strömungsverhältnisse, Entfernungen etc. anbelangt. All das wussten die Ägypter, Minoer etc. noch nicht, die hätten ins Blaue hinausfahren müssen.
 
... Das soll heißen, dass wir früheren Kulturen einfach viel zu wenig bis gar nichts zutrauen. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts betrachten uns als die Krone der Schöpfung, der Technik und der Wissenschaft und je näher vergangene Zeitabschnitte an unserer Gegenwart liegen, desto höher wird diese Krone.
Diese Sichtweise behindert uns aber darin, die technischen und kulturellen Leistungen und somit auch den Wert vergangener Kulturen angemessen zu berücksichtigen. Wäre es wirklich zu vermessen, wenn wir unseren Blick ein klein wenig zur Seite öffnen würden und auch Dinge und Umstände in Betracht ziehen würden, die aus heutiger Sicht nicht oder nur sehr schwer vorstellbar sind?

... fragt sich der Mino. :grübel:
Noch einmal etwas Allgemeines zur bronzezeitlichen Schifffahrt von dem norwegischen Schiffsarchäologen A. W. Brøgger:
Man kann – für diese Zeit – eine Parallele ziehen zu den weiten Seereisen, die die Polynesier später kreuz und quer über den Stillen Ozean gemacht haben, in Booten, die weder größer noch seetüchtiger waren als die auf unseren nordischen Felsbildern gezeichneten. Die frühen Berichte über die Seefahrten der Griechen und Phönizier über die Straße von Gibraltar hinaus sind nicht der Anfang, sondern das kümmerliche Ende einer Periode großer Entdeckungen, die aber nirgends niedergelegt und erhalten sind und mit den Schiffern, die sie machten, selbst untergingen. An den atlantischen Küsten muss gegen das Ende des 3. und im ganzen 2. Jahrtausend v. Chr. ein reger und entfalteter Seehandel geherrscht haben.

Man hat […] auf den Kanarischen Inseln charakteristische Felsbilder der Bronzezeit entdeckt, Beweise, dass sie schon im 2. Jahrtausend v. Chr. und lange vor den Phöniziern von Schiffern aufgesucht worden sein müssen und sogar eine Kolonialstätte der Megalithleute gebildet haben.

[…] Auch andere Schifffahrtswege des 3. und 2. Jahrtausends der Vorzeit lassen sich rekonstruieren. Die erstaunlich reichen Entdeckungen bronzezeitlicher Gegenstände auf den Shetlandinseln zeugen dafür, dass Schiffe über die Nordsee verkehrten…
Im Höhepunkt der Bronzezeit hatten die Völker am westlichen Mittelmeer einen klaren Begriff von der geographischen Gestalt der westeuropäischen Küsten am Atlantik und den an der Nordsee liegenden Ländern. Die Azoren, Madeira und die übrigen Inseln im Atlantischen Ozean waren damals schon entdeckt und bekannt.
Die gezogene Parallele zu den Polynesiern bietet einen interessanten Aspekt zur Seetüchtigkeit. Wie still der Stille Ozean tatsächlich ist, wird bestimmt balticbirdy wissen, ich habe zu der Gegend keine Erfahrung, nur soviel, dass ich nach Island/Spitzbergen „Badewannenwasser“ erlebt habe und heftige Stürme im Mittelmeer. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar wesentlich höher, aber man kann einem Seegebiet nicht grundsätzlich ein bestimmtes Wetter zuordnen. Man war in der Vergangenheit zwar grundsätzlich wettergebunden, aber feste einzuhaltende Liefertermine gab es wohl kaum, so dass man ggf. abwarten und dann weiterschippern konnte. Ob sich das dann betriebwirtschaftlich noch rechnete, ist eine andere Sache.
 
Nachtrag zu der interessanten Diskussion: Kjell Aartun - Wikipedia, the free encyclopedia scheint der Urheber zu sein.

Hat sich denn Duerr irgendwo auf Aartun bezogen? Denn andernfalls gibt es Funde im Watt einerseits und die Behauptungen von Aartum andererseits, ohne dass, meiner Meinung nach, letzterer der Urheber wäre. Es sei denn, Duerr kennt das Werk Aartums und er ließ sich davon inspirieren, ohne dies ausdrücklich zu erwähnen.
Na ja, viel Spekulatius meinerseits - wie so vieles in diesem Thema ...

Die "Belege" Aartums für seine verwegene These kenne ich nicht, die Quelle in Wiki, welche ihm Pseudowissenschaft attestiert, ist allerdings nur ein Blog. Doch ein, auf den ersten Blick, interessanter.
 
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