Wenn du dich gleich von mehreren Leuten missverstanden fühlst, meinst du nicht, dass du dann für diese Missverständnisse zumindest mitverantwortlich bist?Ich sehe mich nicht in der Verantwortlichkeit, jede kurze und banale Bemerkung im Vorwege auf mögliche Überinterpretation (mutwillig oder fahrlässig) durch die Leser zu prüfen. Ich erwarte von Forumsteilnehmern, die typischerweise akademisch gebildet sind, dass sie selbst in der Lage sind, Aussagen inhaltlich zu bewerten.
Die dir gestellt wurden. Auf Kritik bist du dagegen nicht eingegangen.Im Zweifelsfall gibt es die Möglichkeit der Rückfrage.
Ist es verwunderlich, wenn nach zwanzig Seiten (jede Seite hat 20 Beiträge) der Ton dann auch mal schärfer wird?
Eine technische Frage - werden Morpheme lediglich für die betrachtete Sprache identifiziert, oder Entlehnungen mit einbezogen? Konkret: In der "Silbengrenze" findet sich "Grenze" als slaw. Lehnwort (poln. granica). In letzterem würde ich, zusätzlich zum Flektionssuffix, mindestens zwei Morpheme, nämlich "gra(n)-" (vielleicht von gora "Stadt") und "-(n)ic(a)" (Zugehörigkeitszuffix?) vermuten. Müsste man jetzt korrekterweise für Deutsch "Grenze" auch von zwei Morphemen (plus Flextionssuffixe) reden, oder hat die Entlehnung bewirkt, dass zwei slawische Morpheme zu einem deutschen verschmolzen sind?
Ich kann dir das für's Polnische jetzt nicht angemessen beantworten, wobei ich jetzt erst mal nicht von einer inhaltlichen Abhängigkeit von góra (nicht 'Stadt' sondern 'Berg', du hast sicherliche die Städte Hirschberg (Jelenia Góra) und Grünberg (Zielona Góra) im Sinn oder bildest eine Interferenz aus Polnisch góra und Russisch grad, 'Burg', 'Stadt') ausgehen würde.
Die Konsonanstenfolge allein ist wenig aussagekräftig. Du würdest ja auch nicht Trick als auf Tür basierend ansehen.
Im Sinne deiner Frage kann ich dir das aber über die iberoromanischen Entlehungen aus dem Arabischen beantworten: Die agglutinieren den arabischen Artikel, der aber im Iberoromanischen nicht mehr als Artikel erkannt wird:
al-funduq > alhóndiga > la alhóndiga
as-sukkar > azúcar > el azúcar
Wenn du den Alkohol nimmst (al-Kuhl) dann siehst du das auch im Deutschen. Oder - ich glaube, das war in einer Diskussion mit dir: Marsberg. Eigentlich am Eresberg ist die Präposition mit dem ursprünglichen Toponym verschmolzen, hat ihre semantische Eigenständigkeit verloren.
In dem Sinne ist dir zu antworten: Ja, bei Entlehnungen verlieren Morpheme der Ursprungssprache ihren semantischen oder grammmatikalischen Charakter.
Und auch da kann es dann zu Interferenzen kommen. Ein Saiteninstrument, welches wir kennen, ist die Laute. Dass sie mit -t- geschrieben und ausgesprochen wird, ist ziemlich sicher auf eine Pseudoetymologisierung zurückzuführen, von laut. Eine Laute macht Geräusche, Laute, das ist ihr Zweck. Etymologisch ist sie aber zurückzuführen über spanisch laúd auf arabisch al-'ud ('das Holz').
Den umgekehrten Weg, wie oben skizziert, bzgl. der Agglutination des arabischen Artikels v.a. in den iberoromanischen Sprachen (seltener auch im Italienischen) hat das Arabische bei fremden Entlehungen gemacht. Da haben dann die Araber den Anlaut Al- oder L- für ihren Artikel gehalten, wie in der Lombardei (von den Langobarden, arab. al-Ankubardiyya) oder bei Alexander/Alexandria al-Iskander/al-Iskandariyya.
Nein.Darf ich jedoch schliessen, dass der potentielle Weg von KhoiKhoi "Kudu" über (bzw. re-importiert aus) kuschitisch und akkadisch ins Indogermanische Deine vorherigen Bedenken zu entgegengesetzten Lautwandelprozessen ("seltsamer Befund gegenläufiger Entwicklung, nämlich Entsonorisierung im An- und Sonorisierung im Auslaut bzw. umgekehrt") entkräftet hat?
Ich kann hierauf nicht seriös antworten, da mir die Kenntnisse in den Einzelsprachen und ihren Wirkungen fehlen. Ich kann hier nur auf die Entfernungen sowohl räumlich als auch zeitlich und mangelnden Sprachkontaktgelegenheiten hinweisen.Konkret - wäre diese gegenläufige Entwicklung daraus erklärbar, dass eine kuschitische (bzw. über kuschitische Migration nach SW-Afrika verstärkte) Wurzel in Khoisan-Sprachen im Anlaut entsonorisiert wurde (Klicklaute), während die Entsonorisierung im Deutschen v.a. den Auslaut betraf (daneben Wandlung gh->g)?
Die meisten Sprachen kommen mit +/- 30 Phonemen aus. Viele Sprachen können keine zwei Konsonanten hintereinander vertragen, das schränkt die Kombinationsmöglichkeiten ein.In diesem Falle wären lediglich noch die inner-afroasiatischen, insbesondere die kuschitisch-semitischen Lautwandelprozesse klärungsbedürftig. Konkret: Ich habe wenig Zweifel, dass Sidamo goda "Wild, Gazelle", Oromo gadam-sa "Großer Kudu", und akkad gadu "(junger) Ziegenbock"; hebr. gadi "Ziegenkitz, Jungschaf" die selbe Wurzel repräsentieren. Der Lautwert des "g" in Oromo ist /ɡ/
Es gibt im Hocharabischen kein /g/. Nur im Maġribinischen gibt es ein /g/. Zungenspitzen-R und Gaumen-R - in Maġrib direkt aufeinanderfolgend - sind bedeutungsunterscheidend.Oromo (Sprache) ? Wikipedia
Du hast jedoch eine Vielzahl einzelner Anmerkungen zum "ga-" im Arabischen gemacht, die ich noch nicht in eine Gesamtperspektive einzuordnen vermag z.B:
Das enthält das Arabische ja auch. Und schau ins Hebräisch, dort hast du ein 'ayn. Das arabische ġayn schreibt sich wie 'ayn, nur mit einem Punkt darüber. Das Hebräisch 'ajin hat mittlerweile seinen lautlichen Eigenwert verloren (obwohl dies nur für Israelis aus dem europäischen Raum gilt, Israelis aus dem arabischen Raum sollen 'ajin tatsächlich noch als Konsonanten sprechen ), es wird nur noch als Vokal gesprochen. Dort ist Abend/Westen 'äräv (oder einer anderen transkriptionsschule zufolge 'äräb)Hierzu könnte ich ergänzen amhar. ምዕራብ (mi‘irabi) "Westen", das ebenfalls ein "r", aber als "Zungenspitzen-/r/" enthält.
Ich kann dir nicht viel mehr sagen, als dass Hebräisch kein ġayn hat. Meine Annahme, die ein Semitist sicher beantworten könnte, zumindest ein Altorientalist, ist, dass ġayn eine rezente Entwicklung ist. Man muss aber auch mit einem Zusammenfall von 'ayn und ġayn im Hebräischen oder Nordwestsemitischen rechnen. Da fehlen mir einfach die Kenntnisse für eine seriöse Aussage.Leider konnte ich keinerlei Belege finden, aus denen die lautliche Beziehung des arabischen Ghain zu kuschitischen oder sonstigen afro-asiatischen Parallelen deutlich wird. Wenn Du hier grundsätzlich Aufklärung leisten kannst, oder auch nur weitere Beispiele (idealerweise mit hebr./phön./akkad. Anschlüssen) lieferst, anhand derer ich die etym. Datenbank durchforsten kann, ist dies willkommen.
Ohne mich deiner Ansicht anzuschließen, aus der du diese Erkenntnis gewonnen hast bzw. haben willst: Als Faustregel kannst du zugrundelegen, dass Sprachen mit vielen Sprechern dynamischer, solche mit wenigen konservativer sind. Faustregel, nicht Naturgesetz!Abschließend als Bemerkung: Afroasiatisch scheint mir lautlich sehr viel konservativer als indoeuropäisch zu sein - akkad. gadu ist nach 4.000 Jahren immer noch unschwer in lebenden semitischen und anderen afro-asiatischen Sprachen wiederzufinden, während Dein Fenchel-Beispiel schön die hohe indogermanische Sprachdynamik zeigt. Auch die Turksprachen, potentiell erweiterbar auf den türkisch-mongolisch-tungusischen Sprachbund, zeigen lautlich deutlich mehr Kohärenz und Beharrungsvermögen.