Das Scheitern der Kreuzzüge

Lieber dekumatland,
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Ich schrieb im ausgehenden 13.Jhd. Also meinetwegen zwischen 1250 und 1300 n.Chr. Die von dir beanspruchten "ersten 100 Jahre" des Erfolgs hätten somit, gehen wir von 1099 n.Chr. aus, bis 1199 n.Chr. gedauert!!!
Du siehst, nach Adam Riese (und Eva Zwerg), was du hier beanstandest schneidet nicht im entferntesten die Fragestellung.
Da gibt es auch nichts Implizites, sondern nur
eine konkrete Frage.:nono:
 
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Lieber dekumatland,
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Da gibt es auch nichts Implizites, sondern nur
eine konkrete Frage.:nono:
Deine Fragestellung in #1 hab ich durchaus wahrgenommen... schau: erstmal musste es die "Kreuzfahrerstaaten" geben - hätte es sie nie gegeben, dann wären die Kreuzzüge von Anfang an gescheitert gewesen.

Die "Kreuzfahrerstaaten" gab es vereinfacht gesagt runde 200 Jahre lang, bis sie dann verschwanden (d.h. erobert wurden) und dieses 200jährige Bestehen lässt sich nicht wegretuschieren: es war ein zeitweiliger Erfolg.

Hierbei allerdings ist zu konstatieren, dass diese Kreuzfahrerstaaten nicht in Reih und Glied miteinander marschierten, sondern dass die Interessen der jeweiligen Herrschenden teilweise divergierten - also gab es kein in sich geschlossenes Ensemble von Neugründungen/Eroberungen.

Nun stellen sich mehrere Fragen, die wichtigste davon ist: waren diese teilweise recht weit von der heiligen Stadt entfernten Staaten/Königreiche abhängig von Nachschub aus Mitteleuropa? Diese Frage kann ich nicht beantworten (ich kann nur vage vergleichen: das Vandalenreich seinerzeit, wiewohl ein Fremdkörper, war nicht auf "Nachschub" angewiesen - allerdings können die Bedingungen im 11.-13. Jh. andere als zu der Vandalen Zeit gewesen sein)

Im Lauf der 200jährigen Geschichte der Kreuzzüge und ihrer Staatenbildungen ist manche Veränderung festzustellen: die Bedingungen und Gegebenheiten des späten 11. Jh. und die des 13. Jh. sind nicht dieselben. -- hier wäre zu fragen bzw. zu untersuchen, ob der von dir genannte "Kreuzzugsgedanke" im 13. Jh. noch derslebe wie im 11.Jh. war.

Einen Teil des letztlichen "Scheiterns" in der Endphase hat gewiss die Uneinigkeit der Kreuzfahrerstaaten untereinander auf sich zu nehmen - ob sie vorprogammiert war, weil verschiedene Kräfte und Interessen ins heilige Lanf zogen, vermag ich nicht zu beurteilen.

Hinzu kommt letztlich, dass die Gegner der Kreuzzfahrerstaaten an Macht und Einigkeit gewannen, also auch eine entsprechende militärische Stärke einsetzen konnten, welche letztlich zur Eroberung der Kreuzfahrerstaaten führte.
 
das kann ich so nicht unterschreiben.
Gerade die Greueltaten gegenüber der Bevölkerung Jerusalems erklären sich nur,und zwar wirklich nur aus dem hohen Maß an religiöser Inbrunst ...

Wäre es nur um Beute gegangen, hätte man die Leute auch einfach fort treiben können.
Ich hoffe ich konnte meinen Standpunkt klar machen ohne den Eindruck zu erwecken, dass ich diese Vorgehensweise gutheiße oder entschuldigen will.

Es erscheint mir etwas treuherzig, allein an die "religiöse Inbrunst" der Kreuzfahrer zu glauben. Sicher war das religiöse Motiv, das einen Ritter zum Aufbruch ins Heilige Land veranlasste, ein sehr zentrales. Wir wissen aber aus zahlreichen Untersuchungen, dass vielfach auch die Hoffnung eine Rolle spielte, ein Stück Land zu erwerben bzw. die soziale Leiter emporzustiegen - vor allem bei zweitgeborenen Adligen, die solches in der Heimat nicht zu erwarten hatten - und auch Abenteuer- und Beutelust Bestandteil der komplexen Erwartungshaltung nicht weniger Kreuzritter waren.

Bei der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099 richteten die Kreuzfahrer unter den 20 000 Einwohnern bekanntlich ein schreckliches Blutbad an. Der Rausch des Sieges, religiöser Fanatismus und aufgestaute Entbehrungen werden als Erklärungen genannt. Dass sich ein Teil der Kreuzritter an den Schätzen der al-Aqsa Moschee und auch andernorts bereicherte, sollte dabei nicht unerwähnt bleiben. Wir verfügen u.a. mit dem Chronisten Wilhelm von Tyrus (ca. 1130-1186) und dem arabischen Geschichtsschreiber Ibn al-Atir (1160-1233) über zwei Quellen, die darüber Auskunft geben.

So sagt z.B. Wilhelm von Tyrus: "Er [Tankred] brach mit Gewalt in den Tempel ein und machte Unzählige nieder. Er soll auch eine unermessliche Menge von Gold, Silberund Edelsteinen hinweggenommen ... haben." (Wilhelm von Tyrus, Geschichte der Kreuzzüge und des Königreichs Jerusalem, übers. von E. und R. Kausler, Stuttgart, S. 200 ff.).

Ibn al-Atir berichtet: "Aus dem Felsendom raubten die Franken mehr als vierzig Silberleuchter, von denen jeder über 3600 Drachmen wog, einen großen Silberleuchter im Gewicht von 40 syrischen Pfund, außerdem von den kleineren Leuchtern 150 silberne und mehr als 20 goldene, und andere unermessliche Beute. (zit. nach: Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht. Aus den arabischen Quellen ausgewählt und übers. von Francesco Gabrieli, Zürich/München 1973, S. 49 f.)
 
Wenn das korrekt übersetzt ist, dann spricht Wilhelm von Tyrus wohl wirklich über die al-Aqṣā-Moschee. Der Felsendom, von dem Ibn al-Atīr spricht, ist aber nicht die al-Aqṣā, wenn auch beides in unmittelbarer Nähe voneinander auf dem ḥaram aš-šarīf respektive Tempelberg liegt.
Es dürfte natürlich unzweifelhaft sein, dass geplündert wurde.

Zur Frage "warum scheiterten die Kreuzzüge?" muss man, denke ich, durchaus in die ersten 100 Jahre der Kreuzfahrerstaaten zurückblicken. Denn die Frage, warum sie scheiterten, ist eng mit der Frage verbunden, warum die Kreuzfahrerstaaten überhaupt 100 Jahre lang einigermaßen erfolgreich waren. Wie sah 1099 ff. der Nahe Osten aus, was passierte dort abgesehen von den Kreuzzügen? Die Seldschuken, welche in den Jahrzehnten zuvor erfolgreich das byzantinische Reich bekämpft hatten, waren untereinander zerstritten (Großseldschuken und Rumseldschuken), die Mamluken in Ägypten, zunächst noch unter nomineller Hoheit der Fatimiden waren ebenso anderweitig beschäftigt. Das änderte sich eigentlich erst mit den Zengiden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Plünderungen im Zuge einer Eroberung einer zuvor lange und unter Entbehrungen belagerten Feste oder Stadt, sind nichts Außergewöhnliches und gehören fast schon zum guten Ton. :ironie:
Sie deshalb im Zusammenhang mit den Kreuzzügen besonders hervor zu heben halte ich für überflüssig.
Einen Unterschied macht es da schon, wie man mit den Besiegten und vor allem der Zivilbevölkerung umgeht.
Das hohe Maß an Grausamkeit stellt sicherlich etwas Besonderes dar.
Die Überzeugung dass es sich bei den Angehörigen des Feindes nicht um gute Christenmenschen handelte, sondern um ungläubige Ketzer fällt dabei sicherlich ins Gewicht.
Natürlich leugne ich nicht, dass der Drang nach persönlicher Bereicherung immer eine Begleiterscheinung gewesen ist, aber in Bezug auf die Frage warum
bricht jemand zum Kreuzzug auf, bleibt sie eben eine Begleiterscheinung.
Ich hatte schon früher darauf hingewiesen, dass wir all zu oft von den Führern der Züge sprechen und ihr Verhalten mir nichts dir nichts auf die breite Masse übertragen. Ein Mittelloser Europäer der einer womöglich sogar unfreien Gesellschaftsschicht in seiner Heimat angehörte, wird kaum im Heiligen Land das große Geld gemacht haben auch wenn die Propaganda dies vll. des Öfteren behauptete und in Aussicht stellte.
Der großen Masse der Züge die aus einfachen Menschen bestand, war die Frage irdischen Reichtums allein dem Wesen nach sicherlich fremder als der Wunsch jenseitiger Vergebung; Angst ist und war schon immer der stärkste Motor, der Menschen zu den erstaunlichsten Taten antrieb.
 
Die Plünderungen im Zuge einer Eroberung einer zuvor lange und unter Entbehrungen belagerten Feste oder Stadt, sind nichts Außergewöhnliches und gehören fast schon zum guten Ton.
Sie deshalb im Zusammenhang mit den Kreuzzügen besonders hervor zu heben halte ich für überflüssig.

Ich habe die Quellen zur Plünderung Jerusalems angeführt wegen deiner idealsierenden Anmerkung, die Kreuzfahrer seien allein von "religiöser Inbrunst" getrieben worden. Das war sicher nicht allein der Fall, denn hinter dem Zug der Kreuzritter stand ein komplexes Bündel von Beweggründen, das von Fall zu Fall durchaus unterschiedlich wa.

Im übrigen standen die Muslime solchen Grausamkeiten iwenig nach, sodass sich beide Seiten nichts vorzuwerfen haben. Bedauerlich nur,dass stets die Zivilbevölkerung in hohem Maße von solchen Auseinandersetzungen und ihren Folgen betroffen war.

Der großen Masse der Züge die aus einfachen Menschen bestand, war die Frage irdischen Reichtums allein dem Wesen nach sicherlich fremder als der Wunsch jenseitiger Vergebung; Angst ist und war schon immer der stärkste Motor, der Menschen zu den erstaunlichsten Taten antrieb.

Für das Fußvolk gilt dasselbe wie für den Adel: Es mischten sich in individuell unterschiedlicher Weise Religiosität, Fanatismus, Abenteuer- und Beutelust.
 
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Nun stellen sich mehrere Fragen, die wichtigste davon ist: waren diese teilweise recht weit von der heiligen Stadt entfernten Staaten/Königreiche abhängig von Nachschub aus Mitteleuropa?


Ich würde diese Frage, zumindest für Kriegszeiten, bejahen.

Ich mache das einfach einmal an den sehr umfangreichen Besitzungen fest, über welche die geistlichen Ritterorden in Europa verfügten, sowie an ihren übertriebenen Privilegien, die ihnen die (bitter nötige) "bestmögliche" Ausbeute ihres Besitzes erlaubten.
Ohne die im Abendland erzeugten Finanzmittel, aber auch ohne den Nachschub an Waffen und Pferden sowie Menschen wären die Orden im heiligen Land sehr schnell erledigt gewesen, bzw. wären nicht über die ersten paar Ritter hinausgekommen. Ohne die Orden widerum hätten auch die Kreuzfahrerstaaten nicht (so) lange ausgehalten, was man daran erkennt, das den Orden wiederholt Burgen und Städte übergeben wurden, welche von ihren Eigentümern nicht mehr adäquat unterhalten und verteidigt werden konnten. Hinzu kommen zahlreiche "Eigenbauten", wie etwa die letzte christliche Festung im Heiligen Land, das Pilgerschloss.
Zudem ist die Leistung der Ritterorden im Bereich des Heerwesens nicht zu unterschätzen, da nur sie die Prestige und die Erfahrung hatten, mäßigend auf neu eingetroffene Kreuzfahrer wirken zu können. Zudem besaßen die Orden gute Beziehungen in Europa und konnten dort gewissermaßen werbend für die Kreuzfahrerstaaten auftreten, in einigen Fällen wurden sie sogar offiziell als Gesandte ausgeschickt, in einem Fall sogar, um der Tochter des Königs einen Gatten, der dann der nächste König werden würde, auszusuchen.
 
Zudem ist die Leistung der Ritterorden im Bereich des Heerwesens nicht zu unterschätzen, da nur sie die Prestige und die Erfahrung hatten, mäßigend auf neu eingetroffene Kreuzfahrer wirken zu können.

Die Ritterorden, ist schon mal sehr allgemein.
Allein zwischen den drei Großen (Templern, Johanitern & Deutschherren Orden) bestanden nicht nur zu allen Zeiten große Unterschiede, sondern teilweise sogar heftige Differenzen. Auch zum Rest der Kreuzfahrer war ihr Verhältnis, vor allem das der Templer, mehr als ambivalent.
Während des 5. Kreuzzuges, als nach der Eroberung Damiettes sich die Frage stellte, wie nun weiter vorzugehen sei, zählten sowohl Templer als auch Johaniter zu der Partei die auf einen Angriff Kairos drängten und damit den Untergang des Heeres besiegelten.
Als Orden, waren die politischen sowie militärischen Entscheidungen dieser Institutionen stark von der jeweiligen Führungspersönlichkeit abhängig und da gab es, wie überall anders auch, große Unterschiede.
 
Nun stellen sich mehrere Fragen, die wichtigste davon ist: waren diese Staatenabhängig von Nachschub aus Mitteleuropa? Diese Frage kann ich nicht beantworten (ich kann nur vage vergleichen: das Vandalenreich seinerzeit, wiewohl ein Fremdkörper, war nicht auf "Nachschub" angewiesen -

Das ist ein guter Hinweis und zeigt m.E.einen Kern des Problems- bei den Vandalen siedelte sich das ganze Volk dauerhaft in Nordafrika an ,kriegte Kinder und vermehrte sich - die Kreuzfahrergesellschaft war eindimensionaler, bestand sie doch im wesentlichen aus Kriegern- also Männern zwischen 15 und 50, von denen ein Teil,nämlich Geistliche und Ordensritter auch noch zölibatär leben mußten.
Und außer den großen,bedeutenden Grundherren wird kaum jemand die Frauen nachgeholt haben.Vielmehr kehrte die Mehrheit der Kreuzfahrer nach maximal ein,zwei Jahren "Abenteuerurlaub" im Heiligen Land reich an Gold,Erfahrung oder beidem wieder zu den Familien in Europa zurück.
Die Folge war eine relativ geringe Vermehrungsrate.
Im Prinzip war nur die Oberschicht von 4 Kleinstaaten (Edessa,Antiochia, Tripolis, Jerusalem) nebst Gefolge tatsächlich auf Dauer und auf die Zukunft angelegt im Outremer präsent. Hinzu kamen die bevolkerungspolitisch eher nebensächlichen Orden. Alles andere was aus Europa kam waren im wesentlichen nur "Durchreisende in Eisen"
Einer originären Outremer-Gesellschaft fehlte also sowohl der Unterbau als auch der eigene Nachwuchs.
 
Das ist ein guter Hinweis und zeigt m.E.einen Kern des Problems- bei den Vandalen siedelte sich das ganze Volk dauerhaft in Nordafrika an ,kriegte Kinder und vermehrte sich - die Kreuzfahrergesellschaft war eindimensionaler, bestand sie doch im wesentlichen aus Kriegern- also Männern zwischen 15 und 50, von denen ein Teil,nämlich Geistliche und Ordensritter auch noch zölibatär leben mußten.
Und außer den großen,bedeutenden Grundherren wird kaum jemand die Frauen nachgeholt haben.Vielmehr kehrte die Mehrheit der Kreuzfahrer nach maximal ein,zwei Jahren "Abenteuerurlaub" im Heiligen Land reich an Gold,Erfahrung oder beidem wieder zu den Familien in Europa zurück.
Die Folge war eine relativ geringe Vermehrungsrate.
Im Prinzip war nur die Oberschicht von 4 Kleinstaaten (Edessa,Antiochia, Tripolis, Jerusalem) nebst Gefolge tatsächlich auf Dauer und auf die Zukunft angelegt im Outremer präsent. Hinzu kamen die bevolkerungspolitisch eher nebensächlichen Orden. Alles andere was aus Europa kam waren im wesentlichen nur "Durchreisende in Eisen"
Einer originären Outremer-Gesellschaft fehlte also sowohl der Unterbau als auch der eigene Nachwuchs.

Bis zu einem gewissen Grad ist da sicherlich etwas dran.
Betrachtet man jedoch die genauen Umstände des Untergangs der Kreuzfahrerstaaten, dann fällt auf dass diese weniger von demographischem Niedergang, als vielmehr von militärischen Niederlagen und politischer Isolation geprägt waren.
Außerdem war das Überleben der Staaten ja nicht von einer fränkischen Herrenschicht abhängig, sondern von bereits ansässigen Christen, Juden und Muslimen die innerhalb des lateinischen Einflussgebiets unwesentlich anders lebten als in der Zeit vor den Kreuzzügen. Man darf auch nicht vergessen, dass der Handel mit dem Okzident keine Einbahnstraße war.
Die Levante war seit je her ein ertragreiches Gebiet für Luxusgüter aber eben auch andere exotische Waren die noch weiter aus dem Orient kamen und in Europa gute Preise erzielten.
Nein, es ging dabei nicht um die Behauptung einer hermetisch in sich geschlossenen Welt die nur von Fremden und Feinden umzingelt war.
Im Gegenteil; ich glaube, dass man sich noch stärker von den europäischen Wurzeln hätte lösen müssen, um auf Dauer existieren zu können.
 
Zur Frage "warum scheiterten die Kreuzzüge?" muss man, denke ich, durchaus in die ersten 100 Jahre der Kreuzfahrerstaaten zurückblicken. Denn die Frage, warum sie scheiterten, ist eng mit der Frage verbunden, warum die Kreuzfahrerstaaten überhaupt 100 Jahre lang einigermaßen erfolgreich waren. Wie sah 1099 ff. der Nahe Osten aus, was passierte dort abgesehen von den Kreuzzügen?
exakt!!
ohne diese Rahmenbedingungen bzw. Fragen wird meiner Ansicht nach die Frage nach dem scheitern müßig bzw. verkürzt und verengt die Problematik.
 
Betrachtet man jedoch die genauen Umstände des Untergangs der Kreuzfahrerstaaten, dann fällt auf dass diese weniger von demographischem Niedergang, als vielmehr von militärischen Niederlagen und politischer Isolation geprägt waren.

Wegen der dauerhaften demografischen und damit auch militärischen Schwäche entwickelten sich die geistlichen Ritterorden zur eigentlichen Militärmacht. Dynastische Probleme schwächten das anfänglich starke Königtum, sodass der Adel und die italienischen Seerepubliken eine starke Stellung gewannen. Es zeigte sich jedoch nach einiger Zeit, dass das Land auf Dauer nicht gegen die benachbarten muslimischen Herrscher zu halten war, da sowohl die Bevölkerungsressourcen als auch die militärische Kraft dafür nicht ausreichten.

Für die islamische Staatenwelt hatten die Kreuzzüge in keiner Weise die Bedeutung wie für Westeuropa und Byzanz. Natürlich war die Errichtung der fränkischen Kreuzfahrerstaaten eine Tatsache, die vor allem Herrscher und Beherrschte der unmittelbar bewtroiffenen Gebiete nicht übershen konnten. Aber die Kolonien des europäischen Adels erlangten nur etwa ein Jahrhundert lang größeren Umfang und ein aktiver Faktor in der Politik Vorderasiens waren sie auch da nur selten. Der eigentlichen Machtzentren des alten Kalifats konnte sich die Kreuzzugsexpansion - trotz gelegentlicher Anläuife - nie bemächtigen.

Die Züge nach dem Orient bedeuteten für die Adelsfamilien Westeuropas einen ungeheuren Aderlass, da auch die kleinsten Erfolge mit riesigen Opfern erkauft werden mussten. Somit versiegte der Zustrom im Laufe der Zeit, sodass das demografische Missverhältnis zur angrenzenden muslimischen Bevölkerung immer dramatischer wurde. Als dann noch Rivalitäten innerhalb des Adels und der geistlichn Ritterorden die Kreuzfahrerstaaten unterhöhlten, war es Ende des 13. Jh. um sie geschehen.
 
Das ist ein guter Hinweis und zeigt m.E. einen Kern des Problems. Bei den Vandalen siedelte sich das ganze Volk dauerhaft in Nordafrika an, kriegte Kinder und vermehrte sich. Die Kreuzfahrergesellschaft war eindimensionaler, bestand sie doch im wesentlichen aus Kriegern - also Männern zwischen 15 und 50, von denen ein Teil, nämlich Geistliche und Ordensritter, auch noch zölibatär leben mußte.
Und außer den großen, bedeutenden Grundherren wird kaum jemand die Frauen nachgeholt haben. Vielmehr kehrte die Mehrheit der Kreuzfahrer nach maximal ein, zwei Jahren "Abenteuerurlaub" im Heiligen Land reich an Gold, Erfahrung oder beidem wieder zu den Familien in Europa zurück.
Die Folge war eine relativ geringe Vermehrungsrate.

Frauen reisten und pilgerten sowieso schon weniger und es gab ein explizites päpstliches Verbot für Frauen nach Jerusalem zu pilgern, was jedoch nicht heißt, dass es keine weiblichen Pilgerfahrten nach Jerusalem mehr gegeben hätte. Es gab in Jerusalem in der fraglichen Zeit nämlich ein Pilgerhospiz, welches Frauen vorbehalten war.


Außerdem war das Überleben der Staaten ja nicht von einer fränkischen Herrenschicht abhängig, sondern von bereits ansässigen Christen, Juden und Muslimen die innerhalb des lateinischen Einflussgebiets unwesentlich anders lebten als in der Zeit vor den Kreuzzügen.
Da gab es zwar Allianzen (die gab es aber auch bis zum 4. Kreuzzug mit Damaskus, bis die Kreuzfahrer die eigentlich verbündete Stadt erfolglos belagerten!), aber die Orientchristen und die lateinischen Christen lebten getrennt voneinander. Dies lässt sich an den Neugründungen der Siedlungen lateinische Christen ablesen, die Bauweisen aus ihrer Heimat mitbrachten. Und da es eine ganze Reihe an Siedlungen gab, muss es auch Siedler gegeben haben. Im Übrigen kann man annehmen, dass die lateinischen Christen untereinander sich auch nach Volksgruppen sortierten, zumindest gibt es Zeugnisse, dass ein italienischer Bischof mit seinem Gefolge ein Schiff verließ, weil auf dem Schiff zu viele Franzosen waren und der französische Berichterstatter meint nur lakonisch, dass das gut so gewesen sei, sonst wisse er nicht, ob im Heiligen Land noch alle Pilger angekommen wären. Ähnlich berichtet Rodrigo Jiménez de Rada, freilich mit der Absicht des Herrscherlobes (Alfonso VIII.), dass, als im Mai 1212 die Truppen aus ganz Spanien und auch von jenseits der Pyrenäen in Toledo eintrafen und etwa einen Monat in Toledo verweilten, es allein Alfonsos Management zu verdanken gewesen sei, dass nicht nur alle versorgt waren und ein Obdach hatten (er spricht diesbezüglich im Übrigen von königlichen Parkanlagen(!!!), in denen der König Bäume habe fällen lassen, um Unterkünfte zu schaffen).

Und wo ich schon Jiménez des Rada zitiere, so kann ich gleich auch seinen Bericht vom Zug gen al-Andalus anschließen, der schließlich in der Schlacht von Las Navas de Tolosa gipfelte. Auf dem Zug dahin erobert ein Kontingent der Truppen eine Burg, Malagón am Oberlauf des Guadiana, mitten in Neukastilien/La Mancha. Dieses Kontingent ist eines, welches Erzbischof Rodrigo als Ultramontane bezeichnet - wer auch immer damit genau gemeint ist. Gemeinsam erobert man dann noch Calatrava (Qala'at Rabah) la Vieja, dann rücken die Ultramontanen, mit Ausnahme des Erzbischofes von Vienne mit seinem Gefolge, ab. Also vor der eigentlichen großen Schlacht. Rodrigo nennt den Grund nicht direkt, aber es scheint doch durch, dass es wohl Streit gegeben hatte, weil den Iberern missfiel, dass die Ultramontanen die Überlebenden der Burgbesatzungen ausnahmslos enthaupteten (dies konnte man wohl in Calatrava verhindern).
Es gab also schon sehr deutliche Unterschiede auch in der Wahrnehmung und im Verhalten.
 
Es gab in Jerusalem in der fraglichen Zeit nämlich ein Pilgerhospiz, welches Frauen vorbehalten war.
das weiß ich natürlich,nur sind die Pilger und Pilgerinnen selten als Dauergäste geblieben-erst recht nicht mit der Option Familien zu gründen.
 
das weiß ich natürlich,nur sind die Pilger und Pilgerinnen selten als Dauergäste geblieben-erst recht nicht mit der Option Familien zu gründen.

War ja auch kein Widerspruch zu dir, sondern Bestätigung mit Beispielen und deren Ausnahmen.
Da aber die Kreuzfahrer als bewaffnete Pilger anzusprechen sind, muss man eben auch ihre Frauen als Pilgerinnen ansprechen.
 
Die Überzeugung dass es sich bei den Angehörigen des Feindes nicht um gute Christenmenschen handelte, sondern um ungläubige Ketzer fällt dabei sicherlich ins Gewicht.
Natürlich leugne ich nicht, dass der Drang nach persönlicher Bereicherung immer eine Begleiterscheinung gewesen ist, aber in Bezug auf die Frage warum
bricht jemand zum Kreuzzug auf, bleibt sie eben eine Begleiterscheinung.
Oder die logische Folge des "Warum". Die Vorstellung, beim Krezzug handle es sich um ein gottgefälliges Werk, begünstigte Habgier und Machtsucht. Gottgefällige Werke rechtfertigen eine großzügige Entlohnung der werkschaffenden Gotteskrieger; währenddessen Unglauben und Irrglauben mit Armut bestraft werden dürfen.
exakt!!
ohne diese Rahmenbedingungen bzw. Fragen wird meiner Ansicht nach die Frage nach dem scheitern müßig bzw. verkürzt und verengt die Problematik.
Das läuft auf die Sichtweise hinaus, dass der Haufen an Kreuzfahrer erfolgreich war als die Gegenseite schwach und zerstritten war und erfolglos wurde als die Gegenseite einig und stark wurde. In Bezug auf die Kreuzfahrer muss man aber auch der Frage nachgehen, warum diese über keine machtvolle und klarblickende Führung verfügte bzw. sich keine derartige Führung in einem fremden und feindlichen Raum etablieren konnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Alles in allem, können wir an dieser Stelle ja mal festhalten,
dass es die verschiedensten Gründe gab aus denen heraus ein Kreuzfahrer
aufbrach. Beutegier war einer davon.
Ich will in diesem Zusammenhang nur mal darauf hinweisen, dass die Vorstellung man hätte damals im Heiligen Land das große Geld machen können
strittig ist. Nach dem 1. Kreuzzug, erreichten die fränkischen Besitzungen in der Levante schnell ihre größte Ausdehnung, danach wurde der Raum den es überhaupt möglich zu besitzen war stetig geringer und das bei tendenziell steigenden Scharen an Kreuzfahrern. Die Quellen lehren uns außerdem, dass der Großteil der Kreuzfahrer zu allen Zeiten in seine Heimat zurückkehrte und das sogar dann, wie im Falle Roberts von der Normandie (Kurzhose), wenn man
seine heimatlichen Besitzungen so gut wie komplett verloren hatte und eigentlich einen guten Grund dafür gehabt hätte neues Land und Besitz zu erjagen. Mir ist darüber hinaus kein Beispiel bekannt, das besagen würde dass irgendein namhafter Kreuzritter von einem Kreuzzug reicher zurückgekommen sei als dass er zu ihm aufgebrochen war. Im Gegenteil, Kreuzzüge waren ja gerade deshalb so unbeliebt, zumindest bei denen die ihre Kosten zu tragen hatten, weil es kein erträgliches Geschäft war.
Denkt also noch mal darüber nach, um es bei einem solchen Zug tatsächlich mehr um Beute als um ideelle oder zumindest machtpolitische Werte ging.
 
Alles in allem, können wir an dieser Stelle ja mal festhalten,
dass es die verschiedensten Gründe gab aus denen heraus ein Kreuzfahrer
aufbrach. Beutegier war einer davon.
Ich will in diesem Zusammenhang nur mal darauf hinweisen, dass die Vorstellung man hätte damals im Heiligen Land das große Geld machen können
strittig ist. Nach dem 1. Kreuzzug, erreichten die fränkischen Besitzungen in der Levante schnell ihre größte Ausdehnung, danach wurde der Raum den es überhaupt möglich zu besitzen war stetig geringer und das bei tendenziell steigenden Scharen an Kreuzfahrern. Die Quellen lehren uns außerdem, dass der Großteil der Kreuzfahrer zu allen Zeiten in seine Heimat zurückkehrte und das sogar dann, wie im Falle Roberts von der Normandie (Kurzhose), wenn man
seine heimatlichen Besitzungen so gut wie komplett verloren hatte und eigentlich einen guten Grund dafür gehabt hätte neues Land und Besitz zu erjagen. Mir ist darüber hinaus kein Beispiel bekannt, das besagen würde dass irgendein namhafter Kreuzritter von einem Kreuzzug reicher zurückgekommen sei als dass er zu ihm aufgebrochen war. Im Gegenteil, Kreuzzüge waren ja gerade deshalb so unbeliebt, zumindest bei denen die ihre Kosten zu tragen hatten, weil es kein erträgliches Geschäft war.
Denkt also noch mal darüber nach, um es bei einem solchen Zug tatsächlich mehr um Beute als um ideelle oder zumindest machtpolitische Werte ging.

Ich bin zwar mit dir der Meinung, dass die Glaubensaspekte bei dem Gros der Kreuzfahrer eine übergeordnete Rolle spielten und nicht so sehr der Gedanke an Beute - die man ja auch irgendwie hätte in die Heimat zurücktransportieren müssen - jedoch kann die Feststellung, dass de Kreuzzüge letztendlich kein erträgliches Geschäft waren nicht widerlegen, dass das ggf. von einzelnen Kreuzfahrer - ob in der Hauptsache oder als positiver Nebeneffekt - u.U. beabsichtigt war. Fehlkalkulationen gibt es immer wieder.
 
Mir ist darüber hinaus kein Beispiel bekannt, das besagen würde dass irgendein namhafter Kreuzritter von einem Kreuzzug reicher zurückgekommen sei als dass er zu ihm aufgebrochen war.

Da könnte man einwenden, dass diejenigen, die "ihr Glück" machten, eben nicht zurückkehrten.
 
In Bezug auf die Kreuzfahrer muss man aber auch der Frage nachgehen, warum diese über keine machtvolle und klarblickende Führung verfügte bzw. sich keine derartige Führung in einem fremden und feindlichen Raum etablieren konnte.

Genau das hatte ich oben schon mal angesprochen.Der efolgreichste,erste Kreuzzug war als Ritterkreuzzug mit Führern wie Gottfried v.Boullion noch von gemeinsamen Interessen getragen .
Spätestens mit dem zweiten Kreuzug jedoch wurde die Sache institutionalisiert und von den europäischen Herrschern übernommen.Und die verfolgten eigene und oft gegensätzliche Interessen ,die losgelöst waren von der ursprünglichen Kreuzzugsidee.Die Kreuzzüge wurden mehr oder weniger eine Karte im europäischen Kräftespiel.
Besonders augenfällig war das beim dritten Kreuzzug.
Das machte es unmöglich ,daß sich eine einheitliche Führung etablieren konnte.

Die Gründung der Ritterorden (ebenso wie die gescheiterten Volkskreuzzüge) interpretiere ich in diesem Zusammenhang auch als einen Versuch die Kreuzzüge , dem Einfluss der europäischen Herrscher zu entziehen. Letztlich waren diese personell aber alleine nicht stark genug , das Outremer dauerhaft zu halten.
 
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