Das Scheitern der Kreuzzüge

huski

Gesperrt
Hallo miteinander,
ich bin mir nicht ganz sicher ob in diesem Forum bereits eine Diskussion zu
diesem Thema existiert (falls ja, bitte einfach benennen oder verlinken),
aber ich ergreife jetzt einfach mal die Initiative und stelle die Frage:
worin lagen die Gründe für das endgültige Scheitern und die damit verbundene
Aufgabe des Kreuzzugsgedankens im ausgehenden 13. Jhd.?

Um gleich Eines vorweg zu nehmen; einige werden bestimmt protestieren und anführen, dass der Kreuzzugsgedanke auch spätere Jahrhunderte durchwehte und manche würden vielleicht sogar soweit gehen ihn selbst in unserer Zeit noch als präsent zu definieren aber darum geht es mir nicht.
Ich würde gerne sachbezogene und konkret auf diesen Zeitraum beschränkte (1095 - 1291 n.Chr.) Ideen und Meinungen sammeln.

Freue mich auf eure Anregungen! :friends:
 
Ich würde gerne sachbezogene und konkret auf diesen Zeitraum beschränkte (1095 - 1291 n.Chr.) Ideen und Meinungen sammeln.
im von dir genannten Zeitraum von beinahe 200 Jahren (!) hatten durch kriegerische Eroberungen gegründete "Kreuzfahrerstaaten" mehr oder weniger erfolgreich Bestand, bis sie erobert bzw. aufgelöst wurden - das ist ja nun nicht eben kurzfristig :grübel:
in diesem Sinne stellt sich mir dir Frage, ob man nicht eher nur in der letzten Phase der Kreuzzüge von scheitern sprechen sollte.

zudem bleibt bei dieser eingrenzenden Fragestellung außer Betracht, wie langfristig sich der Deutsche Orden in Osteuropa als Macht etablierte, was meiner Ansicht nach auch noch in die Kreuzzugsthematik gehört (es sei denn, wir wollen nur über "das heilige Land" reden)
 
zudem bleibt bei dieser eingrenzenden Fragestellung außer Betracht, wie langfristig sich der Deutsche Orden in Osteuropa als Macht etablierte, was meiner Ansicht nach auch noch in die Kreuzzugsthematik gehört (es sei denn, wir wollen nur über "das heilige Land" reden)

Ja, wenn wir uns auf die lateinischen Staaten in der Levante beschränken könnten wäre das sehr hilfreich.
Ich leugne natürlich nicht, dass auch der Deutsche und andere Ritterorden die darüber hinaus zeitlichen und geographischen Bestand hatten ein Teil der Kreuzzugsgeschichte darstellen, aber eben einen sehr speziellen der wie gesagt die Beschäftigung mit der Geschichte der Ritterorden automatisch mit einschließt. Spannendes Thema, keine Frage aber eben nicht die Fragestellung.

Noch einmal; mich würde vorallem interessieren worin die Tatsache begründet liegt, dass außer dem Ersten Kreuzzug keines der darauf folgenden Unternehmen gleichen Charakters bis 1291 n. Chr. also dem endgültigen Fall der Kreuzfahrerstaaten in der Levante die sich selbst gesteckten Ziele erreichte und man von einem Wandel in der Mentalität und Effektivität der Kreuzfahrer und ihrer Politik im Heiligen Land sprechen kann.
 
worin lagen die Gründe für das endgültige Scheitern
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Ich sehe den Hauptgrund in einer Kombination aus Veränderungen bei den Gegnern und einem Nachlassen der Kreuzzugsbegeisterung der Europäer.
Beim 1. Kreuzzug hatten die Kreuzfahrer das Glück, auf einen politisch zersplitterten Nahen Osten zu treffen, in dem es verschiedene regionale Machthaber gab, die keineswegs alle an einem Strang zogen. (Die Fatimiden in Ägypten betrachteten die Kreuzritter anfangs sogar als mögliche Verbündete gegen die Seldschuken.) Diese Situation bestand auch nach Errichtung der Kreuzfahrerstaaten noch für einige Jahrzehnte, in denen die Kreuzfahrerfürsten ihre moslemischen Nachbarn durchaus gegeneinander ausspielen oder sich mit ihnen verbünden konnten, zumindest aber verhindern, dass es zu einer islamischen Allianz kam. Die Beziehungen zwischen christlichen und islamischen Staaten waren teilweise auch gar nicht so schlecht (wurden aber immer wieder von Neuankömmlingen aus Europa gestört, die unbedingt dreinhauen wollten). Aber dann erwuchsen ihnen mit Zengi, Nur ad-Din und vor allem Saladin gefährliche Gegner, die die Umgebung der Kreuzfahrergebiete einigten und gegen die Kreuzfahrer mobilisieren konnten. Im 13. Jhdt. bekamen die Kreuzfahrer es dann mit den Mameluken zu tun.
Aber auch die Kreuzzugsbegeisterung der Europäer ließ im Laufe des 13. Jhdts. deutlich nach. Im 12. Jhdt. strömten noch fast permanent Kreuzritter in den Nahen Osten, die dort für begrenzte Zeit durch das Töten von ein paar Heiden für ihr Seelenheil sorgen wollten, und wenn es Rückschläge gab wie den Fall Edessas und später Jerusalems, war es noch relativ einfach, einen neuen großen Kreuzzug auf die Beine zu stellen. Aber im 13. Jhdt. machte sich eine gewisse Kreuzzugsmüdigkeit und wohl auch Desillusionierung breit. Es konnten nur noch kleinere Feldzüge einzelner Herrscher mit begrenzter Zielsetzung organisiert werden, die trotz vereinzelter Erfolge nicht mehr dauerhaft gegen ihre erstarkten Gegner ankamen.

die damit verbundene
Aufgabe des Kreuzzugsgedankens im ausgehenden 13. Jhd.?
Aufgegeben wurde der Kreuzzugsgedanke noch lange nicht.
1364 führte König Peter I. von Zypern einen Kreuzzug gegen Alexandria durch, der aber eigentlich ein reiner Raubzug war. Er eroberte Alexandria, plünderte es und massakrierte einen Teil der Bevölkerung.
Der Feldzug gegen die Osmanen, der 1396 in der Schlacht bei Nikopolis scheiterte, war auch noch ein offizieller Kreuzzug.
Noch Papst Pius II. (1458-1464) plante sehr intensiv einen neuen Kreuzzug gegen die Osmanen. Sein Hauptziel war die Befreiung Konstantinopels. Gleich nach Amtsantritt forderte er die christlichen Fürsten Europas auf, nach Mantua zu einem Kongress zu kommen. Der Kongress fand 1459 wirklich statt, war aber ein totaler Flop, weil kaum Gesandte eintrafen. Dafür baten die Gesandten von Thomas, dem Despoten von Morea, umso eindringlicher um Hilfe. Anfang 1460 erließ Pius II. dann tatsächlich eine Kreuzzugsbulle, mit der er Kaiser Friedrich III. zum Führer ernannte. Der Aufruf verhallte jedoch ungehört, trotzdem gab Pius nicht auf und agitierte weiter. Zu Hilfe kam ihm die Entdeckung wertvoller Alaunvorkommen im Kirchenstaat, wodurch die Finanzierung erleichtert wurde. Schließlich beschloss er angesichts der Zurückhaltung der europäischen Mächte, sich selbst an die Spitze des Kreuzzugs zu stellen. 1463 fand in Rom ein neuer Kongress statt, doch auch diesmal konnte Pius nur von Burgund, Venedig und Ungarn prinzipielle Unterstützungszusagen erhalten. Er erließ eine neue Kreuzzugsbulle, starb aber bald. Aus dem Kreuzzug wurde nichts.
 
Da bis jetzt nur so wenige an der Diskussion teilgenommen haben :cry:,
lege ich einfach mal selbst etwas nach...

Raveniks Argument mit den veränderten politischen Verhältnissen innerhalb der islamischen Welt teile ich voll und ganz.
Die Frage nach dem Eifer bzw. der Motivation der Kreuzfahrer lässt sich mit Sicherheit sowieso nicht klären, deshalb bleibt dieser Aspekt für mich eher zweitrangig.
Des Weiteren fiele mir noch ein, dass die Frage nach der Führung jener Unternehmungen bis zum 5. Kreuzzug stets ein Problem darstellte was die militärischen aber auch politischen Aktionen oftmals entscheidend lähmte.
Nach dem Scheitern des besagten Zuges einigte sich Papst Honorius III. zusammen mit Johan von Brienne und Friedrich II. darauf dass zukünftig nur noch weltliche Instanzen einem Kreuzzug vorstehen sollten und falls möglich, möglichst jemand ranghohes (Herzog, König oder eben Kaiser).
Bei letzterem Punkt spielte natürlich vor allem auch die Finanzierung eine entscheidende Rolle.
Interessant ist nur, dass auch diese Beilegung vorangegangener Schwierigkeiten und Streitigkeiten die Sache der Kreuzzüge nicht wirklich stärkte. Die Staaten der Levante verloren zusehends an Boden und etwaige Gegenbemühungen liefen nur sehr langsam oder garnicht an.
Auch Jerusalem verschwand zusehends aus dem Zentrum des Interesses obgleich es dem Begriff nach ja von Anfang an das einzige und legitime Ziel jener bewaffneter Pilgerfahrten war die seit 1096 n.Chr. aufbrachen.
Das wiederholte Scheitern der vorangegangen Unternehmen demoralisierte sicherlich in großem Maße weite Teile des christlichen Abendlandes und ließ es an der Rechtmäßigkeit der Züge per se zweifeln.
Auch die politischen Veränderungen in der Heimat der Kreuzfahrer, vor allem in Frankreich und England, die langsam damit begannen so etwas wie Grundzüge eines Nationalstaats zu zeigen, banden die militärischen Kräfte vor allem in Europa.

So viel meinerseits und nun, seid ihr dran!!!
 
Des Weiteren fiele mir noch ein, dass die Frage nach der Führung jener Unternehmungen bis zum 5. Kreuzzug stets ein Problem darstellte was die militärischen aber auch politischen Aktionen oftmals entscheidend lähmte.
Dabei sollte man aber natürlich nicht übersehen, dass der 1. Kreuzzug trotz häufiger Querelen unter seinen Führern der einzige wirklich erfolgreiche war und sein Ziel voll erreichte.

Auch Jerusalem verschwand zusehends aus dem Zentrum des Interesses obgleich es dem Begriff nach ja von Anfang an das einzige und legitime Ziel jener bewaffneter Pilgerfahrten war die seit 1096 n.Chr. aufbrachen.
So extrem würde ich das nicht sehen. Der 4., 5. und der 6. Kreuzzug richteten sich zwar (auch) gegen Ägypten, aber die Eroberung Ägyptens sollte nur Mittel zum Zweck sein; Endziel blieb Jerusalem. Man wollte den Ayyubiden ihre Machtbasis wegnehmen, um dann leichter Palästina befreien zu können. Dass der 4. Kreuzzug letztlich zur Eroberung christlicher Städte führte, war eine unglückliche Folge von Machtspielchen und Verpflichtungen gegenüber Venedig.
Erst im späten 14. Jhdt. trat dann Jerusalem in den Hintergrund, weil die Verteidigung Europas gegen die Osmanen Priorität bekam.

Auch die politischen Veränderungen in der Heimat der Kreuzfahrer, vor allem in Frankreich und England, die langsam damit begannen so etwas wie Grundzüge eines Nationalstaats zu zeigen, banden die militärischen Kräfte vor allem in Europa.
Das mit den "Grundzügen eines Nationalstaats" würde ich in die Zeit des Hundertjährigen Krieges verweisen.
Aber grundsätzlich stimme ich Dir zu, dass immer wieder innere Probleme in europäischen Staaten dazu führten, dass sie sich nicht oder kaum an Kreuzzügen beteiligten.
 
Ich möchte hier noch die Rolle des Papsttums und dem von ihm betriebenen Missbrauch des Kreuzzugsgedankens für seine weltliche Machtpolitik in die Runde werfen.

Genauer gemeint, der Kreuzzug als Waffe im Kampf gegen die Staufer (Friedrich II, Manfred). Zum Beispiel hatte der Papst die Kreuzzugsvorbereitungen Ludwigs IX. von Frankreich 1248 insofern sabotiert indem er zugleich in Deutschland den Kreuzzug gegen Friedrich II. predigen ließ, was das Fernbleiben einiger deutscher Fürsten wie dem Herzog von Brabant vom französischen Zug bewirkte. Außerdem hielten der päpstlich-staufische Konflikt den Kaiser von einem eigenen Zug in den Orient ab um Ludwig IX. zu unterstützen.

Später hat sich Karl von Anjou seinen Feldzug gegen Manfred von Sizilien vom Papst als Kreuzzug deklarieren lassen, genauso wie den "Kreuzzug gegen Aragón" nach der sizilianischen Vesper. Es gab also von der europäischen Ritterschaft guten Grund, an der Bereitschaft der Kurie zum Kampf gegen die Ungläubigen in der Levante zu glauben. Die Franzosen hatten nach 1270 jedenfalls keine Lust mehr darauf. Philipp VI. hatte noch einmal einen Kreuzzug geplant, die dafür eigens gebaute Flotte wurde dann aber beim Ausbruch des hunderjährigen Krieges in den Ärmelkanal verlegt und in Sluys versenkt.

Dem sind natürlich noch der Albigenserkreuzzug und die nachträglich gebilligte Umleitung des IV. Kreuzzugs gegen Konstantinopel vorausgegangen.
 
Dabei sollte man aber natürlich nicht übersehen, dass der 1. Kreuzzug trotz häufiger Querelen unter seinen Führern der einzige wirklich erfolgreiche war und sein Ziel voll erreichte.
Warum gehört der Kreuzzug Friedrichs II. nicht dazu? Sein Ziel erreichte er doch auf jeden Fall. Und Jerusalem wurde wieder größtenteils christlich, was ja mit das Hauptanliegen aller Kreuzzüge war (oder wenigstens sein sollte).
 
die nachträglich gebilligte Umleitung des IV. Kreuzzugs gegen Konstantinopel
Inwiefern nachträglich gebilligt? Innozenz III. hat die Ergebnisse doch nur faktisch akzeptiert? Oder gab es irgendwann doch eine ausdrückliche Billigung?

Warum gehört der Kreuzzug Friedrichs II. nicht dazu? Sein Ziel erreichte er doch auf jeden Fall. Und Jerusalem wurde wieder größtenteils christlich, was ja mit das Hauptanliegen aller Kreuzzüge war (oder wenigstens sein sollte).
Grundsätzlich hast Du natürlich recht. Ich habe ihn aber nicht berücksichtigt, weil er sein Ziel durch Verhandlungen, also aufgrund eines Entgegenkommens der Ayyubiden, erreichte. Dazu hatte sich der Sultan auch nicht hergegeben, weil er sich so vor Friedrich II. fürchtete, sondern weil er genug eigene Probleme hatte. Obendrein wurde Jerusalem geteilt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist noch eine weitere Ursache eingefallen, die bei Ravenik bereits anklang fand; das grundsätzliche Mentalitätsproblem das sich aus der Bipolarität
der ankommenden Kreuzfahrer und der bereits im Heiligen Land Lebenden
Lateinern ergab.
Wo die einen Ungläubige töten und Beute machen wollten, ging es den Anderen um längerfristige mitunter differenzierte diplomatische Lösungen der stets schwelenden Konflikte.
Je länger diese Ansätze durch nachrückende Kreuzfahrer untergraben wurden,
desto radikaler gestaltete sich auch die Erkenntnis der Moslems, dass solange die lateinischen Christen jene Außenposten ihres Kulturraumes besitzen würden desto aussichtsloser sei ein dauerhaftes Arrangement.
Noch mal zum 5. Kreuzzug, der wie ich finde viele charakteristische Merkmale aufwies die für das stehen was wir hier erörtern;
In der Person des päpstlichen Legaten Pelagius stand dem eigentlichen, weltlichen und militärischem Oberhaupt des Zuges, Johan von Brienne, der vielerorts für seine Vernunft und sein planendes und geschickt kalkulierendes Wesen gerühmt wird, ein religiöser Fanatiker gegenüber der wider besseren Wissens den Angriff auf Kairo befahl und darüber hinaus zwei Friedensangebote zu unglaublich günstigen Bedingungen (sie schlossen beide Male die komplette Rückgabe aller heiligen Stätten in Syrien und Palästina ein) ausschlug.
Solange solche Männer schalten und walten durften war die Sache ohnehin zum Scheitern verurteilt.
 
Dieser Kreuzugseifer lässt sich für viele Ritter, die ins heilige Land kamen, aber auch als Beuteeifer übersetzen. Schließlich ging es vielen nur darum Besitz oder Plündergut zu erwerben und zu Reichtum kommen.
Die "Attraktivität" der Levante als "Ausflugsziel" für diese Ritter muss, infolge der immer schlechter werdenden machtpolitischen Situation, drastisch gesunken sein
 
Dieser Kreuzugseifer lässt sich für viele Ritter, die ins heilige Land kamen, aber auch als Beuteeifer übersetzen. Schließlich ging es vielen nur darum Besitz oder Plündergut zu erwerben und zu Reichtum kommen.
Die "Attraktivität" der Levante als "Ausflugsziel" für diese Ritter muss, infolge der immer schlechter werdenden machtpolitischen Situation, drastisch gesunken sein

Die Gleichsetzung von "Kreuzzugseifer" und Beuteeifer teile ich ganz und gar nicht. Sie wird der zum Teil hoch komplexen Motivation der damaligen Menschen nicht gerecht. Sicherlich, weltliche Interessen und Gelüste spielten zu allen Zeiten eine Rolle aber eben nicht die Rolle.
Wir können das heutzutage nicht mehr nachvollziehen, was einen Menschen dazu veranlasst sein Hab und Gut in der Heimat größtenteils zu verkaufen und mit seiner Vergangenheit zu brechen nur um sich auf eines der wohl gefährlichsten Vorhaben zu begeben um in den Augen seines Gottes zu bestehen und die Erlösung zu suchen.
Aber ich kann das nicht so gut ausführen wie z.B der Buchautor Adolf Waas
in seiner doppelbändigen Geschichte der Kreuzzügen.
Dort wird eingangs ein ganzes Kapitel der Erörterung der sog. "Gottesstreiterfrömmigkeit" gewidmet, die im Kontext der cluniazensichen Reform welche Mitteleuropa aber vor allem Frankreich, aus dem ja der Löwenanteil der ersten und aller Kreuzfahrer überhaupt entstammte, erfasste und zu begreifen sein muss.
Kann das Buch nur empfehlen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke beide Motivationen waren die wichtigsten Gründe für die Entscheidung eines Adligen, zur damaligen Zeit Kreuzfahrer zu werden.

Schauen wir uns zum Beispiel die Führer des ersten Kreuzzuges an: Eine Gruppe von Männern mit sehr unterschiedlichen Motivationen.

So würde ich Bohemund von Tarent und Balduin von Edessa als besitzmotiviert sehen. Vor allem an Balduins Verhalten, wie er mit seinen Männern nach Edessa abdüste und dort den christlichen! Machthaber stürzte, kann man sehen, wie sehr er doch auf die Kreuzugsidee und den Zug nach Jerusalem pfiff.

Raimund von Toulouse war aus meiner Sicht interessierter an der ideellen Idee des Kreuzzuges als die zwei Vorherigen. Schließlich war es ihm immer wichtig gewesen, als weltlicher Führer des Kreuzzuges angesehen zu werden. Wobei sich dies aber auch sehr gut mit seinen nicht zu bestreitenden großen Macht- und Besitzansprüchen in der Levante deckt. Was für seine religiöse Überzeugung spricht ist natürlich auch, dass er bei Aufbruch einer der mächtigsten Männer Frankreichs war und die Pilgerfahrt für ihn keine grundlegende "No lose" Situation war.

Schließlich bleibt noch Gottfried von Bouillon. Er ist wahrscheinlich der am religiös inbrünstigste der Anführer gewesen. Jedenfalls wird er von den damaligen Chronisten und Zeitgenossen hoch gelobt und hält sich aus vielen hässlichen Machtkämpfen raus. Auch leistet er dem byzantinischen Kaiser auch nur sehr widerwillig den, von ihm geforderten Treueeid.

Ich finde man kann an den Anführern des ersten Kreuzuges sehr gut sehen, welche verschiedenen Motivationen die Kreuzfahrer hatten.

Trotzdem denke ich, dass vor allem die Gier ein sehr wichtiger Grund für die Teilnahme an den Kreuzzügen war. Anders kann ich mir zum Beispiel die grausame Plünderung Jerusalems, die eindeutig gegen den Kreuzzugsgedanken war, nicht erklären.
 
Lieber Mittelwalter,
das kann ich so nicht unterschreiben.
Gerade die Greueltaten gegenüber der Bevölkerung Jerusalems erklären sich nur,und zwar wirklich nur aus dem hohen Maß an religiöser Inbrunst.
Spielen wir das doch einfach mal kurz durch:
Wir schreiben das Jahr 1099 n. Chr. und du bist ein niederer bis mittlerer, europäischer Adliger dessen ganzer Lebenszweck stets der Kampf war,
sowohl im praktischen Sinn als auch im übertragenen, denn die christlichen Vorstellungen vom Himmelreich und seinem irdischen Äquivalent das durch sündige und verderbte Barbaren täglich bedroht und geschändet wird sind für dich so gewiss wie die Tatsache, dass zu Hause, in deiner kargen und von Entbehrungen gebeutelten Heimat nichts mehr auf dich wartet was eine Rückkehr sinnvoll erscheinen ließe.
Seit nunmehr drei langen Jahren befindest du dich, als entwurzelter Spielball des göttlichen Plans, in einer fremden und feindlichen Gegend die mit jedem Sandkorn, jedem Grad Celsius und jedem vertrocknetem Brunnen deinen Tod wünscht. Da liegt sie vor dir, die eine wahre und heiligste aller Städte; Jerusalem.
Sie ist nicht nur eine Stadt, sie ist das Tor ins Paradies.
Ihre Mauern, Bauwerke, ihre schiere Größe übertrifft alles was du je gesehen hast. Alles was dich davon trennt in ihr die schicksalhaften Stätten des Martyriums des Gottessohnes zu sehen und zu berühren, ist ein Volk von Ziegentreibern,Menschenhändlern und ungläubigen Teufeln.
Mit jedem Tag den sich die Belagerung hin zieht, mit jedem tapferen christlichen Leben das sie kostet und mit jeder Wunde die sie dir schlägt wächst dein Hass. Dann ist es geschafft und du erinnerst dich an das was der Papst und die unzähligen Prediger immer gesagt hatten:
Wer einen Ungläubigen tötet begeht keine Sünde, es ist der Pfad zur Erlösung. Gott will es!

Wäre es nur um Beute gegangen, hätte man die Leute auch einfach fort treiben können.
Ich hoffe ich konnte meinen Standpunkt klar machen ohne den Eindruck zu erwecken, dass ich diese Vorgehensweise gutheiße oder entschuldigen will.
 
Und was für einen Grund gab es dann Konstantinopel zu plündern?

Berechtigter Einwand. Wie gesagt, weltliche Gelüste spielten immer auch eine Rolle, aber nicht ausschließlich.
Zudem tue ich mich etwas schwer damit die einzelnen Kreuzzüge einfach in einen Topf zu werfen. Sie sind dem Prinzip nach zwar verwandt, nicht aber dem jeweiligen Zeitgeist und vor allem der mit den stark variierenden Hauptteilnehmern verbundenen Mentalitäten. Innerhalb eines Zeitraums von über 100 Jahren kann selbst die stärkste Idee verdreht und umgeformt werden.
 
Und was für einen Grund gab es dann Konstantinopel zu plündern?
Der Vierte Kreuzzug richtete sich ja nicht gegen Konstantinopel, sondern gegen Ägypten. Im Gegenteil, das Byzantinische Reich wollte man eigentlich vermeiden und per Schiff ans Ziel fahren, womit man sich aber erst recht Probleme einhandelte, weil die Venezianer nicht zu knapp für ihre Fährdienste bezahlt werden wollten. Die Eroberung Konstantinopels war nicht religiös, sondern machtpolitisch und finanziell motiviert. Durch die Plünderung wollten sich die Kreuzfahrer das holen, was ihnen Alexios IV. für ihre Hilfe versprochen, aber nicht gehalten hatte, um ihrerseits die Venezianer für die Überfahrt bezahlen zu können. Die Kreuzfahrer waren also gewissermaßen Söldner, die den ausstehenden Sold eintrieben. Letztlich bekamen sie durch die Plünderung freilich wesentlich mehr.
 
Ich kann mich Ravenik nur anschliessen.
Hinzu kommt noch ein Faktor, der nicht unwesentlich ist.
Das Byzantinische Reich hatte seit Beginn der Kreuzzüge immer wieder versucht diese zu sabotieren; mal mehr, mal weniger.
Diese Kollaboration mit dem Feind, sowie die ohnehin nicht ganz unangespannte Lage seit 1054 n.Chr. zwischen west- und oströmischer Kirche lässt uns begreifen, dass in den Byzantinern mitunter nicht weniger der Feind gesehen wurde als in den Moslems.
 
So drastisch würde ich das nicht ausdrücken. Die Byzantiner waren in den Augen der Kreuzfahrer treulos, unzuverlässig und verschlagen, aber grundsätzlich empfand man sich schon als auf derselben Seite stehend. Die Kreuzfahrer waren auch durchaus an militärischer Hilfe durch die Byzantiner interessiert - allerdings möglichst ohne byzantinische Mitsprache. Sie fühlten sich aber von den Byzantinern nicht ausreichend unterstützt oder gar sabotiert, wobei ihnen teilweise das Verständnis dafür fehlte, dass es für die Byzantiner auch nicht gerade lustig war, wenn immer wieder (für die damalige Zeit) relativ große fremde Heere durch ihr Reich ziehen, knapp an der Hauptstadt vorbei, und das nach diversen wenig vertrauensfördernden Vorfällen wie den Aktivitäten Robert Guiscards und Bohemunds. Außerdem waren die Kreuzfahrer nun mal in Gegenden aktiv, die einst byzantinisch gewesen waren und auf die man in Byzanz daher immer noch Anspruch erhob, aber die Kreuzfahrer waren großteils natürlich nicht gewillt, ihre Eroberungen Byzanz zu unterstellen. Man misstraute einander einfach, allerdings war es mit dem Vertrauen unter den Kreuzfahrern oft auch nicht weit her.
 
Nun, meiner Meinung nach muss die Plünderung Jerusalems als Ergebnis des religiösen Fanatismus und der Habgier der Kreuzfahrer gesehen werden.

So stimme ich dir, huski, komplett zu, wenn es um die Stimmung der Armee während der Belagerung Jerusalems geht. Die Männer müssen einen großen Hass gegen die Ungläubigen gehabt haben, wegen denen sie solche Qualen außerhalb der Stadt erleiden müssen.

Doch als die Stadt dann gestürmt wurde, vergaßen doch so gut wie alle ihren heiligen Auftrag: Die heimischen Christen aus der Herschaft der Muslime zu befreien. Stattdessen bringen die Kreuzfahrer einfach diese genauso um, wie die Muslime. Sie plündern die heilige Stadt und füllen ihre Straßen mit den Leichen ihrer Bewohner, egal welcher Konfession.

Ob das das Ziel des Kreuzuges war ?

Zusammengenommen mit den vielen anderen "unchristlichen" Vorfällen des Kreuzzuges wie die Einnahme Edessas, fällt es mir schwer an die uneingeschränkte religiöse Inbrunst der Kreuzfahrer zu glauben.
 
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