Na deine Meinung zu deinem Eingangsthema wäre interessant, um zu sehen ob die Behauptungen, begründet mit der Literaturquelle des Focus, berechtigt sind.
Meine ganz persönliche Meinung dazu spielt im Grunde überhaupt keine Rolle, denn dadurch können die Funde von Prof. Duerr und seine durchaus logischen Schlüsse, die er daraus gezogen hat, weder bestätigt, noch widerlegt werden.
Köbis17: schrieb:
Also ich habe meine Meinung dazu dargelegt und sehe es aus dem Blickwinkel der historischen Schifffahrt und deren Möglichkeiten in dem genannten Zeitraum keine Möglichkeit über eine dauerhafte Handelsverbindung zwischen Kreta und den britischen Inseln.
Mit dieser Meinung stehst Du hier keineswegs allein, denn genau dieser Meinung sind auch viele andere Mitdiskutanten. Aber
wissen wir das auch mit letzter Sicherheit?
Allerdings geht es hier gar nicht um die Möglichkeit von frühen, archaischen Handelsbeziehungen, sondern um die Möglichkeit einer
tatsächlich physischen Anwesenheit minoischer Seefahrer in Nordeuropa.
Köbis17: schrieb:
Ach weißt Du, mit dem Glauben habe ich als überzeugter Atheist so meine Schwierigkeiten. Glauben heißt nichts wissen. Allein vom Wortstamm her ist Glaube also das genaue Gegenteil von
Wissenschaft.
Augusto: schrieb:
Im übrigen ging es hier ja auch um die Frage, wie minoische Stempel ihren Weg nach Nordfriiesland gefunden haben könnten
Nein, keineswegs! Ich fürchte, das hast Du missverstanden?
Das Amulett mit den minoischen Schriftzeichen aus dem 15. Jh. v.u.Z. spielt hier eine eher untergeordnete Rolle und ist nur in Verbindung mit den anderen, gefundenen Artefakten von einer gewissen Bedeutung.
Die Kernfrage besteht also wirklich darin, ob es möglich ist, dass minoische Seefahrer um ca. 1300 v.u.Z. den Norden Europas erreichen konnten. Und zwar nicht nur ihre Handelswaren, sondern sie selbst! Wertvolle Handelswaren könnten ja schließlich auch über irgendwelche Zwischenhänder auf den von Dir bereits genannten Landwegen dorthin gelangt sein. Bei Gebrauchskeramik ist das eher auszuschließen und genau darauf beruht die These von Prof. Duerr.
tejason: schrieb:
Überhaupt finde ich sehr viele gute Beiträge, die der Idee eines minoischen Direkt- Hochsee-Handels an die Nordsee einiges an Wahrscheinlichkeit voraus haben! Die (westliche) Bernsteinstraße ist für Duerrs Fundstücke im Watt ja fast schon eine Steilvorlage?
Ich finde hier ebenfalls sehr viele gute Beiträge. Eine "Steilvorlage" für Prof. Duerrs These kann ich darin allerdings nicht erkennen. Bestenfalls für seine gefundenen Artefakte, aber auch nur dann, wenn man sie einzeln und völlig unabhängig vom zeitlichen Zusammenhang betrachtet.
silesa: schrieb:
Zur Erinnerung: Zinn und Gold der Himmelsscheibe stammten nach den Untersuchungen aus Cornwall. Das ergibt schon einmal einen interessanten Quereinstieg in die Handelskontakte.
Ja, ich weiß. Genau diese Himmelsscheibe von Nebra und die Herkunft des darin enthaltenen Zinns habe ich bereits in einem früheren Beitrag schon mal angesprochen. Allerdings bietet uns das ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Bestätigung oder Widerlegung von Prof. Duerrs These. Sie bestätigt lediglich die Existenz vorgeschichtlicher Handelswege.
Schade, dass jenes Mitglied, das uns über diese Himmelsscheibe vielleicht etwas nähere Auskünfte hätte geben können, mittlerweile gesperrt wurde.
Ach ja, weil wir hier gerade über diese Himmelsscheibe sprechen: In einigen früheren Beiträgen wurde bereits die Arbeitsweise von Prof. Duerr und seinem Team als "nicht den wissenschaftlichen Standards entsprechend" dargestellt, weil er für seine Funde keine behördliche Genehmigung aufweisen konnte und deshalb seine Erkenntnisse (aus wissenschaftlicher Sicht) "nichts wert" seien. Sogar mit Raubgräbern wurde er schon auf eine Stufe gestellt.
Heinrich Schliemann und Sir Arthur Evans habe ich schon erwähnt, aber dazu möchte ich sagen, dass wir heute weder über die Existenz Trojas, noch über die minoische Kultur und selbstverständlich auch nichts über die Existenz dieser kulturgeschichtlich überaus wertvollen Himmelsscheibe wüssten, wenn es keine solchen verachtungswürdigen Raubgräber gäbe.
Und nein, das sollte jetzt bitte
NICHT als Freibrief für künftige Privatbuddeleien verstanden werden, sondern nur als kleiner Denkansatz über den historischen Wert von gefundenen Artefakten.
Meine ganz persönliche Meinung: Zum Verbrechen wird so etwas erst dann, wenn diese Funde unterschlagen werden.
Aber genug davon, weiter im Text zu diesem Thema:
silesa: schrieb:
Das wäre zunächst einmal die naheliegende Vermutung, die sich an bekannten Handelswegen und Tauschplätzen orientiert. Dagegen steht die nautisch abenteuerliche Variante einer Reise ohne Rückfahrkarte, die hier auf dem Tablett der Plausibilität etwas höher gehoben werden soll.:fs:
Zugegeben: Die nautisch "abenteurliche Variante" stammt von mir und beruht nur auf der denkbaren Möglichkeit von hochseetüchtigen Schiffen und nautischen Kenntnissen der minoischen Handelsflotte. Sie ist aber keineswegs die einzige Variante, um vom Mittelmeer aus Nordeuropa zu erreichen, wie die anderen Mitdiskutanten bereits recht gut dargelegt haben.
silesa: schrieb:
Bzgl. unseres rein spekulativen Expeditionsschiffes: auf seiner langen Fahrt entlang der Küsten würde es übrigens nicht nur auf Naturgewalten, sondern auch auf weitere Seefahrer treffen :devil:
Welche "weiteren Seefahrer"? Du meinst doch damit hoffentlich keine Seeteufel? :devil::devil::devil: (Ironie aus)
Ravenik: schrieb:
Mir ist ohnehin nicht klar, was Atlantis und der Trojanische Krieg mit dem Threadthema, ob die Minoer in der Nordsee waren, zu tun haben sollen.
Ganz ehrlich gesagt: Mir auch nicht.
Ein überaus wertvolles Indiz für diese These würde es sein, wenn es eine chemische Laboranalyse z.B. eines minoischen Bronzedolches auf die Herkunft des darin enthaltenen Zinns geben würde. Leider ist mir von einer solchen Untersuchung nichts bekannt. Wenn ich damals bei meinem kleinen Gerangel mit diesem Theseus im Labyrinth mein minoisches Klappmesser nicht verloren hätte, dann würde ich es für eine solche Laboruntersuchung gerne zur Verfügung stellen. Dieses kleine Opfer wäre es mir wert. Versprochen!
An dieser Stelle übrigens meinen herzlichen Dank an euch alle für die überaus rege Beteiligung an diesem Thread! Sie zeigt, dass ich - obwohl ich ihn gestartet habe - durchaus nicht der einzige bin, der sich für dieses Thema interessiert.
Sehr viele Nebenargumente und Seitenlinien (Aunjenitzkultur, Himmelsscheibe, Argonautensage, Atlantis, Thule, Bernsteinstraße, Rhone-Rhein Variante und andere steinzeitliche Handelswege) wurden hier bereits angesprochen und jede für sich ist hoch interessant und nachdenkenswert.
Auch vorgeschichtliche Seefahrt und hochseetaugliche Schiffe weit vor der minoischen Kultur wurden bereits erwähnt (an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Köbis!), was mir wiederum Thor Heyerdahl in Erinnerung ruft, der mit einem Schilfboot sowohl den Atlantik, als auch den Pazifik überquert hat. Auch er wurde von der damaligen Wissenschaft für verrückt erklärt, bis er durch experimentelle Archäologie nachweisen konnte, dass es tatsächlich möglich war.
Heute lacht niemand mehr darüber.
Ein ganz grundsätzliches Problem dabei scheint mir eine gewisse Kulturarroganz unserer heutigen Gesellschaft zu sein, aus der ich mich selbst auch nicht völlig ausschließen würde. Das soll heißen, dass wir früheren Kulturen einfach viel zu wenig bis gar nichts zutrauen. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts betrachten uns als die Krone der Schöpfung, der Technik und der Wissenschaft und je näher vergangene Zeitabschnitte an unserer Gegenwart liegen, desto höher wird diese Krone.
Diese Sichtweise behindert uns aber darin, die technischen und kulturellen Leistungen und somit auch den Wert vergangener Kulturen angemessen zu berücksichtigen. Wäre es wirklich zu vermessen, wenn wir unseren Blick ein klein wenig zur Seite öffnen würden und auch Dinge und Umstände in Betracht ziehen würden, die aus heutiger Sicht nicht oder nur sehr schwer vorstellbar sind?
... fragt sich der Mino. :grübel: