Das ist ein guter Hinweis und zeigt m.E. einen Kern des Problems. Bei den Vandalen siedelte sich das ganze Volk dauerhaft in Nordafrika an, kriegte Kinder und vermehrte sich. Die Kreuzfahrergesellschaft war eindimensionaler, bestand sie doch im wesentlichen aus Kriegern - also Männern zwischen 15 und 50, von denen ein Teil, nämlich Geistliche und Ordensritter, auch noch zölibatär leben mußte.
Und außer den großen, bedeutenden Grundherren wird kaum jemand die Frauen nachgeholt haben. Vielmehr kehrte die Mehrheit der Kreuzfahrer nach maximal ein, zwei Jahren "Abenteuerurlaub" im Heiligen Land reich an Gold, Erfahrung oder beidem wieder zu den Familien in Europa zurück.
Die Folge war eine relativ geringe Vermehrungsrate.
Frauen reisten und pilgerten sowieso schon weniger und es gab ein explizites päpstliches Verbot für Frauen nach Jerusalem zu pilgern, was jedoch nicht heißt, dass es keine weiblichen Pilgerfahrten nach Jerusalem mehr gegeben hätte. Es gab in Jerusalem in der fraglichen Zeit nämlich ein Pilgerhospiz, welches Frauen vorbehalten war.
Außerdem war das Überleben der Staaten ja nicht von einer fränkischen Herrenschicht abhängig, sondern von bereits ansässigen Christen, Juden und Muslimen die innerhalb des lateinischen Einflussgebiets unwesentlich anders lebten als in der Zeit vor den Kreuzzügen.
Da gab es zwar Allianzen (die gab es aber auch bis zum 4. Kreuzzug mit Damaskus, bis die Kreuzfahrer die eigentlich verbündete Stadt erfolglos belagerten!), aber die Orientchristen und die lateinischen Christen lebten getrennt voneinander. Dies lässt sich an den Neugründungen der Siedlungen lateinische Christen ablesen, die Bauweisen aus ihrer Heimat mitbrachten. Und da es eine ganze Reihe an Siedlungen gab, muss es auch Siedler gegeben haben. Im Übrigen kann man annehmen, dass die lateinischen Christen untereinander sich auch nach Volksgruppen sortierten, zumindest gibt es Zeugnisse, dass ein italienischer Bischof mit seinem Gefolge ein Schiff verließ, weil auf dem Schiff zu viele Franzosen waren und der französische Berichterstatter meint nur lakonisch, dass das gut so gewesen sei, sonst wisse er nicht, ob im Heiligen Land noch alle Pilger angekommen wären. Ähnlich berichtet Rodrigo Jiménez de Rada, freilich mit der Absicht des Herrscherlobes (Alfonso VIII.), dass, als im Mai 1212 die Truppen aus ganz Spanien und auch von jenseits der Pyrenäen in Toledo eintrafen und etwa einen Monat in Toledo verweilten, es allein Alfonsos Management zu verdanken gewesen sei, dass nicht nur alle versorgt waren und ein Obdach hatten (er spricht diesbezüglich im Übrigen von königlichen Parkanlagen(!!!), in denen der König Bäume habe fällen lassen, um Unterkünfte zu schaffen).
Und wo ich schon Jiménez des Rada zitiere, so kann ich gleich auch seinen Bericht vom Zug gen al-Andalus anschließen, der schließlich in der Schlacht von Las Navas de Tolosa gipfelte. Auf dem Zug dahin erobert ein Kontingent der Truppen eine Burg, Malagón am Oberlauf des Guadiana, mitten in Neukastilien/La Mancha. Dieses Kontingent ist eines, welches Erzbischof Rodrigo als Ultramontane bezeichnet - wer auch immer damit genau gemeint ist. Gemeinsam erobert man dann noch Calatrava (Qala'at Rabah) la Vieja, dann rücken die Ultramontanen, mit Ausnahme des Erzbischofes von Vienne mit seinem Gefolge, ab. Also vor der eigentlichen großen Schlacht. Rodrigo nennt den Grund nicht direkt, aber es scheint doch durch, dass es wohl Streit gegeben hatte, weil den Iberern missfiel, dass die Ultramontanen die Überlebenden der Burgbesatzungen ausnahmslos enthaupteten (dies konnte man wohl in Calatrava verhindern).
Es gab also schon sehr deutliche Unterschiede auch in der Wahrnehmung und im Verhalten.