Läutete das Christentum das Ende der Gladiatorenspiele ein?

Demnach hat Gott Eltern und damit Götter vor sich. Blasphemie?
Hast Du jetzt behauptet, pfui! :D (Wieder dieser Zwang nach Logik! Dass aber der Urknall völlig ohne Ursache stattfand und eine Welt erschuf, die nichts ohne Ursache geschehen lässt, daran glaubst du? Aber lassen wir's, da ideologisches Blabla.)

@ Dion: War zuvor etwas in Verlegenheit mit deutschen Aktfotografinnen/-fotografen, da die berühmten (altersbedingt) eher nach 1920 aktiv waren. Habe nun aber Heinrich Zille gefunden, der eindeutig davor Akte fotografierte. Und zwar die Modelle mit Behaarung untenrum…
 
Deswegen habe ich diese Anekdote nicht gebracht, sondern zur Illustration unterschiedlicher Vorstellungen zur Nacktheit, die gleichzeitig herrschen können. Da hätten wir zur fraglichen Zeit etwa die gemäßigten Vorstellungen eines Clemens von Alexandrien gegen fanatische Ansichten eines Tertullian oder Johannes Chrysostomos.

Hat Tertullian irgendwo gegen Nacktheit gewettert? Laut Sofie Remijsen, The End of Greek Athletics in Late Antiquity, Cambridge 2015, war das nicht der Fall: "Tertullian did not even mention that athletes were naked. [...] For Clement of Alexandria too, it was self-evident that wrestling was pracitced naked."
 
Und man darf nicht vergessen: Islam ist eine Religion der Wüste, wo das Wasser knapp ist. Die Sauberkeit der Haut ist ohne Wasser besser aufrecht zu erhalten, wenn diese nicht behaart ist. Aus diesem Grund sind Koranvorschriften zu regelmäßiger Haarentfernung bei Mann und Frau durchaus sinnvoll. Diese Vorschriften wurden und werden von Gläubigen weiter eingehalten selbst dort, wo genug Wasser vorhanden ist – weil sie Religionsvorschriften sind.
Ich habe keine solche Qur'ān-Vorschrift gefunden. Lediglich in der Sūrat al-Fatḥ (Sure 48) den Hinweis, dass man sich den Kopf rasieren oder das Haar scheren solle (اٰمِنِيۡنَۙ مُحَلِّقِيۡنَ رُءُوۡسَكُمۡ وَمُقَصِّرِيۡنَۙ), wenn man die الۡمَسۡجِدَ الۡحَـرَامَ (al-Masǧid al-ḥarām, große Moschee in Mekka) betrete (Vers 27):

لَـقَدۡ صَدَقَ اللّٰهُ رَسُوۡلَهُ الرُّءۡيَا بِالۡحَـقِّ ۚ لَـتَدۡخُلُنَّ الۡمَسۡجِدَ الۡحَـرَامَ اِنۡ شَآءَ اللّٰهُ اٰمِنِيۡنَۙ مُحَلِّقِيۡنَ رُءُوۡسَكُمۡ وَمُقَصِّرِيۡنَۙ لَا تَخَافُوۡنَؕ فَعَلِمَ مَا لَمۡ تَعۡلَمُوۡا فَجَعَلَ مِنۡ دُوۡنِ ذٰلِكَ فَتۡحًا قَرِيۡبًا‏
 
Genau, sie belegen eine Meinung.
Nein, das war nicht nur eine Meinung unter vielen, sondern die herrschende. Zumindest unter Moslems. :D

(Allens berühmte Tanzaufnahmen vermitteln zwar den Eindruck einer Aufführung oder eines Tanzfilms mit Handlung, überliefert sind aber weder die Realisation noch die Planung eines solchen Projektes.)
Es kann schon sein, dass das

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lediglich ein Posieren war. Aber dass es Nackttänze in Berlin gab, ist dokumentiert – Zitat:

Jeden Abend um Mitternacht gibt es hier erotisch-knisterndes Cabaret vom Feinsten zu sehen: Bis zu 50 junge Schönheiten treten in einer raffinierten Nacktrevue auf.

Eine der nackten Schönheiten, die Berlin und halb Europa begeisterten, war Anita Berger. Es gibt Bilder von ihr mit blankem Intimbereich.

Habe nun aber Heinrich Zille gefunden, der eindeutig davor Akte fotografierte. Und zwar die Modelle mit Behaarung untenrum…
Zille rekrutierte seine Modelle aus ärmeren Schichten Berlins. Die haben kaum genug zu essen gehabt, geschweige denn Rasierklingen.

Aber das sind Dinge, die wirklich nicht in diesen Faden gehören.

Und hier liegt eben das Problem, du stellst auf ein Detail ab, welches nicht ganz einfache darzustellen ist, bei Holzschnitten schon mal gar nicht.
Da bin ich anderer Meinung: Sowohl bei dem Holzschnitt von Dürer als auch bei dem von Barthel Beham ist deutlich zu sehen, dass bei dem ersteren die Intimbereiche behaart sind, und bei dem zweiten nicht.

Bisher habe ich kein Bild gesehen, welches in die Kreuzzugszeit zu datieren ist.
Um das sagen zu können, hast du nur den ersten Teil meines Satzes zitiert. Um die Leser diesen Fadens „ins Bild“ zu setzen, bringe ich meinen Satz ganz:
Das Auftreten dieser Bilder erst nach den Kreuzzügen – und der damit verbundenen Renaissance des kulturellen Lebens nach den griechischen und römischen Mustern in Westeuropa – legt die Vermutung nah, dass diese Dinge miteinander in Verbindung stehen.
Daraus geht hervor, dass ich die Renaissance auch zu den Folgen der Kreuzzüge* halte – und damit auch die Abbildungen jener Zeit.

Außerdem haben wir ja das Relief von „Donna impudica“ am Castello Sforzesco in Mailand aus dem 12. Jahrhundert. Gut, du sagst, vielleicht zeigt es Intimrasur, vielleicht aber auch Selbstverletzung. Die Frage ist aber: Wieso gibt es plötzlich eine solche Abbildung - und das sogar in Stein gemeißelt -, während die ganze Zeit davor, die Abbildungen von Intimzonen so gut wie nicht vorkamen?

Meine Meinung: Medienbilder repräsentieren in der Regel schon die herrschenden Schönheitsideale der Zeit, in der sie veröffentlicht werden. Oder: Kein Rauch ohne Feuer.

* Das ist hoffentlich unstrittig.

PS:
Ich habe keine solche Qur'ān-Vorschrift gefunden.
Ich habe erst dieser Tage gelesen, dass das im Koran stünde. Ich werde mal nachschauen, wo.
 
Nein, das war nicht nur eine Meinung unter vielen, sondern die herrschende. Zumindest unter Moslems.

Du bestätigst doch genau das, was ich geschrieben habe.
Warum das "Nein"? Worin möchtest Du mir widersprechen? Möchtest Du behaupten, dass "herrschende Meinungen" immer "wahr" sein müssen oder zumindest einen "wahren Kern" besitzen müssen? Dann muss ich Dir ein weiteres Mal mit dem Faktum konfrontieren, dass es auch populäre Irrtümer gibt.

Vorurteile müssen nicht auf Fakten basieren, sie können auch rein ideologisch/religiöse Gründe haben.
 
Hat Tertullian irgendwo gegen Nacktheit gewettert? Laut Sofie Remijsen, The End of Greek Athletics in Late Antiquity, Cambridge 2015, war das nicht der Fall: "Tertullian did not even mention that athletes were naked. [...] For Clement of Alexandria too, it was self-evident that wrestling was pracitced naked."

Bei Tertullian wollte ich eher auf seine gesamte Lust- und Spielfeindlichkeit eingehen und nahm daher an, dass er etwas gegen öffentliche Nacktheit in Zusammenhang mit Sport hatte; die Annahme war als solche wohl falsch, ich habe auch nichts in "Über die Spiele" dazu gefunden. Aber es wird in De Spectaculis unterschiedlich argumentiert: Den Circus sollte man als Christ meiden, die Gladiatorenspiele, weil blutig, die Olympischen Spiele ebenso, weil sie heidnische Gottheiten verehren:

... as they have been instituted in honour of the idol-gods of the nations or of the dead. Thus, too, they are called Olympian in honour of Jupiter, known at Rome as the Capitoline; ... What wonder, then, if idolatry pollutes the combat-parade with profane crowns, with sacerdotal chiefs, with attendants belonging to the various colleges, last of all with the blood of its sacrifices? (§11)

Wenn man die Spiele als solche ablehnt, braucht man auf deren Nacktheit auch nicht eigens einzugehen. Es ist - neben der Götterverehrung - vor allem die Abwehr der Lust, die sich bei solchen Spielen (auch Schauspielen etc.) einstellt, die T. verwirft.

Aber zum Eros i.a. hat er sich schon sehr dezidiert geäußert. Ich zitiere nur mal aus der schönen Schrift "Über das Fasten" (De ieiunio):

Ich würde mich wundern, wenn jene Psychiker bloß in den Banden der Sinnenlust lägen, infolge derer sie öfters heiraten, und sie nicht auch von der Gefräßigkeit beherrscht würden, infolge derer sie Feinde des Fastens sind. Etwas Unerhörtes wäre Wollust ohne Gaumenlust; denn diese beide sind so miteinander vereint und verwachsen, daß sie überhaupt nicht getrennt werden können; sonst müßten die Schamteile nicht am Bauche sitzen. Schaue nur auf den Körperbau, und siehe: es ist ein Bezirk. So entspricht der Anordnung der Körperteile auch die Aufeinanderfolge der Laster. Erst der Bauch, und dann folgt sofort die mit der Mästung des Bauches unten verbundene Wollust. Durch die Gefräßigkeit kehrt die Geilheit ein. usw. (§1)

Fressen und Sex gehören zusammen und sind T. ein Gräuel:

Natürlich, Anhängsel der Gaumenlust sind Ausgelassenheit und Wollust [gemeint sind die Psychiker]. Diese Verbindung kannte auch der Apostel sehr wohl; er schickte die Worte voraus: 'Nicht in Trinkgelagen und Schmausereien", und ließ folgen: 'auch nicht in den Kammern der Unzucht". (§17)

Auch die Entleerung des Körpers geht mit Sinnenlust einher und ist daher abzulehnen, die geeignete Methode ist das Fasten, dadurch wird nicht nur die Kotmenge geringer, sondern in der Folge auch die Sinnenlust:

... ob wir nicht viel lebhafteren Herzens sind, als dann, wenn das ganze Gebäude des inneren Menschen, mit Speisen vollgestopft und von Wein überschwemmt, mit der Bereitung der Auswurfstoffe sich abarbeitet und so zu einem Orte geworden ist, wo nur an die bevorstehenden Stuhlentleerungen gedacht wird, und es nichts gibt, was näher läge, als das Sinnen auf Lüsternheit. 'Das Volk aß und trank und stand auf, um sich zu belustigen". Man berücksichtige bei diesen Worten die Ehrbarkeit der Hl. Schrift, die keine Belustigung getadelt haben würde als nur eine schamlose. (§6)

Nicht nur die Fastenschrift ist hierbei interessant, auch die Schrift zur Verschleierung der Jungfrauen und die Ermahnungen zur Keuschheit, welche die Ehe betrifft (vor allem die Wiederverheiratung). In der Jungfrauenschrift haben wir auch die Nacktheit, wenn auch nicht die der Sportler, sondern eben der Jungfrauen:

Auch die ersten Menschen, Adam und Eva, gingen nackt, so lange sie die Erkenntnis noch nicht hatten. Sobald sie hingegen vom Baum der Erkenntnis gekostet hatten, so war das erste, was sie einsahen, das, dass man sich schämen müsse. So gab dann jedes die gewonnene Einsicht von seiner Geschlechtseigenheit durch Bedecken zu erkennen. (§11)

Es war wohl T., der als erster chr. Schriftsteller die Sexualität so unverblümt und beharrlich angesprochen hatte.
 
Ich denke, es handelt sich bei der Intimrasur um eine Hadithe, die daher auch nicht im Qur'ān steht.
Danke, @Ugh Valencia, für die Aufklärung.

Danke auch dir, @Eumolp, für die Zitate aus Tertullians Werken – man kann sagen: In diesem Forum kann man was lernen.

Du bestätigst doch genau das, was ich geschrieben habe.

Warum das "Nein"?
Okay, mein „Nein“ war nicht berechtigt oder nur insoweit, weil ich damit auf den Unterschied zwischen „einer“ Meinung und der herrschenden Meinung aufmerksam machen wollte.

Vorurteile müssen nicht auf Fakten basieren, sie können auch rein ideologisch/religiöse Gründe haben.
Ja, trotzdem können Vorurteile eine Gesellschaft beherrschen, und das in einer viel radikalerer Weise als faktenbasiertes Wissen es kann.

Was ich sagen wollte: Wenn mehrere Autoren mehr oder weniger das Gleiche schreiben, dann äußern sie die herrschende Meinung der Zeit der Gesellschaft, deren Teil sie waren/sind.

Es ist nun mal so, dass man die Lebensweise und Regeln einer Gesellschaft, deren Teil man ist, als die richtige ansieht, und die Abweichungen davon skeptischer beurteilt oder sogar ganz ablehnt. Davon sind auch wir heutigen nicht frei.

Wir neigen z.B. dazu, die traditionelle chinesische Medizin abzulehnen, obwohl sie zweifellos mit dazu beigetragen hat, dass China heute ein Land mit der zahlreichsten Bevölkerung der Erde ist. Warum? Weil wir hier sozialisiert sind und „nur“ unsere Medizin einigermaßen kennen, von der chinesischen aber meistens – in unseren Augen! – „nur“ Absurditäten.

Diese Mechanismen gelten heute und galten auch früher – man braucht hier nur an den Begriff Barbar denken. Noch heute verwenden wir diesen Begriff ausschließlich negativ: Wir sagen zu Handlungen, die nicht unserem Denken vom Humanen entsprechen, sie seien barbarisch. Das haben wir von den Griechen und Römern übernommen, denn implizit sagen wir damit: Unsere eigene Sicht der Dinge ist richtig, jene aber, die nicht so denken und handeln wie wir, befinden sich auf einer niedrigeren kulturellen Stufe. Welch eine Hybris!

Diese Hybris befiel auch die muslimische Welt, denn sie meinten – vielleicht zurecht –, sie stünden in jener Zeit kulturell höher als die „lateinische Welt“ des Westens. Dies auch Dank der Schriften der Griechen und der Römer, die sie in der Anfangszeit ihres Bestehens ins Arabische übersetzten, während die „Lateiner“ sie ihrerseits als heidnisch abtaten oder sogar gezielt vernichteten, weil der christlichen Lehre widersprechend.

Heute ist es genau umgekehrt: Alles der islamischen Lehre Widersprechende wird abgelehnt und von radikal Gläubigen sogar vernichtet.
 
Wenn man die Spiele als solche ablehnt, braucht man auf deren Nacktheit auch nicht eigens einzugehen.
Das ist ein etwas merkwürdiges Argument. Tertullian verwendet doch sonst alles, was er an Munition brauchen kann: Die Mitwirkung von Prostituierten (wohl im Zusammenhang mit den ludi Florales: Ludi Florales ), die Tatsache, dass Schauspieler in Frauenkleidung auftreten; eigentlich alles, was nach seiner Auffassung geeignet ist, die spectacula moralisch zu diskreditieren.



... und die Ermahnungen zur Keuschheit, welche die Ehe betrifft (vor allem die Wiederverheiratung)
Hier wäre der Hinweis angebracht, dass Tertullians moralischer Rigorismus offensichtlich nicht mehrheitsfähig war. Gerade seine Position zur Wiederverheiratung wurde sogar von einem Augustinus als häretisch verurteilt.
 
Der Thread treibt inzwischen seltsame Blüten. Ich hab ihn bisher nur am Rande verfolgt. Angelockt vom maskulinen Nimbus vom Odeur von Männerschweiß, Blut und Gedärmen stelle ich fest dass der Thread inzwischen bei femininer Intimrasur Große Bärin versus Nacktschnecken.

Ich unterbreche das nur sehr ungern, komme aber mal auf das Thema des Threads zurück.

Die Gladiatur war für die Römer sozusagen der Inbegriff der Romanitas-mochten die Akteure auch Outcasts und infamis sein.

Nach den Wertvorstellungen des Christentums war es eigentlich ein absolutes No Go, Menschen auf Leben und Tod gegeneinander kämpfen zu lassen, ein Kampfsport, bei dem bei jedem Ausgang potenziell die Möglichkeit bestand, dass der Kampf mit der iugulatio, dem hinrichtungsartigen "abstechen des Unterlegenen.

So gesehen hatte das Christentum ein Problem damit und musste ein Problem damit haben. Andererseits standen Christen ja nicht außerhalb der Kultur, in der sie lebten, und Christen waren natürlich auch nicht bloß als "damnati ad bestias- als Bären- oder Löwenfutter beteiligt. Augustinus (?) berichtete von einem Studenten, einem gewissen Alypius, der in Begleitung einiger Freunde Kampfspiele aufsuchte, und wachsendes Gefallen daran fand. Wagenrennen fanden in Konstantinopel bis weit ins Mittelalter hinein statt. Venationes Tierhetzen veranstalteten die Gotenkönige die letzten in Rom.

Im 16. 17. und 18. Jahrhundert gab es in zahlreichen europäischen Städten Amphitheater, Beargardens, Hetztheater. Der Ausdruck im Bayrischen und Österreichischen a Hetz für Freude, Gaudi Tumult geht auf solche Volksbelustigungen zurück.

Beim Ende der Gladiatorenkämpfe spielten sicher wirtschaftliche Gründe eine größere Rolle, als motralisch ideologische. Die ständigen Barbareneinfälle und Bürgerkriege sorgten dafür, dass der Ferhandel zum Erliegen kam und damit auch größere Verschiffung von Kampftieren. Es fanden weniger Gladiatorenkämpfe statt, und wenn ein Kampfsport erst einmal zum Erliegen kommt, ist er schwer wieder zu reanimieren.

Das Christentum stellte die Gladiatur grundsätzlich in Frage, aus ethisch-ideologischer Sicht waren Kämpfe auf Leben und Tod von Gladiatoren kaum zu rechtfertigen, und als das Christentum trug dazu bei, Gladiatorenkämpfe einzuschränken und zu unterdrücken.
 
Nach den Wertvorstellungen des Christentums war es eigentlich ein absolutes No Go, Menschen auf Leben und Tod gegeneinander kämpfen zu lassen,
das "Gottesurteil" (Ordal) sowie der "Gerichtskampf" (z.Z. Ludwigs des Frommen (sic!) rechtlich festgelegt) sind zwar keine Volksbelustigungen wie die "Spiele" gewesen, aber bezahlte Kämpen konnte man im Mittelalter für sich kämpfen lassen, und das ggf. bis zum Tod eines der Beteiligten - ohne dass die Kirche an dieser rustikalen Rechtspraxis sonderlich Anstoß nahm. (weltliche wie kirchliche Gerichte waren im MA ohnehin nicht sehr zimperlich, wie die diversen Orale (Feuer-, Wasserproben u.a. zeigen)
 
Augustinus (?) berichtete von einem Studenten, einem gewissen Alypius, der in Begleitung einiger Freunde Kampfspiele aufsuchte, und wachsendes Gefallen daran fand.

Alypius, Sohn einer vornehmen Familie, wurde wie sein einige Jahre älterer Freund Augustinus Anhänger des Manichäismus. Er folgte Augustinus nach Rom und dann nach Mailand, dort wurde er zusammen mit ihm an Ostern 387 von Ambrosius getauft. 388 kehrten beide in ihre Heimat zurück und lebten einige Jahren gemeinsam im Kloster von Hippo Regius - dem heutigen Annaba. Im Auftrag von Augustinus, der Alypius "Herzensbruder" nannte, reiste er nach Betlehem zu Hieronymus. 394 wurde Alypius Bischof von Thagaste, wo er gegen die Anhänger des Donatismus und des Pelagianismus kämpfte.
(Alypius von Thagaste - Ökumenisches Heiligenlexikon )

Es ist schon richtig, dass die Christen anfangs Softies waren: verweigerten den Armeedienst usw. Die Einstellungen der Christen gegenüber Macht, Gewalt, Blut etc. änderten sich, nachdem sie zur Macht kamen, da wurden auch ganz schnell (z.B. von Augustinus als Bischof) Glaubensbrüder hingemetzelt. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass die eigenen Erfahrungen in der Arena, obwohl sie dankbarer Weise Martyrer produzierten, für deren Verbot wichtig waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als Montanist war Tertullian ohnehin Häretiker.
Zu seinen Lebzeiten war das noch nicht entschieden. Auch Praxeas, einer der Hauptgegner des Montanismus, galt später als Häretiker.

Es ist schon richtig, dass die Christen anfangs Softies waren: verweigerten den Armeedienst usw.
So ganz richtig ist das auch nicht. Auch lange vor Konstantin gab es schon christliche Soldaten. Der frühe Tertullian scheint damit auch noch kein grundsätzliches Problem gehabt zu haben. Erst in späteren Jahren (als er dem Montanismus zuneigte) vertrat er radikalere Positionen, konnte sich damit aber letztlich nicht durchsetzen.

Daß der afrikanische Theologe in dieser Frage nicht als repräsentativ für die Kirche an der Wende zum dritten Jahrhundert gelten kann, sondern eher eine radikale Außenseiterposition einnimmt, ist allerdings offensichtlich.
[...]
Tertullians Versuch, eine innerchristliche Diskussion radikal zu beenden, in der offensichtlich auch versucht wurde, mit biblischen Argumenten die Möglichkeit des Militärdienstes für Christen zu rechtfertigen, ist am Ende genauso gescheitert wie seine Forderung einer grundsätzlichen Unvereinbarkeit jeden öffentlichen Amtes mit dem Bekenntnis zu Christus.
Hanns Christof Brennecke, Bekenntnis und Militärdienst
Die Weltlichkeit des Glaubens in der Alten Kirche



 
Es ist schon richtig, dass die Christen anfangs Softies waren ...
Nur Anfangs? Irgendwo habe ich gelesen, dass es im Mittelalter – wann genau, weiß ich nicht mehr – bis zu 150 Fastentage gab, was fast ein halbes Jahr ergibt.

Da war Fleischessen verboten – warum? Selbst Milch durfte man an manchen Tagen nicht trinken. Stattdessen gab es Mandelmilch – wie heute bei den Veganern.

Christen als die ersten Veganer?

Wann setzte sich dieses strenge Regime durch und wann hat man davon wieder Abstand genommen oder nicht mehr so eng gesehen?

Vielleicht beantwortest du, @Sepiola, diese Fragen, weil du dich in der Geschichte des Christentums anscheinend sehr gut auskennst. :)
 
Ja, trotzdem können Vorurteile eine Gesellschaft beherrschen, und das in einer viel radikalerer Weise als faktenbasiertes Wissen es kann.

Was ich sagen wollte: Wenn mehrere Autoren mehr oder weniger das Gleiche schreiben, dann äußern sie die herrschende Meinung der Zeit der Gesellschaft, deren Teil sie waren/sind.
Ja, das ist das, was ich Dir mit Beitrag 88 verdeutlichen wollte. Es freut mich, dass das angekommen ist.

Dies auch Dank der Schriften der Griechen und der Römer, die sie in der Anfangszeit ihres Bestehens ins Arabische übersetzten, während die „Lateiner“ sie ihrerseits als heidnisch abtaten oder sogar gezielt vernichteten, weil der christlichen Lehre widersprechend.
Welche Beispiele für Schriften, die von den "Lateinern" gezielt vernichtet wurden, aber in arabischen Übersetzungen erhalten geblieben sind, kannst Du aufzählen?
Antwort bitte in einem passenden Thread, z. B.
Verluste an antiker Literatur
 
Da war Fleischessen verboten – warum?
Ich weiß davon gar nichts, kann mir aber gut vorstellen, warum: das störte das gewöhnliche Volk nicht weiters. Die Menschen waren so arm, dass sie sich kaum Fleisch leisten konnten, selbst (freie) Bauern nicht, und wenn, dann nur zu Festtagen. Solche Fastentage dürften daher kaum eine Einschränkung bedeutet haben: man fastete auch so.
Für die Mönche mag das nicht zutreffen, vielleicht zielten diese Tage auf diese Gruppierung?
 
Nur Anfangs? Irgendwo habe ich gelesen, dass es im Mittelalter – wann genau, weiß ich nicht mehr – bis zu 150 Fastentage gab, was fast ein halbes Jahr ergibt.

Da war Fleischessen verboten – warum? Selbst Milch durfte man an manchen Tagen nicht trinken. Stattdessen gab es Mandelmilch – wie heute bei den Veganern.

Christen als die ersten Veganer?

Wann setzte sich dieses strenge Regime durch und wann hat man davon wieder Abstand genommen oder nicht mehr so eng gesehen?

Vielleicht beantwortest du, @Sepiola, diese Fragen, weil du dich in der Geschichte des Christentums anscheinend sehr gut auskennst. :)

Die Fastenregeln wurden aber teilweise sehr lasch abgefasst. Und in den Klöstern wurde allerlei fabriziert, dass die Brüder nicht verschmachteten. Flüssiges brach das Fasten nicht, und ein gehaltvolles Starkbier hat außer 4-6 Volt auch einige Kalorien. Biber. Enten und Gänse wurden zuweilen unter "Fische" katalogisiert und verzehrt.
 
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