Geht das Kamel durch das Nadelöhr?

Lungos

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Schön. Gibt es dazu auch Übersetzungen in deutsche Sprache, die einigermaßen stimmen? (ohne Übersetzungsfehler wie: Eher kommt das Kamel durch das Nadelöhr - statt richtigerweise: eher kommt das Kamelseil durch das Nadelöhr...)
 
Gibt es dazu auch Übersetzungen in deutsche Sprache, die einigermaßen stimmen? (ohne Übersetzungsfehler wie: Eher kommt das Kamel durch das Nadelöhr - statt richtigerweise: eher kommt das Kamelseil durch das Nadelöhr...)

Der Fehler liegt nicht in der Übersetzung, die ist formal korrekt, sondern - wenn es denn ein Fehler ist!!! (wofür aber durchaus einiges spricht) - in der Überlieferung. Es ist auch nicht das Kamelseil, sondern das Schiffstau. Die These besagt, dass durch die Aussprache des griechischen η (e: ) wie ι (i) aus dem Kamilos (Schiffstau) ein Kamelos (Kamel) gemacht habe. Es wäre also ein griechischer Quantitätenkollaps (Quantitätenkollaps = viele Vokale fallen zu weniger Vokalen zusammen), der die Grundlage des Missverständnisses wäre. Ein Tau wäre natürlich sinnvoller, als ein Kamel, macht aber nichts, da das grundsätzliche Bild nicht gestört wird: Ein Nadelöhr ist klein, da geht außer einem Faden nichts durch.
 
Die Lesart als Fehler wird streitig gesehen.

Turner, Matthew, 19:24, S. 473:

"The reading κάμιλον (rope, cable) is poorly supported (579, 1424, and a few others) and is clearly secondary. It is either a mistake due to itacism for κάμηλον (well supported by ), B, C, D, L, W, f 1 , f 13 , Byz, Lect) or an attempt to soften Jesus’s teaching. Cf. Mark 10:25; Luke 18:25."

Bzw. 472

"2. See a similar camel hyperbole in 23:24. Later the Talmud spoke of the impossibility of an elephant passing through the eye of a needle (b. Ber. 55b; b. B. Meṣiʿa 38b).

3. Despite sermonic lore based on medieval tradition and modern anecdotes, there is no early historical evidence for the existence of a small gate in Jerusalem, supposedly called the Needle’s Eye, through which a camel on its knees could barely squeeze. This mistaken understanding weakens Jesus’s hyperbole and implies that it is not actually impossible for rich people to enter the kingdom (Broadus 1886: 408–9; Bruner 1990: 713–14; W. Davies and Allison 1997: 51–52). See E. Best 1970; Derrett 1986a; Lindeskog in Kiilunen et al. 1983: 109–22;"
 
Je früher der Fehler anzusetzen ist, desto mehr Textzeugen haben diesen natürlich. Seil oder Tau ist aber im Kontext Nadelöhr sinnvoller und vor allem weniger willkürlich als Kamel. Gleichwohl funktioniert die Metapher auch mit dem Kamel.
 
Der Fehler liegt nicht in der Übersetzung, die ist formal korrekt, sondern - wenn es denn ein Fehler ist!!! (wofür aber durchaus einiges spricht) - in der Überlieferung. Es ist auch nicht das Kamelseil, sondern das Schiffstau.

Ich meine auch, dass (unabhängig von irgendwelchen Historizitätsfragen, notabene) ein Tau gemeint ist, weil die metaphorische Kombination Tau-Nadelöhr viel mehr Sinn macht als die Kombination Kamel-Nadelöhr (was hat das eine mit dem anderen zu tun?). Ein architektonisches "Nadelauge", durch das Kamele mit Müh und Not passieren konnten, ist für Jerusalem ohnehin nicht nachweisbar.

Die Frage scheint sprachwissenschaftlich nicht lösbar zu sein, weil es zu viele Unwägbarkeiten gibt. Bringt eine Analyse des Textinhaltes die Lösung näher? Ich denke, ja.

Laut Mt 19,24 ist es "leichter", dass ein X durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in den Himmel kommt. Sprachlogisch kann Unmöglichkeit nicht gesteigert werden, es ist also nicht unmöglich, dass ein X durch das Nadelöhr geht, sondern es ist möglich, weil einfacher, als dass ein Reicher in den Himmel kommt. Das spricht für die Tau-Variante, weil ein Tau mit entsprechendem Aufwand durchaus durch ein Nadelöhr gezogen werden kann, nämlich durch Aufdröseln in einzelne Hanf-Fasern. Mit einem Kamel wäre das aber nicht machbar, schon wegen der großen Knochen. Wäre nun wirklich ein Kamel gemeint, was sollten sich die Zuhörer dabei vorstellen? Dass es schwieriger ist, als Reicher in den Himmel zu kommen, als dass ein Kamel (was unmöglich ist) durch ein Nadelöhr geht? Das macht keinen Sinn, weil, wie schon gesagt, Unmöglichkeit nicht gesteigert werden kann.

Also ist von der inhaltlichen Logik her die Variante "Tau" sehr viel plausibler, weil sie eine Steigerung von "sehr schwer" zu "unmöglich" gestattet. Dieses "unmöglich" (d.h. unmöglich aus eigener Kraft) kommt in 19,26 zum Ausdruck, allerdings auf alle Menschen, nicht nur auf die Reichen, bezogen, insofern, diesem Vers gemäß, alle Menschen der göttlichen Gnade bedürfen, um in den Himmel zu gelangen, was die Pointe von Vers 19,24, nebenbei bemerkt, wieder abschwächt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist aber ein Kamel für die dortige Gegend nicht plausibler, als ein Reep eines Wasserfahrzeugs?
Die Zuhörer (in Jerusalem) haben mit Sicherheit mehr Kamele als Schiffstaue gesehen. Natürlich könnte auch das Führungsseil eines Kamels gemeint sein. In der einfachen Sprache an ein einfaches Volk, sollte man den nahe liegensten Gegenstand vermuten.Und das ist in einer (auch) Karawanenstadt wie Jerusalem ein Alltagsbild.

Sagt das Gleichnis, dass es schwer (für einen Reichen) ist ins Himmelreich zu gelangen, oder dass es unmöglich ist? In der kompromisslosen Sprache der biblischen Gleichnisse, würde ich letzteres eher vermuten.Das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus offenbert den Absolutismus der Lehre des Jesus.

Aber - wie in einer guten Hollywoodstory - siegt am Ende doch der Glaube an die Güte Gottes, welcher durchaus in der Lage ist, ein Kamel durch ein Nadelöhr* passieren zu lassen oder, einen Reichen in das Reich Gottes (denn dies ist die Quintessenz des Gleichnisses).

*oder eine andere Unmöglichkeit, deren Bezugspunkte eigentlich wurscht sind, weil ein Christos eher nicht die einfachen Leute mit quantentheoretischen Möglichkeiten (wie Schrödingers Katze) quälen wollte.
 
Ist aber ein Kamel für die dortige Gegend nicht plausibler, als ein Reep eines Wasserfahrzeugs?
Die Zuhörer (in Jerusalem) haben mit Sicherheit mehr Kamele als Schiffstaue gesehen. Natürlich könnte auch das Führungsseil eines Kamels gemeint sein. In der einfachen Sprache an ein einfaches Volk, sollte man den nahe liegensten Gegenstand vermuten.Und das ist in einer (auch) Karawanenstadt wie Jerusalem ein Alltagsbild.
Ich nehme diese Zeilen zwar nicht ganz ernst, aber Jerusalem liegt in Sichtweite des Toten Meeres, auf dem wurde Schifffahrt betrieben. Und Jesus' engste Gefolgsleute sollen laut biblischer Überlieferung galiläische Fischer gewesen sein ;)

Sagt das Gleichnis, dass es schwer (für einen Reichen) ist ins Himmelreich zu gelangen, oder dass es unmöglich ist? In der kompromisslosen Sprache der biblischen Gleichnisse, würde ich letzteres eher vermuten.
Chan gibt das ganz richtig wieder: Es ist leichter...
Mt.: εὐκοπώτερόν
Mk.: εὐκοπώτερόν
Lk.: εὐκοπώτερον
Auch wenn ich seinen textanalytischen Überlegungen nicht folge. Die sind etwas zu sehr um die Ecke gedacht.
 
Ich nehme diese Zeilen zwar nicht ganz ernst, aber Jerusalem liegt in Sichtweite des Toten Meeres, auf dem wurde Schifffahrt betrieben. Und Jesus' engste Gefolgsleute sollen laut biblischer Überlieferung galiläische Fischer gewesen sein ;)
wer nimmt bei Geschichte schon etwas ernst? Ist eh' nur eine Spielwiese von Rechthabern, nicht wahr?

Die Fischer waren eigentlich nur Simon (Petrus) und dessen Bruder Andreas. Dieser, nebst Kollegen, war auf dem See Genzareth (Gäliläisches Meer) unterwegs. Im Toten Meer gibt es und gab es nie Fischerei.

Und wenn du das Gleichnis lesen würdest, so hättest du festgestellt, dass in dieser Parabel durchaus der Gegensatz von schwer und leicht thematisiert wurde: "Wahrlich ich sage euch, ein Reicher wird schwer in das Himmelreich hineingelangen...." und "leichter kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr...".

Wenn du schon auf postings antwortest, dann erwarte ich eigentlich ein wenig mehr 'Futter', als Textkritik eines Beitrages. Es könnte der Verdacht aufkommen, dass es dir weniger um die Sache, als um's Zoffen geht.
 
Die Fischer waren eigentlich nur Simon (Petrus) und dessen Bruder Andreas.

Welche Berufe wären Deiner Meinung nach dann Jakobus und Johannes zuzuschreiben?

Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Kommt, folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen! Und sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach. Und als er ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, wie sie im Boot die Netze flickten. Und sogleich rief er sie, und sie ließen ihren Vater Zebedäus im Boot mit den Tagelöhnern und gingen fort, ihm nach.
Markus 1 - Lutherbibel 2017 :: BibleServer
 
wer nimmt bei Geschichte schon etwas ernst? Ist eh' nur eine Spielwiese von Rechthabern, nicht wahr?
Man muss ja nicht gleich das Kind mit dem Bade in den Brunnen kippen.

Im Toten Meer gibt es und gab es nie Fischerei.
Natürlich nicht. Ich sprach aber auch von Schifffahrt auf dem Toten Meer, nicht von Fischerei.

Und wenn du das Gleichnis lesen würdest, so hättest du festgestellt, dass in dieser Parabel durchaus der Gegensatz von schwer und leicht thematisiert wurde: "Wahrlich ich sage euch, ein Reicher wird schwer in das Himmelreich hineingelangen...." und "leichter kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr...".
Diesen Einwand verstehe ich nicht. Deine Frage war:

Sagt das Gleichnis, dass es schwer (für einen Reichen) ist ins Himmelreich zu gelangen, oder dass es unmöglich ist?
Und du hast sie in der Hypothese münden lassen:

In der kompromisslosen Sprache der biblischen Gleichnisse, würde ich letzteres eher vermuten.

Dem habe ich widersprochen. Es steht eindeutig nicht bei den Synoptikern, dass es "unmöglich" sei.

Wenn du schon auf postings antwortest, dann erwarte ich eigentlich ein wenig mehr 'Futter', als Textkritik eines Beitrages. Es könnte der Verdacht aufkommen, dass es dir weniger um die Sache, als um's Zoffen geht.
Den Vorwurf gebe ich dir gerne zurück, denn im Gegensatz zu dir habe ich aus dem Text zitiert, du dagegen ideologisch motivierte Vermutungen angestellt und es verabsäumt, vorher in den Text zu schauen, ob sie denn überhaupt haltbar sind.
Reagierst du eigentlich immer so indigniert, wenn du ein wenig Widerspruch erhältst, oder ist dir nur heute eine Laus über die Leber gelaufen? Ich hoffe letzteres.
 
Die wissenschaftliche (Bibel)-Forschung hat sich auf das Kamel geeinigt. Alles andere ist bei wikipedia unter dem entsprechenden Stichwort nachlesbar. Warum meine 'Vermutungen' einer Ideologie entsprechen, kannst du sicherlich näher begründen. Und bevor du dich verrennst; ich bin seit fast 80 Jahren noch immer zahlendes, aber kritisches Mitglied der katholischen Kirche.

Wenn ich von der kompromisslosen Sprache schrieb (und als arm/reich-Beispiel das Gleichnis vom Lazarus anführte) so müssten sich eher die Synoptiker korrigieren. Ich verweise gerne noch einmal auf Lk 16,19-31.

Das Lukas-Evangelium (als wahrscheinlich ältestes der kanonisierten Evangelien) zeichnet den Autor als den mit dem 'reinsten' Griechisch aus. Warum dieser dann ein Kamel und ein Schiffstau verwechselt haben sollte, ist nicht einsichtig. Der Koran schreibt ein ähnliches Adynaton über einen Elefanten und ein Nadelöhr.

Du untermauerst dein Schiffstau mit dem Beruf des Petrus & Andreas. Es ist durch nichts erwiesen, dass sie 'Segel' setzten.; wahrscheinlich ruderten sie sogar auf den See und 'warfen ihre Netze aus'.
Das Gleichnis vom Reichen der nicht in den Himmel kommt (außer durch Gottes Wille), lebt von der Spannung zwischen dem Großen (Kamel) und dem Kleinen (Nadelöhr). So wie man es beim arabischen Beispiel auch erkennen kann.

Läuse, habe ich nur im Pelz (oder an der Leber), wenn die Umgebung diese freisetzt.
 
Warum meine 'Vermutungen' einer Ideologie entsprechen, kannst du sicherlich näher begründen.
Das hatte ich eigentlich getan, aber ich erläutere es dir gerne noch einmal: Weil du a priori, ohne weitere Überprüfung, und trotz bereits Gegenteiliges belegendes geposteten Zitats (Chans Beitrag) das Schlechtere unterstellst:

Sagt das Gleichnis, dass es schwer (für einen Reichen) ist ins Himmelreich zu gelangen, oder dass es unmöglich ist? In der kompromisslosen Sprache der biblischen Gleichnisse, würde ich letzteres eher vermuten.
Von mir aus nenn' es nicht Ideologie sondern Vorurteil.

Und bevor du dich verrennst; ich bin seit fast 80 Jahren noch immer zahlendes, aber kritisches Mitglied der katholischen Kirche.
Das ist allein deine Sache, da hat dir niemand reinzureden.

Das Lukas-Evangelium (als wahrscheinlich ältestes der kanonisierten Evangelien) zeichnet den Autor als den mit dem 'reinsten' Griechisch aus. Warum dieser dann ein Kamel und ein Schiffstau verwechselt haben sollte, ist nicht einsichtig. Der Koran schreibt ein ähnliches Adynaton über einen Elefanten und ein Nadelöhr.
Ich bin kein Gräzist, ich weiß nicht, ab wann der Itazismus wirksam ist. Der Qur'ãn jedenfalls ist nicht unabhängig von jüdischer und christlicher Überlieferung entstanden. Wenn sich eine Lesart aufgrund des Itazismus frühzeitig etabliert hat, dann ist die Menge der Textzeugen nicht ausschlaggebend. Wichtig wäre das Stemma.
Du untermauerst dein Schiffstau mit dem Beruf des Petrus & Andreas.
Eigentlich nicht. Ich würde nicht einmal auf Schiffstau zwingend abheben wollen. Seile kannte man auch in der Stadt. Auf die Herkunft (einiger) der Apostel wies ich vor allem deshalb hin, weil dein Posting sich so las, als wären Seile völlig abseits jeglicher Lebensrealität der Jerusalemer vor 2000 Jahren (ja, Jerusalem liegt NICHT in Galiläa, weiß ich).

Es ist durch nichts erwiesen, dass sie 'Segel' setzten.; wahrscheinlich ruderten sie sogar auf den See und 'warfen ihre Netze aus'.
Allerdings: die Fischerboote des Tiberias-Sees wurden wohl tatsächlich auch gesegelt. An einer Stelle bei Markus wird vom Rudern geredet, wegen des starken Gegenwindes (ohne Lateinsegel kein Kreuzen), archäologische Funde (Mosaik von Migdal, Boot vom See Genezareth, beides 1. Jhdt.), verweisen auf Segelboote.
Tut aber wenig zur Sache.

Das Gleichnis vom Reichen der nicht in den Himmel kommt (außer durch Gottes Wille), lebt von der Spannung zwischen dem Großen (Kamel) und dem Kleinen (Nadelöhr).
Das hat ja auch niemand in Abrede gestellt. Im Gegenteil, für's Funktionieren der Metapher ist es am Ende egal, ob's das Tau oder das Kamel ist. Beides passt nicht durchs Öhr. Nur ist das Tau oder Seil dem Faden morphologisch eben viel näher
 
Das hat ja auch miemand in Abrede gestellt. Im Gegenteil, für's Funktionieren der Metapher ist es am Ende egal, ob's das Tau oder das Kamel ist. Beides passt nicht durchs Öhr. Nur ist das Tau oder Seil dem Faden morphologisch eben viel näher
dies erklärt selbstverständlich, weshalb der Koran einen Elefanten als zweckmässig erachtete, welcher durch ein Nadelöhr marschierte? Wenn du dies Adynaton mit einer 'Morphologie' plattbügeln möchtest - weil eben ein Faden zu einem Nadelöhr passender ist -...meinen Segen hast du. Seile sind selbstverständlich in der Lebenswirklichkeit jener Zeit, unverzichtbarer Teil des Lebens, dies habe ich nicht bestritten.

Vorurteil oder Ideologie? Diese Schärfe in ein simples Thema einzubringen ist überflüssig. Dies gilt nicht nur für diesen Thread, wie wir beide wissen. Verschenke nicht deine Zeit, mit welcher du meine Ansichten in den Senkel stellen möchtest.
 
dies erklärt selbstverständlich, weshalb der Koran einen Elefanten als zweckmässig erachtete, welcher durch ein Nadelöhr marschierte?
Wo im Qur'ān soll das eigentlich stehen? Ich finde eine entsprechende Stelle im Qur'ān nicht. Aber wie dem auch sei: Der Qur'ān ist nicht unabhängig von Juden- und Christentum entstanden sondern in einer Umwelt, die von Judentum, Christentum und altarabischen Heidentum geprägt war. Der Islam versteht sich als als reine Lehre und Juden- und Christentum als frühere Abwege dieser reinen Lehre. Insofern schöpft der Qur'ān natürlich aus jüdischen und christlichen Quellen. Sollte sich der Elefant also tatsächlich im Qur'ān befinden, so kannst du davon ausgehen, dass es sich um eine Wanderlegende handelt (so wie die christliche Legende von den sieben Schläfern von Ephesos (ohne Verortung) in den Qur'ān gewandert ist und schließlich von andalusischen Historiographen nach Loja in Andalusien verortet wurde). So ähnlich wie Caesars Beschreibung vom Elch, den man laut Caesar fängt, indem man dessen Schlafbäume ansägt, später als Beschreibung des Elefanten im Physiologus wieder auftaucht. Ist auch eine Wanderlegende, wo das Tier wechselt.

Vorurteil oder Ideologie? Diese Schärfe in ein simples Thema einzubringen ist überflüssig. Dies gilt nicht nur für diesen Thread, wie wir beide wissen. Verschenke nicht deine Zeit, mit welcher du meine Ansichten in den Senkel stellen möchtest.
Ich bringe keine Schärfe ein, ich benenne sie nur. Und ich werde Ideologie und Vorurteile auch in Zukunft als solche benennen, wo immer sie mir begegnen. Du bist derjenige, der der Bibel eine negative Aussage unterstellt, die sie nicht tätigt. Bisher hast du es versäumt, plausibel zu erklären, warum. Da kannst du drumherumlavieren wie du willst, das ist nicht mein Fehler. Also statt weiter Drumherumzulavieren, nutze doch einfach die Chance, plausibel zu machen, warum du der Bibel einen härteren Ton unterstellst, als sie tätigt (oder auch, warum ich falsch liege).

Dabei sind wir eigentlich in der grundsätzlichen Interpretation der Stelle gar nicht so unendlich weit voneinander entfernt.
 
Das Kamel (nicht der Elefant) kommt in Kombination mit dem Nadelöhr im Qur'ān vor. Allerdings ist die Deutung nuanciert anders als im Evangelium. Während es im Evangelium heißt, dass ein Kamel leichter durch ein Nadelöhr ginge als dass ein Reicher in den Himmel käme, sagt der Qur'ān, dass die Lügner nicht in das Paradies (den Garten) gehen, bis dass das Kamel durch das Nadelöhr ginge.

إِنَّ ٱلَّذِينَ كَذَّبُوا۟ بِـَٔايَٰتِنَا وَٱسۡتَكۡبَرُوا۟ عَنۡهَا لَا تُفَتَّحُ لَهُمۡ أَبۡوَٰبُ ٱلسَّمَآءِ وَلَا يَدۡخُلُونَ ٱلۡجَنَّةَ حَتَّىٰ يَلِجَ ٱلۡجَمَلُ فِی سَمِّ ٱلۡخِيَاطِۚ وَكَذَٰلِكَ نَجۡزِی ٱلۡمُجۡرِمِينَ
 
Wie oben zitiert, verwendet der babylonische Talmud, hier jüdische Verschriftlichung seit dem 2. Jhdt, den Elephanten für das Nadelöhr.
 
Turner, Matthew, 19:24, S. [...] 472

"2. See a similar camel hyperbole in 23:24. Later the Talmud spoke of the impossibility of an elephant passing through the eye of a needle (b. Ber. 55b; b. B. Meṣiʿa 38b).

Berakhot 55b sagt:
אמר רבא תדע דלא מחוו ליה לאינש לא דקלא דדהבא ולא פילא דעייל בקופא דמחטא:​
Es sagte Raba: Wisse, dass ihm weder eine goldene Palme noch (das Hebräische kennt kein weder noch sondern nur nicht... und nicht...) ein Elefant gezeigt werden, die durch das Qoppa (ϙ) einer Nadel gehen.
(Ich habe die engl. ÜS bei Sefaria.org als Übersetzungshilfe benutzt, weiche aber bei ihm ab, hier hat die Sefaria.org-ÜS one, weil diese das Personalaffix -ha unpersönlich übersetzt. Die ausgegrauten Textteile bei Sefaria sind hier nicht eingeflossen.)
 
Bava Meṣiʿa 38b (bei Sefaria.org Bava Metzia)
דלמא מפומבדיתא את דמעיילין פילא בקופא דמחטא
Vielleicht bis du aus Pumbedita, wo man einen Elefant durch das Qoppa einer Nadel führt.
(ich konnte das Verb nicht identifizieren, bei Sefaria.org heißt es: Perhaps you are from Pumbedita, where people pass an elephant through the eye of a needle; people ist durch Sefaria eingefügt. In der Interpretation von sefaria "disst" der Sprecher Rabbi Sheshet hier seinen Gegner Rabbi Amram: Rav Sheshet said mockingly to him, employing a similar style:... Die nicht fettgedruckten Teile sind alles Teile, die von den modernen Übersetzern stammen, nicht aus dem Talmud. Es bliebe also He said to him übrig.)
 
Ich würde die Genese so sehen:
1.) Zunächst wollte Markus das Tau nicht durch das Nadelöhr lassen. Vielleicht hat er sich bereits vom Itazismus fehlleiten lassen
2.) Dann machten seine Abschreiber und die übrigen Synoptiker Lukas und Matthäus aus dem Tau das Kamel (wenn nicht der Itazismus schon im Original wirkte).
3.) Der Talmud hat das aufgegriffen und aus dem Kamel das größte bekannte Tier, den Elefanten, gemacht.
4.) Die muslimische Tradition kam mit der synoptischen Tradition in Berührung und übernahm daher für den Qur'ān wieder das Kamel.
 
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